Über Adolf Hitler, eine der umstrittensten Figuren der Weltgeschichte, ist unendlich viel geschrieben worden. Trotzdem bleiben viele Schlüsselfragen unbeantwortet: Was machte sein Charisma aus? Woher kam sein immenser Hass auf Juden, Slawen, Marxisten und viele andere? Woher kam sein Vernichtungswille? Neben den üblichen Erklärungen gibt es eine Annahme, dass Hitler im psychopathologischen Sinne geisteskrank gewesen sei - beispielsweise durch Syphilis oder eine inzestuöse Erbkrankheit, die Vergiftung im Ersten Weltkrieg oder eine anschließende, durch unsachgemäße Hypnose 1918 oder eine unzureichend ausgeheilte Masern-Infektion.
Die Frage nach Hitlers Gesundheitszustand, insbesondere im Hinblick auf neurologische Erkrankungen wie Parkinson, ist Gegenstand zahlreicher Spekulationen und wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Dieser Artikel beleuchtet den aktuellen Forschungsstand und versucht, eine Verbindung zwischen Hitlers Gesundheit und seinem politischen Handeln herzustellen.
Hitlers Krankheiten: Ein Überblick
Adolf Hitler litt während seines Lebens an verschiedenen gesundheitlichen Problemen. Historische Berichte und medizinische Analysen deuten darauf hin, dass er an einer Vielzahl von Krankheiten litt.
Körperliche Beschwerden
Hitler quälten die Angst, an Krebs zu erkranken. Nachdem er sich buchstäblich an die Macht geschrien hatte, war er ständig heiser; zweimal wurden ihm Polypen an den Stimmbändern entfernt. Wegen seiner Verdauungsprobleme war Hitler sogar Vegetarier geworden - und nicht etwa aus Tierliebe, wie es die NS-Propaganda gern verbreiten ließ. Ein Mittel gegen Blähungen nahm er in solch' rauen Mengen ein, dass einige seiner Begleitärzte gar eine Vergiftung vermuteten: Das Medikament enthielt auch geringe Dosen des Nervengifts Strychnin, das lange auch gegen Ratten Verwendung fand. Als Hitler im Herbst 1944 Symptome von Gelbsucht zeigte, entbrannte ein heftiger Streit unter seinen Ärzten, bei dem auch Neid und das Buhlen um die Nähe zum "Führer" eine Rolle spielten. Einige bezichtigten ihren Kollegen Morell, Hitler vergiftet zu haben - doch der hielt zu seinem Leibarzt. Das Rätsel um diese angebliche Fehlbehandlung haben die Buchautoren Eberle und Neumann nun mehr als sechs Jahrzehnte später zu lösen versucht. Aufgrund der Zusammensetzung und der Dosis des verabreichten Medikaments schließen sie eine Vergiftung aus. Morell habe wohl mit seiner Diagnose Recht gehabt, dass die Gelbsucht durch "eine Rückstauung nach der Gallenblase" ausgelöst worden sei.
Die Parkinson-These
Es gibt Hinweise darauf, dass Hitler an Parkinson litt, was sich in Zittern und motorischen Schwierigkeiten äußerte. Hans-Joachim Neumann, ein erfahrener Hals-Nasen-Ohrenarzt und ausgewiesener Medizinhistoriker, diagnostizierte bei Hitler die Parkinsonsche Krankheit. Morell hatte in dem Tremor des linken Arms und Beins die „Abart eines Schüttellähmung“ erkannt.
Lesen Sie auch: Hitler: Parkinson-Analyse
Theodor Morell und die Medikamentenabhängigkeit
Es gibt Hinweise darauf, dass Hitler eine Abhängigkeit von verschiedenen Medikamenten hatte, insbesondere von Amphetaminen und anderen Drogen, die ihm von seinem persönlichen Arzt, Theodor Morell, verabreicht wurden.
