Kleine epileptische Anfälle: Symptome, Ursachen und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können sich auf unterschiedliche Weise äußern, von kurzen Bewusstseinsaussetzern bis hin zu schweren Krampfanfällen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Symptome, Ursachen und Behandlung von kleinen epileptischen Anfällen.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, die durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn verursacht wird. Diese Entladungen können zu Anfällen führen, die sich in verschiedenen Formen äußern können. Umgangssprachlich wird Epilepsie auch als "Fallsucht" oder "Krampfleiden" bezeichnet.

Epileptische Anfälle

Epileptische Anfälle sind kurze Störungen der elektrochemischen Signalübertragung im Gehirn. Sie dauern meist nur wenige Sekunden oder Minuten und haben sehr verschiedene Formen. Ein erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle wird als Anfallsneigung bezeichnet.

Symptome kleiner epileptischer Anfälle

Epileptische Anfälle können sich sehr unterschiedlich äußern. Einige Anfälle sind kaum wahrnehmbar, während andere zu deutlichen körperlichen Symptomen führen. Kleine epileptische Anfälle, auch Petit-mal-Anfälle genannt, sind oft unauffällig und werden daher leicht übersehen.

Arten von Anfällen

  • Absencen: Eine sehr milde Form des generalisierten Anfalls ist die sogenannte Absence, die oft als "Verträumtheit" oder "Aussetzer" verkannt wird. Dabei setzt das Bewusstsein kurz aus und die Betroffenen halten in ihrer momentanen Tätigkeit inne. Manchmal zucken die Augenlider leicht. Stürze und ausgeprägte Krämpfe kommen nicht vor. Absencen sind bei Kindern und Jugendlichen besonders häufig.

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  • Einfach-fokale Anfälle: Bei einfach-fokalen Anfällen ohne Bewusstseinsstörungen bekommen die Betroffenen alles mit und wissen hinterher auch noch Bescheid. Diese Anfälle äußern sich z.B. durch:

    • Missempfindungen
    • Muskelzuckungen und/oder Krämpfe in einzelnen Körperteilen
    • Eigenartiges Verhalten, z.B. Halluzinationen
  • Fokale Anfälle: Fokale Anfälle, auch partielle oder lokalisationsbezogene epileptische Anfälle genannt, gehen immer von einem bestimmten Bereich des Gehirns aus und betreffen in der Regel nur eine Gehirnhälfte. Man unterscheidet fokale Anfälle mit Bewusstseinseinschränkung (früher auch komplex-fokal genannt) und fokale Anfälle ohne Bewusstseinseinschränkung (früher einfach fokale Anfälle). Im ersten Fall nimmt der Patient oder die Patientin den epileptischen Anfall nicht bewusst wahr und kann sich später an nichts erinnern. Bei Erwachsenen ist dies die am häufigsten beobachtete Anfallsform. Fokale epileptische Anfälle, vor allem solche mit Bewusstseinsstörung, können in einen sogenannten sekundär generalisierten Anfall (auch bilateral tonisch-klonischer Anfall) übergehen, der dann beide Gehirnhälften betrifft. Die Symptome fokaler Anfälle richten sich nach dem Ursprungsort im Gehirn. Eine häufige Anfallsform fokalen Ursprungs sind vegetative fokale Anfälle. Auch plötzliche Angst, Wut oder Halluzinationen werden in der Literatur beschrieben. Die Sinneswahrnehmung kann durch einen fokalen Anfall gestört werden. So kann Sehen, Hören, Schmecken, Riechen oder Tasten durch den Anfall so beeinträchtigt sein, dass Betroffene Blitze sehen, Geräusche oder Stimmen hören, einen komischen Geschmack im Mund haben, etwas Merkwürdiges riechen oder Temperatur-Missempfindungen, Kribbeln oder Lähmungserscheinungen spüren. Fokale Anfälle mit Bewusstseinsverlust sind häufig durch sogenannte Automatismen geprägt. Patienten wiederholen im Anfall bestimmte Handlungsmuster.

  • Auren: Ähnlich wie bei einer Migräne kann es vorkommen, dass bestimmte Symptome einen Anfall ankündigen. Auren sind einfach-fokale Anfälle, z.B. mit verzerrter Wahrnehmung, Angstgefühlen, depressiver Stimmung oder unangenehmen körperlichen Gefühlen. Auren erkennen meistens nur die Betroffenen selbst und sie sind schwer zu beschreiben.

Prodromi

Die Prodromi (von lateinisch "Vorboten") sind Vorboten eines Anfalls, wie z.B. Reizbarkeit, Appetitlosigkeit oder Niedergeschlagenheit.

