Ein Bandscheibenvorfall ist eine häufige Ursache für starke Rückenschmerzen und kann zu quälenden Nervenschmerzen führen, die den Alltag massiv beeinträchtigen. Wenn die Bandscheibe verrutscht und auf die Nervenwurzeln drückt, entstehen oft unerträgliche Beschwerden. Besonders betroffen ist die Lendenwirbelsäule (LWS), wo Bandscheibenvorfälle am häufigsten vorkommen. In diesem Artikel werden die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Nervenschmerzen im Bein nach einem Bandscheibenvorfall detailliert erläutert.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Ein Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) tritt auf, wenn der weiche Kern einer Bandscheibe durch die äußere, faserige Hülle hervortritt. Bandscheiben liegen wie flexible Stoßdämpfer zwischen den Wirbelkörpern und sorgen für Beweglichkeit und Dämpfung der Wirbelsäule. Die menschliche Wirbelsäule besteht aus 24 freien Wirbeln, die in der Längsachse von zwei Bändern stabilisiert werden - dem vorderen und hinteren Längsband. Insgesamt 23 Bandscheiben (Discus invertebralis) besitzt die menschliche Wirbelsäule.
Die Bandscheiben ermöglichen die enorme Beweglichkeit der Wirbelsäule und verteilen den Druck, der auf der Wirbelsäule lastet, gleichmäßig. Bereits ab etwa dem 20. Lebensjahr werden unsere Bandscheiben zusehends schlechter mit Nährstoffen versorgt und der äußere Faserring (Anulus fibrosus) bildet immer mehr kleine Risse. Damit wird die Hülle anfälliger für Verletzungen. Der Gallertkern der Bandscheibe (Nucleus pulposus) dringt bei Belastung in die feinen Risse des Faserrings ein. Hierdurch kann es zu einer Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) bis hin zu einem kompletten Riss (Ruptur) des Faserrings kommen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen eines Bandscheibenvorfalls (Diskusprolaps) liegen meist in verschleißbedingten (degenerativen) Prozessen. Nur selten ist ein Unfall (Trauma) für einen Bandscheibenvorfall verantwortlich. Normale Alterungsprozesse, Bewegungsmangel und sitzende berufliche Tätigkeiten wirken sich negativ auf die Gesundheit der Bandscheibe aus. Ihre Versorgung mit Nährstoffen und Wasser ist herabgesetzt und sie verliert an Höhe und Elastizität.
Weitere Risikofaktoren sind:
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- Alter: Mit zunehmendem Alter büßt die Bandscheibe ihre Elastizität ein und kann Wasser schlechter speichern.
- Fehlbelastungen und Haltungsfehler: Haltungsfehler und Fehlstellungen der Wirbelsäule können das Risiko erhöhen.
- Übergewicht: Übergewicht kann die Bandscheiben zusätzlich belasten.
- Schweres Heben: Falsches Heben schwerer Lasten kann zu einem Bandscheibenvorfall führen.
- Bewegungsmangel: Bewegungsmangel kann die Versorgung der Bandscheiben mit Nährstoffen beeinträchtigen.
- Genetische Veranlagung: Eine genetische Veranlagung kann ebenfalls eine Rolle spielen.
Symptome eines Bandscheibenvorfalls
Die Symptome eines Bandscheibenvorfalls variieren je nach Lage und Schweregrad. Häufig treten Rückenschmerzen auf, die bis in Arme oder Beine ausstrahlen können. Ein Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich macht sich in der Regel in Form von Schmerzen, Taubheitsgefühlen oder auch einem wahrnehmbaren Kribbeln in den Gliedmaßen bemerkbar. Grund dafür ist der dabei entstehende Druck, der auf die dazugehörigen Nervenwurzeln ausgeübt wird. Es kommt zu einer Entzündung des Nervs und somit auch zu den genannten Symptomen.
Typische Warnsignale sind:
- Starke Schmerzen im Rücken: Die Schmerzen können in Arme oder Beine ausstrahlen (Ischiasschmerz).
- Kribbeln oder Taubheitsgefühle: Diese treten in den Gliedmaßen auf.
- Empfindungsstörungen: Ein pelziges Gefühl auf der Haut kann auftreten.
