Kavernöses Hämangiom des Gehirns: Ursachen, Symptome und Behandlung

Kavernome, auch bekannt als kavernöse Hämangiome, kavernöse Malformationen oder kavernöse Angiome, sind umschriebene Gefäßfehlbildungen, die zu den Hämangiomen gezählt werden. Sie können prinzipiell überall im Körper auftreten, werden aber meist erst dann problematisch, wenn sie sich im zentralen Nervensystem befinden. Bei Lokalisation im Gehirn spricht man von einem intrazerebralen Kavernom.

Was ist ein Kavernom?

Kavernome sind gutartige Gefäßmissbildungen, die aus dünnwandigen Blutgefäßen bestehen und in ihrer Struktur an Maulbeeren oder Popcorn erinnern. Unter dem Mikroskop zeigen sie sich als ein Konvolut kavernenartig erweiterter Gefäße variabler Größe mit krankhaft veränderter Gefäßwand. Diese Gefäßmissbildungen können im gesamten Körper auftreten, sind aber besonders problematisch, wenn sie sich im Gehirn oder Rückenmark befinden.

Ursachen von Kavernomen

Die genauen Entstehungsmechanismen von Kavernomen sind nicht vollständig geklärt. Eine gut erforschte Ursache sind angeborene Keimbahnmutationen mit autosomal-dominantem Erbgang. Diese Form ist in Europa jedoch relativ selten. Kavernome treten dann familiär gehäuft und fast immer an mehreren Stellen im Gehirn auf. Häufiger sind Patienten mit einzelnen Kavernomen ohne familiäre Erkrankung, man spricht dann von einem sporadischen Auftreten.

Faktoren, die die Bildung von Hämangiomen begünstigen können:

  • Genetische Faktoren: Genetische Mutationen und Anomalien können das Risiko für die Entwicklung eines Kavernoms erhöhen.
  • Vaskuläre Entwicklung: Während der embryonalen oder fetalen Entwicklung kann es bei der Herausbildung des Gefäßsystems zu Anomalien kommen.
  • Blutung: Wiederholte Blutungen in vorhandenen Kavernomen scheinen deren Wachstum zu begünstigen.

Häufigkeit

Größere Autopsie- und MRT-Studien legen nahe, dass sich bei etwa 0,5 % der Bevölkerung ein solches Kavernom findet. Symptome treten meist im mittleren Lebensalter zwischen der 3. und 4. Dekade auf, aber auch Kinder können betroffen sein. Bei Kindern verläuft die Erkrankung meist komplizierter mit häufigeren Blutungen und schnellerer Größenzunahme. Schätzungsweise in 50 % aller Fälle bleiben die Fehlbildungen jedoch lebenslang asymptomatisch.

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Symptome von Kavernomen

Kavernome werden häufig zufällig diagnostiziert und verursachen keine Symptome. Die Beeinträchtigung des umliegenden Hirngewebes erfolgt vor allem über drei Mechanismen:

  1. Wiederholte kleine Blutungen: Immer wiederkehrende, zunächst asymptomatische kleine Blutungen und Funktionsstörungen auf Gefäßwandebene führen über die Zeit in einigen Kavernomen zu einem signifikanten Wachstum und damit zu einem langsamen Masseneffekt mit Verdrängung des Nervengewebes.
  2. Größere Blutungen: Größere Blutungen in und um das Kavernom führen akut zu schlaganfallähnlichen Symptomen mit Lähmungserscheinungen, Gefühlstörungen, Sehstörungen, Schwindel oder Kopfschmerzen, je nach Lokalisation und Größe der Blutung. Schätzungen über das jährliche Blutungsrisiko liegen zwischen 1 % und 5 % je nach Lokalisation. Nachgewiesen ist jedoch ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Zweitblutung nach einem erstmaligen Ereignis.
  3. Epilepsie: Bedingt durch die Ansammlung von Blutablagerungsprodukten in angrenzenden Hirnrindenbereichen können Kavernome eine Epilepsie hervorrufen. Dies ist besonders häufig bei Kavernomen, die im Bereich des Schläfenlappens lokalisiert sind.

Weitere mögliche Symptome sind:

  • Neurologische Defizite (Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen, Sehstörungen, Störung des Gleichgewichtssinns)
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Sehstörungen

Diagnose von Kavernomen

Bei Auftreten bestimmter Symptome oder im Rahmen der Abklärung anderer Erkrankungen können Kavernome mittels Kernspintomographie (MRT) hervorragend dargestellt werden. Typischerweise zeigen sie in der T2-gewichteten Sequenz ein „popcornartiges“ Erscheinungsbild und sind meist eindeutig zu diagnostizieren. Gleichzeitig kann in der MRT die Größe sowie die Lokalisation im Bereich des Gehirns bestimmt werden. Andere mit Kavernomen vergesellschaftete Gefäßfehlbildungen (vor allem sog. angeborene venöse Anomalien (DVA)) werden so ebenfalls erkannt.

