Glossopharyngeusneuralgie: Symptome, Ursachen, Diagnose und Therapie

Die Glossopharyngeusneuralgie ist eine seltene und schmerzhafte Erkrankung, die durch plötzlich auftretende, heftige Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervus glossopharyngeus gekennzeichnet ist. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Definition, Symptome, Ursachen, Diagnose und Therapiemöglichkeiten dieser Erkrankung.

Definition

Glossopharyngeus ist der Name des 9. Hirnnervs. Neuralgie bedeutet Nervenschmerzen. Es handelt sich also um Schmerzen, die von der Nervenbahn des Zungenschlundnerven ausgehen und dem Nervenverlauf folgen. Die Glossopharyngeusneuralgie ist eine seltene Erkrankung, die sich durch einseitige, periodisch auftretende Schmerzen u. a. in Rachen, Zunge oder Ohr äußert. Unter Neurovaskulären Kompressionssyndromen (NVC) versteht man verschiedene hyperaktive, paroxysmale Funktionsstörungen der Hirnnerven wie klassischerweise die Trigeminusneuralgie, der Spasmus hemifacialis und die Glossopharyngeusneuralgie.

Symptome

Die Glossopharyngeusneuralgie besteht aus wiederkehrenden Anfällen starker Schmerzen im hinteren Teil des Rachens, im Bereich der Mandeln, im hinteren Teil der Zunge, in einem Teil des Ohrs und/oder im Bereich unter dem hinteren Kiefer. Die Schmerzen sind auf eine Fehlfunktion des 9. Hirnnervs (Nervus glossopharyngeus) zurückzuführen.

Es kommt zu plötzlich auftretenden Schmerzepisoden im Bereich der Gaumenmandeln, der hinteren Zunge, des Rachens oder Kehlkopfes, im Mittelohr oder im Kieferwinkel. Die Schmerzen können in Nase, Auge, Kinn oder Schulter ausstrahlen. Sie werden als einschießend, brennend, elektrisierend, scharf oder brennend beschrieben. Sie treten meist einseitig auf, in 12 % der Fälle beidseitig und können mehrmals am Tag über Wochen oder Monate hinweg auftreten.

Patient*innen berichten oft über einen dumpfen Dauerschmerz zwischen diesen Schmerzattacken. Die Schmerzen können zu nächtlichem Erwachen führen.

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Während eines Schmerzanfalls kann es zu niedrigem Blutdruck, niedriger Herzfrequenz, Ohnmacht oder einem epileptischen Anfall kommen.

Die Schmerzanfälle können spontan auftreten oder z. B. durch Schlucken, Sprechen, Kauen, Husten oder Gähnen ausgelöst werden. Auch ein bestimmter Geschmack, Berührungen der Rachenschleimhaut oder des äußeren Gehörgangs können Schmerzen auslösen.

Da das Schlucken und Kauen häufig Schmerzen verursacht, verlieren viele Patient*innen an Gewicht. Die Erkrankung kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen und zu Depressionen führen.

Die Glossopharyngeusneuralgie ähnelt der Trigeminusneuralgie, einem weiteren Schmerzzustand eines Gesichtsnervs.

Ursachen und Diagnose

Man geht davon aus, dass die Erkrankung meist auf eine Nervenkompression (Nerveneinengung) zurückzuführen ist, die durch Gefäße entsteht, die in unmittelbarer Nähe verlaufen. Die räumliche Nähe und Pulsationen (Ausdehnung und Zusammenziehen) des Gefäßes führen zur Schädigung der schützenden Nervenhülle und lösen die typischen Schmerzen aus. Verursacht werden diese Erkrankungen in vielen Fällen durch einen pathologischen Gefäß-Nerven-Kontakt nahe am Hirnstamm im Bereich der Wurzelaustrittszone des betroffenen Hirnnerven. An dieser Stelle geht die zentrale in die periphere Myelinumhüllung der Nervenfasern über, so dass hier durch die Gefäßpulsationen Schäden in der Hülle und damit Kurzschlußreaktionen im Nerv entstehen, die sich im klinischen Krankheitsbild äußern.

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Weitere Ursachen können sein:

  • Prozesse im Bereich der Schädelbasis (Tumoren, Traumata, Aneurysmen, Sinus-sigmoideus Thrombose)
  • Prozesse im Bereich der Arteria carotis interna (Aneurysma, Dissektion, Schädigung im Rahmen einer Operation)
  • Prozesse im Kerngebiet (Ischämie)

Die Diagnose wird üblicherweise aufgrund von Schilderungen der Beschwerden gestellt. Um andere Ursachen auszuschließen, wie z. B. multiple Sklerose, Autoimmunerkrankungen, Verletzungen der Halswirbelsäule oder Tumorerkrankungen wird üblicherweise eine MRT des Gehirns durchgeführt. Nach Ausschluss anderer Ursachen wie Tumoren im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels, Infektionen oder Trauma, sowie z.B. die Multiple Sklerose bei Trigeminusneuralgie wird zunächst meist eine grundlegende medikamentöse Therapie eingeleitet, beim Spasmus hemifacialis können zunächst Botulinumtoxin Injektionen in die sich verkrampfende Gesichtsmuskulatur verabreicht werden.

