Ein Wirbelbruch kann eine schmerzhafte und einschränkende Verletzung sein, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Neben den unmittelbaren Schmerzen, die durch den Bruch selbst entstehen, können auch Nervenschmerzen auftreten, die oft als brennend, stechend oder einschießend beschrieben werden. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Nervenschmerzen nach einem Wirbelbruch und stellt verschiedene Behandlungsansätze vor.
Die Wirbelsäule: Ein komplexes System
Die Wirbelsäule ist ein komplexes und wichtiges System, das aus 7 Hals-, 12 Brust-, 5 Lenden-, 5 Kreuz- und 4 bis 5 Steißbeinwirbeln besteht. Zusammen mit einem komplexen Band- und Muskelapparat, den Bandscheiben und ihrer doppelten S-Form bildet sie ein funktionelles, elastisches System, das Belastungen abfangen kann. Die Wirbelkörper bilden den Wirbelkanal, in dem das Rückenmark (Teil des zentralen Nervensystems) mit allen seinen Bahnen verläuft. Vom Rückenmark gehen die Spinalnerven (peripheres Nervensystem) ab, die zwischen den Wirbeln seitlich austreten.
Was ist ein Wirbelbruch?
Ein Wirbelbruch ist eine Fraktur eines der 24 Wirbelkörper der Wirbelsäule. Bei Überlastung kann der Muskel-Band-Apparat reißen und/oder ein Wirbelbruch entstehen, der das Rückenmark und die Spinalnerven verletzen kann. Nur etwa zwei Prozent aller Knochenbrüche betreffen die Wirbel.
Formen von Wirbelbrüchen
Ein Wirbel besteht aus einem Wirbelkörper, dem Dornfortsatz und den beiden Querfortsätzen. Je nach Lokalisation wird die Wirbelfraktur unterteilt in:
- Wirbelkörperfraktur
- Dornfortsatzfraktur
- Querfortsatzfraktur
Mediziner unterscheiden zudem drei verschiedene Bruchformen, die in unterschiedliche Richtungen verlaufen können. Es handelt sich hierbei um die Klassifikation nach Magerl, die der AO-Klassifikation (AO = Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen) entspricht:
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- Typ A - Kompressionsverletzungen: Hierbei wird der Wirbel gestaucht, es kommt zu einer Deckplattenimpression oder Impaktion (Einbruch der Deck- und Grundplatte des Wirbelkörpers). Wird der Wirbel im vorderen Bereich gestaucht, entsteht eine Keilfraktur.
- Typ B - Distraktionsverletzungen: Durch ein Drehmoment zerreißt der Wirbel in Querrichtung. Solche Verletzungen entstehen im hinteren Wirbelbereich. Zusätzlich kann die Bandscheibe zerrissen sein.
- Typ C - Rotationsverletzungen: Sie entstehen während einer Drehung. Auch längsverlaufende Bänder und nicht selten Bandscheiben sind betroffen.
Wirbelbrüche werden zusätzlich in stabile und instabile Frakturen eingeteilt. Dies ist für die spätere Therapieentscheidung wichtig.
Stabiler Wirbelbruch
Bei einem stabilen Wirbelbruch sind die Weichteile wie die umgebenden Bänder unbeschädigt geblieben. Der Wirbelkanal wird also nicht eingeengt, sodass keine neurologischen Symptome auftreten. Der Betroffene kann meist früh behandelt und mobilisiert werden.
