Epilepsie ist eine der häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen. Etwa ein Prozent der Bevölkerung ist davon betroffen. Das Epilepsie-Zentrum Hamburg am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf hat sich als eine führende Einrichtung in der Behandlung von Epilepsie etabliert. Durch die enge Kooperation mit dem UKE (Kliniken für Neurochirurgie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin) und dem Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift bietet das Zentrum eine umfassende Versorgung auf höchstem Niveau.
Das Epilepsiezentrum Hamburg: Ein interdisziplinäres Kompetenzzentrum
Das Epilepsiezentrum Hamburg blickt auf eine 25-jährige Geschichte zurück, in der es sich von einer kleinen neurologischen Abteilung zu einem Zentrum mit der bundesweit größten Intensiv-Monitoring-Station (19 Plätze, davon 4 für Kinder) entwickelt hat. Maßgeblich vorangetrieben wurde diese Entwicklung von Dr. Stefan Stodieck, Chefarzt des Epilepsiezentrums am Ev. Krankenhaus Alsterdorf.
Schwerpunkte der Versorgung
Das Epilepsiezentrum Hamburg deckt ein breites Spektrum an Versorgungsleistungen ab, darunter:
- Diagnostik und Therapie von Epilepsie bei Menschen jeden Alters
- Differenzierung zwischen epileptischen und nicht-epileptischen Anfällen
- Behandlung durch Hirnstimulation
- Spezielle Beratung für Frauen mit Epilepsie und Kinderwunsch/Schwangerschaft
- Versorgung von Menschen mit Epilepsie und/oder Behinderung
Ganzheitliche Diagnostik und Therapie
Im Mittelpunkt der Behandlung steht die ganzheitliche Diagnostik, Therapie und Beratung. Dabei wird zunächst geklärt, ob es sich überhaupt um epileptische Anfälle handelt. Bei fast jedem dritten Patienten, der mit der Verdachtsdiagnose „Epilepsie“ ins Zentrum kommt, stellt sich heraus, dass die Anfälle eine andere Ursache haben. Dies kann beispielsweise am Herzen oder in der Psyche liegen.
Das Zentrum bietet eine Therapiestation für funktionelle (psychogene) Anfälle und psychiatrische Komorbidität bei Epilepsie. In einigen Fällen kann die Epilepsie vollständig geheilt werden, z.B. wenn der auslösende Epilepsieherd im Gehirn operativ entfernt werden kann. Die meisten Menschen müssen jedoch lernen, mit der Erkrankung zu leben. Oft gelingt es, dass sie durch Medikamente anfallsfrei werden.
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Innovative Behandlungsmethoden
Das Epilepsiezentrum Hamburg setzt modernste Medizintechnik und innovative Behandlungsmethoden ein. Dazu gehört das Epilepsie-Monitoring, mit dessen Hilfe die Ursache der Epilepsie geklärt wird. Ein spezielles Ultraschallgerät dient dazu, den Sitz des Sprachzentrums zu bestimmen, um Schädigungen bei einer Operation auszuschließen.
Am 13. Februar 2023, dem Internationalen Tag der Epilepsie, wurde bekannt, dass im Epilepsiezentrum Hamburg eine Patientin mit schwer behandelbarer Epilepsie nach Abschluss der Studienphase weltweit zum ersten Mal eine neuartige Elektrode implantiert bekommen hat, die Anfälle künftig verhindern soll.
Bei diesem neuen Behandlungsverfahren wird zunächst eine flache Elektrode unter der Kopfhaut, aber über dem Schädelknochen platziert - über der Stelle in der Gehirnrinde, wo die Anfälle entstehen. Durch individuell programmierte elektrische Impulse hoher Frequenz, die der Patient nicht spürt, sollen Anfälle in ihrer Entstehung und Ausbreitung unterdrückt werden. Die Impulse kann der Patient auch selbst auslösen, wenn er einen Anfall kommen fühlt. Das Verfahren mit dem Produktnamen „EASEE®“ wurde vom Heidelberger Start-Up-Unternehmen Precisis entwickelt und ist seit kurzem in Europa zur Behandlung von Patienten mit therapieschwierigen Epilepsien zugelassen.
Epilepsie und Kinderwunsch/Schwangerschaft
Ein besonderer Schwerpunkt des Epilepsiezentrums liegt in der Beratung und Betreuung von Frauen mit Epilepsie und Kinderwunsch bzw. während der Schwangerschaft.
Beratung vor der Schwangerschaft
Frauen mit Epilepsie sollten sich rechtzeitig vor einer geplanten Schwangerschaft beraten lassen. Dies ermöglicht eine optimale Anpassung der Medikation und die Durchführung notwendiger diagnostischer Maßnahmen.
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Wichtige Fragen, die im Rahmen der Beratung geklärt werden, sind:
- Welche Art von Anfällen liegt vor?
- Was ist die Ursache der Epilepsie?
- Gibt es relevante Begleiterkrankungen?
- Welche Medikamente sind für Mutter und Kind sicher?
Oft ist dazu ein kurzer stationärer Aufenthalt mit Video-EEG-Monitoring, Spezial-MRT und ggf. weiteren Untersuchungen (z.B. Liquor, Neuropsychologie, Genetik) im Epilepsiezentrum notwendig. Erst dann können die Prognose und die optimale Therapie sinnvoll beurteilt werden sowie eine sachgerechte Beratung auch bezüglich Kinderwunsch erfolgen.
Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft
Es ist wichtig, die Epilepsie-Medikamente während der Schwangerschaft nicht eigenmächtig abzusetzen oder zu reduzieren. Stattdessen sollte die Medikation in enger Absprache mit dem behandelnden Neurologen optimiert werden.
