Hirndruck gegen Schädeldecke: Ursachen, Symptome und Behandlungen

Eine Druckerhöhung im Schädelinneren, auch Hirndrucksteigerung genannt, kann schwerwiegende Folgen für das Gehirn haben. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten dieses potenziell lebensbedrohlichen Zustands.

Was ist Hirndrucksteigerung?

Die Hirndrucksteigerung beschreibt einen krankhaften Anstieg des Drucks im Schädelinneren, der zu einer Schädigung des Gehirns führen kann. Normalerweise liegt der Druck im Schädel zwischen 5 und 15 mmHg. Dieser Druck wird durch den Schädelinhalt auf die Hirnhaut ausgeübt. Bei einer Volumenzunahme im Schädel, beispielsweise durch eine Blutung, eine Schwellung oder einen Tumor, steigt der Druck, da die Schädelknochen eine Volumenausdehnung verhindern.

Zunächst wird das geringe Reservevolumen ausgeschöpft, indem die liquorgefüllten Hohlräume zusammengepresst werden. Dann wird das Gehirn zunehmend komprimiert, was die Durchblutung sinken lässt und Nervenzellen schädigt. Steigt der Druck weiter an, werden Gehirnanteile in Richtung Schädelbasis gedrückt, wodurch lebenswichtige Zentren eingeklemmt und beeinträchtigt werden können.

Ursachen für erhöhten Hirndruck

Die Ursachen für eine Hirndrucksteigerung sind vielfältig. Man unterscheidet zwischen angeborenen und erworbenen Ursachen.

Angeborene Ursachen (kongenitaler Hydrozephalus)

Der angeborene Hydrozephalus entsteht durch Fehlbildungen des Gehirns, Rückenmarks oder des Übergangs dazwischen. Diese Fehlbildungen behindern den Fluss des Hirnwassers oder stören die Aufnahme des Liquors. Beispiele für angeborene Erkrankungen, die mit einem Hydrozephalus einhergehen können, sind:

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  • Neuralrohrdefekte, z. B. Spina bifida
  • Arnold-Chiari-Malformation
  • Dandy-Walker-Malformation
  • Verschluss (Atresie) zwischen den Liquorräumen
  • Mangelhafte Ausbildung der Hirnwindungen (Lissenzephalie)
  • Mit Flüssigkeit gefüllte Zyste (Arachnoidalzyste)
  • Mangelhafte Ausbildung der Arachnoidalzotten
  • Genetische Veränderungen (z. B. mit der Produktion des Eiweißmoleküls L1CAM)
  • Knochenfehlbildungen

Auch die Einnahme bestimmter Medikamente in der Schwangerschaft, wie z. B. Isotretinoin (ein Medikament gegen Akne), kann beim Kind einen Hydrozephalus verursachen.

Erworbene Ursachen (extrinsischer Hydrozephalus)

Erworbene Ursachen für einen Hydrozephalus sind Hindernisse, die den Fluss oder die Aufnahme des Hirnwassers stören, aber noch nicht bei der Geburt vorliegen. Selten ist die Ursache eine erhöhte Liquorproduktion (Hydrocephalus hypersecretorius). Mögliche Auslöser sind:

  • Blutungen:
    • Blutung zwischen Hirnhäuten und Gehirn (Subarachnoidalblutung, SAB)
    • Blutung im Gehirn oder den Ventrikeln (intrazerebrale Blutung, intraventrikuläre Blutung)
    • Blutung nach Schädelverletzung mit Hirnbeteiligung (Kontusionsblutung nach Schädel-Hirn-Trauma)
    • Riss eines fehlgebildeten Blutgefäßes
  • Gewebewachstum:
    • Hirntumoren bei Erwachsenen und Kindern (z.B. Medulloblastom, Kraniopharyngeom)
    • Krankhafte, mit Flüssigkeit gefüllte Zysten (z.B. Arachnoidalzyste, Kolloidzyste)
    • Erhöhter Eiweißgehalt im Liquor (z. B. durch Tumoren im Rückenmark)
  • Infektionen:
    • Eiteransammlung im Gehirn durch Bakterien (Hirnabszess)
    • Hirnhautentzündung durch Bakterien oder Viren (infektiöse Meningitis)
    • Komplikation einer Infektion im Mutterleib (z. B. Toxoplasmose)
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Hirnödem aufgrund von Vergiftungen oder Entzündungen (Gehirnentzündung, Hirnhautentzündung)
  • Raumfordernde Prozesse wie Gehirntumor, Subduralhämatom
  • Hydrozephalus bei Zunahme des Liquors, z. B. durch verengte Liquorräume oder einen gestörten Abfluss
  • Aneurysmen
  • Infarkte

