Eine Verletzung der Nerven im Handgelenk kann vielfältige Ursachen haben und schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Nervenverletzungen im Handgelenk, von den Ursachen und Diagnosemethoden bis hin zu den verschiedenen Behandlungsoptionen und möglichen Komplikationen.
Ursachen von Nervenverletzungen im Handgelenk
Nervenverletzungen im Handgelenk können durch verschiedene Mechanismen entstehen:
- Schnittverletzungen: Offene Verletzungen an Hand oder Unterarm, die durch scharfe Gegenstände verursacht werden, können Sehnen, Blutgefäße und Nerven schädigen.
- Kompression: Eine Einengung von Nerven im Handgelenk, wie beim Karpaltunnelsyndrom, kann zu Nervenschäden führen.
- Trauma: Stumpfe Gewalteinwirkung, wie Prellungen oder Quetschungen, kann Nerven schädigen, ohne dass es zu einer vollständigen Durchtrennung kommt.
- Tumore: In seltenen Fällen können Tumore auf Nerven drücken und diese schädigen.
- Iatrogene Schäden: Nerven können auch im Rahmen von Operationen unbeabsichtigt geschädigt werden.
Folgen einer Nervendurchtrennung im Handgelenk
Wird ein Nerv oder ein Nervenast vollständig durchtrennt, ziehen sich die Nervenenden aufgrund der Gewebeelastizität zurück, was zu einer Distanzierung der Nervenstümpfe führt. In dem zur Körperperipherie führenden Nervenstumpf bilden sich die Einzelfasern (Axone) zurück, wobei lediglich das Hüllgewebe um die Einzelfasern erhalten bleibt. Aus dem vom Körperzentrum kommenden Nervenstumpf treten die Nervenfasern aus und wachsen in Richtung Körperperipherie vor.
Finden diese Fasern das korrespondierende Nervenende, können sie entlang der Hüllstrukturen in Richtung Körperperipherie vorwachsen und allmählich regenerieren, bis sie nach vielen Tagen das ursprüngliche Erfolgsorgan wieder erreichen. Dieser Vorgang ist jedoch langwierig, mit einer Wachstumsgeschwindigkeit der Fasern von etwa einem Millimeter pro Tag.
Die auswachsenden Fasern erreichen nur dann das korrespondierende Nervenende, wenn der Abstand zwischen den Stümpfen nicht zu groß und der Zwischenraum nicht von Gewebe ausgefüllt ist. Die zur Regeneration notwendige Gegenüberstellung der Nervenenden ist spontan nicht möglich, kann aber durch eine Nervennaht erreicht werden. Unter optimalen Bedingungen findet dann ein mehr oder weniger großer Anteil der auswachsenden Fasern sein Ziel.
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Selbst in dieser Situation erreichen jedoch nicht alle auswachsenden Fasern den korrespondierenden Nervenstumpf. Der Anteil der Fasern, die diesen erreichen, ist von vielen Faktoren abhängig. Nervenfasern, die das periphere Nervenende nicht erreichen, wachsen in das Gewebe und bilden hier einen Nervenknoten (sogenanntes „Neurom“).
Die Komplikationen und Risiken liegen in den Folgen einer unvollständigen Regeneration. Auch unter technisch optimaler Operation ist die Wiederherstellung immer nur partiell. Diejenigen Nervenfasern, die sich nicht regenerieren, führen zu einer Überempfindlichkeit im Narbenbereich. Nach der direkten Naht eines durchtrennten Nerven ist es immer nur ein Teil der Nervenfasern, der sich entlang des ursprünglichen Faserverlaufs regenerieren kann. Das funktionelle Resultat ist zusätzlich von mehreren anderen Faktoren abhängig, wie der Art der Verletzung und dem Alter bei der Verletzung.
Diagnose von Nervenverletzungen im Handgelenk
Die Diagnose einer Nervenbeteiligung im Rahmen einer Schnittverletzung kann meist schon durch die körperliche Untersuchung im Rahmen der Erstversorgung gestellt werden. Schon die Lokalisation der Verletzung ergibt Hinweise auf eine mögliche Beteiligung bestimmter Nerven.
Besteht nach einer offenen Verletzung der Verdacht auf eine Nervenbeteiligung, so sollte diese im Rahmen der chirurgischen Versorgung nach Möglichkeit auch definitiv versorgt werden.
Zur letztlichen Sicherung der Diagnose des Karpaltunnelsyndroms ist immer eine Untersuchung der elektrischen Leitfähigkeit des Nerven (NLG) erforderlich. Die Untersuchung wird im allgemeinen von Neurologen und Neurochirurgen durchgeführt und kann ohne Nadelelektroden weitgehend schmerzlos vorgenommen werden.