Ein stabiler Wirbelbruch ist beispielsweise eine einfache axiale Kompressionsfraktur (Typ A). Durch Stauchung ist der Wirbelkörper gegenüber axialen Kräften und ebenso gegen Kräfte in Beugerichtung stabil. 85 Prozent aller Wirbelsäulenverletzungen sind primär stabile Frakturen. Folgende Wirbelkörperfrakturen zählen zu den stabilen Brüchen:
- Isolierte Bandscheibenverletzungen
- Isolierte Wirbelkörperfraktur ohne Bandscheibenverletzung, Kompressionsbrüche
- Isolierte Wirbelbogenfraktur
- Wirbelkörperfraktur mit Bandscheibenverletzung
Instabiler Wirbelbruch
Ein instabiler Wirbelbruch liegt vor, wenn der betroffene Wirbelsäulenabschnitt durch Kräfte, die von unterschiedlichen Richtungen einwirken, deformiert werden kann. Dazu zählen beispielsweise Distraktionsverletzungen (Typ B) und Rotationsverletzungen (Typ C). Sobald die Hinterwand des Wirbelkörpers betroffen ist, spricht man von einem instabilen Wirbelbruch, da dabei die Gefahr besteht, dass das Rückenmark durch verschobene Knochenbruchstücke verletzt wird. Die Verletzung kann bis zu einer Querschnittslähmung führen. Bei instabilen Frakturen ist der Betroffene länger in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Folgende Wirbelfrakturen sind instabil:
- Verrenkungsbruch der Wirbel (meist an der Halswirbelsäule)
- Trümmerfraktur mit Schäden des Bandscheibengewebes und verschobenen Fragmenten nach vorne und hinten
- Verrenkungsbrüche mit einem Knick ab 25 Grad
- Frakturen der Gelenkfortsätze mit klaffenden Dornfortsätzen
- Wirbelbogenverletzungen
Ursachen und Risikofaktoren eines Wirbelbruchs
Ein Wirbelbruch kann verschiedene Ursachen haben. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
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Traumatisch bedingter Wirbelbruch
Ein Wirbelbruch entsteht überwiegend durch eine indirekte Krafteinwirkung, beispielsweise bei einem Sturz aus großer Höhe auf die Beine (Kettenfraktur), auf das Gesäß oder den Kopf. Direkte Traumen wie beispielsweise ein Schlag auf die Wirbelsäule oder ein offener Wirbelbruch nach einer Schussverletzung sind äußerst selten. Aber auch bei einfachen Bagatelltraumen wie einem Purzelbaum auf der Gymnastikmatte oder einem Sturz auf dem Parkplatz kann es zu einer schweren Wirbelsäulenfraktur mit gravierenden Folgen kommen.
Im Allgemeinen sind die Übergänge zwischen Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule, zwischen Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule sowie zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein besonders verletzungsgefährdet. Etwa die Hälfte aller Wirbelfrakturen betrifft den Übergang zwischen Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule. Folgende typische Situationen können zu einem Trauma der Wirbelsäule führen:
- Beckengurtverletzungen ("seat belt injuries") können einen Wirbelbruch zusammen mit Verletzungen im Bauchraum hervorrufen.
- Beim Sturz aus großer Höhe tritt oft ein Fersenbeinbruch zusammen mit einem Bruch der Brust- und Lendenwirbelsäule auf.
- Bandscheibe und Bandstrukturen können reißen, wenn eine schnelle Körperbewegung abrupt gestoppt wird (Dezelerationstrauma).
Spontaner Wirbelbruch
Entsteht ein Wirbelbruch ohne einen entsprechenden Unfall, muss an andere Ursachen gedacht werden. Besonders bei alten Menschen spielt die Osteoporose (Knochenschwund) eine große Rolle. Dabei verliert der Knochen an Knochenmasse und wird instabil. Oft reicht dann schon eine geringe Krafteinwirkung für einen Wirbelbruch aus.
Ein Wirbelbruch, der durch Osteoporose entstanden ist, wird auch als "Sinterungsbruch" bezeichnet. Dabei brechen die Grund- und Deckplatten als sogenannter Fischwirbel oder die Vorderwand des Wirbelkörpers als sogenannter Keilwirbel ein. Besonders oft passiert dies in der unteren Brustwirbelsäule und der oberen Lendenwirbelsäule. Bei einem Sturz auf das Gesicht erleiden alte Menschen oft einen Densfraktur - eine Form von Genickbruch (Dens = dornartiger Fortsatz des zweiten Halswirbels).
