Ein Schlaganfall, auch Apoplex genannt, tritt meist plötzlich auf und stellt sowohl für Betroffene als auch für deren Umfeld eine unerwartete Situation dar. Die rasche Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Auswirkungen zu minimieren und Folgeschäden zu vermeiden. Neben bildgebenden Verfahren spielen Laborwerte eine wichtige Rolle bei der Diagnostik und Ursachenforschung. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Bedeutung von Laborwerten bei der Schlaganfalldiagnostik.
Erste Maßnahmen und Diagnostik bei Verdacht auf Schlaganfall
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist schnelles Handeln gefragt. Der Notarzt oder Rettungsdienst stellt die erste Versorgung sicher, indem Puls und Atmung stabilisiert werden. Zu den grundlegenden Messungen gehören Blutdruck, Herzfrequenz und Blutzucker. Die Anamnese, also die Befragung des Patienten und/oder der Angehörigen, ist ein wichtiger Schritt, um Informationen über die Krankengeschichte, Symptome und Risikofaktoren zu erhalten. Besonders wichtig ist die genaue Angabe des Zeitpunkts des Auftretens der ersten Symptome.
Im Krankenhaus erfolgt eine neurologische Untersuchung, um Art und Ausmaß der Schädigung des Gehirns festzustellen. Bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT) sind unerlässlich, um zwischen einem ischämischen Schlaganfall (Durchblutungsstörung) und einem hämorrhagischen Schlaganfall (Hirnblutung) zu unterscheiden. Ergänzend kann eine CT-Angiografie durchgeführt werden, um Verstopfungen der Hirngefäße zu erkennen. In manchen Fällen wird auch die Hirndurchblutung mittels CT-Perfusion untersucht. Eine Doppler-Sonografie der hirnversorgenden Blutgefäße gibt Aufschluss über den Zustand der Gefäße und mögliche Verengungen durch Arteriosklerose. Um Herzrhythmusstörungen festzustellen, wird ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt.
Die Rolle von Laboruntersuchungen in der Schlaganfalldiagnostik
Jedem Schlaganfall-Patienten wird Blut abgenommen und im Labor untersucht. Dabei werden verschiedene Parameter bestimmt, die wichtige Informationen für die Diagnose und Therapie liefern.
Blutbild
Im Blutbild werden die Konzentrationen der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten, Lymphozyten, Granulozyten) bestimmt. Auch die Blutplättchen (Thrombozyten) werden erfasst. Diese Werte geben Hinweise auf Entzündungen, Infektionen oder Störungen der Blutbildung.
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Blutgerinnung
Die Blutgerinnungswerte sind von besonderem Interesse, da Störungen in diesem System zur Bildung von Blutgerinnseln führen können, die einen Schlaganfall auslösen können. Untersucht werden unter anderem:
- Thrombozyten: Eine erhöhte Anzahl von Thrombozyten kann das Risiko für Thrombosen erhöhen.
- Gerinnungsfaktoren: Verschiedene Gerinnungsfaktoren spielen eine Rolle bei der Blutgerinnung. Abweichungen können auf eine erhöhte oder verminderte Gerinnungsneigung hindeuten.
Blutzucker
Die Messung des Blutzuckerspiegels ist wichtig, da sowohl Hypoglykämie (Unterzuckerung) als auch Hyperglykämie (Überzuckerung) Schlaganfall-ähnliche Symptome verursachen können. Zudem ist Diabetes ein wichtiger Risikofaktor für Schlaganfälle.
Elektrolyte
Kalium- und Natriumkonzentrationen werden gemessen, um Elektrolytstörungen zu erkennen. Diese können neurologische Symptome verursachen oder die Entstehung eines Schlaganfalls begünstigen.
Nierenwerte
Die Nierenwerte, insbesondere Harnstoff und Kreatinin, geben Aufschluss über die Nierenfunktion. Eine eingeschränkte Nierenfunktion kann das Risiko für Schlaganfälle erhöhen. In bestimmten Fällen kann auch Cystatin C bestimmt werden, um die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) genauer zu beurteilen. Bei Apoplex-Patienten kann trotz normaler Kreatininwerte eine eingeschränkte Nierenfunktion vorliegen.
Leberwerte
Die Leberwerte geben Hinweise auf den Zustand der Leber. Lebererkrankungen können die Blutgerinnung beeinflussen und somit das Schlaganfallrisiko erhöhen.
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Entzündungsmarker
Entzündungsmarker wie das C-reaktive Protein (CRP) können erhöht sein und auf eine Entzündung im Körper hinweisen. Entzündungen können eine Rolle bei der Entstehung von Arteriosklerose spielen, einem wichtigen Risikofaktor für Schlaganfälle.
Weitere spezielle Laboruntersuchungen
In bestimmten Fällen können weitere spezielle Laboruntersuchungen erforderlich sein, um die Ursache des Schlaganfalls zu ermitteln. Dazu gehören:
- Lipidprofil: Die Bestimmung von Cholesterin und Triglyceriden ist wichtig, da erhöhte Werte das Risiko für Arteriosklerose und somit für Schlaganfälle erhöhen. Nach einem gefäßbedingten ischämischen Schlaganfall gilt es, die Triglyzeridspiegel in Zaum zu halten.