Ursachen von Epilepsie

Epilepsie kann verschiedene Ursachen haben. In vielen Fällen ist die Ursache unbekannt. Zu den möglichen Ursachen gehören:

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  • Genetische Faktoren: Genetisch bedingt haben manche Menschen eine stärkere Veranlagung zu epileptischen Anfällen als andere. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind.
  • Hirnschäden: Jede Schädigung von Hirngewebe kann zu einer spontanen Entladung von Nervenzellen und damit zu einem Krampf führen.
  • Strukturelle Veränderungen im Gehirn: Strukturelle Veränderungen am Gehirn entstehen beispielsweise durch Schlaganfälle oder Tumore.
  • Infektionen: Infektionen des Gehirns können unter anderem durch Borreliose hervorgerufen werden.
  • Stoffwechselstörungen: Metabolische Veränderungen, also solche, die den Stoffwechsel betreffen, stehen z. B. mit seltenen Stoffwechselerkrankungen, wie der Phenylketonurie in Verbindung.
  • Immunologische Ursachen: Bei den immunologischen Ursachen handelt es sich um Entzündungsvorgänge im Gehirn, z. B. wenn die eigene Körperabwehr (Immunsystem) das Hirngewebe angreift und es zu einer Hirnhautentzündung kommt.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Ein Schädel-Hirn-Trauma kann ebenfalls zu Epilepsie führen.
  • Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt: Komplikationen während der Schwangerschaft oder der Geburt können das Gehirn des Kindes schädigen und so Epilepsie auslösen.
  • Durchblutungsstörungen: Durchblutungsstörungen im Gehirn, wie z.B. ein Schlaganfall, können ebenfalls zu Epilepsie führen.
  • Akute Krankheiten: Akute Krankheiten, wie z.B. eine Hirnhautentzündung oder Gehirnentzündung, können ebenfalls Epilepsie auslösen.

Risikofaktoren

Fieberkrämpfe, Hirnverletzungen oder Epilepsie in der Familie erhöhen das Risiko, an Epilepsie zu erkranken. Auch Schlafmangel, Alkohol oder Lichtreize können Anfälle auslösen.

Auslöser

Bestimmte Faktoren können epileptische Anfälle auslösen. Diese Faktoren sind jedoch nicht die Ursache der Epilepsie, sondern können lediglich einen Anfall provozieren. Zu den möglichen Auslösern gehören:

  • Schlafmangel
  • Alkohol
  • Stress
  • Flackerndes Licht
  • Drogen

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und verschiedenen technischen Untersuchungen.

Anamnese

Der Arzt wird den Patienten oder seine Angehörigen ausführlich nach den Symptomen des Anfalls, der Häufigkeit der Anfälle und möglichen Auslösern befragen.

Körperliche Untersuchung

Eine erste körperliche Untersuchung beinhaltet u.a. technische Hilfsmittel wie die Elektroenzephalographie (EEG) und die Magnetresonanztomographie (MRT, besonders bei Kindern)

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Elektroenzephalographie (EEG)

Das EEG ist eine Untersuchung, bei der die Hirnströme gemessen werden. Das EEG kann zeigen, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht.

Magnetresonanztomographie (MRT)

Die MRT ist eine bildgebende Untersuchung, bei der das Gehirn dargestellt wird. Die MRT kann zeigen, ob strukturelle Veränderungen im Gehirn vorliegen, die Epilepsie verursachen könnten.

Videoaufnahmen

Videoaufnahmen von Anfällen können helfen, die Anfallsart zu bestimmen.

Differenzialdiagnose

Es ist wichtig, epileptische Anfälle von anderen Erkrankungen abzugrenzen, die ähnliche Symptome verursachen können. Dazu gehören z.B.:

  • Hypoglykämischer Schock
  • Psychogene nichtepileptische Anfälle (PNEA)

Behandlung von Epilepsie

Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie mit Antiepileptika ist die erste Wahl bei der Behandlung von Epilepsie. Antiepileptika können die Anfälle in den meisten Fällen wirksam kontrollieren. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.

Chirurgische Eingriffe

Bei einigen Patienten mit therapieresistenter Epilepsie kann ein chirurgischer Eingriff in Erwägung gezogen werden. Dabei wird der Bereich des Gehirns, der die Anfälle auslöst, entfernt.

Vagusnerv-Stimulation

Bei der Vagusnerv-Stimulation wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen.