Abgesehen von Osteoporose können auch folgende Erkrankungen zu einem unerwarteten Wirbelbruch bei leichtem Bagatelltrauma führen:
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- Knochenmetastasen, Knochentumoren
- Morbus Bechterew
- Plasmozytom (Multiples Myelom - eine Form von Blutkrebs)
- Wirbelkörperentzündung (Spondylitis)
Symptome eines Wirbelbruchs
Ist ein Wirbel gebrochen, treten typischerweise lokale Schmerzen auf - egal, ob der Patient ruht, sich bewegt oder belastende Bewegungen ausführt. Schmerzbedingt nimmt er meist eine Schonhaltung ein. Dadurch können sich die umgebenden Muskeln verspannen (Muskelhartspann).
Bei Halswirbelbrüchen stützen Betroffene oft wegen der instabilen Kopfhaltung den Kopf mit den Händen ab. Eventuell zeigt sich zudem ein Bluterguss (Hämatom) auf der Rückseite des Halses.
Geht die Wirbelfraktur mit Nervenschäden einher, können anfallsartig einschießende und starke Schmerzen (neuropathische Schmerzen) sowie schmerzhaftes Brennen oder Stechen (neurogene Schmerzen) auftreten. Auch Gefühlsstörungen (Parästhesien) sind möglich. Zudem kann die Beweglichkeit in dem Segment eingeschränkt sein, welches der Höhe der Verletzung entspricht.
Nervenschmerzen nach Wirbelbruch: Ursachen
Nervenschmerzen nach einem Wirbelbruch können verschiedene Ursachen haben:
- Direkte Nervenschädigung: Der Bruch selbst oder verschobene Knochenfragmente können direkt auf Nervenwurzeln oder das Rückenmark drücken oder diese verletzen.
- Entzündung: Die Verletzung kann eine Entzündungsreaktion auslösen, die die Nerven reizt und Schmerzen verursacht.
- Narbenbildung: Im Heilungsprozess kann es zur Narbenbildung kommen, die auf Nerven drückt oder diese einklemmt.
- Instabilität: Ein instabiler Wirbelbruch kann zu einer anhaltenden Reizung der Nerven führen.
- Muskelverspannungen: Schmerzen und Schonhaltungen können zu Muskelverspannungen führen, die wiederum Nerven einklemmen oder reizen können.
- Cauda-equina-Syndrom: In seltenen Fällen kann ein Wirbelbruch zu einer Schädigung der Nervenwurzeln des unteren Rückenmarks führen, was als Cauda-equina-Syndrom bezeichnet wird. Dies ist ein medizinischer Notfall, der sofort behandelt werden muss.
Diagnose eines Wirbelbruchs
Der zuständige Facharzt bei Verdacht auf einen Wirbelbruch ist ein Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er wird Sie zuerst nach einem vorangegangenen Unfall und Ihrer Krankengeschichte befragen (Anamnese). Mögliche Fragen sind etwa:
- Hatten Sie einen Unfall? Was ist dabei passiert?
- Gab es ein direktes oder indirektes Trauma?
- Haben Sie Schmerzen? Wenn ja, in welchem Bereich und bei welchen Bewegungen?
- Gab es frühere Verletzungen oder Vorschäden?
- Haben vorher schon Beschwerden bestanden?
- Haben Sie Taubheitsgefühle an Armen oder Beinen?
- Sind zusätzlich Magen-Darm-Beschwerden, Schwierigkeiten beim Wasserlassen oder Schluckstörungen aufgetreten?
Die Fragen nach Taubheitsgefühlen, Schluckstörungen etc. rühren daher, dass bei etwa zehn Prozent aller Wirbelsäulenverletzungen auch Nerven verletzt sind, was solche Symptome verursachen kann. Zudem liegt meist ein schweres Trauma zugrunde, bei dem beispielsweise auch Niere und Milz betroffen sein können.