Pseudotumor cerebri

Bei einem erhöhten Hirndruck mit unklarer Ursache spricht man vom sogenannten Pseudotumor cerebri. Die Symptome ähneln denen eines Tumors, obwohl kein Tumor oder eine andere umfassend erklärende Ursache für den erhöhten Druck vorhanden ist. Besonders häufig sind übergewichtige Frauen im gebärfähigen Alter betroffen.

Normaldruckhydrozephalus

Bei einem Normaldruckhydrozephalus kommt es zu einer teilweisen Erweiterung der Hohlräume, in denen sich das Hirnwasser im Schädel befindet. Der gemessene mittlere Hirndruck ist dabei jedoch normal.

Risikofaktoren

Einige Faktoren können das Risiko für die Entwicklung eines Hydrozephalus erhöhen:

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  • Nachweis des Eiweißmoleküls L1CAM (häufigste Ursache für angeborenen Hydrozephalus)
  • Mehrere bekannte Genmutationen
  • Immunschwäche
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Schlaganfall)
  • Übergewicht (insbesondere im Zusammenhang mit Pseudotumor cerebri)

Symptome der Hirndrucksteigerung

Die Symptome einer Hirndrucksteigerung können je nach Ursache, Geschwindigkeit des Druckanstiegs und Alter des Patienten variieren.

Symptome bei Säuglingen und Kindern unter 2 Jahren

Da bei Säuglingen die Schädelknochen noch nicht vollständig zusammengewachsen sind, kann sich der Kopf übermäßig schnell vergrößern (Makrozephalie). Weitere Symptome können sein:

  • Vorgewölbte Fontanelle (die weiche Stelle am Kopf)
  • Deutlich sichtbare Venen an Stirn und Schläfen
  • Unruhe, Appetitlosigkeit und Reizbarkeit
  • Geräuschempfindlichkeit
  • Erbrechen
  • Epileptische Anfälle
  • Entwicklungsverzögerungen
  • Sonnenuntergangsphänomen (Iris und Pupille teilweise durch das Unterlid verdeckt)

Symptome bei älteren Kindern und Erwachsenen

Bei älteren Kindern und Erwachsenen, deren Schädelknochen bereits zusammengewachsen sind, äußert sich die Hirndrucksteigerung durch folgende Symptome:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen (insbesondere morgens und schwallartig)
  • Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Doppelbilder, Gesichtsfeldausfälle)
  • Beeinträchtigtes Bewusstsein bis hin zur Bewusstlosigkeit
  • Verminderte Denkleistung und Gedächtnisverschlechterung
  • Epilepsie
  • Abduzensparese (Unfähigkeit, die Augen zur Seite zu bewegen)
  • Blutdruckanstieg, Abfallen der Herzfrequenz und Atemstörungen (bei fortgeschrittenem Hirndruck)
  • Antriebsstörung (bei chronischer Hirndruckerhöhung)

Symptome beim Normaldruckhydrozephalus

Beim Normaldruckhydrozephalus stehen andere Symptome im Vordergrund:

  • Demenz
  • Gangstörungen
  • Urininkontinenz

Diagnose

Die Diagnose einer Hirndrucksteigerung erfordert eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und den Einsatz bildgebender Verfahren.