- Lähmungserscheinungen: Schwierigkeiten beim Heben des Fußes können ein Warnsignal sein.
- Lokale Rückenschmerzen: Diese verstärken sich bei Bewegungen wie Bücken oder Heben.
Die Form der Beschwerden hängt dabei stark davon ab, welche Nervenwurzel betroffen ist:
- Lendenwirbelsäule (LWS): Schmerzen strahlen ins Bein aus, begleitet von Taubheitsgefühl.
- Halswirbelsäule (HWS): Kribbeln in den Fingern oder Schwäche in den Armen.
- Brustwirbelsäule (BWS): Selten, aber möglich: gürtelförmige Schmerzen im Brustbereich.
Nervenschmerzen beim Bandscheibenvorfall: Ursachen und Ausprägung
Die Nervenschmerzen bei einem Bandscheibenvorfall entstehen, wenn die Bandscheibe durch einen Vorfall aus ihrer natürlichen Position rutscht und Druck auf die Nervenwurzeln oder das Rückenmark ausübt. Dies geschieht, wenn der gallertartige Kern der Bandscheibe durch Risse im äußeren Faserring (Anulus fibrosus) austritt - ein Vorgang, der auch als Diskushernie bezeichnet wird.
Die verrutschte Bandscheibe drückt auf eine Nervenwurzel im Wirbelkanal. Der Druck auf einen Nerv löst Entzündungen und Reizungen der Nervenfasern aus. Das gereizte Nervensystem sendet Schmerzsignale, die sich als Kribbeln, Brennen oder stechende Schmerzen äußern. Besonders kritisch wird es, wenn der Druck der Bandscheibe zu einer dauerhaften Schädigung des Nervs führt.
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Mögliche Folgen sind:
- Nervenschädigung: Durch Unterbrechung der Nervenleitfähigkeit.
- Eingeschränkte Funktion: Von Muskeln oder Organen (z. B. Blasenstörungen).
- Chronische Schmerzen: Selbst nach Rückbildung des Vorfalls.
Diagnose
Die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls erfolgt durch einen Arzt mittels Anamnese, körperlicher Untersuchung und oft bildgebender Verfahren wie MRT. Nach einem Gespräch wird der Arzt vermutlich einige neurologische Untersuchungen durchführen. Da viele Ärzte die Schmerzen mit Nervenreizungen oder Nervenschädigungen in Verbindung bringen, zielen diese Tests darauf ab, den genauen Ort einer möglichen Verletzung zu bestimmen. Vermutet der Arzt einen Bandscheibenvorfall (Discusprolaps), wird er zur genauen Diagnose eine Röntgenuntersuchung anordnen. Diese gibt Aufschlüsse über eventuelle Veränderungen an den Wirbeln, den Bandscheiben und dem Wirbelkanal.
Weitere diagnostische Maßnahmen sind:
- Schmerzzeichnung und Schmerzfragebögen: Zur Erfassung von Verteilungsmuster, Stärke und Qualität der Schmerzen.
- Quantitative sensorische Testung (QST): Zur Prüfung der Hautempfindlichkeit.
- Neurographie: Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit.
- Somatosensibel evozierte Potenziale (SEP): Zur Prüfung der gesamten Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn.
- Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT): Sie können eine Nervenschädigung direkt sichtbar machen.
Behandlungsmöglichkeiten
Für die Behandlung von Nervenschmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls werden in der Regel mehrere Therapiebausteine kombiniert. Wichtig ist, dass die Schmerzen schnell gelindert werden. Die Behandlung von Nervenschmerzen gestaltet sich oft schwierig, sofern keine Operation zur Entlastung des betroffenen Nervs möglich ist. Schmerzfreiheit kann nur in den seltensten Fällen erreicht werden. Daher sollen realistische Behandlungsziele vor Therapiebeginn gemeinsam mit dem Patienten besprochen werden.
Konservative Behandlung
In den meisten Fällen heilt ein Bandscheibenvorfall innerhalb von sechs Wochen von alleine aus. In dieser Zeit gilt es, mit konservativen Behandlungsmethoden die Schmerzen weitestgehend zu lindern. Die meisten Bandscheibenvorfälle lassen sich konservativ behandeln, z. B. durch gezielte Dehnübungen, Physiotherapie und schmerzlindernde Maßnahmen.