Die Glossopharyngeusneuralgie wird von der Trigeminusneuralgie (die ähnliche Schmerzen verursacht) anhand der Lokalisation der Schmerzen oder der Ergebnisse eines bestimmten Tests unterschieden. Bei diesem Test berührt der Arzt den hinteren Teil des Rachens mit einem Wattebausch. Bei Schmerzen appliziert der Arzt ein Lokalanästhetikum in den hinteren Teil des Rachens. Wenn das Anästhetikum die Schmerzen beseitigt, ist eine Glossopharyngeusneuralgie wahrscheinlich.

Eine Magnetresonanztomographie (MRT) wird durchgeführt, um nach Tumoren zu suchen. Eine Computertomographie (CT) kann durchgeführt werden, um festzustellen, ob der Processus styloideus abnormal lang ist (Eagle Syndrom).

Zur Unterstützung der Diagnose und zum Ausschluss anderer möglicher Schmerzursachen kann ein Lokalanästhetikum in den hinteren Teil des Rachens eingebracht werden. Nervenblockaden können den Ärzten ebenfalls helfen, die Diagnose zu bestätigen. Mit ihnen kann der betroffene Nerv identifiziert werden, da sie zur Unterbrechung einer bestimmten Nervenbahn eingesetzt werden, die Schmerzsignale weiterleitet oder verstärkt.

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Therapie

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Behandlung mit dem Antiepileptikum Carbamazepin ist die erste Wahl. Andere Medikamente gegen Epilepsie (wie Pregabalin) oder Medikamente, die bei Depressionen verordnet werden, können in Betracht gezogen werden, vor allem bei einer mangelhaften Wirkung von Carbamazepin. Dieselben Medikamente, die auch zur Behandlung der Trigeminusneuralgie eingesetzt werden - Antiepileptika (Carbamazepin, Oxcarbazepin, Gabapentin oder Phenytoin), Baclofen und trizyklische Antidepressiva - können auch bei den Nervenschmerzen der Glossopharyngeus Neuralgie zur Behandlung eingestzt werden .

Eine weitere Möglichkeit ist das Setzen einer lokalen Betäubungsspritze in den vom Nerv gereizten Bereich. Wenn diese Medikamente als Therapieverfahren unwirksam sind, kann die Anwendung eines Lokalanästhetikums (z. B. Lidocain) im hinteren Teil des Rachens vorübergehend Linderung verschaffen (und auch die Diagnose bestätigen).

In unserer Schmerzpraxis führen wir bei der Glossopharyngeusneuralgie auch eine Ganglionäre Opiat Analgesie (GLOA) am Ganglion cervicale superius auf der gleichen Seite mit gutem Erfolg durch.

Operative Therapie

Die Behandlung mit Antiepileptika ist jedoch nicht immer erfolgversprechend, sodass eine Operation in Betracht kommen kann. Es stehen mehrere chirurgische Verfahren zur Verfügung:

  • Mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta: Der Druck des Gefäßes auf den Nerv kann reduziert werden, indem in einer mikrochirurgischen Operation Nerv und Gefäß voneinander getrennt werden und ggf. ein Teflonkissen dazwischen gelegt wird. Die Erfolgsraten liegen bei 90 % und die Komplikationsraten sind sehr gering. Diese Operationen werden standardmäßig unter elektrophysiologischem Monitoring durchgeführt.
  • Radiofrequenzablation: Bei der anderen Behandlungsmethode wird der Nerv mit einem Gamma-Knife, das ähnlich wie ein Brennglas arbeitet, durch Hitze verödet. Die Erfolgsquote liegt etwa 80 % nach der Operation, nach 5 Jahren etwa 50 %. Komplikationen können eine Minderung des Geschmackssinns, Gefühlsstörungen im betreffenden Bereich, eine Minderung des Würgereflexes und Schluckbeschwerden sein.
  • Thermokoagulation des Ganglion Gasseri des N. trigeminus und zunehmend auch in der stereotaktischen Radiochirurgie des N. trigeminus: Diese Behandlungen stellen jedoch keine kausale Therapie dar, die Wirkung ist vielmals nicht ausreichend und nur vorrübergehend, die Erkrankungen verlaufen progredient.

Als Behandlungsmethode kommt bei nachgewiesenem typischem Gefäß-Nerven-Kontakt die sog. mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta in Betracht, bei der über eine suboccipito-laterale Trepanation ein Teflonpolster zwischen Gefäß und Nerv eingelegt wird.

Auswirkungen auf Betroffene

Die Krankheit kann die Lebensqualität beeinträchtigen. Die Verläufe können individuell sehr unterschiedlich sein und bei vielen Betroffenen können sich Phasen von längerer Beschwerdefreiheit mit Schmerzphasen abwechseln. Die Wirkweise der medikamentösen Behandlung ist nicht immer zufriedenstellend, sodass ein operativer Eingriff eine weitere Behandlungsmöglichkeit darstellen kann.

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