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Behandlung von Nervenverletzungen im Handgelenk
Die Behandlung von Nervenverletzungen im Handgelenk hängt von der Art und dem Ausmaß der Verletzung ab.
Konservative Behandlung
Konservative Maßnahmen können kurzfristig zu einer deutlichen Symptombesserung führen. Allerdings ist ihr Erfolg im Langzeitverlauf nicht gesichert. So ist nicht klar, ob die gängige Ruhigstellung des Handgelenks mit einer Schiene (Orthese) auch langfristig hilft. Auch das seit Jahren in der Physiotherapie beliebte Kinesio-Taping kommt beim KTS zum Einsatz. Auch die medikamentöse Therapie des KTS zeigte keine zufriedenstellenden Studienergebnisse. So wirkt Kortison abschwellend und entzündungshemmend, doch Langzeiteffekte sind nicht belegt. In einigen Fällen kann Kortison als lokale Injektion in den Karpaltunnel eingebracht eine Linderung bewirken. Erste ermutigende Ergebnisse liefert dagegen aktuell eine gebündelte Auswertung von Studien (Metaanalyse) zur manuellen Therapie mit der sogenannten Neurodynamik. Dadurch sollen Verklebungen gelöst und die Beweglichkeit bzw. Gleitfähigkeit im umgebenden Gewebe verbessert werden. Die Studie empfiehlt die Neurodynamik zur Behandlung des KTS. Andere Arbeiten zeigten für die Kombination von Neurodynamik mit Kinesio-Taping, dass die Resultate der Neurodynamik weiter verbessert werden konnten.
Operative Behandlung
Eine erfolgreiche Nervennaht setzt die Möglichkeit zu mikrochirurgischem Operieren voraus: Das Vorhandensein eines Operationsmikroskops, entsprechende Instrumente und Nahtmaterialien sowie nicht zuletzt eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung des Chirurgen.
Ob eine vollständige Nervendurchtrennung, eine teilweise Nervendurchtrennung oder nur eine Nervenquetschung ohne Kontinuitätsdurchtrennung vorliegt, wird im Rahmen der operativen Versorgung definitiv festgestellt. Während der operativen Versorgung wird entschieden, ob die Nervenenden gleich genäht werden können, oder ob Gründe dagegensprechen, wie dies bei schweren Verletzungsformen möglich ist.
Wenn eine längerstreckige Verletzung des Nerven durch ein erhebliches Gewebetrauma vorliegt, ist eine direkte Nervennaht im Rahmen der Erstversorgung nicht möglich. Ist die Defektstrecke zwischen den Nervenstümpfen nicht zu lang, kann er bei der Erstversorgung mit einem Nervenröhrchen überbrückt werden. Ist die Defektstrecke über mehrere Millimeter lang, wartet man zunächst die Heilung ab. In einem zweiten Eingriff wird der Defekt durch Nervenäste überbrückt, die von anderer Stelle entnommen werden. Ist ein Nerv durchtrennt, liegen die Risiken nicht darin, eine operative Wiederherstellung durchzuführen, sondern eher darin, auf eine primäre definitive Operation zu verzichten.
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Nervennaht
Wird ein Nerv in seiner Kontinuität getrennt, können die Enden durch eine Naht einander angenähert werden. Die zur Regeneration notwendige Gegenüberstellung der Nervenenden ist spontan nicht möglich. Dies kann durch eine Nervennaht erreicht werden, die die Nervenstümpfe gegenüberstellt. Unter optimalen Bedingungen findet dann ein mehr oder weniger großer Anteil der auswachsenden Fasern ihr Ziel.
Nerventransplantation
Fehlt ein Nerv auf großer Strecke, wird ein Stück von einer anderen Körperstelle wie dem Unterschenkel (z. B. Nervus suralis) entnommen und an die geschädigte Stelle gesetzt.
Dekompression
Bei Kompressionssyndromen wie dem Karpaltunnelsyndrom kann eine operative Dekompression des Nervs erforderlich sein. Beim Karpaltunnelsyndrom wird das Karpalband durchtrennt, das an der Beugeseite der Handwurzel verläuft. Dadurch wird der Mittelnerv entlastet.
Es gibt zwei operative Verfahren:
- Offener Eingriff: Dabei wird an der Innenseite des Handgelenks ein Hautschnitt gemacht. Anschließend wird das Karpalband durchtrennt.
- Endoskopischer Eingriff: Dafür ist ein kleiner Hautschnitt jeweils an der Handinnenfläche und am Handgelenk erforderlich. Durch den einen Schnitt wird eine kleine Kamerasonde (Endoskop) eingeführt, um den Eingriff zu überwachen. Durch den anderen wird ein Instrument eingeführt, um das Karpalband zu durchtrennen.
