Meningokokken-Erkrankungen sind in Deutschland selten geworden, aber potenziell lebensbedrohlich. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat daher eine neue Impfempfehlung herausgegeben, um besonders gefährdete Altersgruppen besser zu schützen. Diese Empfehlung zielt darauf ab, Jugendliche und Säuglinge vor schweren Infektionen zu bewahren und die Verbreitung der Erreger in der Bevölkerung zu verringern.
Hintergrund: Meningokokken-Erkrankungen und ihre Risiken
Meningokokken sind Bakterien, die durch Tröpfcheninfektion, beispielsweise beim Husten oder Niesen, übertragen werden. Sie können schwere Erkrankungen wie Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Obwohl diese Erkrankungen in Deutschland selten sind, verlaufen sie oft schwerwiegend. Die Todesfallrate liegt zwischen 7 und 15 Prozent, und viele Überlebende leiden unter schweren Langzeitfolgen.
Unterschiedliche Serogruppen von Meningokokken (A, B, C, W, X und Y) verursachen invasive Erkrankungen, wobei ihre Häufigkeit weltweit variiert. In Deutschland werden die meisten Erkrankungen durch Meningokokken der Serogruppe B (etwa 62 Prozent) verursacht, gefolgt von den Serogruppen C, W und Y (jeweils 9 bis 16 Prozent). Andere Serogruppen treten hierzulande nur sehr selten auf.
Meningokokken können den Nasen-Rachen-Raum besiedeln und bei engem Kontakt, etwa durch Speichel oder Nasensekret, übertragen werden. Da Meningokokken außerhalb des Körpers schnell absterben, ist eine Ansteckung ohne engen Kontakt unwahrscheinlich.
Meningokokken-Erkrankungen können in jedem Alter auftreten, besonders häufig sind jedoch Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr sowie Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren betroffen. Eine Ansteckung kann zu einer Entzündung der Hirnhäute (Meningokokken-Meningitis) oder einer bakteriellen Blutvergiftung (Meningokokken-Sepsis) führen, wobei in manchen Fällen beide Erkrankungen gleichzeitig auftreten.
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Die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung beträgt in der Regel 3 bis 4 Tage, kann aber auch zwischen 2 und 10 Tagen liegen. Zunächst treten grippeähnliche Symptome auf, gefolgt von plötzlichen Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel. Hautveränderungen, Erbrechen und Nackensteifigkeit können ebenfalls auftreten. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome oft schwieriger zu deuten, können aber Fieber, schrilles Schreien, Reizbarkeit oder Schläfrigkeit umfassen.
Bei Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung ist sofortige ärztliche Hilfe erforderlich. Eine Meningokokken-Meningitis kann zu Komplikationen wie Krampfanfällen, Taubheit und Entwicklungsstörungen führen, während eine Sepsis Gewebeschädigungen bis hin zum Organversagen verursachen kann.
Neue STIKO-Empfehlung für Jugendliche
Die STIKO empfiehlt nun eine einmalige Impfung gegen Meningokokken der Untergruppen A, C, W und Y für Kinder bzw. Jugendliche im Alter von zwölf bis 14 Jahren. Der Impfzeitpunkt ist so gewählt, dass Jugendliche geimpft werden, bevor sie in das Risikoalter kommen. Nachholimpfungen sind bis zum 25. Lebensjahr möglich.
Ziel dieser Empfehlung ist es, die Altersgruppe mit dem höchsten Erkrankungsrisiko zu schützen und die Verbreitung der Erreger in der gesamten Bevölkerung nachhaltig zu verringern. Laut epidemiologischen Daten weisen Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren das höchste Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen dieser Untergruppen auf. Die Inzidenz liegt bei 0,27 Fällen pro 100.000, was durchschnittlich elf Fällen pro Jahr entspricht.
Die Impfung gegen Meningokokken der vier Untergruppen ist mit einer Kombi-Dosis möglich und kann im Rahmen der routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen (J1) verabreicht werden. Wer älter ist, kann eine Nachholimpfung bis zum 25. Geburtstag erhalten.
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Anpassung der Impfempfehlungen für Kleinkinder
Die neue Empfehlung der Impfkommission führt zu Anpassungen der Impfempfehlungen für Kleinkinder. Bisher gehörte der Schutz vor Meningokokken der Untergruppe C zu den Standardimpfungen für Kleinkinder ab dem zweiten Lebensjahr. Da die Zahl invasiver Erkrankungen durch Serogruppe C in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich gesunken ist, entfällt diese Empfehlung nun. Kinder, die diese Impfung bereits erhalten haben, sollen als Jugendliche noch einmal geimpft werden.
