Die Morton-Neuralgie, auch bekannt als Morton-Neurom oder Morton-Metatarsalgie, ist eine schmerzhafte Erkrankung des Fußes, die durch die Verdickung einer Nervenhülle im Mittelfuß verursacht wird. Diese Verdickung übt Druck auf den Nerv aus, was zu Schmerzen führt, die meistens zwischen der dritten und vierten Zehe auftreten. Die Erkrankung wurde nach dem US-amerikanischen Chirurgen Thomas G. Morton (1835-1903) benannt.
Anatomie und Funktion des Fußes
Um die Morton-Neuralgie besser zu verstehen, ist es wichtig, die Anatomie des Fußes zu kennen:
- Mittelfuß: Der Mittelfuß besteht aus fünf Mittelfußknochen, die den Vorfuß mit den fünf Zehen verbinden. Die große Zehe wird als erste Zehe bezeichnet, die kleine Zehe als fünfte. Insgesamt bestehen die Füße aus jeweils 28 Knochen, einschließlich der Sesambeine.
- Mittelfußnerven: Die Mittelfußnerven, auch Interdigitalnerven genannt, sind Nervenäste, die zwischen den Mittelfußknochen an der Fußsohle bis in die Zehen und Zehenzwischenräume verlaufen. Auf Höhe der Mittelfußknochen teilen sich diese Nerven in die Interdigitalnerven auf.
- Ligamentum intermetatarsale: Die Mittelfußknochenköpfchen sind durch ein Band, das Ligamentum intermetatarsale, verbunden.
- Fußsohle: Die Fußsohle ist die Unterseite des Fußes und dient als Fettpolster, das Stöße dämpfen kann. Zwischen den Muskeln und der Haut spannt sich die Plantaraponeurose (Plantarfaszie) aus Bindegewebe, die das Längsgewölbe im Fuß stabilisiert und mit der Haut der Fußsohle verwachsen ist, was einen sicheren Stand ermöglicht.
- Fußrücken: Die Oberseite des Mittelfußes wird als Fußrücken bezeichnet.
- Fußgewölbe: Jeder Fuß hat ein Längsgewölbe (von vorne nach hinten) und ein Quergewölbe (quer zum Längsgewölbe auf Höhe der Mittelfußknochen). Diese Gewölbe werden von Sehnen, Bändern und Muskeln gebildet, die an den Fußknochen ansetzen.
Ursachen der Morton-Neuralgie
Die Morton-Neuralgie ist eine Reaktion auf eine permanente Reizung der Nerven, weil diese dauerhaft zusammengedrückt werden (Kompression). Die Hauptursache ist ein Neurom, das durch übermäßige Belastung entsteht. Chronische mechanische Reize, wie sie beim Laufen auftreten, können eine falsche Belastung verursachen. Auch einseitige Belastungen können dazu führen, dass Muskeln und Faszien hohe Spannungen aufbauen.
Weitere Risikofaktoren sind:
- Spreizfuß: Die Morton-Neuralgie ist eine typische Komplikation des Spreizfußes, der häufig bei Frauen auftritt. Durch die Spreizfußfehlstellung sind die Mittelfußknochen verlagert und zeigen fächerförmig nach außen. Dies führt zu einem stärkeren Druck auf die an der Fußsohle verlaufenden Nerven bei der Abrollbewegung.
- Hallux valgus: Ein Hallux valgus (Ballenzeh) kann ebenfalls zur Entstehung eines Morton-Neuroms beitragen.
- Enges Schuhwerk: Das Tragen von zu engen Schuhen oder Schuhen mit hohen Absätzen kann den Vorfuß zusätzlich komprimieren und die Nerven reizen.
- Bindegewebsschwäche: Eine Bindegewebsschwäche kann die Entstehung eines Spreizfußes begünstigen.
- Überlastung: Starke Belastung, z. B. durch Laufsport, kann ebenfalls ein Risikofaktor sein.
Symptome der Morton-Neuralgie
Die Symptome bei einem Morton-Neurom können unterschiedlich ausfallen, sind aber oft nicht klar einzuordnen. Typisch sind:
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- Brennende oder stechende Schmerzen im Mittelfuß und in den Zehen, die plötzlich einschießen.
- Mittelfußschmerzen und Vorfußschmerzen.
- Belastungsschmerzen.
- Taubheitsgefühl im Fuß und in den Zehen.
- Kribbeln oder Fremdkörpergefühle.
- Das Gefühl, einen Stein im Schuh zu haben.
- Zunahme der Beschwerden bei Fortschreiten der Krankheit.
- Der Fuß wird vorne breiter.
