Viele Menschen kennen das beunruhigende Gefühl, wenn der Geist sich benebelt anfühlt, die Konzentration nachlässt und das klare Denken schwerfällt. Dieses Phänomen, oft als "Brain Fog" oder "Gehirnnebel" bezeichnet, kann den Alltag erheblich beeinträchtigen. Betroffene beschreiben es als ein Gefühl von Verwirrtheit, Vergesslichkeit und allgemeiner geistiger Trägheit. In diesem Artikel werden die vielfältigen Ursachen für Brain Fog beleuchtet und mögliche Strategien zur Linderung der Symptome aufgezeigt.
Was ist Brain Fog?
Brain Fog ist keine eigenständige medizinische Diagnose, sondern ein Sammelbegriff für eine Reihe von Symptomen, die das Gefühl vermitteln, dass das Gehirn nicht mehr richtig funktioniert. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sich Dinge zu merken oder klare Gedanken zu fassen. Es ist für sie oft schwer, den Zustand überhaupt in Worte zu fassen. Die Symptomatik ist noch immer unklar, es gibt keine eindeutigen Anzeichen und damit oft auch keine Diagnose. Häufiger passiert es auch, dass die Personen, die unter Brain Fog leiden, nicht ernst genommen werden, wenn sie ihrer Ärztin oder ihrem Arzt die Beschwerden beschreiben - denn alles ist ein wenig undurchsichtig. Viele Betroffene haben das Gefühl, nicht mehr so zu funktionieren wie vorher und häufiger geistige Aussetzer zu haben.
Typische Symptome von Brain Fog:
- Verwirrtheit
- Vergesslichkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Müdigkeit
- Antriebslosigkeit
- Wortfindungsstörungen
- Langsames Denken
- Orientierungsprobleme
- Stimmungsschwankungen
- Kopfschmerzen
Ursachen von Brain Fog
Die Ursachen für Brain Fog sind vielfältig und reichen von harmlosen Faktoren wie Schlafmangel und Stress bis hin zu schwerwiegenderen Erkrankungen. Es ist wichtig, die individuellen Auslöser zu identifizieren, um gezielte Maßnahmen ergreifen zu können.
Psychische Belastungen
Psychische Belastungen wie Stress, Angstzustände, Schlafmangel und Depressionen können Brain Fog auslösen. Bei einer Depression berichten laut einer Untersuchung 85 bis 94 Prozent der Betroffenen über kognitive Einbußen. Eine Depression geht mit Störungen in neuronalen Netzwerken bestimmter Gehirnregionen wie dem Hippocampus einher. Möglicherweise kommt der Brain Fog bei einer Depression zustande, weil durch diese Fehlregulation der Umfang der grauen Substanz abnimmt.
Physische Ursachen
Auch physische Ursachen können Brain Fog verursachen. Dazu gehören:
Lesen Sie auch: Die Psychologie des Gefühl, lästig zu sein
- Erkrankungen: Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose oder Alzheimer, chronisches Fatigue-Syndrom (CFS), ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom) und Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) können mit Brain Fog einhergehen. Beim CFS liegt laut Studien eine eingeschränkte Durchblutung bestimmter Gehirnareale zugrunde. Als Ursache dafür gilt eine Störung der Weitstellung der Gefäße. Eine Ursache für ADHS, so vermuten Forscher:innen, liegt in entzündlichen Prozessen im Gehirn. Hier spielen auch bestimmte Proteine eine Rolle, die sogenannten Zytokine. Sie beeinflussen die Fähigkeit, normal zu denken. Ist ihre Zahl erhöht, wie es bei ADHS-Betroffenen angenommen wird, kann das mit den typischen Brain Fog Symptomen einhergehen. Daneben ist bei ADHS-Patient:innen das Gleichgewicht an bestimmten Botenstoffen, gestört.
- Hormonelle Veränderungen: Schwangerschaft und Wechseljahre können hormonelle Veränderungen verursachen, die Brain Fog begünstigen. In den Wechseljahren berichten Frauen vermehrt von Vergesslichkeit, rascher geistiger Ermüdung und einer verminderten Konzentrationsfähigkeit - kurz Brain Fog. In diesem Fall entsteht der Nebel im Gehirn durch den fortschreitenden Rückgang des Östrogenspiegels. Denn Östrogen hat Einfluss auf unsere kognitive Leistungsfähigkeit. Das Hormon fördert den Stoffwechsel von Glukose im Gehirn, wodurch es kurzzeitig leistungsfähiger wird. Steht in den Wechseljahren nun weniger Östrogen zur Verfügung, nehmen viele Frauen wahr, dass sich sowohl das Gedächtnis verschlechtert als auch die Fähigkeit zur Konzentration schneller sinkt. Weiter verschärft wird das Brain Fog-Phänomen in den Wechseljahren durch die häufigen Schlafstörungen.
