Verwirrtheit kann nach einem Schlaganfall auftreten und stellt eine erhebliche Herausforderung für Betroffene und ihre Angehörigen dar. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Verwirrtheit und anderen kognitiven Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall, um ein umfassendes Verständnis dieser komplexen Problematik zu vermitteln.
Was ist Verwirrtheit?
"Wissen Sie, wo Sie sind und wie Sie heißen?" - Wenn Betroffene diese Frage nicht schlüssig beantworten können, liegt ziemlich sicher Verwirrtheit vor, also eine Schwierigkeit, sich räumlich und zeitlich zu orientieren. Auch das Gedächtnis, die Merkfähigkeit und die Konzentration leiden bei Verwirrtheit. Manche Verwirrte sind zudem auffallend unruhig und umtriebig, meist auch unfähig, eine geordnete Unterhaltung zu führen. Ihre Handlungen passen oft nicht zur Situation, sind gelegentlich aggressiv oder selbstzerstörerisch.
Ursachen von Verwirrtheit nach Schlaganfall
Die Ursachen für eine Verwirrtheit sind vielfältig. Tritt sie ganz plötzlich auf, ist auf jeden Fall an einen Schlaganfall zu denken - vor allem bei gleichzeitigen Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen. Schleicht sich die Verwirrung eher ein und wird immer stärker, ist vor allem bei älteren Menschen eine Demenz wahrscheinlich. Immer abgeklärt werden sollte auch, ob die Betroffenen genug trinken. Ebenso lösen einige chronische Krankheiten Verwirrtheit aus - etwa, wenn bei Diabetes der Blutzucker entgleist oder sich durch ein Nierenversagen harnpflichtige Stoffe im Blut ansammeln. Auch eine psychiatrische Erkrankung wie eine Psychose kann die Ursache sein.
Ein Schlaganfall ist eine der häufigsten Ursachen für plötzliche Verwirrtheit, insbesondere wenn er von Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen begleitet wird. Die Schädigung des Gehirns durch den Schlaganfall kann verschiedene kognitive Funktionen beeinträchtigen, darunter Orientierung, Gedächtnis und Konzentration.
Weitere mögliche Ursachen
- Demenz: Bei älteren Menschen kann eine sich langsam entwickelnde Verwirrung auf eine Demenz hindeuten.
- Dehydration: Unzureichende Flüssigkeitsaufnahme kann ebenfalls zu Verwirrtheit führen.
- Chronische Krankheiten: Stoffwechselentgleisungen bei Diabetes oder Nierenversagen können Verwirrtheit verursachen.
- Psychiatrische Erkrankungen: Psychosen können ebenfalls zu Verwirrtheitszuständen führen.
Symptome von Verwirrtheit nach Schlaganfall
Die Symptome von Verwirrtheit können vielfältig sein und sich von Person zu Person unterscheiden. Einige häufige Anzeichen sind:
Lesen Sie auch: Spezielle Demenz-Tests für Menschen mit Behinderung
- Orientierungslosigkeit: Schwierigkeiten, sich räumlich und zeitlich zu orientieren.
- Gedächtnisprobleme: Schwierigkeiten, sich an aktuelle Ereignisse oder vergangene Informationen zu erinnern.
- Konzentrationsschwierigkeiten: Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Aufgabe oder ein Gespräch zu richten.
- Unruhe und Agitation: Erhöhte motorische Aktivität, Nervosität und Reizbarkeit.
- Unangemessenes Verhalten: Handlungen, die nicht zur jeweiligen Situation passen, einschließlich Aggressivität oder Selbstschädigung.
Weitere spezifische Symptome
- Plötzliche Verwirrtheit, oft mit neurologischen Beschwerden
- Seh- oder Sprachstörungen
- Halbseitige Lähmungen
- Fehlende Reaktion auf Ansprechen für 1-2 Minuten
- Wechselnde Verwirrtheitszustände mit Zittern der Hände, Schwitzen und Gewichtsverlust
- Durchfall
- Halluzinationen (z. B. Sehen kleiner Tiere) oder Wahnvorstellungen
- Bewusstseinsstörung
Diagnose von Verwirrtheit nach Schlaganfall
Die Diagnose von Verwirrtheit erfordert eine sorgfältige Beurteilung der Symptome, der medizinischen Vorgeschichte und der aktuellen Medikation des Patienten. Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für die Verwirrtheit auszuschließen, wie z. B. Infektionen, Stoffwechselstörungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten.
Diagnostische Maßnahmen
- Kognitive Tests: Beurteilung der Orientierung, des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit und anderer kognitiver Funktionen.
- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der neurologischen Funktionen, wie z. B. Reflexe, Muskelkraft und Koordination.