Klinische Untersuchung
Bei der klinischen Untersuchung prüft der Arzt, ob das Gehen oder Stehen möglich ist. Außerdem testet er die allgemeine Beweglichkeit des Patienten. Als nächstes werden Hirnnerven, Sensibilität und Motorik geprüft, um zu sehen, ob neurologische Ausfälle vorliegen. Darüber hinaus kontrolliert der Arzt, ob Verspannungen oder Verhärtungen im Muskel (Muskelhartspann) oder ein Schiefhals (Torticollis) vorliegen.
Bildgebende Verfahren
- Röntgenuntersuchung: Eine Röntgenuntersuchung in zwei Ebenen ist ein wichtiger Bestandteil bei der Diagnostik der Wirbelfraktur. Des Weiteren werden Funktionsaufnahmen gemacht. Sie erlauben eine genaue Beurteilung, ob Bandscheiben oder Bänder mitverletzt wurden. Außerdem werden die Abstände der Dornfortsätze der Wirbel, die Wirbelkörperhöhlen und die Wirbelform beurteilt.
- Computertomografie (CT): Für schlecht einsehbare Bereiche eignet sich die Computertomografie (CT) besonders gut als bildgebendes Verfahren. Das gilt vor allem für den Übergangsbereich der Halswirbelsäule zur Brustwirbelsäule. Verletzungen in diesem Bereich lassen sich mittels CT exakt einschätzen. Liegen Nervenausfälle vor, wird immer ein CT gemacht.
- Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT): Eine Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) ist bei akuten Verletzungen in der Regel nicht erforderlich. Sie wird nur dann eingesetzt, wenn auch Rückenmark und Bandscheiben verletzt sein könnten.
- Neurologische Untersuchung: Besteht die Möglichkeit, dass auch das Rückenmark verletzt ist, ist auch immer eine ausführliche neurologische Untersuchung notwendig.
Behandlung von Wirbelbrüchen und Nervenschmerzen
Prinzipiell kann die Wirbelbruch-Therapie sowohl konservativ als auch chirurgisch erfolgen. Welche Methode im Einzelfall am besten geeignet ist, hängt von der Art der Verletzung (wie stabiler oder instabiler Bruch) und auch vom Alter des Patienten ab.
Konservative Behandlung
Ein stabiler Bruch wird in der Regel konservativ behandelt. Dem Patienten wird empfohlen, sich zu schonen und Bettruhe einzuhalten, bis sich die Schmerzen gebessert haben. Allerdings kann es in einigen Fällen vorkommen, dass sich durch die veränderte Form des gebrochenen Wirbelkörpers die Wirbelsäule krümmen kann. Eine starke Krümmung kann zu dauerhaften Beschwerden führen. Bei einer Verkrümmung ab 20 Grad im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich wird daher in der Regel operiert.
Bei einem stabilen Bruch der Halswirbelsäule kann dieser gegebenenfalls mit einer Extension (Crutchfield) unter Röntgenkontrolle wieder ausgerichtet werden - die Wirbelgelenke werden dabei in axialer Richtung gestreckt. Anschließend wird die Halswirbelsäule mit einem weichen Kragen (Schanz-Krawatte), einem harten Kragen (Philadelphia-Krawatte), einem Minerva-Gips oder einem Halo-Fixateur ruhig gestellt.
Bei der konservativen Therapie von Wirbelbrüchen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule kommt ein Drei-Punkte-Korsett oder ein Gips-(Kunststoff-)Korsett zum Einsatz.
Schmerzmanagement
- Schmerzmittel: Vor allem in den ersten Wochen nach dem Bruch sind Schmerzmittel hilfreich. Sie lindern die Beschwerden und helfen so dabei, in Bewegung zu bleiben. Bei leichten Schmerzen reichen entzündungshemmende Mittel wie Ibuprofen, das Schmerzmittel Metamizol oder schwache Opioide wie Tramadol. Bei starken Schmerzen kommen stärkere Opioide infrage. Manche Mittel werden eingenommen, andere als Pflaster auf die Haut geklebt.
