Seit einiger Zeit wird Gurkenwasser als Geheimtipp gegen Wadenkrämpfe gehandelt. Sogar die englische Fußballnationalmannschaft soll während der EM regelmäßig davon profitieren. Doch was steckt wirklich dahinter? Ist Gurkenwasser tatsächlich wirksam gegen Muskelkrämpfe und möglicherweise sogar Magnesium überlegen? Dieser Artikel geht diesen Fragen auf den Grund und beleuchtet die Wirkung, Anwendung und wissenschaftlichen Erkenntnisse rund um das Thema Gurkenwasser gegen Krämpfe.
Was ist Gurkenwasser?
Gurkenwasser ist die Flüssigkeit, in der Gurken, meist Essiggurken, eingelegt sind. Um Gurken haltbar zu machen, werden sie in einem Mix aus Salz und Essig eingelegt. Für einen besonders aromatischen Geschmack kommen typischerweise noch Gewürze wie Pfefferkörner, frischer Dill und Senfsamen hinzu. Neben klassischen sauren Gurken, für die man Gürkchen bzw. Snackgurken verwendet, gibt es auch in Essigwasser eingelegte, zerkleinerte dünne oder dicke Salatgurken-Scheiben. Beim Kauf von Essiggurken sollten gesundheitsbewusste Verbraucher möglichst auf Bio-Qualität achten.
Die angebliche Wirkung von Gurkenwasser gegen Krämpfe
Gurkenwasser wird nicht präventiv, sondern bei einem akuten Krampf verwendet. Erste Studien deuten darauf hin, dass Gurkenwasser das Potenzial besitzt, die unangenehme Krampfdauer zu reduzieren. Eine US-amerikanische Studie konnte zeigen, dass elektrisch induzierte Muskelkrämpfe schnell durch Gurkensaft gehemmt und die Krampfdauer um ca. die Hälfte reduziert werden konnte. Die US-Forscher empfehlen einen großen Schluck. Manche Sportler konsumieren es jedoch in größeren Mengen. Laut den Forschenden wirkt Gurkensaft sogar schon 35 Sekunden nach der Einnahme.
Die wissenschaftliche Erklärung
Wie genau das Essigwasser Wadenkrämpfe lindert, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Fest steht: Aufgrund der Sofortwirkung hat der Körper zu wenig Zeit, um die Inhaltsstoffe aufzunehmen und zu verstoffwechseln. Es wird vermutet, dass die Linderung von Wadenkrämpfen durch Essigwasser auf neuronale Impulse zurückgeht. Nach dem Trinken des sauren Gurkenwassers kommt es aufgrund eines Reizes in der Speiseröhre wahrscheinlich zu einer Hemmung bzw. einer Abnahme der Impuls gebenden Nervenzellen. Womöglich sei es einfach der saure Geschmack im Rachen, der die Aktivität der impulsgebenden Nervenzellen drossele und somit krampflösend wirke. Dieser Ansicht ist auch Michael Behringer. „Vermutlich stimuliert die Essigsäure bestimmte Rezeptoren im Mund-Rachenraum“, sagt er. Dieses Signal unterbricht offenbar den Krampf. Wie das im Detail funktioniert, ist noch nicht klar.
Die Wissenschaftler sprechen sich ebenfalls dafür aus, dass die entkrampfende Sofortwirkung nicht auf die im Gurkensaft enthaltenen Elektrolyte zurückzuführen ist.
Lesen Sie auch: Krämpfe und Gurkenwasser: Was sagt die Wissenschaft?
Gurkenwasser vs. Magnesium
Eine ausreichende Versorgung mit Magnesium galt lange Zeit als Mittel der Wahl bei Muskelkrämpfen - sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch. Magnesium wurde bisher empfohlen, da man davon ausgegangen ist, dass Muskelkrämpfe auf eine Dehydratation bzw. einen Elektrolytmangel zurückgehen. In Anlehnung an die neuen Theorien der Ursache von Wadenkrämpfen ist Magnesium wirkungslos. Ein anderes weit verbreitetes Mittel zur Prophylaxe sieht Wolter dagegen kritisch: «Bisher konnte keine Studie einen positiven Effekt von Magnesium nachweisen», so der Physiotherapeut.
