Können Multiple Sklerose und Parkinson verwechselt werden? Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Multiple Sklerose (MS) und die Parkinson-Krankheit sind beides neurodegenerative Erkrankungen, die das Rückenmark und das Gehirn betreffen. Obwohl sie unterschiedliche Ursachen und Mechanismen haben, können ihre Symptome manchmal ähnlich sein, was zu Verwechslungen in der Diagnose führen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen MS und Parkinson, um eine bessere Unterscheidung dieser beiden komplexen Erkrankungen zu ermöglichen.

Einführung in Multiple Sklerose und Parkinson

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Das Immunsystem greift dabei Strukturen in Gehirn und Rückenmark an, was zu Entzündungen führt. MS wird oft als die "Krankheit mit 1000 Gesichtern" bezeichnet, da die Symptome und Einschränkungen je nachdem, welche Nervenstrukturen betroffen sind, individuell ausfallen können. Die Krankheit ist nicht heilbar, aber mit der richtigen Behandlung kann der Verlauf positiv beeinflusst werden.

Die Parkinson-Krankheit (auch Morbus Parkinson oder Schüttellähmung genannt) ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die hauptsächlich das zentrale Nervensystem betrifft. Sie entsteht durch das Absterben von Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Der Mangel an Dopamin führt zu den charakteristischen Symptomen wie verlangsamten Bewegungen, Muskelzittern und Muskelsteifheit.

Gemeinsamkeiten von MS und Parkinson

Beide Erkrankungen gehen mit einer Schädigung bzw. Verlust von Nervenzellen einher, was sich in sehr vielfältigen und unterschiedlichen Symptomen äußern kann. Oftmals ist jedoch der Bewegungsapparat in irgendeiner Weise betroffen. Dies kann sich im Verlust von Bewegungskontrolle und Störungen bestimmten motorischen Funktionen, in Problemen in der Koordination und des Gleichgewichts mit Gangunsicherheiten oder in einer eingeschränkten Ausdauer äußern. Bei beiden Erkrankungen kann es zu Bereichen mit erhöhter Muskelspannung mit gleichzeitiger Schwäche anderer Muskelgruppen kommen, welches zu einer eingeschränkten Beweglichkeit der Gelenke führt.

Für das Erreichen der Reha-Ziele werden Menschen mit Multiple Sklerose und Parkinson abhängig von ihren individuellen Symptomen und Einschränkungen von verschiedenen Therapeuten und Fachrichtungen behandelt. So spielen auch Neurologen eine wichtige Rolle in der Rehabilitation von Betroffenen. Mittels der systemischen Forced use Therapie können wir gezielt in diesen pathologischen Kreislauf eingreifen, da wir in einem ausführlichen Befund genau ihre Bewegungsmuster analysieren, Zusammenhänge zwischen Fehlbewegungen erkennen und Ressourcen zum Aufbau normaler Bewegungsmuster finden. Mit dieser Technik der Forced-use-Therapie gelingt es uns, positiv auf das Nervensystem einzuwirken und neue Verknüpfungen von Nervenzellen zu begünstigen. Auch Störungen der Koordination von Bewegungen, sogenannte Ataxien, lassen sich durch Therapien mildern. Beide Symptome erschweren den Alltag der Betroffenen und machen sie abhängig von ihren Angehörigen. So können oft schon das Greifen eines Glases, Halten von Besteck und sicheres Gehen große Herausforderungen darstellen. MS- oder Parkinson-Reha sorgt dafür, dass Erkrankte ihren Alltag wieder ohne fremde Hilfe und mit erhöhter Lebensqualität bewältigen können.

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Unterschiede in den Ursachen und Mechanismen

Die Hauptursache für MS ist eine Autoimmunreaktion, bei der das Immunsystem die Myelinschicht angreift, die die Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark umgibt. Diese Entzündung führt zur Bildung von Läsionen oder Entzündungsherden, die die Nervenfunktion beeinträchtigen. Die genauen Ursachen für MS sind noch nicht vollständig verstanden, aber es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren eine Rolle spielt. Zu den Risikofaktoren gehören Rauchen, bestimmte Infektionen (wie das Epstein-Barr-Virus), Vitamin-D-Mangel und Übergewicht.

Im Gegensatz dazu ist die Parkinson-Krankheit durch den fortschreitenden Verlust von Dopamin-produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra, einer Region im Mittelhirn, gekennzeichnet. Der Dopaminmangel führt zu Störungen in der Bewegungssteuerung. Die genauen Ursachen für das Absterben dieser Nervenzellen sind noch nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass genetische Faktoren, Umweltgifte und altersbedingte Veränderungen eine Rolle spielen können.