- Physio- und Bewegungstherapie: Von längerer Bettruhe wird eher abgeraten, da dies den Muskelabbau fördern kann. Es wird empfohlen, den Rücken sobald wie möglich vorsichtig wieder zu bewegen. Physiotherapeutinnen und -therapeuten passen die Behandlung an die Beschwerden und den Heilungsprozess an. Wenn der Bruch nach 6 bis 12 Wochen geheilt ist, ist eine gezielte Bewegungstherapie sinnvoll, um Knochen und Muskulatur zu stärken und Gleichgewicht und Koordination zu trainieren.
- Rückenstützen (Orthesen): Manchmal kommen Rückenstützen (Orthesen) infrage, um die Wirbelsäule zu entlasten. In der Regel schränken sie die Beweglichkeit ein und richten den Rücken auf. Dies soll schmerzhaften Bewegungen vorbeugen, die Wirbelsäule entlasten und die Heilung des Wirbelkörpers fördern.
- Weitere konservative Maßnahmen: Zusätzlich kann der Rücken in einer Physiotherapie mit angepassten Übungen vorsichtig bewegt, massiert und gedehnt werden. Ziel ist, die Beschwerden zu lindern und die Beweglichkeit zu verbessern. Dazu werden in der Physiotherapie manchmal auch physikalische Therapien eingesetzt.
Behandlung von Nervenschmerzen
- Medikamente: Gegen Nervenschmerzen können spezielle Schmerzmittel eingesetzt werden, wie Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Duloxetin) oder Antikonvulsiva (z.B. Gabapentin, Pregabalin).
- Lokale Injektionen: Gezielte Injektionen von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten in die Nähe der betroffenen Nerven können helfen, die Schmerzen zu lindern. Solche Spritzen sollten vorzugsweise unter Röntgen- oder CT-Kontrolle gesetzt werden.
- Verödung: Sollten die Spritzen nicht ausreichen, könnten die Gelenke auch beispielsweise mittels einer so genannten Hitzesonde verödet werden.
- Physiotherapie: Spezielle Übungen können helfen, die Muskeln zu entspannen, die Beweglichkeit zu verbessern und die Nerven zu entlasten.
- Psychologische Unterstützung: Chronische Schmerzen können emotional belastend sein. Eine psychologische Betreuung kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
Operative Behandlung
Ein instabiler Wirbelbruch wird normalerweise operiert, da immer die Gefahr besteht, dass das Rückenmark verletzt wird oder bereits verletzt ist. Das Ziel der operativen Behandlung ist es, die Wirbelsäule rasch wieder auszurichten und zu stabilisieren, um den Druck auf die Nerven so schnell wie möglich zu nehmen. Dies gilt auch bei kompletter Querschnittlähmung - selbst wenn sich nicht abschätzen lässt, ob nach einer Operation eine Besserung eintritt. Es ist nämlich immer schwer vorherzusehen, inwieweit das Rückenmark der Betroffenen geschädigt ist.
Es gibt verschiedene OP-Verfahren, die bei einem Wirbelbruch in Betracht kommen: Sind Nerven mitbetroffen, wird eine sogenannte Laminektomie durchgeführt. Dabei entfernt der Chirurg Teile eines oder mehrerer Wirbelkörper.
Bei spontanen Frakturen, die zum Beispiel durch Osteoporose entstanden sind, wird entweder eine Kyphoplastie oder eine Vertebroplastie durchgeführt.
Bei traumatischen Frakturen werden prinzipiell zwei Verfahren eingesetzt: die Osteosynthese oder die Spondylodese.