Spezielle Diäten

In einigen Fällen können spezielle Diäten, wie z.B. die ketogene Diät, helfen, die Anfälle zu kontrollieren.

Psychotherapie

Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen

Bei einem epileptischen Anfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und den Betroffenen vor Verletzungen zu schützen.

Was zu tun ist

  • Betroffene Person auf den Boden legen, um einem Sturz vorzubeugen.
  • Alle Gegenstände entfernen, die zu Verletzungen oder Gefahren führen könnten.
  • Seltsame Körperhaltungen und freie Zuckungen ermöglichen und möglichst Platz dafür schaffen.
  • Auf die Uhr schauen und Notfallmedikamente erst nach der ärztlich angegebenen Zeit geben, weil sie erhebliche Nebenwirkungen haben.
  • Dauer und Begleiterscheinungen des Anfalls beobachten.
  • Auf die Augen achten: Sind sie geschlossen, offen, starr oder verdreht?

Was nicht zu tun ist

  • Nicht festhalten.
  • Keinen Beißkeil oder ähnliches zwischen die Zähne schieben.
  • Es ist sinnlos und eventuell schädlich zu versuchen einen Anfall zu beeinflussen oder zu beenden, z.B. durch kaltes Wasser oder Schütteln.

Nach dem Anfall

  • Unbedingt dabeibleiben, bis die betroffene Person wieder vollständig orientiert ist.
  • Wenn möglich den Anfall dokumentieren: Wann ist er passiert? Wie lange hat er gedauert? Wie ist er abgelaufen? Waren die Augen offen, geschlossen, starr oder verdreht?

Leben mit Epilepsie

Epilepsie kann den Alltag der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinflussen. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich Unterstützung zu suchen.

Risiken und Vorsichtsmaßnahmen

Epileptische Anfälle können zu Verletzungen und sogar zum Tod führen. Außerdem besteht ein gewisses Risiko, bei einem Status epilepticus oder durch SUDEP (siehe unten) zu versterben oder Langzeitschäden davon zu tragen.

  • Autofahren: Menschen mit Epilepsie dürfen nicht selbst Auto fahren, wenn sie in den vergangenen zwölf Monaten einen Anfall hatten.
  • Baden und Schwimmen: In diesem Fall sollte man zum Beispiel nicht alleine schwimmen gehen. Denn wenn ein epileptischer Anfall im Wasser auftritt und nicht sofort ein Rettungsschwimmer zur Stelle ist, kann das tödlich enden. Ebenfalls vorsichtig sein sollten Betroffene beim Baden in einer Badewanne sein - auch hier kann es zum Ertrinken kommen.
  • Brandgefahr: Beim Rauchen besteht bei einem Anfall Brandgefahr.
  • Scharfe Kanten und Gegenstände: Scharfe Kanten und Gegenstände in der Wohnung sichern bzw.
  • Anfallskalender: Einen Anfallskalender verwenden, um ggf. vorhandene Anfallsauslöser zu erkennen und die Behandlung zu verbessern.

SUDEP

SUDEP ist die Abkürzung für "sudden unexpected death in epilepsy". Übersetzt heißt das "plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie". Wie auch beim sog. plötzlichen Kindstod können Menschen mit Epilepsie plötzlich und unerwartet versterben. Meistens werden Betroffene morgens tot im Bett gefunden. Die Todesursache lässt sich oft nicht klären. Das passiert zwar nur sehr selten, aber bei Menschen mit Epilepsie häufiger als bei Menschen ohne Epilepsie. Bei Grand-mal-Anfällen ist das Risiko besonders hoch, besonders wenn diese im Schlaf kommen.

Hilfsmittel

Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die Menschen mit Epilepsie im Alltag unterstützen können.

  • Epilepsie-Überwachungsgeräte: Bei einem erkannten Anfall löst das Gerät einen Alarm aus, z.B. bei den Eltern, beim Partner, anderen Angehörigen oder in einer Notrufzentrale. So ist eine sichere Betreuung möglich. Der Anfall wird zudem aufgezeichnet und mit Dauer und Stärke dokumentiert.
  • Sturzmelder: Sturzmelder können bei Anfällen mit Bewusstseinsverlust und Sturz helfen. Dieses zweistufige System verhindert Fehlalarme.
  • Epilepsiehunde: Warnhunde haben die Fähigkeit, einen kommenden Anfall zu spüren und warnen dann den Betroffenen, sodass dieser Zeit hat, sich z.B. vor Verletzungen zu schützen. Anzeigehunde lernen, einen tatsächlichen Anfall zu erkennen und dann in vorher geübter Art und Weise zu helfen.

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