Morbus Gaucher: Neurologische Symptome und Ursachen

Morbus Gaucher ist eine seltene, erblich bedingte Stoffwechselerkrankung, die durch einen Defekt des Enzyms Glucocerebrosidase verursacht wird. Dieser Defekt führt zu einer Anreicherung von Glucocerebrosid in verschiedenen Organen, einschließlich des Zentralnervensystems (ZNS), was zu neurologischen Symptomen führen kann. Die Erkrankung ist die häufigste Sphingolipidose, mit einer Varianz des Vorkommens zwischen 1:40.000 in Zentraleuropa und 1:2.000 in einigen außereuropäischen Ländern.

Ursachen von Morbus Gaucher

Die Ursache des Morbus Gaucher ist ein autosomal-rezessiv vererbter Defekt der Glucocerebrosidase. Dieses Enzym ist für die hydrolytische Spaltung von Glucosylceramid in Glucose und Ceramid verantwortlich. Bei fehlender oder reduzierter enzymatischer Aktivität reichert sich Glucosylceramid in lysosomalen Strukturen der Zellen des retikulo-endothelialen Systems an, vorwiegend in der Milz, den Kupfferschen Sternzellen der Leber, im Knochenmark, in Osteoklasten und seltener auch in Lunge, Haut, Konjunktiven, Nieren und Herz.

Die Glucocerebroside akkumulieren fast ausschließlich in Makrophagen, die im Verlauf zu sogenannten Gaucher-Speicherzellen anschwellen können. Diese Zellen führen über die Zunahme der Zellmasse zur Vergrößerung von Leber und Milz, oft mit den Symptomen eines Hypersplenismus (Thrombopenie, Anämie und seltener Leukopenie).

Klassifikation und neurologische Beteiligung

Morbus Gaucher wird in drei Haupttypen unterteilt, von denen Typ II und Typ III mit neurologischen Symptomen einhergehen können:

  • Typ I (nicht-neuronopathisch): Dieser Typ ist der häufigste und zeichnet sich durch Hepatosplenomegalie, Knochenbefall und hämatologische Veränderungen aus. Neurologische Symptome fehlen in der Regel.
  • Typ II (akut neuronopathisch): Dieser seltene Typ tritt bei Neugeborenen auf und ist durch schnell fortschreitende neurologische Probleme gekennzeichnet, darunter Spastiken und Augenmuskellähmungen. Die Zerstörung des Gehirns schreitet rasch voran, und die Lebenserwartung ist stark verkürzt.
  • Typ III (chronisch neuronopathisch): Dieser Typ ist ebenfalls selten, aber im Gegensatz zu Typ II entwickeln sich die neurologischen Symptome langsamer. Zu den Symptomen gehören Myoklonische Epilepsie, okulomotorische Apraxie und progrediente Retardierung.

Ca. 5 - 10 % der Fälle von Morbus Gaucher weisen eine Beteiligung des Zentralnervensystems (ZNS) auf. Diese Beteiligung äußert sich durch das Auftreten einer myoklonischen Epilepsie, okulomotorischer Apraxie und progredienter, jedoch meist leichter Retardierung.

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Symptome des Morbus Gaucher

Die Symptome des Morbus Gaucher sind vielfältig und können je nach Typ und Schweregrad der Erkrankung variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Hepatosplenomegalie: Vergrößerung von Leber und Milz, die zu einem vorgewölbten Abdomen führen kann. Bei vielen Patienten mit einem nicht-neuronopathischen Verlauf des M. Gaucher tritt als Folge der Glucocerebrosidspeicherung schon in der Jugend eine zunächst meist schmerzlose Splenomegalie auf. Die Milz kann später bis zum Zwanzigfachen der normalen Größe wachsen. Milzinfarkte, die sich in abdominellen Schmerzen äußern, kommen gehäuft vor. Zum typischen klinischen Bild gehört auch die Lebervergrößerung, die in der Regel das 1,5- bis 2-fache der oberen Norm überschreitet.
  • Knochenveränderungen: Knochenschmerzen, Osteopenie, Osteonekrosen, Spontanfrakturen und Einbrüche der Wirbelkörper. Die knöchernen Komplikationen werden am häufigsten im distalen Femur und der proximalen Tibia gefunden. Radiologisch zeigen sich Erlenmeyerkolben-ähnliche Verbreiterungen im Metaphysenbereich. Häufige Komplikationen sind Spontanfrakturen der Röhrenknochen und Einbrüche der Wirbelkörper, die bis zum völligen Abbau des Wirbelkörpers und zu Kompressionserscheinungen des Spinalkanals führen können. Osteonekrotische Veränderungen befallen meist den Hüftkopf oder den proximalen Humerus.
  • Hämatologische Veränderungen: Anämie, Thrombozytopenie und Leukopenie, die zu Müdigkeit, Leistungsschwäche und erhöhter Blutungsneigung führen können. Bei ausgeprägter Hepatosplenomegalie kann das Blutbild eine Panzytopenie zeigen. Häufig findet man aber zunächst eine milde Anämie und eine Thrombozytopenie < 80.000/µl.
  • Neurologische Symptome: Myoklonische Epilepsie, okulomotorische Apraxie, progrediente Retardierung, Spastiken und Entwicklungsverzögerungen (vor allem bei Typ II und Typ III).
  • Weitere Symptome: Wachstumsstörungen im Kindesalter, pulmonale Komplikationen, weißliche Flecken am Augenhintergrund, Pingueculae der Bindehaut und bräunlich-gelbe Hautverfärbungen.

