Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die das zentrale Nervensystem betrifft. Obwohl es keine Heilung gibt, können verschiedene Therapieansätze die Symptome lindern und die Lebensqualität verbessern. Ein wichtiger Aspekt im Management von Parkinson-Patienten ist die Berücksichtigung der Narkoserisiken bei operativen Eingriffen.
Was ist Morbus Parkinson?
Morbus Parkinson ist gekennzeichnet durch den Verlust von Dopamin produzierenden Nervenzellen im Gehirn. Dopamin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Der Mangel an Dopamin führt zu den typischen motorischen Symptomen der Krankheit, wie Zittern, Muskelsteifheit (Rigor), Bewegungsverlangsamung (Bradykinese) und Haltungsinstabilität.
Frühsymptome und Diagnose
Oftmals gehen unspezifische Frühsymptome den typischen motorischen Symptomen voraus. Dazu gehören:
- REM-Schlafverhaltensstörung: Ausleben von Träumen im Schlaf aufgrund fehlender Muskelerschlaffung.
- Riechstörung: Verminderte oder fehlende Fähigkeit, Gerüche wahrzunehmen.
Die Diagnose wird in der Regel anhand der motorischen Symptome gestellt, wie z.B. Zittern, Muskelsteifheit, Bewegungsverlangsamung oder reduziertes Mitschwingen eines Arms beim Gehen.
Krankheitsverlauf und Stadien
Der Verlauf von Morbus Parkinson ist individuell unterschiedlich. Im Allgemeinen lassen sich jedoch drei Stadien unterscheiden:
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- Frühstadium: Die Therapie führt in der Regel zu einer deutlichen Verbesserung der Motorik.
- Mittleres Stadium: Die Wirkdauer der Parkinson-Medikamente verkürzt sich, und es treten sogenannte "Off-Phasen" auf, in denen sich die Symptome vor der nächsten Medikamenteneinnahme verschlechtern. In der Phase der besten Wirkung der Parkinson-Medikamente entwickeln viele Patienten Überbewegungen, die sogenannten Dyskinesien. Diese Kombination aus verkürzter Wirkdauer, die Wirkungsschwankungen auslöst, und auf der anderen Seite abnormen Überbewegungen in der Phase guter Beweglichkeit, das bezeichnet man als motorische Komplikationen.
- Fortgeschrittenes Stadium: Symptome, die auf die Parkinson-Medikamente nicht mehr so gut ansprechen, gewinnen die Oberhand. Dazu gehören motorische Symptome wie eine stärker vorgebeugte Haltung, Gehblockaden, Haltungsinstabilität, Sprech- und Schluckstörungen, aber auch nicht-motorische Symptome wie geistige Veränderungen.
Eine rasche Verschlechterung ist ungewöhnlich und deutet entweder auf eine atypische Parkinson-Krankheit oder eine Begleiterkrankung hin.
Bildgebende Verfahren in der Diagnostik
Bildgebende Verfahren spielen eine wichtige Rolle in der Diagnostik, insbesondere zu Beginn der Erkrankung. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns wird durchgeführt, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen und atypische Parkinson-Syndrome zu erkennen. Im späteren Verlauf kann eine erneute Bildgebung sinnvoll sein, wenn der Patient nicht gut auf die Medikamente anspricht.
Ein Dopa-Test kann vor einer Parkinson-Operation durchgeführt werden, um das Ansprechen auf L-Dopa zu überprüfen. Dabei wird die Morgenmedikation weggelassen, und der Patient erhält eine höhere Dosis L-Dopa. Ergänzend kann ein Apomorphin-Test durchgeführt werden, bei dem Apomorphin subkutan verabreicht wird, um die Wirkung auf die Symptome zu beurteilen.
Narkoserisiken bei Morbus Parkinson
Bei Parkinson-Patienten, die sich einer Operation unterziehen müssen, bestehen besondere Narkoserisiken, die berücksichtigt werden müssen, um Komplikationen zu vermeiden.
Medikamenteninteraktionen
Ein großes Problem sind die Wechselwirkungen zwischen Narkosemitteln und Parkinson-Medikamenten. Einige Narkosemittel können die Parkinson-Symptomatik verstärken oder die Wirkung der Parkinson-Medikamente beeinflussen. Hochpotente Opioide, die zur Schmerzausschaltung während der Operation eingesetzt werden, können beispielsweise die Muskulatur zusätzlich versteifen.