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Allgemeine Maßnahmen:
- Bettruhe: Wenn die Nervenschmerzen sehr stark ausgeprägt sind, kann der Arzt für wenige Tage Bettruhe verordnen. Aber Vorsicht: Eine zu lange Bettruhe kann Muskelverspannungen zur Folge haben, die die Beschwerden verschlimmern können. Studien zeigen, dass länger als 2-3 Tage Bettruhe das Risiko für einen Bandscheibenvorfall sogar erhöhen kann. Die goldene Regel lautet: „So viel Ruhe wie nötig, so viel Bewegung wie möglich.“
- Stufenlagerung: Drückt die Bandscheibe auf den Ischiasnerv, wird die sogenannte Stufenlagerung empfohlen. Dazu in Rückenlage die Beine auf eine Erhöhung (z. B. Kissenstapel) legen.
- Wärme- und Kälteanwendungen: Bei akuten Nervenschmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls können Kälteanwendungen lindernd wirken. Wenn die akute Phase vorbei ist, werden meist Wärmeanwendungen (z. B. warme Bäder oder Rotlichtbestrahlung) als angenehm empfunden.
Medikamente:
- Klassische Schmerzmittel: In der Regel kommen zunächst klassische Schmerzmittel (z. B. Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac) zum Einsatz.
- Opioide: Bei sehr starken Schmerzen, die sich mithilfe der üblichen Schmerzmittel nicht lindern lassen, kann der Arzt sogenannte Opioide verordnen.
- Muskelrelaxantien: Bei schmerzhaften Muskelverspannungen können verschreibungspflichtige Medikamente infrage kommen, die die Skelettmuskulatur entspannen (sog. Muskelrelaxantien).
Physiotherapie:
Regelmäßige, angepasste Bewegung ist ein wesentlicher und zentraler Behandlungsbaustein bei bandscheibenbedingten Beschwerden. Eine geeignete Bewegungstherapie mit speziellen Übungen kann die Nervenschmerzen lindern, Verspannungen lösen und Schonhaltungen korrigieren. Durch gezielte Bewegung und Übungen können die Muskeln gestärkt, die Muskulatur entspannt und die Beweglichkeit der Wirbelsäule verbessert werden - ganz ohne Operation.
Effektive Übungen zur Entlastung sind:
- Dehnung der Lendenwirbelsäule (LWS): Legen Sie sich auf den Rücken und ziehen Sie ein Knie langsam zur Brust. Halten Sie die Position 20 Sekunden, dann wechseln Sie das Bein. Ziel: Entlastung der Nervenwurzeln im unteren Rücken.
- Stabilisation der Rumpfmuskulatur: „Katzenbuckel“ im Vierfüßlerstand: Rund machen und wieder strecken. 10 Wiederholungen, um die tiefe Muskulatur zu aktivieren.
- Mobilisation der Wirbelsäule: Langsames Rollen des Beckens im Liegen („Pelvic Tilt“). Fördert die Beweglichkeit und lockert blockierte Gelenke.
Weitere konservative Maßnahmen:
- Ergotherapie: Häufig werden Bandscheibenvorfälle auch mithilfe von Ergotherapie behandelt.
- Akupunktur und Massage: Um Ischiasbeschwerden zu lindern, die als Folge eines Bandscheibenvorfalls auftreten, gibt es neben Schmerzmitteln noch weitere Formen der Behandlung. Dazu zählen beispielsweise Massage und Akupunktur.
- Ultraschalltherapie: Eine weitere Form der Behandlung ist die Ultraschalltherapie, die dazu dienen soll, das Gewebe zu lockern.
Operative Behandlung
Selten ist eine Operation zur Entlastung des Nervs erforderlich. Dauern die Beschwerden bei einem Bandscheibenvorfall länger an, kann eine Operation durchaus als geeignete Behandlung infrage kommen, um den betroffenen Nerv zu entlasten. Ziel einer Operation ist es auf jeden Fall, das auf den Nerv drückende Bandscheibengewebe zu entfernen. Der Nerv bekommt somit wieder mehr Raum, wodurch die Entzündung abklingen kann und die Beschwerden zurückgehen.
