Mimik und Chorea Huntington: Ursachen, Symptome und Behandlung

Die Huntington-Krankheit (HD), auch bekannt als Chorea Huntington oder Veitstanz, ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte neurodegenerative Erkrankung, die durch unwillkürliche Bewegungen (Chorea), kognitive Beeinträchtigungen und psychiatrische Symptome gekennzeichnet ist. Die Erkrankung wird durch eine Mutation im Huntingtin-Gen (HTT) verursacht, die zu einer verlängerten CAG-Wiederholungssequenz führt.

Was ist Chorea?

Chorea äußert sich in Form von unwillkürlichen, abrupt einschießenden, nicht-repetitiven Hyperkinesen, die distal betont am ganzen Körper auftreten.

Ursachen und Häufigkeit der Huntington-Krankheit

Die Huntington-Krankheit ist eine seltene Erkrankung, deren Häufigkeit regional stark variiert. Bei Kaukasiern liegt die Prävalenz bei 5-10 pro 100.000 Einwohner. In Deutschland sind schätzungsweise 8000 Patienten betroffen. Die Erkrankung tritt in Japan sehr selten auf (4 auf 1 Mio. Einwohner), während in bestimmten isolierten Regionen, wie z. B. in Venezuela am Maracaibo-See, sehr hohe Prävalenzen (700 auf 100.000 Einwohner) beschrieben sind.

Die Huntington-Krankheit wird autosomal-dominant vererbt, was bedeutet, dass bereits eine Kopie des mutierten Gens ausreicht, um die Krankheit auszulösen. Das verantwortliche Gen befindet sich auf dem kurzen Arm von Chromosom 4 (4p16.3) und kodiert für das Protein Huntingtin (Htt), dessen genaue Funktion noch nicht vollständig geklärt ist.

Das Gen enthält eine variable Anzahl der Trinukleotidsequenz CAG (Cytosin-Adenin-Guanidin), die für die Aminosäure Glutamin kodiert. In der Normalbevölkerung treten ≤26 solcher CAG-Wiederholungen auf, während bei Patienten mit Huntington-Krankheit die Anzahl dieser Wiederholungen pathologisch erhöht ist. Wiederholungsraten von ≥40 führen mit voller Penetranz zur Erkrankung, während 36-39 Wiederholungen nur mit reduzierter Penetranz auftreten. Eine CAG-Wiederholungsrate von 27-35 wird als "hochnormal" bezeichnet.

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Die CAG-Wiederholungsrate ist in den Gameten instabil und wird variabel auf die nachfolgende Generation vererbt. Bei der Vererbung von der Mutter bleibt die Wiederholungsrate im Mittel unverändert, während es bei der Vererbung vom Vater zu einer Zunahme der Wiederholungsrate ("Antizipation") kommt. Da eine inverse Korrelation zwischen CAG-Wiederholungsrate und Erkrankungsalter besteht, bleibt das mittlere Erkrankungsalter der Nachkommen bei der Vererbung von der Mutter unverändert, während bei der Vererbung vom Vater die Erkrankung im Mittel um einige Jahre früher auftritt.

Symptome der Huntington-Krankheit

Die ersten Symptome der Huntington-Krankheit zeigen sich meist im Alter von 30-50 Jahren, wobei die Erstmanifestation zwischen dem 2. und 85. Lebensjahr variieren kann. Bei etwa 10 % der Patienten beginnt die Erkrankung vor dem 20. Lebensjahr (juvenile Form). Die Patienten sterben im Mittel 17-20 Jahre nach dem Erkrankungsbeginn in einem Alter von durchschnittlich 55 Jahren.