Einige Epilepsie-Medikamente sind während der Schwangerschaft besser geeignet als andere. Gut untersucht sind beispielsweise Lamotrigin und Levetiracetam, die dem Kind im Mutterleib nicht schaden. Bei anderen Medikamenten ist das Risiko für Fehlbildungen und eine schlechte intellektuelle Entwicklung beim Kind erhöht (z.B. Valproat) oder es liegen noch ungenügende Daten vor.
Risiken und Verlauf der Schwangerschaft
Wenn eine Dosisanpassung der Medikamente erfolgt, treten in der Schwangerschaft in der Regel nicht mehr Anfälle auf als vorher. Als Faustregel gilt: Frauen mit Epilepsie, die mindestens neun Monate vor der Schwangerschaft anfallsfrei waren, bekommen meist auch in der Schwangerschaft keine Anfälle.
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Anfälle, besonders in der Spät-Schwangerschaft, können dem Kind unter Umständen schaden. Die Müttersterblichkeit bei Frauen mit Epilepsie ist erhöht, vor allem das Risiko an SUDEP (sudden unexpected death in epilepsy) zu versterben, steigt. Deshalb ist eine frühzeitige Beratung und engmaschige ärztliche Begleitung so wichtig!
Untersuchungen während der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft sind regelmäßige neurologische Kontrollen mit Medikamentenspiegel-Messungen, ggf. Dosis-Anpassungen und - je nach Epilepsie-Art - EEG erforderlich. Die Vitamingabe von Folsäure sollte in einer höheren Dosis als routinemäßig üblich erfolgen.
Eine Schwangerschaft bei Frauen mit Epilepsie gilt formal immer als Risiko-Schwangerschaft. Deshalb ist ein zusätzlicher Spezial-Ultraschall zur Organdiagnostik etwa in der 20. Schwangerschaftswoche vorgesehen und wird von der Krankenkasse übernommen.
Geburt und Stillen
Bei den meisten Frauen mit Epilepsie verlaufen Schwangerschaft und Geburt wie bei gesunden Frauen, d.h. ein Kaiserschnitt nur wegen der Epilepsie ist nicht nötig. Grundsätzlich können und sollten Frauen mit Epilepsie stillen. Die Epilepsie-Medikamente gehen nur in geringem Maße in die Muttermilch über, das Kind ist bereits durch die Schwangerschaft daran gewöhnt.
Maßnahmen nach der Geburt
Mütter mit Epilepsie, die nicht anfallsfrei sind, können eine Reihe von Maßnahmen zur Sicherheit des Kindes treffen. Dazu gehört zum Beispiel, das Baby nicht auf einer Kommode zu wickeln, sondern auf dem Boden. Oder es in einem Eimer zu baden, damit das Kind nicht ertrinken kann. Hebammen bieten eine spezielle Beratung an, es gibt auch gezielte ambulante Unterstützung nach der Geburt. Nach der Geburt: Schlafentzug fördert Anfälle.
Epilepsie und Beruf
Menschen mit Epilepsie können aufgrund ihrer Erkrankung Schwierigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Das Epilepsiezentrum Hamburg bietet daher auch Beratung und Unterstützung bei der Berufswahl und -ausübung an.
Mögliche Einschränkungen
Je nach Art und Schwere der Anfälle kann es zu Einschränkungen bei der Ausübung bestimmter Berufe kommen. Dies betrifft insbesondere Tätigkeiten, die ein hohes Unfallrisiko bergen oder bei denen ein Anfall die Sicherheit anderer gefährden könnte.
Unterstützung bei der Berufswahl
Das Epilepsiezentrum Hamburg unterstützt Menschen mit Epilepsie bei der Berufswahl, indem es über mögliche Einschränkungen informiert und bei der Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen berät.
Weitere Angebote des Epilepsiezentrums
Neben der medizinischen Behandlung bietet das Epilepsiezentrum Hamburg eine Vielzahl weiterer Angebote, darunter:
- Kurse zur Verbesserung des Körpergefühls und zum Umgang mit der Krankheit (z.B. Yoga oder Boxen)
- Gesprächskreise auch mit Angehörigen
- Fachliche und rechtliche Informationen rund um das Thema Epilepsie
Umgang mit der Corona-Pandemie
Auch während der Corona-Pandemie ist das Epilepsiezentrum Hamburg für seine Patienten da. Es wurden spezielle Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit der Patienten und Mitarbeiter zu gewährleisten.
Impfung gegen das Corona-Virus
Grundsätzlich ist eine Impfung gegen das Corona-Virus für Menschen mit Epilepsie sehr sinnvoll. Der Wirkstoff ist sicher und wirksam. In seltenen Fällen kann es bei Menschen mit schweren Epilepsien als Impfreaktion eine Anfallshäufung bekommen. Deshalb werden sie vor der Impfung von einem Arzt oder einer Ärztin der Epilepsie-Spezialambulanz untersucht, die eng mit dem SIMI kooperiert und im gleichen Gebäude untergebracht ist.
Verhaltensmaßnahmen
Menschen mit Epilepsie sollten während der Corona-Pandemie besonders auf folgende Verhaltensmaßnahmen achten:
- Gründliche Händehygiene
- Abstand zu anderen Menschen halten („social-distancing“)
- Vermeidung von unnötigen Kontakten
- Bei Erkältungssymptomen telefonische Kontaktaufnahme mit dem behandelnden Arzt
Rezeptbestellung
Patienten der Epilepsieambulanz des Ev. Krankenhauses Alsterdorf können Rezepte für Epilepsie-Medikamente telefonisch bestellen und diese dann in der Apotheke abholen (lassen).
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