Die Schmerzen treten häufig beim Tragen von Schuhen auf und lassen nach, wenn die Schuhe ausgezogen und die Füße massiert werden.
Diagnose der Morton-Neuralgie
Die Diagnose eines Morton-Neuroms erfolgt in der Regel durch:
- Klinische Untersuchung: Der Arzt bewegt den Fuß in bestimmte Richtungen und übt Druck auf verschiedene Stellen aus. Im Bereich des Mittelfußes können besonders empfindliche Stellen gefunden werden. Typisch ist das sogenannte Mulder-Zeichen (auch Mulder-Click-Zeichen oder Klick-Zeichen): Der Arzt drückt bei der Untersuchung von beiden Seiten auf die Stelle, an der die Morton-Neuralgie vermutet wird. Dabei kann ein Knacken oder Klicken zu hören oder zu fühlen sein. Auch eine quere Komprimierung des Fußes kann Schmerzen auslösen.
- Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten ausführlich zu seinen Beschwerden und deren Verlauf.
- Bildgebende Verfahren:
- Röntgenbilder: Sie können andere Ursachen für die Schmerzen ausschließen, wie z. B. Stressfrakturen.
- Ultraschall: Kann in manchen Fällen die Nervenverdickung darstellen.
- MRT (Magnetresonanztomographie): Kann das Neurom darstellen und seine Größe bestimmen. Allerdings wird das Morton-Neurom auch in der MRT häufig übersehen.
- Lokalanästhesie: Ein weiteres Diagnose-Verfahren ist die Betäubung (Lokalanästhesie) des schmerzenden Bereichs mit einer Spritze. Verschwinden die Schmerzen nach der Injektion, ist dies ein Hinweis auf ein Morton-Neurom.
Es ist wichtig, andere Ursachen für die Mittelfußschmerzen auszuschließen, wie z. B. Stressfrakturen, Arthrose, stoffwechselbedingte Fußschmerzen (diabetischer Fuß oder Polyneuropathie), Warzen und Weichteiltumore.
Konservative Behandlung der Morton-Neuralgie
Die Therapie des Morton-Neuroms erfolgt in der Hauptsache konservativ, d. h. ohne chirurgischen Eingriff. Im Vordergrund steht, den Druck auf die Nerven zu verringern, um die Rückbildung des Morton-Neuroms zu fördern. Ziel der konservativen Behandlung ist es, die Belastung des Nervs zu verringern und die Symptome zu lindern.
Zu den konservativen Behandlungsmethoden gehören:
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- Schuhwerk:
- Weiter Schuhe tragen, die den Zehen genügend Raum lassen.
- Auf Schuhe mit hohen Absätzen verzichten.
- Spezielle Schuhe für Morton-Neurom mit breiterem Zehenbereich und niedriger Absatzhöhe.
- Einlagen:
- Orthopädische Einlagen, die das Quergewölbe unterstützen und den Druck auf die plantaren Fußnerven verringern.
- Individuell angepasste Einlagen mit Polsterungen, die den Bereich um das Neurom entlasten.
- Physiotherapie und Fußgymnastik:
- Gezielte Übungen zur Stärkung der Fußmuskulatur und Verbesserung der Fußfunktion.
- Dehnübungen für die Fußsohle und Wade.
- Faszien-Rollmassage zur Lösung von Verklebungen im Gewebe.
- Mobilisation des Quergewölbes.
- Medikamente:
- Entzündungshemmende Arzneimittel (z. B. Ibuprofen) zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen.
- Kortison-Spritzen direkt in das betroffene Areal, um die Entzündung zu reduzieren und den Nervenknoten abschwellen zu lassen.
- Weitere Maßnahmen:
- Kühlen bei akuten Schmerzen und Entzündungen, um Schwellungen zu verringern.
- Wärmeanwendungen bei chronischen Beschwerden, um die Durchblutung zu fördern und Muskelverspannungen zu lösen.
- Vermeidung von Aktivitäten, die die Schmerzen verstärken.
Physiotherapie und Fußgymnastik im Detail
Physiotherapie und speziell auf den Fuß abgestimmte Übungen sind wesentliche Bestandteile bei der Behandlung des Morton-Neuroms. Sie sind darauf ausgerichtet, Schmerzen zu reduzieren und die Funktionalität des Fußes zu verbessern. Folgende Übungen zur Stärkung und Flexibilitätssteigerung unterstützen den Fuß dabei, Belastungen besser zu verteilen, und entlasten den betroffenen Nerv:
- Zehenheben: Um die Muskeln zu stärken, die die Mittelfußknochen stabilisieren.