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Es ist wichtig, dass die Parkinson-Medikamente möglichst bis kurz vor Einleitung der Narkose eingenommen werden und während des gesamten Eingriffs wirken, um Komplikationen wie Muskelsteifheit oder Atemnot zu vermeiden.
Speichelfluss und Schluckprobleme
Parkinson-Patienten haben oft vermehrte Speichelbildung und Schluckprobleme, was während der Narkose zu Aspiration und Atemnot führen kann.
Durchgangssyndrom
Nach einer Narkose besteht bei Parkinson-Patienten das Risiko eines Durchgangssyndroms (Delir). Dies kann durch eine unterbrochene Tabletteneinnahme, eine ungenügende Darmfunktion oder eine schlechte Kreislaufsituation bedingt sein. Im ungünstigsten Fall ist der Patient nach der Operation bei vollem Bewusstsein, aber nicht in der Lage, seine Umgebung adäquat wahrzunehmen.
Kontraindizierte Medikamente
Alle Dopamin-Antagonisten, die u.a. von PONV eingesetzt werden (Haloperidol, Metoclopramid), sind kontraindiziert, da sie eine akinetischen Krise kommen oder ein malignes neuroleptisches Syndrom auslösen können.
Lokalanästhesie
Bei Patienten mit Morbus Parkinson und einer Therapie mit L-Dopa besteht eine besondere Empfindlichkeit des Herzmuskels gegenüber Adrenalin. Aus diesem Grund sollte auf Mittel mit einem Adrenalin-Zusatz verzichtet werden. Viele Patienten werden zudem mit einem COMT-Hemmer (Entacapon, Tolcapon, Opicapon) behandelt. Da Adrenalin ebenfalls über dieses Enzym abgebaut wird, kann die Adrenalinkonzentration im Blut steigen.
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Perioperatives Management
Ein sorgfältiges perioperatives Management ist entscheidend, um die Narkoserisiken bei Parkinson-Patienten zu minimieren.
Präoperative Vorbereitung
- Neurologische Konsultation: Eine enge Abstimmung zwischen Anästhesisten und Neurologen ist unerlässlich.
- Medikamentenplan: Erstellung eines detaillierten Medikamentenplans, der die Einnahmezeiten und Dosierungen der Parkinson-Medikamente berücksichtigt.
- Letzte Einnahme vor OP: Die letzte Einnahme der Parkinson-Medikamente sollte mit wenig Wasser am Morgen vor der OP erfolgen.
- MAO-B-Hemmer: Wenn die Operation nicht notfallmäßig erfolgt, sondern geplant werden kann, sollten MAO-B-Hemmer (Rasagilin, Selegilin) 14 Tage vor der Operation abgesetzt werden.
- Information des Patienten: Der Patient sollte über die Risiken der Narkose und die Bedeutung der Medikamenteneinnahme aufgeklärt werden.
Intraoperative Maßnahmen
- Kontinuierliche Medikamentengabe: Sicherstellung einer kontinuierlichen Wirkung der Parkinson-Medikamente während des gesamten Eingriffs.
- Vermeidung kontraindizierter Medikamente: Vermeidung von Medikamenten, die die Parkinson-Symptomatik verstärken oder mit den Parkinson-Medikamenten interagieren können.
- Atemwegsmanagement: Sorgfältiges Atemwegsmanagement zur Vermeidung von Aspiration und Atemnot.
- Blutdruckkontrolle: Engmaschige Überwachung des Blutdrucks, da einige Narkosemittel den Blutdruck senken können.
Postoperative Betreuung
- Frühzeitige Medikamenteneinnahme: Unmittelbar postoperative Einnahme der Parkinson-Medikamente.
- Überwachung: Strenge Überwachung der Einhaltung der Einnahmeintervalle und der Trinkmenge.
- Mobilisierung: Frühzeitige Mobilisierung und Atemübungen zur Förderung der Erholung.
- Delir-Management: Achten auf ein Delir und die Einleitung geeigneter Maßnahmen.
- Begleitung: Die Begleitung des Patienten durch die Familie in den ersten postoperativen Tagen kann hilfreich sein, um die regelmäßige Einnahme der Medikation und eine ausreichende Trinkmenge sicherzustellen.
Tiefe Hirnstimulation (THS)
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist eine operative Behandlungsmöglichkeit für Parkinson-Patienten, bei denen die Medikamente nicht mehr ausreichend wirken. Dabei werden Elektroden in bestimmte Hirnareale implantiert, die elektrische Impulse abgeben und so die Parkinson-Symptome lindern können.
