Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. In einem Großteil der Fälle lassen sich Ursachen wie Bluthochdruck, Vorhofflimmern oder Ablagerungen in den Halsschlagadern identifizieren. Doch bei 20 bis 30 Prozent der Hirninfarkte bleibt die Ursache ungeklärt. Mediziner sprechen dann von einem „kryptogenen Schlaganfall“. Obwohl diese Schlaganfälle tendenziell weniger schwer verlaufen und weniger bleibende Schäden hinterlassen als solche mit bekannter Ursache, dürfen sie nicht unterschätzt werden. Auch hier kann die Mangelversorgung eines Gehirnareals aufgrund eines verengten oder verschlossenen Blutgefäßes zu dauerhaften Hirnschäden führen. Daher ist es entscheidend, bei jedem Schlaganfall unverzüglich den Notarzt über die Notrufnummer 112 zu rufen, damit die betroffene Person in eine Klinik mit Schlaganfall-Einheit gebracht wird.
Ursachen kryptogener Schlaganfälle in verschiedenen Altersgruppen
Je nach Lebensalter kommen unterschiedliche Ursachen für einen kryptogenen Schlaganfall in Betracht.
Junge Patienten (16-30 Jahre)
Bei jüngeren Patienten im Alter zwischen 16 und 30 Jahren sind angeborene Herzfehler eine häufige Ursache. Insbesondere das offene oder persistierende Foramen ovale (PFO) spielt hier eine Rolle.
Persistierendes Foramen Ovale (PFO)
Beim PFO ist die Scheidewand zwischen dem rechten und dem linken Vorhof des Herzens nicht vollständig verschlossen. Diese Öffnung ermöglicht es Blut, von der rechten auf die linke Herzseite zu fließen. Normalerweise verschließt sich das Foramen ovale in den ersten Wochen nach der Geburt. Bleibt es jedoch offen, kann dies die Bildung von Blutgerinnseln begünstigen, die ins Gehirn gelangen und dort einen Schlaganfall auslösen können. Etwa die Hälfte der Patienten unter 60 Jahren mit der Diagnose „kryptogener Schlaganfall“ haben ein PFO.
Patienten zwischen 31 und 60 Jahren
In dieser Altersgruppe spielen erworbene Herzkrankheiten eine größere Rolle als Ursache für kryptogene Schlaganfälle.
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Ältere Patienten (über 60 Jahre)
Bei älteren Schlaganfallpatienten ist Vorhofflimmern eine häufige Ursache. Da diese Herzrhythmusstörung oft nur anfallsweise auftritt, ist sie schwer zu diagnostizieren und wird daher oft nicht als Ursache erkannt. Bei älteren Patienten mit einem Schlaganfall vermeintlich unbekannter Ursache sollte systematisch nach Anfällen von Vorhofflimmern gesucht werden. Dies erfordert aufwändige Diagnostik wie wiederholte Langzeit-EKGs oder den Einsatz von Event-Rekordern zur kontinuierlichen Beobachtung der Herzfrequenz. Vorhofflimmern begünstigt die Bildung von Blutgerinnseln in den Herzvorhöfen, die ins Gehirn gelangen und dort eine Arterie verstopfen können, was zum Schlaganfall führt.
Weitere Ursachen für Schlaganfälle unbekannter Ursache
Neben den altersabhängigen Ursachen gibt es weitere Faktoren, die zu einem kryptogenen Schlaganfall führen können:
- Dissektion der Halsarterie: Ein Riss in der inneren Gefäßwand einer Halsschlagader (Dissektion) kann ebenfalls einen Schlaganfall verursachen. Dies kann auch die Vertebralis-Arterie betreffen, die zwischen den Wirbelkörpern verläuft. Der Bluterguss in der Gefäßwand verengt die Ader, behindert den Blutfluss und kann zur Bildung eines Blutgerinnsels führen, das ins Gehirn geschwemmt wird. Typische Warnzeichen einer Dissektion sind einseitige Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen und Ohrgeräusche.
- Moyamoya-Erkrankung: Diese chronische, fortschreitende Erkrankung führt zu Einengungen und Verschlüssen der Arterien im Gehirn. Der Name Moyamoya (japanisch für „Wölkchen“) bezieht sich auf das Erscheinungsbild der erkrankten Gefäße. Die Erkrankung tritt in Ostasien häufiger auf als in Europa und führt zu transitorisch-ischämischen Attacken (TIAs) und Schlaganfällen, vor allem zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr.
- Vaskulitis des zentralen Nervensystems: Hierunter fallen verschiedene seltene Entzündungen der Gefäße des zentralen Nervensystems. Die primäre Angiitis betrifft kleine und mittlere Arterien und führt zu Kopfschmerzen, kognitivem Abbau, Schlaganfällen und epileptischen Anfällen.