Die Huntington-Krankheit manifestiert sich durch eine Trias von Symptomen:

  • Choreatische Hyperkinese: Unwillkürliche, unkontrollierbare Bewegungen (Chorea), die sich durch ruckartige, unregelmäßige Bewegungen der Gliedmaßen, des Rumpfes und des Gesichts äußern. Die Mimik kann verzerrt sein und an Grimassieren erinnern (orofaziale Hyperkinese).
  • Demenz: Kognitive Beeinträchtigungen, die sich in Gedächtnisproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten, verminderter Urteilsfähigkeit und Desorientierung äußern.
  • Psychische Veränderungen: Verhaltensauffälligkeiten, wie z. B. Reizbarkeit, Aggressivität, Depressionen, Angstzustände, Zwangsstörungen und psychotische Symptome.

Neurologische und körperliche Symptome

Die unwillkürlichen Bewegungen der Chorea Huntington sind schnell, eckig und repetitiv. Anfangs können sie an harmlose Tics erinnern, wie z. B. Augenzwinkern, Mundverzerren, Kopfdrehungen oder Fingerbewegungen. Im weiteren Verlauf entwickeln sich daraus choreatische Hyperkinesen, die den gesamten Körper durchziehen können und sich bei Erregung oder Nervosität verstärken.

Weitere neurologische Symptome sind:

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  • Dysarthrie: Sprachstörungen, die durch die unkontrollierten Bewegungen der Gesichts- und Atemmuskulatur verursacht werden.
  • Dysphagie: Schluckstörungen, die zu Aspiration und Mangelernährung führen können.
  • Gangstörungen: Ein schwankender, unsicherer Gang, der an das Gangbild eines Betrunkenen erinnert und oft zu Stürzen führt.
  • Vermindertes Schmerzempfinden: Kann zu Verletzungen führen, da Betroffene Hitze und Schmerz nicht richtig wahrnehmen.

Psychische Symptome und Verhaltensstörungen

Psychische Symptome und Verhaltensstörungen sind häufige Begleiterscheinungen der Huntington-Krankheit und können die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen erheblich beeinträchtigen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Depressionen: Anhaltende Traurigkeit, Interessenverlust, Müdigkeit und Schlafstörungen.
  • Angstzustände: Übermäßige Sorgen, Nervosität und Panikattacken.
  • Reizbarkeit und Aggressivität: Unkontrollierte Wutausbrüche und aggressives Verhalten.
  • Zwangsstörungen: Wiederholte, unerwünschte Gedanken und Handlungen.
  • Psychosen: Realitätsverlust, Halluzinationen und Wahnvorstellungen.
  • Enthemmung: Unangemessenes Verhalten und Verlust sozialer Hemmungen.
  • Apathie: Teilnahmslosigkeit und Desinteresse an der Umwelt.
  • Suizidgedanken: Gedanken an Selbstmord.

Kognitive Symptome

Die Huntington-Krankheit führt zu einem fortschreitenden Verlust der kognitiven Fähigkeiten, der sich in folgenden Symptomen äußern kann:

  • Konzentrationsschwierigkeiten: Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe zu richten und aufrechtzuerhalten.
  • Gedächtnisprobleme: Schwierigkeiten, sich an neue Informationen zu erinnern und alte Informationen abzurufen.
  • Verminderte Urteilsfähigkeit: Schwierigkeiten, rationale Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen des eigenen Handelns einzuschätzen.
  • Planungsschwierigkeiten: Schwierigkeiten, Aufgaben zu planen und zu organisieren.
  • Verlangsamte Informationsverarbeitung: Schwierigkeiten, Informationen schnell zu verarbeiten und zu verstehen.
  • Exekutive Dysfunktion: Schwierigkeiten, komplexe Aufgaben zu planen, zu organisieren und auszuführen.

Juvenile Form (Westphal-Variante)

Die juvenile Form der Huntington-Krankheit beginnt vor dem 20. Lebensjahr und ist durch einen schnelleren Krankheitsverlauf und eine andere Symptomatik gekennzeichnet. Anstelle der choreatischen Bewegungen kommt es zu einer zunehmenden Versteifung der Extremitäten, Mutismus und Krampfanfällen.

Späte Form

Die späte Form der Huntington-Krankheit beginnt nach dem 60. Lebensjahr und verläuft in der Regel langsamer und milder als die anderen Formen.