- Infektionen: Insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurde Brain Fog bekannt. Denn gerade Patient:innen mit Long Covid berichteten häufig von geistigen Einbußen. Forscher:innen sehen die Ursache in einer anhaltenden systemischen Entzündung, die auch auf das Gehirn übergreift und die Kommunikation der Nervenzellen stört. Daneben wurde herausgefunden, dass die Blut-Hirn-Schranke bei diesen Long Covid-Patient:innen gestört ist.
- Ernährung: Eine ungesunde Ernährung mit viel Zucker, Weißmehlprodukten und ungesunden Fetten kann Entzündungen fördern, die auch das Gehirn beeinträchtigen und Brain Fog verursachen können. Eine ungesunde Ernährung begünstigt gleich auf zwei Arten Brain Fog. Zum einen fördert eine Ernährung mit viel Zucker, Weißmehlprodukten und ungesunden Fetten Entzündungen, die auch auf das Gehirn übergehen können und die lästigen Symptome verursachen können. Zum zweiten sind Speisen wie Fast Food, Weißmehl- und zuckerreiche Produkte arm an Mikronährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen. Wer dazu noch wenig Obst, Gemüse, gesunde Fette oder Vollkornprodukte zu sich nimmt, läuft Gefahr, einen Mangel an Mikronährstoffen zu entwickeln. Ein Zuviel an Zucker und leeren Kohlenhydraten aus Auszugsmehlen fördert zudem noch heftige Blutzuckerschwankungen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Brain Fog verursachen.
- Kreislaufstörungen: Kreislaufstörungen können ebenfalls zu Brain Fog führen. Versagt die Kreislaufregulation, so reduziert sich die Blutzufuhr zum Gehirn. Meist kommt es zu einem diffusen Schwindel, Benommenheitsgefühl oder Leeregefühl des Kopfes. Es besteht die Gefahr einer Ohnmacht. Darunter ist ein kurzzeitiger Bewusstseinsverlust zu verstehen. Aufgrund der plötzlichen Erschlaffung der Muskulatur, kommt es bei Ohnmacht typischerweise auch zum Sturz. Die Orthostatische Hypotonie, d.h. das starke Absinken des Blutdrucks im Stehen ist die häufigste Form von Kreislaufstörungen bei Menschen im Alter über 75 Jahre. Diese Form der Kreislaufstörung wird durch ein Absinken des Blutdrucks nach Wechsel vom Liegen zum Stehen verursacht. Direkt nach dem Aufstehen oder wenige Minuten später kann es dabei zu Schwindel oder Schwarzwerden vor den Augen kommen. Prinzipiell kann auch eine kurzzeitige Ohnmacht eintreten. Flüssigkeits- und/oder Salzmangel bspw. im Rahmen akuter Infekte, Durchfallerkrankungen. Zudem wurde die Bedeutung der Orthostatischen Hypotonie für die Herzgesundheit und Mobilität der Betroffenen lange unterschätzt. Eine lang-angelegte Beobachtungsstudie über 23 Jahre bei mehr als 12.000 Menschen mit Orthostatischer Hypotonie zeigte, dass diese Kreislaufregulationsstörung ein generelles Risiko für das Auftreten von Stürzen ist.
Weitere Faktoren
- Flüssigkeitsmangel: Wassermangel verursacht Konzentrationsprobleme und kann Brain Fog verursachen. Denn das Gesamtvolumen des Gehirns besteht zu 75 Prozent aus Wasser. Dieses Level sollte immer gehalten werden, um optimale Gehirnleistung zu bringen. Schon bei einer minimalen Dehydrierung um 2 Prozent reduzieren sich die kognitiven Fähigkeiten drastisch.
- Nährstoffmangel: Ein Mangel an bestimmten Nährstoffen wie Vitamin B12, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren, Magnesium und Rosenwurz kann Brain Fog begünstigen.
- Schlafmangel: Ausreichend Schlaf ist wichtig für die Regeneration des Gehirns. Schlafmangel kann die Denkleistung beeinträchtigen und zu Brain Fog führen.
- Bewegungsmangel: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns und kann Brain Fog entgegenwirken.