Unterschiede in den Symptomen

Obwohl sowohl MS als auch Parkinson den Bewegungsapparat beeinträchtigen können, gibt es einige charakteristische Unterschiede in den Symptomen:

  • MS: Typische Frühsymptome sind Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Farbsehstörungen), Taubheitsgefühle und Missempfindungen in Armen und Beinen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Doppelbilder, seltener Lähmungen und Blasenstörungen. Die Symptome treten typischerweise in Schüben auf, d.h. sie entwickeln sich innerhalb von Stunden bis Tagen und halten mindestens 24 Stunden an. Die Symptome können sich spontan oder unter Therapie verbessern.
  • Parkinson: Die Hauptsymptome sind verlangsamte Bewegungen (Bradykinese), Muskelzittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor) und posturale Instabilität (Gleichgewichtsstörungen). Die Symptome entwickeln sich in der Regel langsam und fortschreitend über Jahre hinweg.

Es ist wichtig zu beachten, dass MS sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe zeigen kann. Einige Betroffene haben nur milde Symptome, während andere schwerwiegende Beeinträchtigungen entwickeln können. Bei Parkinson gibt es auch verschiedene Subtypen, die sich in ihren Symptomen und ihrem Verlauf unterscheiden können.

Diagnostische Verfahren

Die Diagnose von MS und Parkinson erfordert eine sorgfältige neurologische Untersuchung und den Einsatz verschiedener diagnostischer Verfahren:

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  • MS: Die Diagnose basiert auf der Anamnese, der neurologischen Untersuchung und dem Nachweis von Läsionen im Gehirn und Rückenmark mittels Magnetresonanztomographie (MRT). Auch eine Nervenwasseruntersuchung und Bluttests können den Verdacht auf MS untermauern.
  • Parkinson: Die Diagnose wird in erster Linie anhand der klinischen Symptome gestellt. Ein wichtiger Test ist der L-Dopa-Test, bei dem die Reaktion auf die Gabe von L-Dopa (einer Vorstufe von Dopamin) beurteilt wird. In Einzelfällen kann eine SPECT-Untersuchung (Single-Photonen-Emissions-Tomographie) durchgeführt werden, um die Dopamin-Transporter im Gehirn darzustellen.

Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, bevor eine Diagnose von MS oder Parkinson gestellt wird.

Fehldiagnosen und Differenzialdiagnose

In der Praxis kann es vorkommen, dass MS und Parkinson verwechselt werden, insbesondere in den frühen Stadien der Erkrankungen, wenn die Symptome noch nicht eindeutig sind. Eine Studie zeigte, dass bei einem Teil der Patienten, bei denen zunächst eine MS diagnostiziert wurde, später eine andere Erkrankung festgestellt wurde. Zu den häufigsten Fehldiagnosen gehörten Migräne, Fibromyalgie, unspezifische neurologische Symptome, psychische Probleme und Neuromyelitis optica (NMO).

Um Fehldiagnosen zu vermeiden, ist es wichtig, die Diagnosekriterien für MS und Parkinson genau anzuwenden und die klinischen Symptome sorgfältig zu beurteilen. Auch die MRT-Befunde sollten kritisch interpretiert werden, da auch andere Erkrankungen ähnliche Veränderungen im Gehirn verursachen können.

Atypische Parkinsonsyndrome

Es gibt eine Reihe von atypischen Parkinsonsyndromen, die mit der Parkinson-Krankheit verwechselt werden können. Zu diesen gehören:

  • Multisystematrophie (MSA): Bei der MSA vom Parkinson-Subtyp (MSA-P) dominieren meist Akinese und Rigor gegenüber Tremor. Die MSA-P-typischen Störungen des autonomen Nervensystems, wie orthostatische Hypotonie, Obstipation und neurogene Reizblase, sind wichtige Unterscheidungskriterien zur Parkinson-Krankheit.
  • Progressive supranukleäre Parese (PSP): Frühe Stürze (innerhalb der ersten wenigen Jahre, v.a. nach hinten) sind ein Kernsymptom bei der Mehrzahl der PSP-Patienten. Es gibt verschiedene klinische Subtypen der PSP, von denen einige der Parkinson-Krankheit ähneln können.
  • Kortikobasales Syndrom (CBS): Das CBS beginnt in der Regel mit einer halbseitigen Hypokinese und Feinmotorikminderung und einer Dystonie, die gegen dopaminerge Therapie weitgehend resistent sind.

Die Unterscheidung zwischen der Parkinson-Krankheit und atypischen Parkinsonsyndromen kann schwierig sein, insbesondere in fortgeschrittenen Stadien. Bildgebende Verfahren (MRT, SPECT, PET) können in der Differenzialdiagnose hilfreich sein.

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Therapieansätze

Die Therapie von MS und Parkinson zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern:

  • MS: Es gibt eine breite Palette an Medikamenten, die die Krankheitsaktivität reduzieren können. Sie sollen das Risiko für einen nächsten Schub senken und das Fortschreiten der Erkrankung beeinflussen. Auch nicht-medikamentöse Behandlungen wie Physiotherapie, Ergotherapie und Sport sind wichtig.
  • Parkinson: Die medikamentöse Therapie basiert hauptsächlich auf der Gabe von L-Dopa und anderen Dopamin-Agonisten, um den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen. In fortgeschrittenen Stadien können apparativ gestützte Therapieverfahren wie die Duodopa-Pumpe oder die tiefe Hirnstimulation eingesetzt werden. Auch hier sind Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie wichtige Bestandteile der Behandlung.

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