Die Herzangstneurose, auch bekannt als Herzneurose, Kardiophobie oder Da-Costa-Syndrom, ist eine psychische Störung, die durch unbegründete Angst vor Herzerkrankungen gekennzeichnet ist. Betroffene leiden unter der ständigen Sorge, einen Herzinfarkt zu erleiden oder an einer anderen schweren Herzkrankheit zu erkranken, obwohl medizinische Untersuchungen keine organischen Ursachen finden.
Was ist eine Herzneurose?
Man spricht von einer Herzneurose, wenn ein Mensch unter Beschwerden vonseiten seines Herzens leidet, ohne dass eine gründliche ärztliche Untersuchung Anzeichen für eine krankhafte Veränderung ergibt. Die Herzneurose gehört zu den somatoformen, autonomen Funktionsstörungen. Das heißt, dass die körperlichen Beschwerden der Herzneurose keine körperliche Ursache haben, sondern psychisch bedingt sind. Nicht selten geraten Betroffene in einen Teufelskreis aus Angst und körperlichen Symptomen, den sie allein nicht mehr durchbrechen können.
Symptome einer Herzneurose
Die Symptome einer Herzneurose können vielfältig sein und ähneln oft denen einer tatsächlichen Herzerkrankung, was die Diagnose erschwert. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Beschwerden in der linken Brust: Viele Betroffene klagen über Schmerzen oder ein Engegefühl in der Brust, das in den linken Arm ausstrahlen kann.
- Schmerzen hinter dem Brustbein: Die Schmerzen können auch hinter dem Brustbein lokalisiert sein und als Druck, Brennen oder Stechen empfunden werden.
- Herzrasen: Ein beschleunigter Herzschlag, auch in Ruhe, ist ein häufiges Symptom.
- Herzstolpern: Betroffene nehmen unregelmäßige Herzschläge oder Aussetzer wahr.
- Engegefühl: Ein beklemmendes Gefühl in der Brust, das die Atmung erschweren kann.
Die Symptome können sich unterschiedlich äußern und mit intensiver Angst, auch Todesangst, Schweißausbrüchen und einem schnellen Puls sowie schneller Atmung einhergehen können. Bei 60 Prozent der Betroffenen steht die Angst im Vordergrund, bei den restlichen 40 Prozent ist es das Schmerzempfinden. Häufig lässt sich auch eine depressive Grundstimmung diagnostizieren. Oft klagen die Patienten zudem über andere körperliche Symptome.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen einer Herzneurose sind vielfältig und oft nicht eindeutig zu bestimmen. Es handelt sich in der Regel um eine psychosomatische Erkrankung, bei der psychische Belastungen oder unbewusste Ängste auf das Herz projiziert werden. Häufige Auslöser sind:
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- Psychische Belastungen: Stress, Überforderung, Konflikte oder traumatische Erlebnisse können eine Herzneurose auslösen.
- Verlusterlebnisse: Der Tod eines nahestehenden Menschen, Trennungen oder andere Verluste können Ängste und Unsicherheiten hervorrufen, die sich in Herzbeschwerden äußern.
- Unbewusste Ängste: Tief liegende Ängste, die dem Betroffenen nicht bewusst sind, können sich in körperlichen Symptomen manifestieren.
- Erziehungsstil: Ein Erziehungsstil, der die Selbstständigkeit und Eigeninitiative des Kindes unterdrückt, kann ein Risikofaktor für eine Herzneurose darstellen. Auch eine frühe Trennung der Eltern oder Vernachlässigung kann die Angststörung später auslösen.
- Krankheiten im sozialen Umfeld: Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Risiko für eine Herzneurose größer ist, wenn bereits ein naher Verwandter oder eine Person aus dem engen Freundeskreis an einer Herzneurose oder an tatsächlichen Herzbeschwerden gelitten hat. Dadurch wird ein ängstlicher Umgang mit dem Herzen vorgelebt und von Betroffenen übernommen.
Diagnose
Die Diagnose einer Herzneurose ist oft langwierig und erfordert eine sorgfältige Abklärung. Zunächst müssen organische Ursachen für die Herzbeschwerden ausgeschlossen werden. Dazu werden in der Regel folgende Untersuchungen durchgeführt:
- Ruhe-EKG: Aufzeichnung der Herzaktivität in Ruhe.
- Belastungs-EKG: Aufzeichnung der Herzaktivität unter körperlicher Belastung.
- Herz-Ultraschall: Bildliche Darstellung des Herzens zur Beurteilung von Struktur und Funktion.
- Herzkatheter: Untersuchung der Herzkranzgefäße mit einem Katheter.
Wenn keine organischen Ursachen gefunden werden, erfolgt ein psychiatrisches Erstgespräch, in dem die eigene Biografie sowie aktuelle belastende Ereignisse besprochen werden. Die psychosomatische Diagnostik erfordert viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen.
Behandlung
Die Behandlung einer Herzneurose zielt darauf ab, die Angst vor Herzerkrankungen zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. In der Regel kommt eine Kombination aus verschiedenen Therapieansätzen zum Einsatz:
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, kann helfen, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern. Auch psychodynamische Verfahren können hilfreich sein, um die Ursachen der Angst zu ergründen.
- Entspannungstechniken: Entspannungsmethoden wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Yoga können helfen, Stress abzubauen und die körperlichen Symptome zu lindern.
- Sport und Bewegung: Körperliche Aktivität kann helfen, das Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen und Stress abzubauen.
- Medikamente: In manchen Fällen können Medikamente wie Betablocker oder Antidepressiva eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern.
Es ist ganz entscheidend, dem Patienten zu vermitteln, dass das Herz gesund ist und gleichzeitig ein offenes Ohr für die Beschwerden und Ängste des Patienten zu haben. Die Patienten erleben die Beschwerden wirklich, sodass eine beruhigende Haltung und das Ernstnehmen der Symptome durch den Arzt oder die Ärztin von zentraler Bedeutung ist.
Leben mit Kardiophobie
Der Verlauf einer Herzneurose ist individuell sehr unterschiedlich und abhängig vom Zeitpunkt der Interventionen. Zudem spielen psychosoziale Begleitumstände, wie weitere psychische oder psychosomatisch Erkrankungen eine Rolle. Auch die Unterstützung des sozialen Umfeldes ist ausschlaggebend.
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Je eher die Therapie erfolgt, desto höher ist die Chance auf eine vollständige Heilung der Herzneurose. Es kann aber auch sein, dass die Therapie mehrere Jahre dauert. Wichtig ist, dass Betroffene sich nicht entmutigen lassen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
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