Die Morton-Neuralgie, auch bekannt als Morton-Neurom oder Morton-Metatarsalgie, ist eine schmerzhafte Erkrankung des Fußes, die durch die Verdickung eines Nervs im Bereich des Mittelfußes gekennzeichnet ist. Diese Verdickung führt zu einer Kompression des Nervs, was wiederum Schmerzen, Taubheit und andere unangenehme Empfindungen verursachen kann.
Anatomie des Fußes und die Rolle der Nerven
Um die Morton-Neuralgie besser zu verstehen, ist es hilfreich, die anatomischen Strukturen des Fußes zu betrachten. Die Zehen des menschlichen Fußes werden von jeweils zwei Nerven auf der Oberseite und zwei Nerven an der Unterseite versorgt. Im Bereich der Fußsohle verlaufen die Nerven der Zehen als gemeinsames Bündel, bevor sie sich kurz vor den Zehen in kleinere Nervenäste aufteilen. Diese Nervenbündel sind unter der Fußsohle lediglich durch das Fettpolster geschützt.
Die Mittelfußnerven, auch als Interdigitalnerven (Nervi digitales plantares communes) bezeichnet, sind Nervenäste, die zwischen den Mittelfußknochen an der Fußsohle bis in die Zehen und Zehenzwischenräume verlaufen. Auf Höhe der Mittelfußknochen teilen sich diese Nerven in die Interdigitalnerven auf. Die Mittelfußknochenköpfchen sind durch ein Band, das Ligamentum intermetatarsale, miteinander verbunden.
Ursachen der Morton-Neuralgie
Die Morton-Neuralgie entsteht durch eine chronische Reizung und Kompression eines oder mehrerer dieser Nerven im Bereich des Mittelfußes. Es gibt verschiedene Faktoren, die zu dieser Reizung und Kompression beitragen können:
- Überlastung der Fußsohle: Eine übermäßige Belastung der Fußsohle, beispielsweise durch langes Stehen, Gehen oder Laufen, kann zu chronischen Druckschäden der Nerven führen. Die Nerven können sich verdicken und dadurch anfälliger für weitere Kompressionen bei der Abrollbewegung des Fußes werden.
- Spreizfuß: Ein Spreizfuß ist eine Fehlstellung des Fußes, bei der das Quergewölbe des Fußes abgeflacht ist. Dies führt zu einer Verbreiterung des Vorfußes und einer stärkeren Belastung der Mittelfußknochenköpfchen. Die Nerven zwischen den Mittelfußknochen können dadurch eingeengt und gereizt werden.
- Enges Schuhwerk: Das Tragen von engen Schuhen, insbesondere Schuhen mit hohen Absätzen, kann den Vorfuß zusammenpressen und die Nerven einklemmen. Hohe Absätze verlagern das Körpergewicht zusätzlich auf den Vorfuß, was die Belastung der Nerven erhöht.
- Hallux valgus: Der Hallux valgus, auch Ballenzeh genannt, ist eine Fehlstellung der großen Zehe, bei der diese sich zum Fußaußenrand hin neigt. Diese Fehlstellung kann ebenfalls zu einer veränderten Druckverteilung im Vorfuß führen und die Nerven belasten.
- Einseitige Belastungen: Einseitige Belastungen, beispielsweise durch bestimmte Sportarten oder berufliche Tätigkeiten, können zu hohen Spannungen in Muskeln und Faszien führen. Diese Spannungen können sich auf den Fuß übertragen und die Nerven reizen.
Symptome der Morton-Neuralgie
Die Symptome der Morton-Neuralgie können von Patient zu Patient variieren, sind aber oft sehr charakteristisch. Typische Symptome sind:
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- Schmerzen unter der Fußsohle: Die Schmerzen treten vor allem unter der Fußsohle im Bereich des Mittelfußes auf. Sie können bis in die Zehen ausstrahlen.
- Brennende oder stechende Schmerzen: Viele Patienten beschreiben die Schmerzen als brennend, stechend oder elektrisierend.
- Gefühl eines Fremdkörpers: Einige Patienten haben das Gefühl, auf einem Fremdkörper, wie einer Murmel oder Erbse, zu laufen.
- Taubheit oder Kribbeln: In manchen Fällen treten Taubheit oder Kribbeln in den Zehen auf.
- Verschlimmerung der Beschwerden bei Belastung: Die Schmerzen verschlimmern sich oft bei Belastung, insbesondere beim Tragen enger Schuhe oder Schuhe mit hohen Absätzen. Auch das Laufen auf Zehenspitzen kann die Beschwerden verstärken.
