Die Neurochirurgische Klinik des Uniklinikums Erlangen zählt zu den größten neurochirurgischen Kliniken Deutschlands und deckt das gesamte Spektrum neurochirurgischer Erkrankungen ab. Dazu gehören Verletzungen, Entzündungen, Tumoren und Missbildungen des Gehirns, des Rückenmarks und deren Hüllen sowie der Wirbelsäule.
Behandlungsschwerpunkte im Überblick
Die Neurochirurgie des Uniklinikums Erlangen konzentriert sich auf verschiedene Behandlungsschwerpunkte, um Patienten eine umfassende Versorgung zu bieten.
Neuroonkologie: Ein besonderer klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf der Neuroonkologie. Unter der Leitung von Prof. Oliver Schnell befasst sich dieser Bereich mit der Diagnostik und Behandlung von Hirn- und Rückenmarkstumoren. „Dazu gehören Tumoren im Gehirn und am Schädelknochen, aber auch Hirnmetastasen, die ihren Ursprung in einem anderen Organ haben“, erklärt Prof. Schnell. Das Ziel ist es, für neuroonkologische Patienten eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen. Dabei wird auch der Versorgung von Kindern und Jugendlichen ein hoher Stellenwert beigemessen.
Fluoreszenzgestützte Tumorresektion: Ein innovatives Verfahren, das Prof. Schnell am Uniklinikum Erlangen einführen möchte, ist die fluoreszenzgestützte Tumorresektion, insbesondere die 5-ALA-Fluoreszenz-Methode. Hierbei trinkt der Patient vor der Operation ein Farbstoff-Wasser-Gemisch, das sich in den Tumorzellen anreichert und diese unter dem OP-Mikroskop rot-violett leuchten lässt. Dies ermöglicht es dem Operateur, die bösartigen Zellen besser zu erkennen und von gesundem Gewebe zu unterscheiden.
Intraoperative Bildgebung: Die intraoperative Kernspintomografie (MRT) wird am Uniklinikum Erlangen bereits bei Tumoren des Gehirns und der Schädelbasis eingesetzt. Prof. Schnell plant, diese Technologie um den intraoperativen Ultraschall zu ergänzen.
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Minimalinvasive Chirurgie: Zukünftig sollen Eingriffe noch minimalinvasiver durchgeführt werden. „Die Schnitte werden kleiner, die Eingriffe gezielter“, so der Neurochirurg. Dies beinhaltet den Ausbau der endoskopischen Schädelbasischirurgie und die technische Weiterentwicklung von Wirbelsäuleneingriffen.
Neuronavigation und Neuromonitoring: Für Präzision und Sicherheit während der Operationen sorgen moderne Bildgebungs- und OP-Techniken wie die Neuronavigation und das intraoperative Neuromonitoring. Mit dem Neuromonitoring können Nervenfunktionen an Gehirn und Rückenmark während eines Eingriffs genau überwacht werden.
Wachoperationen: Langfristig möchte Prof. Schnell auch Wachoperationen am Gehirn einführen, bei denen die Patienten während des Eingriffs ansprechbar bleiben.
Hypophysentumoren und Epilepsie: Neben der Behandlung von Krebserkrankungen ist die neurochirurgische Versorgung von Hypophysentumoren und Epilepsie in Erlangen etabliert. Hypophysentumoren sind meist gutartige Geschwüre der Hirnanhangsdrüse und machen etwa 15 Prozent aller Hirntumoren aus. Die Epilepsiechirurgie wird im großen Epilepsiezentrum des Uniklinikums Erlangen durchgeführt.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Stärke
Prof. Schnell betont den großen Vorteil des Uniklinikums Erlangen in seiner Interdisziplinarität: „Wir haben hier neben der Neurochirurgie auch alle anderen Fachgebiete unter einem Dach - darunter Neurologie, Neuroradiologie, Neuropathologie und Strahlentherapie. Wir können unsere Patientinnen und Patienten also von der Diagnostik und Therapie bis hin zur Nachsorge beraten und lotsen, sodass sie keine wichtigen Termine verpassen und immer wissen, was wann, wo und warum mit ihnen passiert.“ Besonders bei Krebspatienten sei es wichtig, sie an die Hand zu nehmen und durch die Erkrankung zu führen. Das Uniklinikum übernimmt die Verantwortung dafür, dass niemand durchs Raster fällt.
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Alle Therapieentscheidungen werden im Tumorboard getroffen, wo sich Experten verschiedener Fachrichtungen treffen und die weiteren Schritte besprechen. „Dank dieser engen Kooperation können wir Betroffenen die bestmögliche Behandlung aus einer Hand bieten“, betont Prof. Schnell.
Versorgung von Gefäßerkrankungen
Gemeinsam mit den Kollegen des Neuroradiologischen Instituts und der Neurologischen Klinik versorgen Prof. Schnell und sein Team auch Menschen mit Gefäßerkrankungen, insbesondere mit Aneurysmen, aber auch mit Schlaganfällen, die bei Blutungen oder Gefäßverengungen mitunter auch operiert werden müssen.
