Gehirn, Psyche und Körper: Die Neurobiologie von Psychosomatik und Psychotherapie

In den letzten Jahren hat sich zunehmend verdeutlicht, wie tiefgreifend die Wechselwirkungen zwischen Gehirn, Psyche und Körper sind. "Sprechende Medizin" und psychotherapeutisches Handeln können das Gehirn verändern, während Gehirn und Psyche wiederum die Gesundheit des Körpers beeinflussen, insbesondere die Funktionen von Herz und Kreislauf, chronische Schmerzen, Entzündungen und die körpereigene Abwehr von Infektionen.

Die Neuroplastizität des Gehirns im Fokus

Johann Caspar Rüegg beschäftigt sich in seinem Buch "Gehirn, Psyche und Körper. Neurobiologie von Psychosomatik und Psychotherapie" mit diesen komplexen Wechselwirkungen. Ein zentraler Aspekt ist dabei die zunehmend erforschte Neuroplastizität des Gehirns. Das Werk, das bereits in der fünften Auflage vorliegt, untermauert fesselnd und wissenschaftlich fundiert die verblüffenden Auswirkungen der Neuroplastizität auf Gehirn, Psyche und Körper.

Was bedeutet Neuroplastizität?

Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, sich im Laufe des Lebens anzupassen und zu verändern. Diese Veränderungen können struktureller oder funktioneller Natur sein und betreffen die Verbindungen zwischen den Neuronen.

Die Beeinflussung des Gehirns durch Verhalten und Gedanken

Strukturelle Veränderungen im Gehirn, beispielsweise durch Verletzungen oder Degenerationen, beeinflussen unser Verhalten. Aber können auch umgekehrt Änderungen im Verhalten und unsere Gedanken die neuronalen Netzwerke unseres Gehirns umstrukturieren? Wie verändern Lebenserfahrungen, chronische Schmerzen, Depressionen, Ängste und andere Emotionen unsere Hirnstruktur? Welchen Einfluss haben psychotherapeutisches Handeln - „sprechende“ Medizin - und spirituelle Erfahrungen wie Meditation auf eine neuronale Umstrukturierung?

Die Wechselwirkung zwischen Psyche und körperlicher Gesundheit

Es bestehen vielfältige Wechselwirkungen zwischen der Psyche und unserer körperlichen Gesundheit. Diese beeinflussen Entzündungen, die Infektionsabwehr und die Funktionen von Herz und Kreislauf. Intuitiv und aufgrund vielfältiger therapeutischer Erfahrung wird diese gegenseitige Beeinflussung von Psyche und Soma - „Mind & Body“ - bei physischen und psychischen Heilungsprozessen schon lange genutzt. Worte und Gedanken können Schmerzen und Traumata verringern, über Körperhaltung oder Mimik lassen sich Gefühle beeinflussen und Meditation und Achtsamkeitsübungen stärken das Immunsystem.

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Psychosomatik: Die Verbindung von Körper und Seele

Psychosomatische Störungen haben ihre Ursache oft in traumatischen Erfahrungen, die - unbewusst - im Gedächtnis gespeichert werden. Solchen impliziten Lernprozessen liegen strukturelle und funktionelle Veränderungen in den Verknüpfungen von Neuronen des Gehirns zugrunde. Wie aber wirken dabei genetische Programme und Umwelt aufeinander ein?

"Sprechende Medizin" und ihre Wirkung auf das Gehirn

Wie bewirken Verhaltensänderungen oder psychotherapeutisches Handeln - "sprechende" Medizin -, aber auch spirituelle Erfahrungen wie Meditation eine neuronale Umstrukturierung? In den letzten Jahren ist noch deutlicher geworden, wie sehr "sprechende Medizin" und psychotherapeutisches Handeln das Gehirn verändern. Rüegg stellt sich bewusst in die Reihe mit Balint, Weizsäcker, Uexküll und Mitscherlich - er „updated“ sie gewissermaßen.

Neuropsychophysiologische Grundlagen

Die Überzeugung, dass das Gehirn in Aktion, beispielsweise durch Psychotherapie und gleichsam als „Software“, Einfluss nehmen kann auf Soma und Gehirn als „Hardware“ (was der Computer nicht leisten kann), dass es sich also neuroplastisch selbst beeinflussen/heilen kann - dies kann mittlerweile schlüssig belegt werden. So ist es nur folgerichtig, dass das Buchcover diesen Grundgedanken, der sich durch das gesamte Buch zieht, auch bildhaft belegt mit PET-Bildern (Prä-/Post-Psychotherapie).

Diese Überzeugung wird im Hinblick auf ihre neuropsychophysiologischen Grundlagen in einem Eröffnungskapitel expliziert und in den Folgekapiteln exemplarisch an wesentlichen psychosomatischen Krankheitsbildern dargelegt (Myalgien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Besondere Beachtung finden dabei in drei eigenen Kapiteln die Forschungsbefunde der Psychoendokrinologie, der Psychoimmunologie und der Gedächtnisforschung.

Forschungsergebnisse und Krankheitsbilder

Das Buch beleuchtet exemplarisch wesentliche psychosomatische Krankheitsbilder wie Myalgien und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besondere Beachtung finden die Forschungsbefunde der Psychoendokrinologie, der Psychoimmunologie und der Gedächtnisforschung.

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Die Bedeutung des Gedächtnisses für psychosomatische Störungen

Psychosomatische Störungen haben ihre Ursache oft in traumatischen Erfahrungen, die unbewusst im Gedächtnis gespeichert werden. Diese impliziten Lernprozesse führen zu strukturellen und funktionellen Veränderungen in den neuronalen Verknüpfungen des Gehirns.

Sprache und Verständlichkeit

Rüeggs Werk ist in einer sprachlich eingängigen Form geschrieben, sodass die neurophysiologischen und biochemischen Vorgänge und ihr konkreter Bezug zu Psychosomatik und Psychotherapie verständlich und gut nachvollziehbar werden. Der wissenschaftliche Apparat ist aus dem Text ausgegliedert, sodass der Leser selbst entscheiden kann, wie tief er einsteigen möchte.

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