- Erleichterung der Beschwerden beim Ausziehen der Schuhe: Viele Patienten empfinden eine Erleichterung der Beschwerden, wenn sie die Schuhe ausziehen oder weite Schuhe tragen.
- "Elektrisierender Schmerz": Manche Patienten berichten von einem "elektrisierenden Schmerz".
- Gefühl, die Schuhe ausziehen zu müssen: Einige Patienten berichten, dass sie nach längerer Belastung das Gefühl haben, die Schuhe unbedingt ausziehen zu müssen.
Bevorzugt betroffen ist der Nerv zwischen der dritten und vierten Zehe, seltener der Nerv zwischen der zweiten und dritten Zehe.
Diagnose der Morton-Neuralgie
Die Diagnose der Morton-Neuralgie basiert in der Regel auf einer Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und bildgebenden Verfahren.
- Anamnese: Der Arzt wird zunächst ausführlich nach den Beschwerden des Patienten fragen, um sich ein genaues Bild von den Symptomen und deren Verlauf zu machen.
- Klinische Untersuchung: Bei der klinischen Untersuchung wird der Arzt den Fuß des Patienten abtasten und auf Druckschmerzhaftigkeit, Schwellungen oder Verhärtungen achten. Ein wichtiger Bestandteil der klinischen Untersuchung ist der Mulder-Zeichen-Test. Dabei fasst der Arzt den Vorfuß des Patienten im Zangengriff und drückt ihn so zusammen, dass sich die Köpfchen der Mittelfußknochen gegeneinander verschieben. Anschließend drückt der Arzt auf den Zwischenraum zwischen der dritten und vierten Zehe. Bei Schmerzen oder einem Klickgeräusch liegen positive Mulder-Zeichen vor, was auf eine Morton-Neuralgie hindeuten kann. Auch der Gaenslen-Handgriff, bei dem der Vorfuß zusammengedrückt wird, kann zur Diagnose beitragen.
- Testinjektion: Eine Testinjektion mit einem örtlichen Betäubungsmittel kann den Verdacht auf eine Morton-Neuralgie erhärten. Dabei wird das Betäubungsmittel an den erkrankten Nerv gespritzt, um ihn für einige Stunden auszuschalten. Wenn der typische Schmerz während der Wirkdauer des Betäubungsmittels nicht mehr auftritt, wird der Verdacht auf ein Morton-Neurom bestätigt.
- Bildgebende Verfahren:
- Röntgen: Röntgenaufnahmen des Fußes unter Belastung können andere Ursachen der Metatarsalgie ausschließen und die Spreizfußfehlstellung analysieren.
- Kernspintomographie (MRT): Die MRT kann bei ausreichender Befundgröße (ab 0,3-0,5 cm) und ausreichender Bildqualität das Neurom darstellen. In manchen Fällen sieht man eine Raumforderung an der typischen Stelle, manchmal wird an dieser Stelle auch eine Flüssigkeitsansammlung festgestellt. Ein normaler MRT-Befund schließt eine Morton-Neuralgie jedoch nicht aus.
- Neurosonographie: Eine Neurosonographie kann ebenfalls zur Diagnose beitragen.
- Eventuell Neurographie: In seltenen Fällen kann eine Neurographie der sensiblen Fasern des Nervs erforderlich sein.
Behandlung der Morton-Neuralgie
Die Behandlung der Morton-Neuralgie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Kompression des Nervs zu reduzieren. Es gibt sowohl konservative als auch operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Behandlung
Die konservative Behandlung der Morton-Neuralgie umfasst verschiedene Maßnahmen, die darauf abzielen, die Symptome zu lindern und die Ursache der Nervenkompression zu beheben.
- Schuhwechsel: Das Tragen von weiten, bequemen Schuhen mit ausreichend Platz für die Zehen ist ein wichtiger erster Schritt. Schuhe mit hohen Absätzen sollten vermieden werden.
- Einlagen: Spezielle orthopädische Einlagen können den Vorfuß entlasten und die Druckverteilung im Fuß verbessern. Besonders geeignet sind Einlagen mit einer retrokapitalen Pelotte, die das Fußgewölbe aufrichtet.
- Spritzenbehandlung: Eine Spritzenbehandlung mit einem Lokalanästhetikum und Kortison kann den Reizzustand um den Nerv reduzieren und die Entzündung hemmen. Allerdings sollten Kortison-Infiltrationen aufgrund möglicher Nebenwirkungen nicht zu häufig durchgeführt werden. Andere wirksame Alternativen zu Cortison sind Infiltrationen mit Alkohol, Botulinumtoxin und Hyaluronsäure.