Translationale Neurochirurgie
„Mein Bestreben war es immer, Grundlagenwissenschaft schnell in die klinische Anwendung zu bringen und die Erkrankten früh davon profitieren zu lassen“, betont Prof. Schnell. Um diese Translation in Erlangen zu stärken, wurde eine neue Professur für Translationale Neurochirurgie eingerichtet. Im Zuge dessen können Patienten besonders früh in klinische Studien aufgenommen werden, wodurch sie neue Therapien als Erste erhalten. „Ich schätze das Mindset in Erlangen, die Innovation voranzutreiben“, so Oliver Schnell. Dieter Henrik Heiland ist ordentlicher Professor für Translationale Neurochirurgie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und leitender Neurochirurg am Universitätsklinikum Erlangen.
Das Team
Das Team der Neurochirurgie des Uniklinikums Erlangen besteht aus erfahrenen Fachärzten, Pflegekräften und weiterem medizinischem Personal. Sie arbeiten eng zusammen, um den Patienten eine optimale Versorgung zu gewährleisten.
Werdegang von Prof. Dr. Oliver Schnell
Oliver Schnell studierte Medizin an den Universitäten Freiburg und München. Seine Ausbildung zum Facharzt für Neurochirurgie absolvierte er am LMU Klinikum München. Parallel zu seiner ärztlichen Tätigkeit absolvierte er den Postgraduierten-Studiengang „Master of Health Business Administration“ an der FAU. 2016 wechselte er an die Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Freiburg, wo er als stellvertretender Klinikdirektor und leitender Oberarzt tätig war. 2019 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt.
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Forschungsschwerpunkte von Prof. Dr. Dieter Henrik Heiland
Dieter Henrik Heiland verbindet als Arzt-Wissenschaftler mit Expertise in der Neurochirurgie multi-omische und hochdimensionale biologische Daten mit klinischen Anwendungen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Mit einem PhD in Epigenetik und Computationsbiologie ist Heiland auf Radiogenomik spezialisiert - der Integration von Transkriptions- und MRT-Bildgebungsdaten. Im Jahr 2016 gründete er das Microenvironment and Immunology Research Laboratory, um die transkriptionelle Vielfalt und die räumliche Organisation von Gewebearchitekturen zu entschlüsseln. Sein innovativer Ansatz kombiniert Einzelzell-RNA-Sequenzierung mit räumlich aufgelösten Multi-Omics-Ansätzen, einschließlich Transkriptomik, Metabolomik und Proteomik, um Zellzustände und -plastizität im Krankheitskontext zu erforschen. Im Jahr 2022 erweiterte Heiland seine akademischen Beiträge mit einer außerordentlichen Professur an der Northwestern University.
Top 5 Publikationen von Prof. Dr. Dieter Henrik Heiland
- Nasir-Moin M, Wadiura LI, […], Freudiger CW, Heiland DH, Orringer DA. Localization of protoporphyrinIX during glioma-resection surgery via paired stimulated Raman histology and fluorescence microscopy. Nat Biomed Eng. 2024 Jun;8(6):672-688.
- Drexler R, Khatri R, Sauvigny T, Mohme M, Maire CL, Ryba A, Zghaibeh Y, Dührsen L, Salviano-Silva A, Lamszus K, Westphal M, Gempt J, Wefers AK, Neumann JE, Bode H, Hausmann F, Huber TB, Bonn S, Jütten K, Delev D, Weber KJ, Harter PN, Onken J, Vajkoczy P, Capper D, Wiestler B, Weller M, Snijder B, Buck A, Weiss T, Göller PC, Sahm F, Menstel JA, Zimmer DN, Keough MB, Ni L, Monje M, Silverbush D, Hovestadt V, Suvà ML, Krishna S, Hervey-Jumper SL, Schüller U, Heiland DH, Hänzelmann S, Ricklefs FL*. A prognostic neural epigenetic signature in high-grade glioma. Nat Med. 2024 Jun;30(6):1622-1635.
- Benotmane JK, Kueckelhaus J, Will P, Zhang J, Ravi VM, Joseph K, Sankowski R, Beck J, Lee-Chang C, Schnell O, Heiland DH. High-sensitive spatially resolved T cell receptor sequencing with SPTCR-seq. Nat Commun. 2023 Nov 16;14(1):7432.
- Ravi VM, Will P, Kueckelhaus J, Sun N, Joseph K, Salié H, Vollmer L, Kuliesiute U, von Ehr J, Benotmane JK, Neidert N, Follo M, Scherer F, Goeldner JM, Behringer SP, Franco P, Khiat M, Zhang J, Hofmann UG, Fung C, Ricklefs FL, Lamszus K, Boerries M, Ku M, Beck J, Sankowski R, Schwabenland M, Prinz M, Schüller U, Killmer S, Bengsch B, Walch AK, Delev D, Schnell O, Heiland DH. Spatially resolved multi-omics deciphers bidirectional tumor-host interdependence in glioblastoma. Cancer Cell. 2022 Jun 13;40(6):639-655.e13.
- Ravi VM, Neidert N, Will P, Joseph K, Maier JP, Kückelhaus J, Vollmer L, Goeldner JM, Behringer SP, Scherer F, Boerries M, Follo M, Weiss T, Delev D, Kernbach J, Franco P, Schallner N, Dierks C, Carro MS, Hofmann UG, Fung C, Sankowski R, Prinz M, Beck J, Salié H, Bengsch B, Schnell O, Heiland DH. T-cell dysfunction in the glioblastoma microenvironment is mediated by myeloid cells releasing interleukin-10. Nat Commun. 2022 Feb 17;13(1):925.
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