Insbesondere Infektionen mit Meningokokken der Serogruppe C seien in den vergangenen Jahren extrem selten geworden, erläutert Stiko-Mitglied Alexander Dalpke vom Universitätsklinikum Heidelberg. Da aktuell nur noch Einzelfälle beobachtet werden, werde der Nutzen einer Impfung im Kleinkindalter nach vollendetem erstem Lebensjahr als sehr gering eingeschätzt.
Bestehende Empfehlung für Säuglinge gegen Meningokokken B
Bestehen bleibt die Empfehlung, Säuglinge ab einem Alter von zwei Monaten gegen Meningokokken B zu schützen. Sie sind am häufigsten von Infektionen dieser Untergruppe betroffen. Daher gehört der Schutz davor seit 2024 zu den Standardimpfungen von Säuglingen. Die Impfdosen sollten im Alter von 2, 4 und 12 Monaten verabreicht werden. Versäumte Impfungen sollen bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat eine entsprechende Empfehlung der STIKO vom Januar 2024 umgesetzt. Die neue Impfempfehlung basiert auf weiteren wissenschaftlichen Ergebnissen zur Impfeffektivität und Schutzdauer.
Verfügbarkeit und Kostenübernahme
Nach Einschätzung von Kinder- und Jugendärztin Julia Tabatabai, Mitglied der Ständigen Impfkommission, wird es noch einige Monate dauern, bis Arztpraxen die Vierfach-Impfung gegen Meningokokken A, C, W und Y anbieten und über die Krankenkassen abrechnen können. So müsse unter anderem noch die Kostenübernahme mit den Krankenkassen geregelt werden. Danach könne die Impfung im Rahmen der routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen (J1) verabreicht werden.
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Die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B ist bereits eine reguläre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung für Säuglinge.
Weitere Informationen und Empfehlungen
Die STIKO empfiehlt allen Säuglingen ab dem Alter von zwei Monaten die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B (MenB). Versäumte Impfungen gegen Meningokokken B sollen bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.
Personen aller Altersgruppen, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Meningokokken-Erkrankung besteht, wird die Impfung mit einem Meningokokken-Kombinationsimpfstoff gegen die Serogruppen A, C, W und Y empfohlen. Außerdem sollten sie gegen Meningokokken B geimpft werden, wenn dies im Säuglings- oder Kleinkindalter noch nicht erfolgt ist. Zu den Risikogruppen zählen Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (zum Beispiel bei fehlender Milz) sowie gefährdetes Laborpersonal.
Ungeimpfte Haushaltsmitglieder von Erkrankten sowie Personen mit engem haushaltsähnlichem Kontakt sollten sich (zusätzlich zur Gabe von Antibiotika) so bald wie möglich impfen lassen, falls die Infektion beim Erkrankten durch Meningokokken A, C, W, Y oder B verursacht wurde.
Bei gehäuftem Auftreten von Meningokokken-Erkrankungen oder Ausbrüchen können von den Gesundheitsbehörden Impfungen für Personen im Umfeld empfohlen werden.
Darüber hinaus können Impfungen gegen Meningokokken ACWY und/oder Meningokokken B als Reiseimpfungen sinnvoll sein.
Mögliche Impfreaktionen und Nebenwirkungen
Die Impfung ist in der Regel gut verträglich. Wie bei jeder Impfung können jedoch Nebenwirkungen auftreten, die je nach verwendetem Impfstoff etwas verschieden und unterschiedlich häufig sind. Durch die Anregung der körpereigenen Abwehr können für kurze Zeit vorübergehende Impfreaktionen auftreten, die in der Regel nach wenigen Tagen ohne Folgen wieder abklingen. Dazu zählen Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie allgemeines Unwohlsein. Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. Beispielsweise kann es bei Säuglingen und jungen Kleinkindern zu einem Fieberkrampf kommen, der in der Regel jedoch ohne Folgen bleibt. Auch allergische Reaktionen sind möglich.
Bei Fragen rund um die Impfung sollte man sich an die Arztpraxis wenden. Die Ärztin oder der Arzt wird vor der Impfung über Nutzen und mögliche Risiken aufklären.
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