Beide Verfahren können die Beschwerden gleich gut lindern und haben ähnliche Risiken. Nach einer endoskopischen Operation erholt man sich möglicherweise etwas schneller und kann früher wieder arbeiten.
Meist wird ambulant operiert, der Eingriff kann aber auch im Krankenhaus stattfinden. In der Regel reicht eine örtliche Betäubung der Hand oder des Arms aus.
Denervation
Bei einer Denervation werden lediglich schmerzleitende Nervenfasern unter Sicht des Auges durchtrennt. Alle Gefühlsqualitäten (Tastsinn, Druck, Temperatur, Lage, Schmerz) werden durch sensible Nervenfasern zum Gehirn geleitet. Bestimmte Nervenfasern steuern Körperfunktionen wie Motorik oder Drüsentätigkeit. Jeder Nerv besteht aus ganz verschiedenen Fasern, von denen jede eine bestimmte Qualität vermittelt. Auf dem Weg zur Körperperipherie hin teilt sich ein Nerv in verschiedene Äste. Einzelne Nervenäste leiten Schmerz und Temperatur, andere Gefühl und Motorik. Manche Faserbündel übertragen das Schmerzempfinden. Bei einer Denervationsoperation werden ausschließlich schmerzleitende Nervenäste operativ aufgesucht und unter Sicht des Auges durchtrennt. Nervenfasern, die das oberflächliche Gefühl vermitteln und solche, die die Motorik steuern, bleiben dabei verschont. Es handelt sich um kleine und kleinste Nervenäste. Diese können nur bei Blutfreiheit im Gewebe sicher identifiziert und von anderen Nerven separiert werden.
Risiken und Komplikationen
Wie bei jedem operativen Eingriff gibt es auch bei Operationen an den Nerven im Handgelenk Risiken und mögliche Komplikationen.
Allgemeine Risiken
- Blutergüsse: Nach einem Eingriff können Blutergüsse in der Hand auftreten. Sie verschwinden meist nach einigen Wochen wieder.
- Taubheitsgefühle: Vorübergehende Taubheitsgefühle können auftreten.
- Schmerzen: Es kann zu länger andauernden Schmerzen kommen.
- Narbenbildung: Vor allem bei offenen Operationen können Beschwerden an der Operationsnarbe auftreten.
- Nervenverletzungen: Bei endoskopischen Operationen besteht ein geringeres Risiko für Nervenverletzungen.
- Infektionen: In seltenen Fällen kann es zu Infektionen kommen.
- Sudeck-Syndrom: Hierbei handelt es sich um eine außerordentlich seltene Komplikation, die sich durch frühe Übungsbehandlung, d.h. Bewegungsübungen und Vermeidung einengender Verbände, weitestgehend vermeiden lässt.
Spezifische Risiken nach Nervennaht
Auch unter technisch optimaler technischer Operation ist die Wiederherstellung immer nur partiell. Diejenigen Nervenfasern, die sich nicht regenerieren, führen zu einer Überempfindlichkeit im Narbenbereich. Nach der direkten Naht eines durchtrennten Nerven ist es immer nur ein Teil der Nervenfasern, der sich entlang des ursprünglichen Faserverlaufs regenerieren kann.
Spezifische Risiken nach Denervation
Leider können nicht alle schmerzleitenden Nerven isoliert adressiert und durchtrennt werden. Nach einer Denervation ist daher die Schmerzbefreiung auch nicht vollständig, sondern nur graduell im Sinne einer Linderung. Auch ist sie in Ihrer Ausprägung bei jedem unterschiedlich. Im Falle einer Besserung hält die Besserung für einige Jahre an. Die Ursache für die Schmerzen werden bei einer Denervationsoperation nicht beeinflusst.
Nachbehandlung
Nach dem Eingriff trägt man für wenige Tage einen Verband um das Handgelenk. Nach etwa zwei Wochen werden die Fäden entfernt. Zur Frage, wie lange die Hand nach dem Eingriff geschont werden sollte, gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche Ärztinnen und Ärzte empfehlen, sie für einige Tage in einer Schiene ruhigzustellen. Dass dies Vorteile hat, ist jedoch nicht nachgewiesen. Daher spricht in der Regel nichts dagegen, die Hand schon am ersten Tag nach dem Eingriff zu bewegen und leicht zu belasten. Dies kann sogar Vorteile haben, da die Hand früher wieder beweglich wird.
Schwere Belastungen sollten für einige Wochen vermieden werden, damit die Wunde gut heilen kann. Wann man wieder arbeiten kann, hängt deshalb sehr vom Beruf ab: Wird die Hand bei der Arbeit nicht sehr belastet, ist dies meist nach etwa 3 Wochen wieder möglich.
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