- Umweltgifte: Der Kontakt mit Umweltgiften kann ebenfalls Brain Fog verursachen.
Diagnose von Brain Fog
Da Brain Fog keine eigenständige Krankheit ist, gibt es keine spezifischen Tests zur Diagnose. Ärztinnen und Ärzte versuchen, die Ursache der Symptome zu finden, indem sie die Krankengeschichte erheben, körperliche Untersuchungen durchführen und gegebenenfalls weitere Tests anordnen. Auch Augentests gehören zu einer solchen umfassenden Untersuchung. Die Privatklinik Jägerwinkel am Tegernsee bietet sogenannte Brain Checks an, die auch der Gesundheitsvorsorge dienen können. Zum Untersuchungsprogramm zählen u.a. ein Gefäßcheck mit Duplexsonographie (Darstellung von Arterien sowie die Erfassung der Blutflussgeschwindigkeit), eine Hirnfunktionsprüfung einschließlich apparativer Messverfahren anhand derer untersucht wird, ob zum Beispiel eine leichte Vergesslichkeit „noch normal“ ist, und umfassende neurologische Untersuchungen einschließlich kognitiver Funktionsprüfung und Labordiagnostik.
Behandlung von Brain Fog
Die Behandlung von Brain Fog richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Wenn eine Erkrankung wie Diabetes, ADHS, Depression oder Angststörung vorliegt, kann eine gezielte Therapie helfen, die Symptome zu lindern. Auch die Behandlung von Schlafstörungen kann sich positiv auf den Brain Fog auswirken.
Selbsthilfestrategien
Unabhängig von der Ursache gibt es eine Reihe von Selbsthilfestrategien, die Betroffene ausprobieren können, um ihre geistige Klarheit zu verbessern:
- Ernährung anpassen: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, gesunden Fetten und ausreichend Eiweiß. Vermeiden Sie stark verarbeitete Lebensmittel, Zucker und Weißmehlprodukte.
- Ausreichend trinken: Trinken Sie täglich 1,5 bis 2 Liter Wasser oder ungesüßten Tee, um den Flüssigkeitshaushalt des Körpers aufrechtzuerhalten.
- Schlaf verbessern: Sorgen Sie für ausreichend Schlaf (7-8 Stunden pro Nacht) und eine gute Schlafhygiene. Gehen Sie regelmäßig zur selben Zeit schlafen und stehen Sie auf, vermeiden Sie Bildschirme vor dem Schlafengehen und schaffen Sie eine entspannende Schlafumgebung.
- Bewegung: Treiben Sie regelmäßig Sport oder bewegen Sie sich ausreichend im Alltag. Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns und kann die kognitiven Funktionen verbessern.
- Stress reduzieren: Finden Sie Entspannungsmethoden, die Ihnen helfen, Stress abzubauen, wie z.B. Meditation, Yoga, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung.
- Kaffeekonsum reduzieren: Reduzieren Sie den Kaffeekonsum, insbesondere am Nachmittag und Abend, da Koffein Schlafstörungen verursachen kann.
- Bildschirmzeit begrenzen: Begrenzen Sie die Zeit, die Sie vor Bildschirmen verbringen, da eine Reizüberflutung die Gehirnleistung schwächen kann.
- Nährstoffmängel ausgleichen: Lassen Sie Ihren Nährstoffstatus überprüfen und nehmen Sie gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel ein, um Mängel auszugleichen.
- Kreislauf trainieren: Gezielte Maßnahmen wie Kreislauftraining und Tipps für den Alltag können helfen, Kreislaufstörungen vorzubeugen.
Medikamentöse Behandlung
In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein, um die Ursachen von Brain Fog zu behandeln. Dies kann beispielsweise bei Depressionen, Angststörungen oder ADHS der Fall sein.
Hoffnungsschimmer
Auch wenn Brain Fog sehr belastend sein kann, gibt es Hoffnung auf Besserung. Forscher und Mediziner arbeiten daran, die Ursachen und Mechanismen von Brain Fog besser zu verstehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Im Bereich Long-COVID gibt es beispielsweise vielversprechende Ansätze, wie die Entwicklung von BC 007 durch das Unternehmen "Berlin Cures", das in einer großen internationalen Studie auf eine beschleunigte Zulassung für die Behandlung von Long-COVID hinarbeitet.
Lesen Sie auch: Lösungsansätze bei nervigem Partner
Lesen Sie auch: Artikel über Schwindel