- Blutuntersuchungen: Überprüfung der Blutwerte, um Stoffwechselstörungen oder Infektionen auszuschließen.
- Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, um strukturelle Veränderungen oder Schädigungen zu identifizieren.
Behandlung von Verwirrtheit nach Schlaganfall
Die Behandlung von Verwirrtheit nach einem Schlaganfall zielt darauf ab, die zugrunde liegende Ursache zu behandeln, die Symptome zu lindern und die kognitive Funktion zu verbessern. Die Behandlung kann eine Kombination aus medizinischen, therapeutischen und unterstützenden Maßnahmen umfassen.
Medikamentöse Behandlung
In einigen Fällen können Medikamente eingesetzt werden, um die Symptome der Verwirrtheit zu lindern, wie z. B. Antipsychotika bei Agitation oder Beruhigungsmittel bei Angstzuständen. Es ist wichtig, die potenziellen Risiken und Nebenwirkungen dieser Medikamente sorgfältig abzuwägen.
Nicht-medikamentöse Behandlungen
- Kognitive Therapie: Gedächtnis- und Konzentrationsübungen können helfen, die kognitive Funktion zu verbessern.
- Ergotherapie: Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsaktivitäten und der Anpassung an die veränderte Situation.
- Logopädie: Behandlung von Sprach- und Kommunikationsstörungen (Aphasie).
- Physiotherapie: Verbesserung der motorischen Fähigkeiten und der Mobilität.
- Psychotherapie: Unterstützung bei der Bewältigung emotionaler Probleme und der Anpassung an die Folgen des Schlaganfalls.
Unterstützende Maßnahmen
- Orientierungshilfen: Schaffung einer klaren und strukturierten Umgebung mit vertrauten Gegenständen und Bildern.
- Regelmäßiger Tagesablauf: Etablierung eines regelmäßigen Tagesablaufs, um Sicherheit und Orientierung zu geben.
- Kommunikation: Klare und einfache Kommunikation mit dem Betroffenen, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Unterstützung der Angehörigen: Beratung und Unterstützung der Angehörigen, um den Umgang mit der Verwirrtheit des Betroffenen zu erleichtern.
Aphasie als Folge von Schlaganfall
Eine Aphasie ist eine Sprachstörung, ausgelöst durch eine Schädigung des Gehirns. Ursache ist in 80 Prozent der Fälle ein Schlaganfall. Der Begriff "Aphasie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "keine Sprache" und wird manchmal auch mit Sprachlosigkeit oder Sprachverlust übersetzt. Dahinter steckt kein Problem der Mundmuskulatur oder Motorik wie bei einer Sprechstörung, etwa dem Stottern oder auch einer Gesichtslähmung. Die Aphasie entsteht infolge einer Hirnschädigung, meist durch einen Schlaganfall (laut Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe in 80 Prozent der Fälle). Betroffene, die ihren ersten Schlaganfall erleiden, erleben zu circa 30 Prozent auch die Sprachstörung Aphasie. Etwa ein Drittel der Aphasie-Betroffenen erholt sich aber binnen vier Wochen wieder von der Sprachstörung und erlebt "weitestgehend eine Normalisierung der Sprachfunktion", so die Deutsche Schlaganfallhilfe.
Formen der Aphasie
- Amnestische Aphasie: Wortfindungsstörungen in der Spontansprache.
- Broca-Aphasie: Langsamer, angestrengter Sprachfluss, Telegrammstil.
- Wernicke-Aphasie: Schwierigkeiten bei der Wortwahl und dem Sprachverständnis.
- Globale Aphasie: Schwerste Form, Sprachverständnis und eigene Sprache massiv gestört.
Therapie der Aphasie
Die Therapie einer Aphasie ist Aufgabe von Sprachtrainern, sogenannten Logopäden oder Patholinguisten. Noch in der Stroke-Unit (Spezialstation für Schlaganfall-Betroffene) beginnen sie mit dem Training - je nach Schaden durch den Schlaganfall kann dabei auch zuerst einmal ein Schlucktraining im Vordergrund stehen. In schweren Fällen von Aphasie (Globale Aphasie) kann auch das Erlernen einer Zeichensprache notwendig sein, damit sich Betroffene überhaupt verständigen können.
Lesen Sie auch: Delir-Prävention: Was Sie wissen müssen
Technische Entwicklungen erleichtern Therapeuten die Behandlung und Betroffenen ihren Alltag. Dazu gehören beispielsweise Sprachapps wie Neolexon, Constant Therapy, Tactus oder Lingraphica und spezielle Computerprogramme wie EvoCare, aphasiaware und Lingware.