Die Rolle der Nerven bei Muskelkrämpfen
Nicht Dehydratation oder Elektrolytmangel sorgten für die unfreiwillige, schmerzhafte, andauernde Kontraktionen der Skelettmuskeln, sondern ein fehlerhafter Rückenmarkreflex. Dabei komme es zu einem Ungleichgewicht zwischen zwei Sensorsystemen der Muskeln: Während die Muskelspindeln, die die Muskellänge messen, überaktiv sind, ist die inhibitorische Aktivität des Golgi-Sehnenorgans, das die Spannung im Muskel erfasst und reflektorisch eine Hemmung der Muskelkontraktion bewirkt, verringert. Es kommt zu einer abnormalen α-Motoneuronen-Aktivität - der Muskel kontrahiert stark.
Anwendung von Gurkenwasser
Die Autoren geben sogar eine exakte Dosierung an: 1 ml Gurkenwasser pro Kilogramm Körpergewicht. Vermutlich tut es aber auch ein ordentlicher Schluck. Von dem Gurkenwasser solltest du übrigens nicht mehr als 60 bis 80 Milliliter alle drei bis vier Tage zu dir nehmen. Personen mit hohem Blutdruck sollten aufgrund des hohen Salzgehalts deutlich weniger konsumieren. Auch bei bestimmten Verdauungsbeschwerden kann der hohe Säuregehalt im Gurkenwasser Probleme verursachen.
Weitere Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Muskelkrämpfen
Muskelkrämpfe können viele Ursachen haben. Umso überraschender, dass sich der genaue Grund dafür nicht immer ausmachen lässt. „Es gibt extrem viele unterschiedliche Ursachen“, sagt Dr. Josef Tomasits vom Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik am Universitätsklinikum Linz.
Mögliche Ursachen
- Durchblutungsstörungen: Bei älteren Menschen liege es häufig an der Durchblutung: „Wenn die Gefäße verengt sind, gelangt unter Umständen nicht genügend Blut in den Muskel.“ Es kann dort zu einem Sauerstoffmangel kommen, das macht einen Krampf wahrscheinlicher.
- Störungen im Salz-Wasser-Haushalt: Über den Schweiß verlieren wir Wasser und Mineralstoffe wie Natrium, Magnesium oder Kalium. Diese sind wichtig, damit die Weiterleitung von Impulsen vom Gehirn an den Muskel richtig funktioniert.
- Muskelerkrankungen und Medikamente: Auch Muskelerkrankungen und manche Medikamente, etwa Diuretika gegen Bluthochdruck, Statine gegen erhöhte Cholesterinwerte oder Abführmittel können zum Beispiel Krämpfe begünstigen. Bestimmte Medikamente wie Betablocker oder Arzneimittel im Rahmen einer Chemotherapie können ebenfalls Muskelkrämpfe verursachen.
- Neurologische Erkrankungen: Muskelkrämpfe während des Schlafs treten oft als Begleiterscheinung neurologischer Erkrankungen auf, zum Beispiel wenn Diabetes erste Nervenschäden verursacht hat.
- Alkohol: Wer regelmäßig Alkohol trinkt, hat häufiger unter solchen nächtlichen Wadenkrämpfen zu leiden. Zumindest ab einem gewissen Alter.
- Rauchen: Rauchen kann auch die Durchblutung negativ beeinflussen und zu nächtlichen Krämpfen führen.
- Faszien: Es wird vermutet, dass Verdrehungen oder Verklebungen im Fasziengewebe dazu führen können, dass die einzelnen Muskeln nicht mehr richtig gleiten können und dadurch Krämpfe verursachen.
- Magnesiummangel: Die Entstehung eines Magnesiummangels kann durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, wie zum Beispiel Alkoholkonsum, die Einnahme von Abführmitteln, Durchfall oder ein erhöhter Blutzuckerspiegel. Aber auch Stress, Ausdauersport und eine Schwangerschaft können den Magnesiumspiegel im Körper senken. Während einer Schwangerschaft steigt der Bedarf an Magnesium um mindestens 50 Prozent.
Was tun bei Krämpfen?
- Dehnen: Die meisten Menschen dehnen bei einem Krampf instinktiv die betroffene Muskelpartie. In der Regel hilft das, den Krampf zu unterbrechen. Beim Krampf dehnen die meisten Menschen instinktiv die betroffenen Muskeln. «In der Regel hilft das auch tatsächlich», sagt Physiotherapeut André Wolter. Dehnen helfe auch prophylaktisch, zum Beispiel bei nächtlichen Krämpfen.