Voraussetzungen und Ablauf
Die THS eignet sich nur für bestimmte Patienten mit fortgeschrittenem Parkinson, bei denen die Beschwerden trotz Medikamente sehr belastend sind. Vor dem Eingriff sind verschiedene Untersuchungen erforderlich, um die Eignung des Patienten zu prüfen.
Die Operation erfolgt in zwei Schritten. Zunächst werden die Elektroden in das Gehirn eingeführt. Kurz bevor die Elektrode den Zielort erreicht, wird die Narkose beendet, sodass man aufwacht und mit den Ärztinnen und Ärzten sprechen kann. Dies ist wichtig, weil die Wirkung der Elektroden getestet werden muss. Dazu werden Testimpulse gegeben und die Ärztin oder der Arzt überprüft, ob sich die Beschwerden dadurch bessern. Testimpulse können auch Nebenwirkungen auslösen wie Sprechstörungen, Muskelkrämpfe oder Kribbeln an den Händen. In einem zweiten Schritt wird der Schrittmacher unter Vollnarkose unter die Haut implantiert.
Risiken und Nebenwirkungen
Wie bei jedem operativen Eingriff gibt es auch bei der THS Risiken und Nebenwirkungen. Dazu gehören Hirnblutungen, Infektionen, Verrutschen der Elektroden, Aussetzen des Schrittmachers, Verhaltensänderungen, Stimmungsschwankungen und Bewegungsprobleme.
Nachsorge
Nach der Operation ist eine Reha-Klinik erforderlich, in der die Einstellungen des Hirnschrittmachers angepasst und die Medikamente neu eingestellt werden. Regelmäßige Nachuntersuchungen sind wichtig, um die Funktion des Geräts zu überprüfen und die Therapie zu optimieren.
Medikamentöse Therapie bei Morbus Parkinson
Die medikamentöse Therapie spielt eine zentrale Rolle bei der Behandlung von Morbus Parkinson. Ziel ist es, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen und die Symptome zu lindern.
L-Dopa
L-Dopa ist der Goldstandard in der Parkinson-Therapie. Es wird im Gehirn in Dopamin umgewandelt und gleicht so den Dopaminmangel aus. L-Dopa wird in der Regel in Kombination mit einem Decarboxylasehemmer (Benserazid oder Carbidopa) verabreicht, um zu verhindern, dass L-Dopa bereits im Körper abgebaut wird, bevor es ins Gehirn gelangt.
Dopaminagonisten
Dopaminagonisten sind Medikamente, die an den Dopaminrezeptoren im Gehirn binden und diese aktivieren. Sie wirken ähnlich wie Dopamin und können die Symptome lindern.
MAO-B-Hemmer
MAO-B-Hemmer verhindern den Abbau von Dopamin im Gehirn und erhöhen so die Dopaminkonzentration.
COMT-Hemmer
COMT-Hemmer verhindern den Abbau von L-Dopa im Körper und verlängern so die Wirkdauer von L-Dopa.
Weitere Medikamente
Weitere Medikamente, die bei Morbus Parkinson eingesetzt werden können, sind Amantadin und Anticholinergika.
Wichtige Hinweise zur Medikamenteneinnahme
- Einnahmezeiten: Die Medikamente sollten regelmäßig und zu den vom Arzt vorgegebenen Zeiten eingenommen werden.
- Nüchterne Einnahme: L-Dopa sollte mindestens 30 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen werden, um eine optimale Aufnahme zu gewährleisten.
- Wechselwirkungen: Es ist wichtig, den Arzt über alle eingenommenen Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel zu informieren, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden.
- Compliance: Eine gute Compliance, d.h. die Einhaltung der Medikamenteneinnahme, ist entscheidend für den Therapieerfolg.
Nicht-medikamentöse Therapie
Neben der medikamentösen Therapie spielen nicht-medikamentöse Maßnahmen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Morbus Parkinson.
Bewegungstherapie
Bewegung ist ein wichtiger Bestandteil der Parkinson-Therapie. Regelmäßige Bewegung kann die Symptome lindern, die Beweglichkeit verbessern und die Lebensqualität steigern.
Physiotherapie
Die Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft, die Koordination und das Gleichgewicht zu verbessern.
Ergotherapie
Die Ergotherapie kann helfen, Alltagstätigkeiten zu erleichtern und die Selbstständigkeit zu erhalten.
Logopädie
Die Logopädie kann helfen, Sprech- und Schluckstörungen zu behandeln.
Psychotherapie
Die Psychotherapie kann helfen, mit den psychischen Belastungen der Krankheit umzugehen.