- Physiotherapie und Fußgymnastik: Physiotherapie und spezielle Übungen zur Stärkung der Fußmuskulatur können helfen, die Fußstatik zu verbessern und die Belastung der Nerven zu reduzieren. Dehnübungen für die Fußsohle und die Wade können ebenfalls hilfreich sein, um Spannungen im Gewebe abzubauen.
- Faszien-Rollmassage: Eine vorsichtige Faszien-Rollmassage der Fußsohle kann Verklebungen lösen und die Durchblutung verbessern.
- Stoßwellentherapie: Die Stoßwellentherapie hat eine entzündungshemmende Wirkung und kann die Reizung um den betroffenen Nerv reduzieren.
- Gewichtsreduktion: Bei Übergewicht kann eine Gewichtsreduktion helfen, die Belastung der Füße zu verringern.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Das Vermeiden von Aktivitäten, die die Beschwerden verstärken, wie z.B. langes Stehen oder Gehen in engen Schuhen, ist ebenfalls wichtig.
Operative Behandlung
Wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichend helfen, kann eine operative Behandlung in Erwägung gezogen werden. Es gibt verschiedene operative Verfahren zur Behandlung der Morton-Neuralgie:
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- Nervendekompression: Bei der Nervendekompression wird das Ligamentum intermetatarsale, das den Nerv einengt, durchtrennt, um den Druck auf den Nerv zu reduzieren. Ggf. wird der Nerv von der Wucherung befreit. Der Eingriff kann entweder offen oder endoskopisch durchgeführt werden.
- Nervenamputation (Neurektomie): Bei der Nervenamputation wird der betroffene Nerv zusammen mit der benachbarten Wucherung entfernt. Dieser Eingriff führt in den meisten Fällen zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden, kann aber als Nebeneffekt ein Taubheitsgefühl zwischen den betroffenen Zehen zur Folge haben.
- Endoskopische Operationen: Bei diesen Eingriffen wird eine Kamera in den Intermetatarsalraum eingebracht und das Ligamentum intermetatarsale durchtrennt. Durch diesen Operationen kann der Nerv nicht entfernt werden. Das Argument dafür ist eine geringere Narbenbildung.
Die Wahl des geeigneten Operationsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Größe des Neuroms, dem Ausmaß der Beschwerden und den individuellen Bedürfnissen des Patienten.
Nachbehandlung nach einer Operation
Nach einer Operation ist es wichtig, den Fuß ausreichend zu schonen und zu entlasten. In der Regel kann der Fuß zunächst für etwa 10 Tage nicht belastet werden. Anschließend kann die Belastung langsam gesteigert werden. Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit und Kraft des Fußes wiederherzustellen.
Was können Läufer mit Morton Neurom berücksichtigen?
Laufsportler mit Morton Neurom sollten von speziell ausgebildeten Physiotherapeuten betreut werden. Empfehlenswert ist die Umstellung des Vorfußlaufs auf Mittelfuß- und Rückfußlauf, um die Belastung im betroffenen Bereich zu reduzieren, sowie ein gezieltes Kraft- und Techniktraining.
Wann muss ein Morton Neurom operiert werden?
Es wird immer mit konservativen Maßnahmen angefangen. Erst bei Versagen dieser Therapiemethoden ist eine Operation indiziert. Ab einer Größe von 6-7 mm sind jedoch die Erfolgschancen einer konservativen Therapie sehr gering.
Wie lange hat man Schmerzen nach einer Morton Neurom Operation?
Egal welche Technik man benutzt, handelt es sich um sehr einfache Operationen. Die Wundheilung dauert ca. 2 Wochen und die gesamte Genesung ca. 4-8 Wochen.
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Kann ein Morton Neurom nach operativer Entfernung erneut auftreten?
In einem geringen Anteil der Fälle (ca. 4%) kann es sogar Jahre nach Entfernung des Morton Neuroms zu einer Rückkehr der Symptomen. Es handelt sich hier nicht um einen Nachwachsen des Neuroms sondern um ein Neurinom. Die Nervenenden wachsen aus dem offenen Ende des amputierten Nervs desorganisiert weiter und klumpen sich zusammen. Die Raumforderung ist sehr empfindlich und löst ähnliche Symptomatik wie bei Morton Neuralgie. Die Behandlung erfolgt wie bei primären Morton Neuralgie. Hier ist jedoch hier die Notwendigkeit einer operativen Therapie wahrscheinlicher.