Die Kältekammer, auch bekannt als Kryosauna, Eissauna oder Eisbox, ist eine Einrichtung, die eine Ganzkörperkältetherapie (GKKT) ermöglicht. Bei dieser Therapieform wird der Körper für kurze Zeit extrem niedrigen Temperaturen ausgesetzt, um therapeutische Effekte zu erzielen. Dieser Artikel beleuchtet die Erfahrungen mit Kältekammern bei Nervenschmerzen, die Wirkungsweise, die Anwendungsgebiete und die potenziellen Risiken.
Einführung in die Ganzkörperkältetherapie
Die Ganzkörperkältetherapie (GKKT) ist eine systemisch wirkende Anwendung von Kälte auf den menschlichen Organismus. Sie wurde in den 1980er Jahren in Europa durch Professor Fricke eingeführt, der damals Chefarzt der Klinik für Rheumatologie war. Professor Fricke führte auch die ersten Studien zur Wirksamkeit der GKKT in Bezug auf physiologische Aspekte und entzündlich-rheumatische Erkrankungen durch. Professor Papenfuß gilt als einer der führenden deutschsprachigen Experten auf diesem Gebiet.
Die Anwendung der Kältekammer bei Nervenschmerzen
Kältetherapeutische Anwendungen sind vielfältig. Neben lokalen Kälteanwendungen, die eine lokale und/oder reflektorische Wirkung haben, gibt es die systemisch wirkende Ganzkörperkältetherapie (GKKT). Die GKKT hat sich als wirksam bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen erwiesen, darunter auch solche, die mit Nervenschmerzen einhergehen.
Wirkungsweise der Kältekammer
Die Wirkungsweise der GKKT beruht auf der plötzlichen, schockartigen Abkühlung der Haut. Die Hauttemperatur sinkt dabei auf bis zu zwei Grad ab, während die Körperkerntemperatur nur minimal beeinflusst wird. Durch diese extreme Kälte werden verschiedene physiologische Prozesse im Körper angeregt:
- Schmerzlinderung: Die Kälte unterbricht die Schmerzleitung im Körper. Die maximale Stimulation der Kryorezeptoren hemmt zentral den Schmerzinput und verändert eine Reihe biochemischer und hormoneller Prozesse.
- Entzündungshemmung: Die GKKT reduziert entzündungsfördernde Zytokine, darunter IL-6, was besonders bei entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis von Vorteil ist.
- Muskelentspannung: Durch die Blockade der Gamma-Neurone wird vermutlich auch die Muskulatur relaxiert. Verkrampfte Muskeln entspannen sich, und erkrankte Gelenke werden beweglicher.
- Verbesserte Durchblutung: Die Kälte fördert die Durchblutung des Gewebes, wodurch sich die Wirkung von Medikamenten besser entfalten kann.
- Ausschüttung von Hormonen: Die GKKT führt zu einer erhöhten Ausschüttung von Hormonen wie Cortison, Opiaten, Endorphinen und Peptiden, was zu einer Leistungssteigerung und einem gesteigerten Wohlbefinden führen kann.
Ablauf einer Kältekammer-Behandlung
Eine typische Kältekammer-Behandlung läuft wie folgt ab:
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- Vorbereitung: Der Patient betritt die Kältekammer in Badekleidung, mit Mundschutz, Ohrenschutz, Handschuhen, dicken Socken und festen Schuhen/Schlappen. Metallteile wie Schmuck und Uhren müssen abgelegt werden.
- Akklimatisierung: Im ersten Vorraum, in dem -60°C herrschen, verweilt der Patient etwa 30 Sekunden, um sich an die Kälte zu gewöhnen.
- Hauptkammer: Anschließend betritt der Patient den -110 °C kalten Therapieraum. Die Verweildauer beträgt maximal 3 Minuten. Während dieser Zeit bewegt sich der Patient zu angenehmer Musik in der Kammer.
- Überwachung: Durch ein Fenster besteht ständiger Sichtkontakt zur Aufsichtsperson, und durch eine Gegensprechanlage ist die Sprechverbindung sichergestellt. Einige Kammern sind mit einem Videosystem ausgestattet.
- Nachbereitung: Nach der Therapie erlebt der Patient ein angenehm warmes Gefühl im ganzen Körper, und die Gelenke lassen sich besser bewegen.
Erfahrungen mit Kältekammern bei Nervenschmerzen
Viele Patienten mit Nervenschmerzen berichten von positiven Erfahrungen mit der Kältekammer-Therapie. Die Schmerzlinderung tritt oft bereits kurz nach der Behandlung ein und kann bis zu sechs Stunden anhalten. Bei regelmäßiger Anwendung kann sich eine länger dauernde Schmerzreduzierung oder sogar Schmerzfreiheit einstellen.