Morells Rolle
Zu seinem Leibarzt war der Massenmörder richtig väterlich. "Doktorchen, ich freue mich ja so, wenn Sie morgens kommen!", rief Diktator Adolf Hitler verzückt seinem Hausarzt Theodor Morell zu, dem er grenzenlos vertraute. Mehrfach, so fabulierte Hitler, habe ihm der Mediziner das Leben gerettet. Hitler sei "regelrecht morellsüchtig" gewesen sein, kolportierte später des "Führers" Sekretärin, Traudl Junge. Dabei eilte dem Arzt ein denkbar schlechter Ruf voraus. Nicht nur Eva Braun beklagte sich über seine mangelnde Körperhygiene. "Morell ist nicht zum Beriechen da, sondern um mich gesund zu halten", verteidigte Hitler seinen Leibarzt trotzig. Doch daran hatte der innere Zirkel um Hitler seine Zweifel. Generaloberst Heinz Guderian nannte Morell einen "unappetitlichen, fetten Kurpfuscher", der morphiumsüchtige Luftwaffen-Chef Hermann Göring bezeichnete Morell abfällig als "Reichsspritzenmeister".
Akribisch listen die beiden Autoren alle 82 Medikamente auf, von denen belegt ist, dass Hitler sie im Laufe seiner Herrschaft einnahm. Sie zeugen davon, dass Leibarzt Morell bereitwillig auf die Marotten seines Patienten einging. So verabreichte er ihm regelmäßig gegen Ermüdung eine Lösung aus Traubenzucker und Vitaminen - intravenös oder intramuskulär injiziert, denn Hitler nahm Pillen und Kapseln kaum ernst. Auch in anderer Hinsicht brachte Morell Hitler auf Hochtouren: Seit 1944 spritzte er ihm das Sexualhormon Testosteron - meist dann, wenn Eva Braun in der Nähe war.
Die Frage der Geschäftsfähigkeit
Verschiedentlich wird die Frage aufgeworfen, ob Hitler 1945 im medizinischen Sinne als Reichskanzler noch geschäftsfähig gewesen sei. Nach all dem, was über seinen Gesundheitszustand bekannt geworden ist, muss diese Frage verneint werden. Die eigentlich Mächtigen der Industrie und der Finanzen, die ihn einst an die Spitze der Regierung hievten und gewähren ließen, konnten sich seiner nun nicht mehr entledigen.
Psychische Gesundheit: Spekulationen und Analysen
Die Frage nach Hitlers psychischer Gesundheit wurde oft politisch instrumentalisiert, um seine Taten zu entschuldigen oder zu relativieren. Dies führt zu einer weiteren Verzerrung der Diskussion. Es gibt eine Vielzahl von Theorien über Hitlers psychische Gesundheit, die von Hysterie über Psychopathie bis hin zu verschiedenen Formen von Schizophrenie reichen. Jede dieser Theorien hat ihre Befürworter und Kritiker.
Lesen Sie auch: Parkinson-Medikamente: Was Sie beachten müssen
Fehlende medizinische Diagnosen
Es existieren keine zeitgenössischen, medizinisch fundierten Diagnosen für Adolf Hitler. Alle Aussagen über seine psychische Gesundheit basieren auf retrospektiven Analysen von Verhaltensweisen, Reden und schriftlichen Dokumenten.
Gesichertes Wissen und Verhaltensauffälligkeiten
Es gibt zahlreiche Berichte über auffällige Verhaltensweisen Hitlers, wie seine Wutausbrüche, seine Paranoia, seine manipulative Art und seine Fähigkeit, große Massen zu manipulieren. Hitler litt unter verschiedenen körperlichen Beschwerden, wie Magenproblemen und einem Tremor, die möglicherweise auch psychische Auswirkungen hatten. Neurologische: Parkinson. Psychisch kann man nicht mehr feststellen, weil er tot ist. Engländer und Amis haben zu Lebzeiten eine Ferndiagnose versucht, doch letztendlich ist das irgendwas zwischen Küchenpsychologie und geraten. Es gab und gibt einfach zuviele Gerüchte. Dieses Buch bietet erstmals eine systematische Analyse der psychischen Partialfunktionen Hitlers im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Parkinson-Krankheit. Die Untersuchungen beruhen auf umfangreichen Quellen und einer Befragung von Personen seiner engsten Umgebung. Die jeweiligen Zeugnisse über die Zeit vor Ausbruch der Erkrankung wurden mit denen über die letzten Lebensjahre verglichen. Ziel der Studie war die Beantwortung der Frage, inwieweit die Hirnerkrankung Hitlers seine psychischen Funktionen, damit aber auch seine militärischen und politischen Entscheidungen beeinflußt haben könnte.