Je nach Lokalisation sind bei einer geplanten operativen Entfernung weitere MRT Untersuchungen wichtig, zum Beispiel Funktions-MRTs zur Darstellung von Sprach- und Bewegungszentren oder ein sog. Fibre-Tracking MRT zur Darstellung von Nervenfasersträngen. Bei Kavernomen, die durch einen Krampfanfall bzw. Epilepsie auffallen, sollte zusätzlich ein EEG (Elektroenzephalogramm) durchgeführt werden, um zu bestätigen, dass das Kavernom der Auslöser für die Krampfanfälle ist.

Behandlung von Kavernomen

Die Behandlung von Kavernomen hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Lage des Kavernoms, die Größe, Symptome und das Risiko von Komplikationen.

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Konservative Behandlung

Im Allgemeinen ist keine Behandlung notwendig, wenn Kavernome zufällig diagnostiziert werden und keine Symptome zeigen. Trotzdem sollte eine Vorstellung bei einem Spezialisten (in den meisten Fällen ein Neurochirurg) erfolgen, um den Befund einzuordnen. Falls kein weiterer Handlungsbedarf besteht, sollten zumindest initial im jährlichen Abstand oder bei auftretenden Besonderheiten MRT Verlaufskontrollen erfolgen.

Besondere Verhaltensmaßregeln sind im Übrigen normalerweise nicht zu beachten. Das Vermeiden von plasmatische Blutgerinnungshemmern (z.B. Marcumar) oder Plättchenaggregations-hemmer (z.B. ASS) wird immer wieder diskutiert. Besondere Situationen sollten mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Das Führen eines KFZ ist beim Vorliegen einer symptomatischen Epilepsie allerdings nicht möglich.

Operative Behandlung

Ein raumforderndes symptomatisches Kavernom sollte im Normalfall durch einen neurochirurgischen Eingriff entfernt werden. Bei kleineren Kavernomen, die durch eine Blutung Symptome verursachen, kann eine Entfernung in Betracht gezogen werden, um zukünftige Blutungsereignisse zu verhindern. Da wahrscheinlich das Risiko weiterer Blutungen bei jedem Blutungsereignis ansteigt, raten Ärzte bei einer Zweitblutung (also bildmorphologisch nachgewiesene Blutung und erneute Symptome oder Symptomverschlechterung) meist zu einer Entfernung der Fehlbildung.

Die Entscheidung zu einer operativen Behandlung ist immer eine individuelle Abwägung der Risiken des natürlichen Krankheitsverlaufs mit den Risiken der operativen Entfernung. Hier ist insbesondere die Lokalisation des Kavernoms entscheidend, und zwar sowohl für den Krankheitsverlauf als auch die Operationsrisiken. Vor allem die in wichtigen zentralnervösen Zentren (Sprachzentrum, Motorisches Zentrum, Hirnstamm) gelegenen Kavernome stellen eine große Herausforderung in der Behandlung dar.

Behandlung von Epilepsie

Für Patienten mit einer durch Kavernome hervorgerufene Epilepsie gibt es inzwischen klare Empfehlungen der International League Against Epilepsy (ILAE). Bei einem einmaligen Krampfanfall steht die konservative Therapie mit antikonvulsiven Medikamenten im Vordergrund. Ausnahmen bestehen hier bei Kavernomen, die zusätzlich weitere Symptome verursachen oder bei Ablehnung einer dauerhaften medikamentösen Therapie durch den Patienten. Dann kann die Entfernung des Kavernoms zur Beseitigung der Epilepsie und Beendigung der medikamentösen Dauertherapie mit sehr guten Erfolgsaussichten durchgeführt werden. Bei Patienten, deren Epilepsie nicht durch Medikamente zu kontrollieren ist, sollte immer eine sogenannte prächirurgische epileptologische Abklärung zur Evaluation einer möglichen operativen Behandlung erfolgen.

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Mikrochirurgische Entfernung

Das Ziel der operativen Behandlung ist die vollständige Entfernung der Fehlbildung, um die entstandene intracerebrale Raumforderung zu beseitigen und weitere zukünftige Blutungsereignisse zu verhindern. Heutzutage wird die Operation standardmäßig mikrochirurgisch, also unter dem Mikroskop und mit feinsten Mikro-Instrumenten durchgeführt. Dabei wird das Kavernom vorsichtig vom umliegenden Hirngewebe frei präpariert und schließlich entfernt. Bei leicht zugänglichen Kavernomen handelt es sich dabei um einen Routine-Eingriff mit gut kalkulierbarem geringem operativen Risiko, der von vielen erfahrenen Neurochirurgen durchgeführt werden kann.

Die Entfernung eines „unkomplizierten“ Kavernoms ist mit anderen Standard Eingriffen in der Neurochirurgie zu vergleichen. Die Patienten erholen sich meist zügig und vollständig. Die Entfernung eines Kavernoms in den besonders empfindlichen Bereichen (z.B. Hirnstamm oder Rückenmark) ist belastender. Einige Patienten brauchen nach dem Eingriff daher zunächst eine gewisse Zeit der Rehabilitation.

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