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Anamnese und körperliche Untersuchung

Der Arzt wird sich nach den Symptomen erkundigen und eine allgemeine körperliche Untersuchung durchführen. Bei Kindern unter 2 Jahren wird der Kopfumfang gemessen und die Fontanelle untersucht. Bei älteren Kindern und Erwachsenen werden die Hirnleistung und die altersgemäße Entwicklung überprüft. Wichtig ist auch die Feststellung von Hirndruckzeichen und Sehstörungen.

Bildgebende Verfahren

  • Ultraschall: Bei Säuglingen kann eine Ultraschalluntersuchung durch die offene Fontanelle durchgeführt werden. Auch während der Schwangerschaft ist eine Ultraschalluntersuchung möglich.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Die MRT ist das wichtigste bildgebende Verfahren zur Beurteilung des Gehirns. Sie kann ab der 20. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
  • Computertomografie (CT): Bei einem akuten Hydrozephalus wird in der Regel eine CT durchgeführt.

Weitere Untersuchungen

  • Augenärztliche Untersuchung: Bei Bedarf kann eine Untersuchung der Augen durchgeführt werden, um Sehstörungen zu beurteilen.
  • Hirndruckmessung: Der Hirndruck kann invasiv gemessen werden, indem ein Katheter mit Druckaufnehmer in einen der Hirnventrikel eingeführt wird oder eine Sonde mit Drucksensor direkt im Hirngewebe platziert wird.
  • Lumbalpunktion: Bei Verdacht auf einen Normaldruckhydrozephalus kann eine Lumbalpunktion durchgeführt werden, um Liquor abzulassen und zu prüfen, ob sich die Symptome bessern.
  • TORCH-Screening: Während der Schwangerschaft kann ein TORCH-Screening durchgeführt werden, um auf Infektionen wie Toxoplasmose, Röteln, Zytomegalie und Herpes simplex zu untersuchen.
  • Amniozentese: In bestimmten Fällen kann eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) durchgeführt werden.

Behandlung der Hirndrucksteigerung

Die Behandlung der Hirndrucksteigerung zielt darauf ab, den Druck im Schädel zu senken und die Ursache der Drucksteigerung zu beheben.

Konservative Behandlung

In einigen Fällen kann auf eine Operation verzichtet werden. Dies ist beispielsweise bei bestimmten Tumoren oder milden Krankheitsverläufen möglich.

  • Medikamentöse Therapie:
    • Acetazolamid kann die Liquorproduktion um bis zu 50 % senken.
    • Wirkstoffe, die den Dopamin-2-Rezeptor anregen (z. B. Cabergolin), können bei bestimmten Tumoren eingesetzt werden.
    • Kortison kann bei Hirntumoren oder bakterieller Hirnhautentzündung eingesetzt werden (jedoch nicht bei Schädel-Hirn-Trauma).
  • Strahlentherapie: In einigen Fällen kann eine Strahlentherapie eingesetzt werden.
  • Körpergewichtsreduktion: Bei Pseudotumor cerebri kann eine Gewichtsreduktion helfen, den Hirndruck zu senken.
  • Lumbalpunktionen: Beim Pseudotumor cerebri können wiederholte Lumbalpunktionen durchgeführt werden, um Nervenwasser abzulassen.

Operative Behandlung

  • Liquorshunt: Dies ist das übliche Verfahren zur Behandlung eines Hydrozephalus. Dabei wird ein Schlauch (Shunt) unter die Haut gelegt, der Hirnwasser aus den Ventrikeln in eine andere Körperhöhle (meist den Bauchraum) ableitet. Der Shunt bleibt langfristig im Körper.
  • Externe Ventrikeldrainage (EVD): Im Akutfall kann eine EVD eingesetzt werden, um Hirnwasser abzuleiten. Dabei wird ein Katheter in einen der Hirnventrikel eingelegt, durch den Liquor abfließen kann. Der Katheter wird nach etwa 3 Wochen wieder entfernt.
  • Serielle Liquorpunktion: Beim Normaldruckhydrozephalus kann wiederholt eine geringe Menge Liquor abgelassen werden.
  • Operative Behandlung der Grunderkrankung: Je nach Ursache der Hirndrucksteigerung kann beispielsweise ein Hirntumor entfernt werden.
  • Choroid Plexus Cauterisation (CPC): Bei sehr jungen Kindern kann das Veröden der liquorproduzierenden Zellen gute Ergebnisse erzielen.
  • Kraniektomie: In seltenen Fällen kann eine Kraniektomie erforderlich sein, bei der ein Teil des Schädelknochens entfernt wird, um dem Gehirn mehr Raum zu geben.

