Schlafstörungen und Schmerzen, insbesondere Nervenschmerzen, stehen in einer komplexen, wechselseitigen Beziehung. Viele Menschen mit chronischen Schmerzen leiden unter Schlafstörungen, und umgekehrt kann Schlafmangel die Schmerzwahrnehmung verstärken. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Nervenschmerzen und Schlafstörungen, ihre Ursachen und Symptome sowie mögliche Lösungsansätze.
Die enge Verbindung zwischen Schmerz und Schlaf
Es ist gut belegt, dass ein bidirektionaler Zusammenhang zwischen Schmerz und Schlafstörungen besteht. Schmerzen gehören für Menschen aller Altersgruppen zu den häufigsten Ursachen von Schlafstörungen. Vier von fünf Patienten mit chronischen Schmerzen liegen nachts oft wach. Der Schlafmangel führt dazu, dass die Betroffenen tagsüber noch sensibler sind und ihre Schmerzen intensiver wahrnehmen. Regenerativer Schlaf ist gerade für Schmerzpatienten von besonderer Bedeutung, da er das Immunsystem stärkt und dem Körper hilft, über Nacht Reparaturarbeiten vorzunehmen.
Umgekehrt kann schlechter Schlaf die Schmerzen selbst beeinflussen. Einige Schlafstörungen gehen mit einer Veränderung der Schmerzschwelle einher. Wer schlechter schläft, setzt sich auch in der Nacht mit seinen Schmerzen stärker auseinander. Zusammen mit Schlafstörungen treten auch vermehrt Regulationsstörungen des Immunsystems auf.
Ursachen von Schlafstörungen bei Nervenschmerzen
Die Ursachen für Schlafstörungen bei Nervenschmerzen können vielfältig sein:
- Direkte Schmerzwirkung: Plagt der Schmerz, ist an Schlaf kaum zu denken. Manche kommen mit einer rheumatischen Erkrankung dauerhaft nicht zur Ruhe.
- Psychische Faktoren: Wenn wir allgemein angeschlagen sind, nehmen wir körperliche Beschwerden noch stärker wahr und können aus Sorge mitunter nicht einschlafen. Sich Kummer richtig von der Seele zu reden, hilft auch Schmerzpatienten, ruhiger zu schlafen.
- Medikamente: Auch Wirkstoffe von Schmerzmitteln können die Schlafphasen negativ beeinflussen. Opioide beeinträchtigen den Tief- und Traum-Schlaf. Schmerzmittel mit Koffein am Abend genommen, können diese mit ihrer aufputschenden Wirkung das Einschlafen erschweren.
- Weitere Faktoren: Äußere Umstände wie Lärm, Licht oder eine ungeeignete Schlafunterlage können ebenfalls zu Schlafstörungen beitragen.
Symptome von Schlafstörungen
Schlafstörungen können sich auf unterschiedliche Weise äußern:
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- Einschlafstörungen: Das Einschlafen braucht viel Zeit.
- Durchschlafstörungen: Häufiges Aufwachen in der Nacht.
- Frühes Erwachen: Frühzeitiges Aufwachen noch bevor der Wecker klingelt.
- Nicht erholsamer Schlaf: Mit dem Gefühl aufzuwachen, kaum oder gar nicht geschlafen zu haben.
- Tagesmüdigkeit: Erschöpfung, nachlassende Konzentration und Leistungsfähigkeit tagsüber.
- Körperliche Symptome: Körperlich können sich Schlafprobleme durch einen beschleunigten Puls oder erhöhten Blutdruck äußern.
Diagnose von Schlafstörungen
Neue internationale Klassifikationen der Schlafstörungen (ICSD-3) definieren strenge Kriterien für die Behandlungsbedürftigkeit: Über drei Monate lang muss an drei Nächten in der Woche der Schlaf gestört sein oder an drei Wochentagen eine Tagessymptomatik (Erschöpfung, Konzentrationsstörungen …) vorhanden sein. In der Regel belegen persönliche Schlaftagebücher oder Aktigraphien (Aufzeichungen der Körperbewegungen mittels eines Armbanduhrenähnlichen Bewegungssensors) und ausführliche Gespräche über die Krankheitsgeschichte die konkreten Schwierigkeiten.
Was kann man gegen innere Unruhe und Schlafstörungen tun?
Es gibt verschiedene Strategien, um Schlafstörungen bei Nervenschmerzen zu behandeln:
Schlafhygiene
Schaffen Sie sich Ihre ganz eigenen Einschlaf-Rituale - selbst, wenn das nur heißt, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen. Achten Sie unbedingt auf eine geeignete Schlafunterlage. Früher wurden oft Wechseldrucksysteme verwendet. Diese gelten heute nicht mehr als optimale Lösung, da sie Geräusche erzeugen, die den Betroffenen wachhalten oder durch „falsches Liegen“ die Schmerzen sogar noch verstärken können. Matratzen mit Mikrostimulation sind hier die besser Wahl.
Bewegung und Entspannung
Regelmäßige Bewegung bzw. Sport gehören ebenso in einen gesunden Alltag wie Verschnaufpausen und ausreichend Erholung. Wer sich mindestens 150 Minuten pro Woche bewegt, schläft besser. Bei Schlafproblemen können unter anderem Entspannung- und Achtsamkeitsübungen, Yoga, autogenes Training und Mediation hilfreich sein. Sie verringern körperliche Anspannung und unterbrechen den Gedankenfluss, der Sie vom Schlafen abhält.
Pflanzliche Mittel
Geben Sie auch pflanzlichen Mitteln gegen Schlafprobleme eine Chance. Viele konventionelle Medikamente helfen zwar kurzzeitig gut, lassen aber oft in ihrer Wirkung nach einigen Wochen nach. Zudem führen sie zu den bereits beschriebenen Nebenwirkungen. Auch traditionelle Rezepte, z.B. für Lavendelbäder oder beruhigende Kräutertees, können Ihnen helfen, besser in den Schlaf zu finden.