OP-Verfahren
- Kyphoplastie: Die Kyphoplastie ist eine minimalinvasive Methode, bei der der eingebrochene Wirbelkörper mit einem Ballon wieder aufgerichtet wird. Anschließend stabilisiert der Chirurg die Höhe des Wirbels, indem er Zement einspritzt.
- Vertebroplastie: Die Vertebroplastie ist ebenfalls eine minimalinvasive Methode, um den gebrochenen Wirbelkörper zu stabilisieren. Auch hier wird Zement in den Wirbelkörper eingespritzt.
- Osteosynthese: Bei der Osteosynthese wird der Knochenbruch verschraubt oder verplattet. Ein Bruch des Dens (dornartiger Fortsatz des zweiten Halswirbels) oder ein beidseitiger Bruch des Wirbelbogens wird in der Regel verschraubt. Brüche der Brust- und Lendenwirbelsäule werden über mehrere Segmente fixiert (Fixateur interne).
- Spondylodese: Bei einer Spondylodesebehandlung (Versteifungs-Operation) werden zwei oder mehr Wirbel mit einem Knochenspan oder einer Platte versteift. Dieser Eingriff kommt in der Regel bei Verletzungen der Bänder und Bandscheiben der Halswirbelsäule in Frage. Dabei werden Platten von vorne und von hinten an der Halswirbelsäule angebracht. Ist die Wirbelsäule durch einen Stauchungsbruch im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich über 20 Grad nach vorne gewölbt, wird der Wirbelbruch von vorne und hinten fusioniert. Distraktions- und Torsionsverletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule werden ebenfalls von beiden Seiten miteinander versteift.
Dekompression
Bei einigen operativen Eingriffen kann der Druck auf die Nerven reduziert werden, indem Knochenfragmente oder anderes Gewebe, das auf die Nerven drückt, entfernt wird.
Knochenzement-Spritzen (Vertebroplastie oder Kyphoplastie)
Bei diesen Verfahren wird Knochenzement in den gebrochenen Wirbelkörper gespritzt, um ihn zu stabilisieren. Die Vertebroplastie: Hierbei wird ein zähflüssiger Knochenzement in den gebrochenen Wirbelkörper gespritzt. Der Knochenzement härtet dort innerhalb weniger Minuten aus. Die Ballon-Kyphoplastie: Bei einer Ballon-Kyphoplastie wird zunächst ein Ballon in den Wirbelkörper eingeführt und geweitet, um den eingedrückten Wirbelkörper aufzurichten. Anschließend wird ebenfalls Knochenzement hineingespritzt. Beide Eingriffe können unter Teil- oder Vollnarkose ambulant oder im Krankenhaus stattfinden.
Studien zeigen aber, dass die meisten Menschen nicht von einem solchen Eingriff profitieren. Bei sehr starken Schmerzen kann die Behandlung manchen Menschen etwas helfen. Weil Knochenzement-Behandlungen auch zu ernsthaften Komplikationen führen können, ist es sinnvoll, die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen.
Krankheitsverlauf und Prognose
Krankheitsverlauf und Prognose bei einem Wirbelbruch sind in der Regel gut. Dabei spielt es jedoch eine große Rolle, ob Nervengewebe verletzt wurde. Zudem besteht auch nach dem Trauma noch die Gefahr, dass der Wirbelsäulenkanal eingeengt wird oder Nachbarsegmente sich degenerativ verändern.
Folgende Spätfolgen können nach Wirbelsäulenverletzungen auftreten:
- Statikstörung: Nachdem der Wirbelbruch ausgeheilt ist, können sich orthopädische Probleme hinsichtlich der Statik ergeben.
- Rückenmarksläsion: Bei allen Wirbelverletzten besteht das Risiko einer Verletzung des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln. Im äußersten Fall tritt eine Querschnittslähmung ein.