Persönlichkeitsveränderungen nach Schlaganfall
Emotionale Veränderungen wirken sich auf das Verhalten einer Person aus, also auf seine Persönlichkeit. Das kann so weit gehen, dass Angehörige den schlaganfallbetroffenen Menschen in seinem gesamten Wesen kaum noch wiederkennen. Familie und Freunde nehmen diese emotionalen Veränderungen oft sehr schnell wahr - und zum Teil intensiver als die Betroffenen selbst. Ob die Betroffenen den Wandel selbst bemerken - und auch darunter leiden - ist individuell unterschiedlich.
Arten von Persönlichkeitsveränderungen
- Minus-Syndrom: Antriebsarm, apathisch, desinteressiert, wenige Emotionen, emotionslose Sprechweise oder Mimik.
- Plus-Syndrom: Impulsiv, aufbrausend, aggressiv, zum Teil paranoide Verdächtigungen.
Ursachen von Persönlichkeitsveränderungen
Wesensveränderungen kommen besonders häufig vor, wenn die Schädigung im Bereich des Frontal- und Temporallappens des Gehirns liegt. Sind der rechte und linke Frontallappen betroffen, begünstigt dies ein Plus-Syndrom, Schädigungen der Temporallappen können eher zu einem Minus-Syndrom führen.
Umgang mit Persönlichkeitsveränderungen
Wichtig ist, die Situation zu thematisieren und Fachleute (Neurologen, Neuropsychologen, Psychologen, Psychotherapeuten etc.) zu Rate zu ziehen, um individuelle Therapien zu entwickeln, die langfristig sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen den Umgang mit den Veränderungen erleichtern.
Delirium nach Operationen
Ein Zustand der Verwirrtheit, ein sogenanntes Delirium, tritt immer wieder nach einer Operation mit Narkose auf. Betroffen sind meist ältere Menschen über 65 Jahre. Neben einem operativen Eingriff können auch verschiedene Medikamente und deren Wechselwirkungen ein Delirium auslösen. Weitere Auslöser können Schlafentzug oder akute Stoffwechselstörungen sein. Weitere Risikofaktoren für die vorübergehende Verwirrung sind, neben dem Alter, Herzkreislaufstörungen, Alkoholabhängigkeit oder Stoffwechselerkrankungen wie etwa Diabetes.
Lesen Sie auch: Demenz: Auswirkungen und Umgang mit Verwirrtheit
Anzeichen eines Deliriums
- übereifrig, unruhig, aggressiv
- apathisch, schläfrig
- ablehnend oder sehr anhänglich
- schlaflos
- räumlich und zeitlich desorientiert
- wahrnehmungsgestört: Betroffene sehen Dinge, die nicht da sind (häufig furchteinflößende Tiere, Schatten oder Ungeziefer)
- Tag-Nacht-Rhythmus ist verschoben
Formen des Delirs
- Hypoaktives Delir: Apathie, wenig Antrieb, Schläfrigkeit.
- Hyperaktives Delir: Unruhe, Agitation, Aggressivität.
- Mischform: Wechsel zwischen hypoaktivem und hyperaktivem Delir.
Prävention und Behandlung des Delirs
Durch aktive Vorsorge sowie einer konsequenten und frühzeitigen Behandlung erster Symptome kann ein Delirium vermieden beziehungsweise abgeschwächt werden. Daher ist die Identifikation möglicher Risikopatient:innen von großer Bedeutung. Gelingen kann das durch eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte im Vorfeld der stationären Aufnahme. Auch detailliert geplante Operationen mit möglichst geringer Narkosebelastung beugen der Gefahr wirksam vor. Angehörige können bei der Re-Orientierung helfen, sie können viel eher als das Pflegepersonal an Erinnerungen anknüpfen und diese aktiv halten. In einem gewissen Rahmen können gegebenenfalls auch Rituale von zu Hause in der Klinik umgesetzt werden.
Umgang mit Verwirrtheit im Alltag
Ist die Verwirrtheit kein vorübergehender Zustand, sondern wie bei der Demenz bleibend, profitieren viele Betroffene von Orientierungshilfen im Alltag. Vertrauen schafft zum Beispiel ein regelmäßiger Tagesablauf. Auch Kleinigkeiten, wie vertraute Gegenstände und Bilder in der Umgebung können Sicherheit vermitteln. Zumindest in der Umwelt kann für Betroffene für Klarheit gesorgt werden. Ruhige, helle Räumlichkeiten helfen bei der Orientierung, genauso wie gut angepasste Seh- und Hörhilfen.
tags: #geistig #verwirrt #nach #schlaganfall #ursachen #behandlung