- Morbus Fabry: Bei dieser vererbten Speicherkrankheit führt ein Enzymdefekt zu Ablagerungen von Stoffwechselprodukten in den Gefäßen. Etwa ein Viertel der Patienten erleidet deshalb TIAs und Schlaganfälle.
- Einnahme der Pille in Kombination mit Rauchen: Es ist bekannt, dass Frauen ein erhöhtes Risiko haben, wenn sie die Pille nehmen und rauchen.
Diagnose und Behandlung
Akutversorgung
Bei einem akuten Schlaganfall ist eine schnelle Behandlung auf einer spezialisierten Stroke Unit entscheidend. Unmittelbar nach der Einlieferung wird mittels CT oder MRT des Kopfes festgestellt, ob es sich um einen Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall) oder eine Hirnblutung handelt.
Hirninfarkt
Bei einem Hirninfarkt muss die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs so schnell wie möglich wiederhergestellt werden. Hierzu stehen folgende Methoden zur Verfügung:
- Thrombolyse (Lyse): Dabei wird ein Medikament verabreicht, das das Blutgerinnsel auflöst. Dies kann entweder über die Vene in den gesamten Körper oder mittels Katheter direkt in das verschlossene Gehirngefäß erfolgen. Die Therapie sollte idealerweise innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Schlaganfall-Symptome beginnen.
- Thrombektomie: Diese Methode wird vor allem bei größeren Blutgerinnseln eingesetzt, die sich nicht allein medikamentös auflösen lassen. Dabei wird ein Katheter durch die Leiste ins Gehirn eingeführt und das Blutgerinnsel mit einem Metallgitter-Geflecht eingefangen und abgesaugt.
- Ballonkatheter und Stent: Ist die Thrombektomie nicht erfolgreich, kann das verstopfte Gefäß mit einem Ballonkatheter geweitet werden. Anschließend wird ein Stent eingesetzt, um das Gefäß offen zu halten.
Hirnblutung
Bei einer Hirnblutung muss die Blutung gestoppt und Schädigungen durch austretendes Blut vermieden werden. In manchen Fällen ist eine Operation erforderlich, um das Blut zu entfernen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren.
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Behandlung des PFO
Wird ein PFO als Ursache für den Schlaganfall identifiziert, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um einem erneuten Schlaganfall vorzubeugen:
- Medikamentöse Therapie: Lebenslange Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten ("Blutverdünner"), um die Bildung eines erneuten Blutgerinnsels zu verhindern.
- ** ডিভাইস বন্ধ করা:** Das Loch im Herzen kann mit einem Okkluder, einem kleinen Schirmchen, verschlossen werden. Dieses wird per Katheter von der Leiste bis ins Herz vorgeschoben.
Behandlung der Dissektion
Wird eine verengende Dissektion gefunden, muss der Betroffene schnell mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt werden, um die Bildung eines Blutgerinnsels zu verhindern.
Rehabilitation
Nach der Akutversorgung auf der Stroke Unit ist eine langfristige Nachbehandlung der Betroffenen wichtig. Reha-Maßnahmen sollten möglichst schon in den ersten Tagen in der Klinik beginnen, um Langzeitschäden zu minimieren.
Warnzeichen und Vorbeugung
Herzpatienten sollten die Symptome und möglichen Vorboten eines Schlaganfalls kennen. Oft treten einzelne Symptome bereits Tage oder Wochen vorher auf, verschwinden aber nach wenigen Minuten wieder. Anzeichen des Schlaganfalls erfordern schnelles Handeln. In jedem Fall müssen, auch wenn sich die Symptome zurückbilden, die Ursachen gesucht werden.
Symptome eines Schlaganfalls
- Einseitige Lähmung: Das Gesicht ist einseitig verzogen, wenn der Betroffene lächeln soll.
- Arme heben: Der Betroffene kann die Augen nicht schließen und beide Arme gleichzeitig in die Waagerechte heben, die Handflächen nach oben drehen und die Position halten.
- Sprachstörungen: Der Betroffene kann einen einfachen Satz nicht nachsprechen oder die Stimme klingt verwaschen.
- Verständnisprobleme: Der Betroffene versteht einfache Aufforderungen nicht.
Vorbeugung
Um einem erneuten Schlaganfall vorzubeugen, sollten Risikopatienten regelmäßig ihren Blutdruck, ihre Cholesterinwerte und ihren Blutzucker überprüfen und einstellen lassen. Auch eine Umstellung des Lebensstils mit viel Bewegung, gesünderer Ernährung und dem Verzicht auf Rauchen kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls verringern.
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