Der Künstler als Politiker und Feldherr
Wolfram Pyta, ein Historiker an der Universität Stuttgart, betont in seinem Buch „Hitler. Der Künstler als Politiker und Feldherr. Eine Herrschaftsanalyse“ die Bedeutung von Hitlers künstlerischer Seite für sein politisches und militärisches Handeln.
Ästhetisierung der Politik
Pyta geht von dem Diktum des Philosophen und Literaturwissenschaftlers Walter Benjamin aus, wonach der Nationalsozialismus die ‚Ästhetisierung der Politik’ sei. Die Frage nach den dynamischen Austauschbeziehungen von Kunst und Politik rückt er ins Zentrum seiner Hitler-Studie, denn: „Der Politiker Hitler ist ohne den Künstler Hitler nicht denkbar.“ Ein weiterer und noch wichtigerer Gewährsmann dafür ist ihm Thomas Mann, der in dem 1938 und 1939 mehrfach publizierten Essay „Bruder Hitler“ widerwillig zugestanden hatte: „Aber muß man nicht, ob man will oder nicht, in dem Phänomen eine Erscheinungsform des Künstlertums wiedererkennen?“ Weit weniger bedeutsam als der Aquarellist und Maler Hitler ist für Pyta im Hinblick auf dessen „politische Theatralität“ allerdings der „verhinderte Theaterarchitekt und passionierte Wagnerianer Hitler, der die Wagner-Aufführungen an der Hofoper in Wien, der ersten Adresse unter den deutschsprachigen Musiktheatern, erlebte“.
Die Rolle des Kartentisches
Hitler war im Führerhauptquartier zu einer für die Öffentlichkeit nahezu unsichtbaren Figur geworden; sein einziger noch verbliebener Zugang zur Welt war der über die Karten. Bis zur allerletzten Lagebesprechung am 29. April 1945 führte er den Krieg von einem Kartentisch aus, der den nur etwa 15 Quadratmeter großen Lagerraum im „Führerbunker“ unter der Berliner Reichskanzlei nahezu vollständig ausfüllte. Als die Lagevorträge noch im überdimensionierten Arbeitszimmer Hitlers in der „Neuen Reichskanzlei“ stattfanden, hatte ein riesiger marmorner Kartentisch zur Präsentation der Karten gedient. Hitler hatte dieses Arbeitszimmer bis zu seiner Rückkehr nach Berlin im November 1944 kaum seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt, da er nie wie ein herkömmlicher Regierungschef Akten wälzte. Es ist bezeichnend, dass dieses Arbeitszimmer erst genutzt wurde, als Hitler dort an einem Kartentisch seine eigentliche Funktion ausübte - für das Führen eines Krieges benötigte er schließlich keinen Schreibtisch, sondern einen gigantischen Kartentisch. Der Kartentisch war Hitlers militärisches Gehirn, ohne den Kartentisch war der oberste Kriegsherr verloren; und so ist es kaum verwunderlich, dass er sogar während seiner Krankheit im Oktober 1944 einen Kartentisch in seinem Schlafzimmer aufbauen ließ. Der Kartentisch gehörte zum Feldherrn Hitler wie die militärische Schirmmütze, ohne die er sich seit Kriegsbeginn nie im Freien sehen ließ. Hitler vermochte sich die Welt vom Führerhauptquartier aus nur noch kartographisch zu erschließen. Zwei stundenlange Lagebesprechungen Tag für Tag strapazierten seine Aufmerksamkeit so stark, dass er die „Teegespräche“ ab zwei oder drei Uhr in der Früh zur Entspannung dringend benötigte, um die kartographisch generierten Imaginationen wenigstens für ein paar Stunden zu verscheuchen. Seinem Adjutanten Richard Schulze-Kossens erklärte er: „Sonst sehe ich im Dunkeln immer noch die Generalstabskarten vor mir und mein Gehirn arbeitet weiter und es dauert Stunden, bis ich davon loskomme. Mache ich dann Licht, kann ich genaue Karten von jeder Heeresgruppe zeichnen.