- Posttraumatische Kyphose: Brechen die Wirbel von vorne ein, kann sich die nach hinten konvexe Ausbiegung der Wirbelsäule verstärken. In der Brustwirbelsäule kann sich die Ausbiegung im Brustbereich vermehren ("Witwenbuckel") und im Lendenwirbelsäulenbereich vermindern.
- Posttraumatische Skoliose: Eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) entsteht, indem sich die Seitenkanten erniedrigen. Diese Skoliose ist kurzbogig. Die Statik wird beeinflusst, indem der Rumpf überhängt, und die darüber- und darunterliegenden Bandscheiben vermehrt beansprucht werden.
- Schipperkrankheit: Bei schwerer körperlicher Arbeit wie "Schippen" können die Dornfortsätze von Wirbeln brechen, besonders vom siebten Hals- oder ersten Brustwirbel. Das verursacht jedoch keine wesentlichen Beschwerden.
Heilungsdauer
Die Heilungsdauer bei einem Wirbelbruch hängt davon ab, wie schwer die Verletzung ist. Wirbelbrüche verursachen oft keine oder kaum Beschwerden, können aber auch manchmal zu starken Schmerzen führen. Meist lassen sie innerhalb von sechs Wochen deutlich nach.
Vorbeugung weiterer Wirbelbrüche
Nach der Akutbehandlung ist es ratsam, möglichst bald wieder aktiv zu werden, um weiteren Brüchen vorzubeugen. Eine gezielte Bewegungstherapie beugt auch Stürzen wirksam vor. Sie sind die Hauptursache von osteoporosebedingten Brüchen. Außerdem ist es sinnvoll, andere Gesundheitsprobleme anzugehen, die zu Knochenbrüchen beitragen können.
Auch spezielle Medikamente können das Risiko für Knochenbrüche senken. Dazu werden vor allem sogenannte Bisphosphonate eingesetzt. Da die Medikamente auch Nebenwirkungen haben können, lohnt es sich, ihre Vor- und Nachteile in der persönlichen Situation abzuwägen. Es gibt viele Möglichkeiten, weiteren Wirbelbrüchen vorzubeugen - zum Beispiel Kräftigungsübungen, rückenschonende Bewegungen im Alltag und auch Medikamente.
Chronische Schmerzen
Schmerzen, die länger als drei Monate anhalten, können auf einen schlecht heilenden Bruch hinweisen, aber auch andere Ursachen haben. Manchmal führen Wirbelbrüche, die zunächst unbemerkt bleiben, später zu Rückenschmerzen.
Bei chronischen Schmerzen sind weitere Untersuchungen sinnvoll, um den Heilungsprozess zu überprüfen und anderen Ursachen nachzugehen. Nicht immer lässt sich für solche Schmerzen eine genaue Ursache feststellen.
- Gezielte Bewegungstherapien: Ihr Ziel ist, die Schmerzempfindlichkeit durch nach und nach gesteigerte Belastungen wieder zu verringern.
- Entspannungstechniken: Mit ihnen können Stress, Anspannungen und psychische Belastungen abgebaut werden - denn sie können Schmerzen verstärken. Beispiele sind die Muskelentspannung nach Jacobson (auch: progressive Muskelentspannung) und das autogene Training.
- Verhaltenstherapien: In einer Verhaltenstherapie werden Strategien vermittelt, die den täglichen Umgang mit Schmerzen erleichtern können. Dazu gehört zum Beispiel, schmerzverstärkende Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern.
- Schmerz-Rehabilitation: Bei der Schmerz-Rehabilitation arbeiten medizinische, physiotherapeutische, sportwissenschaftliche und psychotherapeutische Fachleute zusammen, um chronische Schmerzen mit verschiedenen Methoden zu behandeln. Dabei werden meist Einzel- und Gruppenbehandlungen kombiniert. Es gibt ambulante, teilstationäre (Tagesklinik) und stationäre Angebote. Eine Schmerz-Rehabilitation wird auch „multimodale Schmerzbehandlung“ genannt.
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