Professor Papenfuß hat in seiner langjährigen Erfahrung festgestellt, dass die GKKT bei Kindern mit spastischer Lähmung (Infantile Zerebralparese) und bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) eindeutig wirkt. Bei Kindern mit spastischer Lähmung kann die GKKT in Kombination mit spezifischer Gymnastik dazu führen, dass sie selbständig Schritte gehen können. Bei MS-Patienten kann die GKKT in Kombination mit gymnastischer Betreuung dazu beitragen, dass sie sich eigenständig "neue Welten erschließen".
Auch bei anderen Erkrankungen, die mit Nervenschmerzen einhergehen, wie z.B. Fibromyalgie, kann die Kältekammer-Therapie Linderung verschaffen.
Kältekammer-Therapie im Sport
Die Kältekammer findet auch im Leistungssport Anwendung. GKKA (Ganzkörperkälteanwendung) werden seit vielen Jahren untersucht, um ihren Einfluss auf kardiale, pulmonale und hormonale Parameter zu bestimmen. Es gibt Hinweise darauf, dass GKKA als Regenerationsbeschleuniger wirken und entzündliche Prozesse in der Muskulatur reduzieren können.
Indikationen und Kontraindikationen
Die Kältekammer-Therapie ist nicht für jeden geeignet. Vor Beginn einer Behandlung sollte eine ärztliche Untersuchung erfolgen, um mögliche Risiken auszuschließen.
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Indikationen
Die Kältekammer-Therapie kann bei folgenden Erkrankungen und Beschwerden eingesetzt werden:
- Chronisch entzündliche Gelenkerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis)
- Degenerative Gelenkerkrankungen (Arthrose)
- Weichteilrheumatische Erkrankungen (Fibromyalgie)
- Chronische Schmerzen
- Sportverletzungen
- Operationen an Gelenken und Wirbelsäule
- Gestörter Muskeltonus und Muskelsteifigkeit (z.B. bei Multipler Sklerose oder infantiler Zerebralparese)
- Chronische Schlafstörungen
- Neurodermitis
- Schuppenflechte
- Burnout-Syndrom
- Post-COVID-Syndrom
Kontraindikationen
In folgenden Fällen sollte die Kältekammer-Therapie nicht oder nur mit großer Vorsicht durchgeführt werden:
- Periphere arterielle Durchblutungsstörung höheren Grades
- Schwere koronare Herzkrankheit
- Schwere Formen von Herz-Rhythmus-Störungen
- Frische Operation im Herzbereich
- Asthma bronchiale
- Unbehandelter Bluthochdruck
- Polyneuropathie
- M. Raynaud
- Platzangst
- Kälteüberempfindlichkeit oder Kälteallergie
- Hauterkrankungen oder offene Wunden
- Schwangerschaft
- Diabetes
Vergleich verschiedener Kälteanwendungen
Neben der GKKT in der Kältekammer gibt es auch andere Formen der Kälteanwendung, die bei Nervenschmerzen eingesetzt werden können:
- Lokale Kryotherapie: Hierbei werden Eisbeutel, Kältesprays oder Kühlkompressen direkt auf die betroffene Stelle aufgetragen. Diese Methode eignet sich besonders gut zur Behandlung akuter Schmerzen und Entzündungen.
- Eisbaden: Beim Eisbaden wird der Körper für kurze Zeit in eiskaltes Wasser getaucht. Diese Methode kann die Regeneration nach körperlicher Anstrengung fördern und Muskelkater vorbeugen.
Professor Papenfuß sieht das Eisbaden nicht als etwas Besonderes im menschlichen Leben an, da der Körper auf Regelkreisen basiert, die durch adäquate Reize aus dem Gleichgewicht gebracht und zur Wiederherstellung des optimalen Zustands gezwungen werden müssen. Er betont, dass vor dem Entschluss, ins kalte Wasser zu gehen, eine gründliche ärztliche Untersuchung erforderlich ist.
Kosten und Verfügbarkeit
Die Kosten für eine Kältekammer-Therapie variieren je nach Anbieter und Anzahl der Behandlungen. In der Regel ist die Kältekammer-Therapie keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen, sodass die Kosten selbst getragen werden müssen. Es gibt jedoch Fälle, in denen die Krankenkasse die Kosten ganz oder teilweise übernimmt, insbesondere im Rahmen eines stationären Aufenthalts oder einer Reha-Maßnahme.
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Kältekammern sind mittlerweile in vielen Rehakliniken, Physiotherapiepraxen, Wellnesszentren und spezialisierten Gesundheits- und Fitnessstudios verfügbar.
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