- Zehenspreizen: Zur Verbesserung der Beweglichkeit und Stärkung der kleinen Fußmuskeln.
- Fußrollen: Mit einer kleinen Rolle oder einem Ball unter dem Fuß, um die Plantarfaszie zu dehnen und zu massieren.
- Waden- und Achillessehnendehnungen: Um die Flexibilität zu erhöhen und Druck vom Vorfuß zu nehmen.
Beispielübungen:
- Übung zur Mobilisation des Quergewölbes: Im Sitzen einen sanften Druck in der Mitte der Fußsohle ausüben. Diese Bewegung pro betroffenem Fuß 10-mal rhythmisch und leicht wiederholen (1 Satz). 2-3 Sätze mit jeweils circa 30 Sekunden Pause zwischen den Sätzen durchführen.
- Übung zur Kräftigung des Quergewölbes: Im Sitzen oder auf dem Boden versuchen, mit den Fußmuskeln das Quergewölbe aufrechtzuerhalten. Diese Bewegung pro betroffenem Fuß 10-mal wiederholen (1 Satz). 2-3 Sätze mit jeweils circa 30 Sekunden Pause zwischen den Sätzen durchführen.
- Übung mit einem Ball: Mit der Hand das Quergewölbe formen. Dann die Hand langsam loslassen und das Quergewölbe weiter aufrecht halten. Diese Bewegung pro betroffenem Fuß 10-mal wiederholen (1 Satz). 2-3 Sätze mit jeweils circa 30 Sekunden Pause zwischen den Sätzen durchführen.
- Übung im Stand: Den betroffenen Fuß weit hinten aufstellen und nach vorne schnellen, sodass die Zehengrundgelenke gebeugt sind. Diese Bewegung pro betroffenem Fuß 15-mal wiederholen (1 Satz). 2-3 Sätze mit jeweils circa 30 Sekunden Pause zwischen den Sätzen durchführen.
Stoßwellentherapie
In letzter Zeit zeigt sich, dass auch die extrakorporale Stoßwellentherapie eine echte Alternative zur Injektionsbehandlung oder zur chirurgischen Therapie sein kann. Der Vorteil besteht hier im deutlich verminderten Risiko einer Komplikation. Sie zielt darauf ab, den Heilungsprozess im Gewebe zu fördern und Schmerzen direkt am Ort des Neuroms zu lindern.
Operative Behandlung der Morton-Neuralgie
Wenn die konservativen Behandlungsmethoden nicht ausreichend helfen, kann eine Operation in Betracht gezogen werden. Aus unserer Sicht sollten Operationen immer das letzte Mittel sein.
Es gibt verschiedene operative Verfahren:
- Neurektomie: Dabei wird das Nervengeschwulst über einen Schnitt am Fußrücken entfernt. Nach der Entfernung kann die betroffene Person schnell wieder laufen, muss aber zur Nachbehandlung in der Regel spezielle Schuhe zur Entlastung des Vorfußes (Vorfußentlastungsschuh) tragen.
- Neurolyse/Dekompression: Bei diesem nervenerhaltenden Eingriff wird das Band zwischen den Mittelfußknochen (Ligamentum intermetatarsale) geweitet, um dem Nerv mehr Raum zu verschaffen. In manchen Fällen wird zusätzlich eine Umstellung der Zehenknochen (Metatarsalknochen) durch eine minimalinvasive Osteotomie durchgeführt.
Die Wahl des Operationsverfahrens hängt von der Größe des Neuroms und dem Ausmaß der Beschwerden ab.
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Nachbehandlung nach einer Operation:
- Spezielle Schuhe tragen, die den Vorfuß entlasten.
- Den Fuß für etwa 3 Wochen nur teilbelasten.
- Regelmäßige Fußgymnastik zur Stärkung der kleinen Fußmuskeln durchführen.
Mögliche Komplikationen nach einer Operation:
- Narbenschmerzen.
- Rezidiv der Morton-Neuralgie (erneutes Auftreten der Beschwerden).
- Taubheitsgefühl in den von den entfernten Nerven versorgten Bereichen.
- Entzündung der Wunde.
Prävention der Morton-Neuralgie
Um einer Morton-Neuralgie vorzubeugen, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:
- Tragen von geeignetem Schuhwerk, das den Zehen genügend Raum lässt und den Fuß nicht einengt.
- Vermeidung von Schuhen mit hohen Absätzen.
- Regelmäßige Fußgymnastik zur Stärkung der Fußmuskulatur.
- Korrektur von Fußfehlstellungen (z. B. Spreizfuß) durch orthopädische Einlagen.
- Vermeidung von Überlastung der Füße.
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht.
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