Diagnose der Huntington-Krankheit

Die Diagnose der Huntington-Krankheit basiert auf einer Kombination aus:

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  • Klinischer Untersuchung: Beurteilung der neurologischen und psychischen Symptome.
  • Familienanamnese: Erhebung der Krankengeschichte der Familie, um das Vorliegen von Huntington-Krankheit in der Familie festzustellen.
  • Gentest: Nachweis der CAG-Expansion im HTT-Gen.
  • Bildgebende Verfahren: MRT und CT des Gehirns, um Atrophie des Striatum und kortikale Veränderungen festzustellen.
  • Neurophysiologische Tests: EEG, um Hirnaktivität zu messen.

Pathophysiologie der Huntington-Krankheit

Neuropathologisch beginnt die Erkrankung mit einer Atrophie des Striatum. Während die großen Acetylcholin, Somatostatin und Neuropeptid Y enthaltenden Interneurone erhalten bleiben, degenerieren die mittelgroßen, fortsatzreichen („spiny“) inhibitorischen GABAergen Projektionsneurone zum Globus pallidus externus (GPE). Gemäß dem Modell von Albin et al. (1989) bewirkt ihr Untergang indirekt über den Nucleus subthalamicus eine verminderte Aktivität in den Ausgangsstrukturen der Basalganglien, Substantia nigra pars reticulata (SNR) und Globus pallidus internus (GPI). Die resultierende gesteigerte thalamokortikale Erregung wird als Ursache der Chorea angenommen. Die im Krankheitsverlauf degenerierenden direkt zum GPI projizierenden striatalen Efferenzen rufen eine gesteigerte Erregung dieser Ausgangsstruktur hervor. Die in späteren Krankheitsstadien auftretende Rigidität, Akinese und Dystonie wird auf die daraus resultierende verminderte thalamokortikale Erregung zurückgeführt.

Therapie der Huntington-Krankheit

Bisher gibt es keine kurative Therapie für die Huntington-Krankheit. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

  • Hyperkinesen: Neuroleptika (z. B. Tiaprid, Haloperidol, Sulpirid), Tetrabenazin, Aripiprazol, Olanzapin, Risperidon, Quetiapin, Zotepin, Ziprasidon.
  • Psychische Symptome: Antidepressiva (z. B. SSRI, Mirtazapin), Stimmungsstabilisierer (z. B. Carbamazepin, Valproat, Lamotrigin), Neuroleptika (z. B. Olanzapin, Quetiapin, Risperidon).
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Cholinesterasehemmer (z. B. Rivastigmin).

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Physiotherapie: Verbesserung der motorischen Fähigkeiten und Koordination.
  • Ergotherapie: Anpassung des Wohnumfeldes und Hilfsmittel zur Erleichterung des Alltags.
  • Logopädie: Verbesserung der Sprach- und Schluckfunktion.
  • Psychotherapie: Unterstützung bei der Bewältigung der psychischen Belastung durch die Erkrankung.
  • Ernährungsberatung: Sicherstellung einer ausreichenden Kalorienzufuhr und Anpassung der Ernährung an die Schluckbeschwerden.

Weitere Behandlungsansätze

  • Tiefe Hirnstimulation: Experimentelle Therapie zur Linderung der motorischen Symptome.
  • Gentherapie: Ansätze zur Korrektur des Gendefekts.
  • Stammzelltherapie: Ansätze zur Regeneration von Nervenzellen im Gehirn.

Experimentelle Therapie

Seit 2015 wurden insgesamt 46 Patienten mit einem experimentellen Medikament (Ionis-HTTRx) behandelt. Die Resultate der neuartigen Therapie sind besser als alles, was man sich erhofft hat. Zum ersten Mal besteht die Möglichkeit, dass wir eine Therapie haben, die die Huntington-Krankheit verzögert oder sogar verhindert.

Leben mit der Huntington-Krankheit

Die Huntington-Krankheit ist eine fortschreitende Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigt. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt verschiedene Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die Unterstützung und Informationen anbieten.

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