Akuttherapie auf der Intensivstation

Betroffene mit akuter Hirndrucksteigerung werden sofort auf die Intensivstation eingeliefert und dort engmaschig überwacht.

  • Unterstützung von Herz und Kreislauf: Essenziell ist die Unterstützung von Herz und Kreislauf sowie gegebenenfalls die künstliche Beatmung, um das Gehirn mit möglichst viel Sauerstoff zu versorgen.
  • Optimierung der Blutwerte: Wichtige Blutwerte werden überprüft und optimiert.
  • Senkung des Hirndrucks: Es werden Maßnahmen ergriffen, um den erhöhten Hirndruck zu senken. Angestrebt werden dabei Werte unter 20 mmHg.
  • Therapie der Grunderkrankung: Die Ursache der Drucksteigerung wird behandelt, z. B. durch die Entfernung eines Tumors.
  • Liquordrainage: Über eine Punktionskanüle kann Liquor nach außen abgeleitet werden.
  • Osmotherapie: Mit der intravenösen Gabe von hypertoner Kochsalzlösung oder Mannitol soll durch den erhöhten osmotischen Druck im Blut die Flüssigkeit aus dem Gehirn "herausgezogen" und schließlich über die Niere ausgeschieden werden. Diese Therapie wird jedoch nur bei Druckspitzen und unter engmaschiger Kontrolle empfohlen, da sie Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall, Entwässerung auch der gesunden Hirnsubstanz und Nierenschädigung haben kann.
  • Oberkörperhochlagerung: Der Oberkörper wird um 15-30° hochgelagert.

Komplikationen der Behandlung

Die Behandlung einer Hirndrucksteigerung kann mit Komplikationen verbunden sein. Bei Shuntoperationen kann es beispielsweise zu Blutungen, Infektionen, Bauchverletzungen oder Herzrhythmusstörungen kommen. In etwa 40 % der Fälle verstopft der Shunt innerhalb von 2 Jahren, was eine erneute Operation erforderlich macht. In mindestens 5 % kommt es zu Shunt-Infektionen.

Prognose

Die Prognose der Hirndrucksteigerung hängt von der Ursache der Drucksteigerung, der Dauer und Höhe des Hirndrucks sowie dem Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab. Nach einem unfallbedingten Schädel-Hirn-Trauma ohne weitere Gehirnverletzungen kommt es in vielen Fällen zur Rückbildung der Schwellung und kompletter Ausheilung. Je länger der Hirndruck besteht und je höher er ist, desto schlechter sind die Aussichten für die Patienten.

Spätfolgen

Mögliche Spätfolgen einer Hirndrucksteigerung sind:

  • Einschränkungen von Intelligenz, Sprachfähigkeit und Gedächtnis
  • Körperliche Entwicklungsverzögerungen
  • Depressionen
  • Arbeitslosigkeit
  • Pflegebedürftigkeit

Bei frühzeitiger Behandlung entwickeln sich 2 von 3 Säuglingen und Kleinkindern mit Hydrozephalus altersgerecht. Bei begleitenden Fehlbildungen ist die Prognose schlechter. Akute Blutungen und Hirntumoren wirken sich ebenfalls ungünstig aus.

Leben mit Hydrozephalus

Für Betroffene und ihre Angehörigen gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Selbsthilfeorganisationen: Arbeitsgemeinschaft Spina bifida und Hydrocephalus
  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Um den Shunt und den Zustand des Gehirns zu überwachen.
  • Physiotherapie und Ergotherapie: Um motorische Fähigkeiten und Alltagskompetenzen zu verbessern.
  • Psychologische Betreuung: Um mit den psychischen Belastungen der Erkrankung umzugehen.

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