- Autoantikörper: Bei Verdacht auf eine Vaskulitis (Gefäßentzündung) können Autoantikörper bestimmt werden.
- Gerinnungsdiagnostik: Bei Verdacht auf eine Gerinnungsstörung können spezielle Gerinnungstests durchgeführt werden, um die Ursache der Störung zu identifizieren.
- Trimethylamin-N-Oxid (TMAO): Haghikia A et al. zeigten, dass das Darmmikrobiota-abhängige Trimethylamin-N-Oxid (TMAO) das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit Schlaganfall vorhersagt und mit proinflammatorischen Monozyten in Verbindung steht.
Bildgebende Verfahren in der Schlaganfalldiagnostik
Bildgebende Verfahren sind essenziell, um die Diagnose Schlaganfall zu bestätigen und die Art des Schlaganfalls (ischämisch oder hämorrhagisch) zu bestimmen.
Computertomografie (CT)
Die CT ist oft die erste Wahl, da sie schnell durchgeführt werden kann und eine gute Übersicht über das Gehirn und die Blutgefäße liefert. Sie ermöglicht es, eine Hirnblutung schnell zu erkennen oder einen großen Gefäßverschluss festzustellen.
Magnetresonanztomografie (MRT)
Die MRT liefert detailliertere Bilder des Gehirns und kann auch kleine Infarkte oder Veränderungen der Blutgefäße besser darstellen. Allerdings ist die MRT zeitaufwendiger und teurer als die CT.
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Angiografie
Mit Hilfe der Angiografie können die Blutgefäße im Gehirn dargestellt werden. Es gibt verschiedene Verfahren, wie die konventionelle Angiografie, die CT-Angiografie (CTA) und die Magnetresonanz-Angiografie (MRA). Diese Untersuchungen helfen, Gefäßverengungen, Verschlüsse oder andere Gefäßanomalien zu erkennen.
Ultraschalluntersuchung (Doppler- und Duplexsonografie)
Die Ultraschalluntersuchung der Hals- und Nackenarterien zeigt, wie stark die Blutgefäße z.B. durch Arterienverkalkung eingeengt sind. Sie kann auch Hinweise auf den Ablösungsort eines Blutgerinnsels erbringen.
Echokardiografie
Die Echokardiografie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens. Sie erlaubt es, Veränderungen am Herzen festzustellen, die zur Bildung von Blutgerinnseln führen können, die einen Schlaganfall auslösen können.
Bedeutung der Ursachenforschung für die Therapie und Rehabilitation
Die genaue Ursachenforschung ist entscheidend, um die richtige Therapie einzuleiten und die Sekundärprophylaxe zu planen. Erst wenn die Ursache des Schlaganfalls bekannt ist, kann die Therapie und Rehabilitation optimal auf den Patienten abgestimmt werden.
Ischämischer Schlaganfall
Beim ischämischen Schlaganfall zielt die Akuttherapie darauf ab, das verschlossene Gefäß so schnell wie möglich wieder zu öffnen (Rekanalisation). Dies kann durch eine Thrombolyse (medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels) oder eine mechanische Thrombektomie (Entfernung des Blutgerinnsels mit einem Katheter) erfolgen. Bei akuten Verschlüssen der intrakraniellen A. carotis interna, der proximalen A. cerebri media und der A. basilaris kann auch eine intraarterielle Behandlung mit Plasminogenaktivatoren oder Urokinase und/oder mechanischer Thrombusextraktion erwogen werden. Nach der Akuttherapie ist die Sekundärprophylaxe wichtig, um weitere Schlaganfälle zu verhindern. Dazu gehören die Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Rauchen sowie die Einnahme von Medikamenten zur Blutverdünnung.
Hämorrhagischer Schlaganfall
Beim hämorrhagischen Schlaganfall steht die Stabilisierung des Patienten und die Kontrolle der Blutung im Vordergrund. In manchen Fällen ist eine Operation erforderlich, um das Blut aus dem Gehirn zu entfernen oder eine Gefäßmissbildung zu behandeln. Die Sekundärprophylaxe zielt darauf ab, weitere Blutungen zu verhindern.
Schnelltests und Risikoeinschätzung
Neben den umfassenden diagnostischen Maßnahmen gibt es auch einfache Schnelltests, die bei Verdacht auf einen Schlaganfall durchgeführt werden können. Der bekannteste ist der FAST-Test, bei dem auf folgende Symptome geachtet wird:
- Face (Gesicht): Hängt ein Mundwinkel herab?
- Arms (Arme): Kann der Patient beide Arme gleichmäßig heben?
- Speech (Sprache): Ist die Sprache verwaschen oder undeutlich?
- Time (Zeit): Wenn eines dieser Symptome auftritt, sofort den Notruf 112 wählen!
Zusätzlich gibt es Online-Risikotests, die helfen können, das individuelle Schlaganfallrisiko einzuschätzen. Diese Tests ersetzen jedoch keine ärztliche Untersuchung.
Differentialdiagnosen
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede neurologische Symptomatik auf einen Schlaganfall zurückzuführen ist. Es gibt verschiedene Differentialdiagnosen, die in Betracht gezogen werden müssen, wie z.B.:
- Hypoglykämie oder Hyperglykämie
- Epileptische Anfälle
- Hirntumoren
- Migräne
- Entzündliche Hirnerkrankungen
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