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Psychologische Hilfe
Klären Sie psychische Ursachen ab, die Sie in Ihrer Situation zusätzlich belasten könnten. Wenn wir allgemein angeschlagen sind, nehmen wir körperliche Beschwerden noch stärker war und können aus Sorge mitunter nicht einschlafen. Sich Kummer richtig von der Seele zu reden, hilft auch Schmerzpatienten, ruhiger zu schlafen.
Medikamentöse Behandlung
Bei jeder akuten Erkrankung, so auch bei einer Schlafstörung, muss das Geschehen therapeutisch unterbrochen werden, damit es nicht chronifiziert - auch mit Schlafmitteln (Hypnotika). Außerhalb der akuten Phase braucht es zunächst erst einmal die exzellente Behandlung der Grunderkrankung. Der Einsatz von Hypnotika ist dabei nicht immer zwingend. Um Ein- und Durchschlafstörungen zu verringern kann auch mit sedierenden Antidepressiva gearbeitet werden, die als Hypnotika nicht zugelassen sind. Diese Antidepressiva, wie zum Beispiel das Amitryptilin, führen nicht nur zur Verbesserung des Schlafes, sondern auch zu einer Schmerzunterdrückung.
Weitere Tipps
- Bleiben Sie tagsüber wach und sorgen Sie nach Möglichkeit für ausreichend Bewegung. Wer zu viel ruht, kann nachts automatisch umso schlechter schlafen.
- Achten Sie auf eine angemessene Umgebungstemperatur im Schlafzimmer.
- Richten Sie ein Augenmerk auf den Schlaf: Was tut mir gut? Wie muss mein Bett eingerichtet sein, welche Lagerung sorgt für mein Ausschlafen? Physiotherapeuten können dabei unterstützen.
- Vermeiden Sie vor dem Schlafengehen koffeinhaltige oder alkoholische Getränke sowie schwere Mahlzeiten.
Schlafmittel: Vorsicht ist geboten
Tabletten sind meistens keine Lösung Wer unter starken Schmerzen leidet, ist es in der Regel gewöhnt, medikamentös gegen zu steuern, um im Alltag überhaupt einigermaßen zurecht zu kommen. Auch bei Schlafstörungen zu Tabletten zu greifen, liegt deshalb für viele Betroffene relativ nahe. Doch hier sind unbedingt Vorsicht sowie eine sorgfältige Beratung gefragt. Zudem können auch die besonders erholsamen Tiefschlafperioden negativ von den Inhaltsstoffen beeinflusst werden. Körper und Geist haben dadurch auf Dauer kaum noch die Chance, sich zu erholen oder sogar ein wenig zu regenerieren.
Schlafmittel - auch die Rezept-freien - sollten daher nur zur kurzfristigen Anwendung kommen = max. 2 Wochen. Klassische Schlafmittel aus der Gruppe der sogenannten Benzodiazepine haben erhebliche Nachteile. Sie können zwar kurzfristig den Schlaf durch ihre beruhigende, Muskel entspannende und Angst lösende Wirkung verbessern. Ihre Wirkung lässt jedoch häufig nach Wochen nach, sodass die Dosis erhöht werden muss, was langfristig zu einer Medikamentengewöhnung oder gar zur Abhängigkeit führen kann. Diese Medikamentengruppe ist zur Behandlung schmerzbedingter Schlafstörungen nicht geeignet.
Schlafstörungen bei Fibromyalgie
Die Fibromyalgie zeichnet sich vor allem durch chronische Körperschmerzen aus, doch auch Schlafstörungen gehören zu den Symptomen. Bei Fibromyalgie handelt es sich um eine chronische Schmerzerkrankung, die den gesamten Körper betrifft. Sowohl Einschlafprobleme als auch häufiges Aufwachen in der Nacht führen dazu, dass Betroffene morgens nicht nur unter Morgensteifigkeit und vermehrten Schmerzen leiden, sondern sich oft auch völlig gerädert fühlen.
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Wie bei vielen Erkrankungen mit chronischen Schmerzen können sich Schlafstörungen und Fibromyalgie gegenseitig verstärken. Schlechter Schlaf verstärkt die Schmerzen, während die Schmerzen wiederum die Schlafqualität beeinträchtigen.
Was tun bei Fibromyalgie und Schlafstörungen?
- Regelmäßige Bewegung kann dazu beitragen, den Tiefschlaf zu fördern.
- Achte auf einen stabilen Schlafrhythmus, indem du zu festen Zeiten ins Bett gehst und aufstehst - und das auch am Wochenende!
- Vermeide vor dem Schlafengehen koffeinhaltige oder alkoholische Getränke sowie schwere Mahlzeiten.
- Probiere verschiedene Schlafpositionen aus, um zu sehen, welche für dich am bequemsten ist.
- Eine kleine Massage vor dem Einschlafen kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen und Stress abzubauen.
Neurologische Schlafstörungen
Die Ursache für nicht erholsamen Schlaf ist nicht immer Schnarchen in Kombination mit Atemaussetzern (obstruktive Schlafapnoe). Oft sind Schlafstörungen eine Folge von Erkrankungen, die das zentrale Nervensystem betreffen. Die häufigsten neurologischen Schlafstörungen sind:
- Insomnie (Schlaflosigkeit)
- Narkolepsie oder Hypersomnie
- Restless-Leg-Syndrom (RLS/PLMD) - Beinzuckungen
- Parasomnie (Schlafwandeln, Zähneknirschen und nächtlich Panik)
- Depression
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