Eine Operation ist sofort nötig, wenn die Nerven so stark beeinträchtigt sind, dass Lähmungserscheinungen beispielsweise an den Beinen auftreten oder auch, wenn die Blase oder der Darm nicht mehr richtig funktionieren. Letzteres sind Zeichen eines sogenannten Kauda-Syndroms.
Beschwerde-Management: Soforthilfe bei akuten Nervenschmerzen
Akute Nervenschmerzen bei einem Bandscheibenvorfall können den Alltag zur Qual machen. Doch es gibt effektive Strategien, um die Beschwerden schnell zu lindern. Ein Mix aus gezielter Lagerung, Medikamenten und sanfter Bewegung zeigt hier oft die beste Wirkung.
Erste Hilfe bei starken Schmerzen:
- Stufenlagerung: Legen Sie sich auf den Rücken und lagern Sie die Beine im 90-Grad-Winkel auf einem Kissen oder Hocker. Diese Position entlastet die Nervenwurzeln und reduziert den Druck auf die Bandscheibe.
- Wärmeanwendung: Ein Kirschkernkissen oder Wärmepflaster entspannt die Muskulatur und fördert die Durchblutung.
- Kurzfristige Einnahme von Schmerzmitteln: Nichtsteroidale Antirheumatika (z. B. Ibuprofen) hemmen Entzündungen und lindern akute Schmerzen.
Wichtig: Medikamente sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt und nie länger als 3-4 Tage ohne Kontrolle eingesetzt werden.
Entlasten der Nervenwurzeln: Praktische Tipps für den Alltag
Die richtige Entlastung der Nervenwurzeln im Alltag kann entscheidend dazu beitragen, Schmerzen zu reduzieren und die Heilung zu beschleunigen. Mit einfachen Anpassungen entlasten Sie Ihren Rücken und entlasten die Wirbelsäule effektiv - ganz ohne großen Aufwand.
- Ergonomie am Arbeitsplatz: Stellen Sie Ihren Bürostuhl so ein, dass Hüfte und Knie einen 90-Grad-Winkel bilden. Positionieren Sie die Füße flach auf dem Boden oder auf einer Fußbank („Unterschenkel auf eine Ablage“). Der Bildschirm sollte auf Augenhöhe stehen, um Nackenverspannungen zu vermeiden.
- Tipps für die richtige Lagerung: Beinhochlagerung im Liegen: Platzieren Sie die Unterschenkel auf eine Ablage (z. B. ein Kissen), sodass Unter- und Oberschenkel einen 90-Grad-Winkel bilden. Diese Position reduziert den Druck auf die Nervenwurzeln der Lendenwirbelsäule. Schlafposition: Legen Sie sich auf den Rücken und platzieren Sie ein Kissen unter den Knien, um die natürliche Krümmung der Wirbelsäule zu unterstützen.
- Vorsicht bei Alltagshandlungen: Husten oder Niesen kann den Druck im Rücken plötzlich erhöhen. Stützen Sie sich dabei mit einer Hand auf dem Oberschenkel ab, um die Belastung zu mindern. Vermeiden Sie ruckartiges Bücken - gehen Sie stattdessen in die Hocke und halten Sie den Rücken gerade.
- So entlasten Sie die Wirbelsäule beim Heben: Gehen Sie nah an den Gegenstand heran. Beugen Sie die Knie, nicht den Rücken. Spannen Sie die Bauchmuskulatur an, während Sie den Gegenstand hochheben.
Prävention
Um einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen, können folgende Maßnahmen helfen:
- Regelmäßige Bewegung: Essentiell für gesunde Bandscheiben ist eine ausgeglichene und ausreichende Bewegung, damit sie sich mit genügend Nährstoffen versorgen können.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes, um Fehlhaltungen zu vermeiden.
- Richtiges Heben: Heben Sie schwere Lasten immer aus den Knien heraus und halten Sie den Rücken gerade.
- Gewichtskontrolle: Achten Sie auf ein gesundes Gewicht, um die Bandscheiben nicht unnötig zu belasten.
- Dehnübungen: Integrieren Sie regelmäßige Dehnübungen in Ihren Alltag, um die Muskulatur geschmeidig zu halten.
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