Diagnose von Morbus Gaucher

Die Diagnose von Morbus Gaucher basiert auf einer Kombination aus Anamnese, körperlicher Untersuchung und Labordiagnostik. Wichtig ist die Messung der Glukocerebrosidase-Aktivität in Leukozyten oder Fibroblasten. Bei typischer Klinik und eindeutig erniedrigter Glukocerebrosidase-Aktivität im Leukozyten ist die Diagnose des M. Gaucher gestellt, so dass histologische Untersuchungen von Knochen, Leber oder Milz zur Sicherung der Diagnose nicht erforderlich sind.

Zusätzlich können folgende Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Blutbild: Zum Nachweis von Anämie, Thrombozytopenie und Leukopenie.
  • Knochenmarksbiopsie: Zum Nachweis von Gaucher-Speicherzellen.
  • Bildgebende Verfahren: Röntgen, MRT oder CT zur Beurteilung von Knochenveränderungen und Organomegalie. Die Kernspintomographie (MR) ist die sensitivste Technik, um die Knochenveränderungen zu dokumentieren und den Schweregrad festzulegen.
  • Gentest: Zum Nachweis von Mutationen im Glucocerebrosidase-Gen. Da die Diagnose des Morbus Gaucher mit erheblichen Konsequenzen und einer teuren Therapie verbunden ist, sollte der Befund einer verminderten Glukocerebrosidaseaktivität in Leukozyten möglichst immer durch den Nachweis des Gendefektes bestätigt werden.

Therapie von Morbus Gaucher

Die Therapie von Morbus Gaucher zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Anreicherung von Glucocerebrosid zu reduzieren. Es gibt verschiedene Therapieansätze:

  • Enzymersatztherapie (ERT): Hierbei wird das fehlende Enzym Glucocerebrosidase intravenös verabreicht. Die Enzymersatztherapie durch Imiglucerase (Cerezyme) führt auch bei Patienten mit einer chronisch neuronopathischen Verlaufsform des M. Gaucher zu einer gesicherten Besserung der extra-neurologischen Komplikationen. Es gibt zudem in einer prospektiven Studie an kaukasischen Patienten mit einer chronisch neuronopathischen Verlaufsformen gute Hinweise, dass eine hohe Enzym-Dosis (etwa 120 U/kg alle 2 Wochen i.v.) auch die neurologischen Komplikationen günstig beeinflusst (Rolfs, 2000b). Derzeit sind in Deutschland zwei Präparate zugelassen: Imiglucerase und Velaglucerase.
  • Substratreduktionstherapie (SRT): Hierbei wird die Produktion von Glucocerebrosid reduziert. Nach Zulassung eines Vorgängerpräparats, Miglustat, im Jahr 2003 erfolgte vor kurzem die Zulassung der sog.
  • Symptomatische Therapie: Behandlung von Komplikationen wie Knochenschmerzen, Anämie und Blutungen. Zerstörte Gelenke, insbesondere der Hüften, bedürfen auch heute häufig noch eines Gelenkersatzes, insbesondere wenn die Enzymersatztherapie zu spät begonnen wird. Unterstützend kann bei starkem Knochenbefall der Einsatz von Osteoklastenhemmstoffen (z.B. Pamidronate oder Alendronate) erwogen werden. Außerdem wird eine intensive physikalische Therapie mit leichter körperlicher Belastung empfohlen.

Die bei Beteiligung des zentralen Nervensystems vorhandenen neurologischen Symptome werden durch die Therapie nicht beeinflusst. Durch die Therapien kann eine deutliche Verbesserung der Symptome, der ossären und der hämatologisch-viszeralen Manifestationen erreicht werden. Die Therapie muss lebenslang durchgeführt werden.

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Prognose von Morbus Gaucher

Die Prognose von Morbus Gaucher hängt vom Typ und Schweregrad der Erkrankung sowie vom Zeitpunkt des Therapiebeginns ab. Mit einer frühzeitigen und adäquaten Therapie können viele Patienten ein nahezu normales Leben führen. Die Prognose bei der akut-neuronopathischen Form des M.

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