“ Der oberste Befehlshaber war überzeugt davon, dass der Blick auf die Generalstabskarte ihm alle Informationen lieferte, die er zur Führung des Landkriegs benötigte. Hitler klammerte sich an die Karten, weil er ihnen bis zum Schluss seinen künstlerischen Willen aufzwingen konnte. Wie jede visuelle Repräsentation bedurfte auch die Lagekarte einer phantasievollen Auslegung, einer Bildinterpretation, die man durch Maßstabsveränderungen beeinflussen konnte. Seit Sommer 1944 jonglierte Hitler mit Lagekarten in unterschiedallenlichen Maßstäben und bestand gelegentlich sogar darauf, dass Karten im Maßstab 1 : 5000 vorgelegt wurden. So konnte er das Kriegsgeschehen gewissermaßen durch Heranzoomen entdramatisieren: Wenn man vom Standardmaßstab 1 : 300 000 abwich, konnte das Kriegsgeschehen auf kleinräumige Kampfabschnitte eingegrenzt werden, womit die Frontlage viel von ihrer Bedrohlichkeit einbüßte. Ohnehin vermittelten die Lagekarten immer nur einen Überblick über den Frontabschnitt einer Heeresgruppe; nie bildeten sie die Gesamtlage ab. Hitler verstieß damit gegen das klassische Gebot, dass sich der Feldherr vom Feldherrnhügel aus einen Überblick aus der Vogelperspektive verschaffen müsse. Wo der kartographische Blick auf das Ganze ernüchternd wirke, präferierte Hitler die Fixierung auf einzelne Frontabschnitte. Die konsequente Fortsetzung dieser räumlichen Verkleinerung des Krieges bestand darin, dass Hitler seit dem 2.
Lesen Sie auch: Die Stadien der Parkinson-Krankheit erklärt
Hitlers Ende im Bunker
Auch dass er seine letzten Lebenswochen in einem Bunker verbrachte, verweist auf diese Ursprünge; schließlich hatte Hitler seine architektonische Expertise nicht zuletzt im Befestigungswesen ausgelebt. Daraus resultierte sein reges Interesse am Bau von Bunkeranlagen; folgerichtig schaltete er sich 1935/36 in den Bau des Luftschutzkellers unter der Reichskanzlei ein und ebenso in den 1943 beschlossenen Ausbau zu einem absolut bombensicheren Unterstand, der dann 1945 zur militärischen Kommandozentrale Hitlers wurde und in dem er seinem Leben am 30. April 1945 ein Ende setzte. In der Bunkeranlage bewohnte Hitler seit Anfang 1945 einen ca. 3,5 mal 3,2 Meter großen Raum, der ihm als Wohn- und Arbeitszimmer diente. In diesem letzten halbwegs privaten Refugium gab es nur einen Kunstgegenstand - ein Porträt Friedrichs des Großen, das wie kein Zweites die visuellen Vorstellungen der Nachwelt vom „Alten Fritz“ geprägt hat: eine Kopie des 1781 von Anton Graff angefertigten Bildnisses des Preußenkönigs, das diesen nicht als strahlenden Helden und Feldherrn zeigt, sondern als einen von den Zeitläuften gezeichneten Herrscher im Herbst seines Lebens. Hitler hatte dieses Gemälde schon 1934 erworben; es sollte ihm nachreisen und ihn auf allen wichtigen Lebensstationen begleiten. Dass Hitler den gealterten Friedrich immer in seiner Nähe wissen wollte, offenbart, wie sehr er sich an den großen Preußenkönig anlehnte. Dieser diente ihm mit seiner Verschmelzung von Künstlertum, Feldherrntum und Staatskunst so sehr als Vorbild, dass er ihn am Ende seines Lebens auch äußerlich zu imitieren suchte.
tags: #hitler #parkinson #krankheit #zusammenhang