- Wadenwickel: Wenn das Dehnen nicht hilft, kann ein Wadenwickel helfen. Tränken Sie ein Handtuch in heißes Wasser.
- Elektrostimulation: Inzwischen konnte sein Team in mehreren kleinen Studien Hinweise sammeln, dass ein Training mit elektrischen Impulsen Menschen helfen könnte, die häufig unter Krämpfen leiden: War ihre Krampfschwelle höher, krampften ihre Muskeln viel seltener. Die Methode muss aber noch weiter untersucht werden.
- Ärztliche Beratung: Personen, die häufig Krämpfe haben, rät Tomasits daher, zum Hausarzt oder -ärztin zu gehen, sich beraten und gegebenenfalls zu einem Spezialisten oder einer Spezialistin überweisen zu lassen. Denn Krämpfe können auch ein Anzeichen für zugrundeliegende Nerven- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein.
Gurkenwasser als vielseitiges Hausmittel
Die letzte Gurke wurde aus dem Glas gefischt und das übrige Gurkenwasser - der Sud, in dem Gewürzgurken eingelegt sind - landet im Waschbecken. Dabei ist Gurkenwasser vielseitig einsetzbar:
Lesen Sie auch: Hilft Gurkenwasser wirklich bei Periodenschmerzen?
- Zum Kochen: Gurkensaft kann zum Beispiel als Ersatz für den Essiganteil in deiner Salatsoße verwendet werden. Oder den Essigsud mit Joghurt mischen um ein cremiges Salatdressing für grünen Salat oder Eiersalat zu erhalten. Ebenso leicht lässt sich ein Dip zu Fisch oder Kartoffeln kreieren. Es eignet sich auch hervorragend zum Marinieren von Fleisch, das dadurch besonders zart wird. Auch kann Fisch mit Gurkensaft pochiert werden, wodurch der Fisch noch schmackhafter wird. Der Wiener Sternekoch Paul Ivić verrät in seinem Buch „Vegetarisch“, dass er mit Essiggurkensud zum Beispiel seine vegetarische Stroganoff-Soße würzt. Die Kartoffel-Experten von Caspar Plautz machen in ihrem Buch „Rezepte mit Kartoffeln“ Grüne Soße mit Essiggurkenwasser, und Stevan Paul gibt es in „Simple & Clever Cooking“ zum Paprika-Gewürzgurken-Relish zur Backkartoffel.
- Zum Frischhalten von Essen: In der übrig gebliebenen Gurkenlake kann man sehr gut andere Lebensmittel wie z.B. gekochte Eier, Zwiebeln oder Knoblauch einlegen, um sie länger haltbar zu machen und um ihnen eine andere Geschmacksrichtung zu verleihen. Das funktioniert auch mit Gemüse aus der Dose.
- Als leckeres Partygetränk: Ob du es glaubst oder nicht: Mit Gewürzgurkenwasser lässt sich auch ein leckerer Cocktail mixen! Dazu z.B. 6 cl Wodka mit 9 cl Gurkenwasser mixen, Eis dazu, fertig!
- Zum Abnehmen: Übrigens enthält Gurkenwasser auch einige Mineralien und Vitamine und ist leicht sättigend - perfekt geeignet zum Abnehmen.
- Zum Reinigen: Mit Essiggurkenwasser bringst du deine Kupfergegenstände wieder zum Glänzen.
- Zum Entkalken: Wenn der Wasserkocher mal wieder ganz weiß ist, heißt es Entkalken. Dafür müsst du allerdings nicht extra ein Mittel kaufen - der im Gewürzgurkenwasser enthaltene Essig löst den Kalk auf und lässt hässliche weiße Flecken verschwinden. Für besonders hartnäckige Kalkablagerungen empfehlen wir unsere Essig-Essenz mit 20% Säureanteil.
- Zum Düngen und zur Unkrautvernichtung: Für Pflanzen der Gattung der Lilien, Primel oder Lupinen, die saure Erde lieben, ist Gurkenwasser als Dünger sehr wirksam. Aber auch Unkraut kann man im Garten mit Gurkenwasser bekämpfen.
Lesen Sie auch: Wirkung von Gurkenwasser
tags: #gurkenwasser #gegen #krämpfe #wirkung