Die neurologische Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Rehabilitation von Patienten mit neurologischen Erkrankungen. Ziel ist es, verloren gegangene Funktionen wiederzuerlangen, die Selbstständigkeit im Alltag zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern. Dabei kommen verschiedene Behandlungsmethoden zum Einsatz, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden.
PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation)
PNF steht für „Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation“. Der Körper verfügt über unterschiedliche Sinnesorgane. Durch die so genannten Bewegungsfühler (Rezeptoren) nimmt man wahr, wie der Körper sich bewegt oder in welcher Position er sich befindet („Propriozeptiv“). Daher weiß man ohne hinzusehen, ob man zum Beispiel das Knie gerade streckt oder beugt. Eine PNF-Therapie regt diese Rezeptoren in Gelenken, Muskeln und Sehnen durch gezielte Stimulation an und aktiviert sie. PNF fördert somit das Zusammenspiel zwischen Rezeptoren, Nerven und Muskeln („Neuromuskulär“). Arbeiten sie gut zusammen, fallen alle alltäglichen Bewegungen leichter („Fazilitation“).
Das PNF-Konzept
PNF ist Konzept, Therapiemethode und Technik zugleich. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass PNF sich an den Ressourcen des Patienten orientiert und diese gezielt zur Verbesserung der Bewegungs- und Haltungskontrolle einsetzt. D.h., dass zur Verfügung stehende Fähigkeiten von besonderem Interesse sind.
Wie funktioniert PNF?
Jeder PNF Therapeut kennt die Zusammenhänge unserer motorischen Organisation und kann so die guten Fähigkeiten gezielt einsetzen. Die Therapie verbessert die bewusste und unbewusste Steuerung der Körperhaltung und Bewegung. Die PNF-Therapie darf nur von speziell dafür weitergebildeten Physiotherapeuten durchgeführt werden.
Ergotherapie in der Neurologie
Die Ergotherapie zielt darauf ab, Patienten bei Betätigungen des täglichen Lebens fit zu machen, beziehungsweise ihre Eigenständigkeit zu fördern. Dabei wird an zwei Bereichen gearbeitet: der Feinmotorik und der generellen Alltagsbewältigung.
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Training eingeschränkter Bereiche im Alltag
Das Training umfasst die Behandlung und das Üben individuell eingeschränkter Bereiche im Alltag des Patienten. Körperliche, psychische und kognitive Veränderungen können dazu führen, dass ehemals leicht durchzuführende Tätigkeiten erst wieder trainiert werden müssen. Darunter fällt z. B. Der Begriff stammt aus dem Englischen (Activity of daily life) und meint den Erhalt und die Wiedererlangung der Selbstständigkeit im Alltag.
Sensomotorik und Perzeption
Als Sensomotorik wird das Zusammenspiel von sensorischen (sinnesbezogen) und motorischen (bewegungsbezogenen) Leistungen bezeichnet. Damit ist die unmittelbare Steuerung und Kontrolle der Bewegung aufgrund von Sinnesrückmeldungen gemeint. Perzeption ist die Gesamtheit der Vorgänge des Wahrnehmens.
Motorisch-funktionelle Behandlung
Die motorisch-funktionelle Behandlung beinhaltet die Minderung und den Abbau pathologischer Haltungs- und Bewegungsmuster einerseits, sowie den Aufbau, die Entwicklung und den Erhalt physiologischer Funktionen und Bewegungsabläufe andererseits. Dies wird durch eine stufenweise Entwicklung und Verbesserung der Grobmotorik (großräumige Bewegungen) und der Feinmotorik (Handgeschicklichkeit) angebahnt.
Ziele der motorisch-funktionellen Behandlung
- Abbau pathologischer Haltungs- und Bewegungsmuster
- Aufbau und Erhalt physiologischer Funktionen
- Entwicklung oder Verbesserung der Grob- und Feinmotorik
- Entwicklung oder Verbesserung der Koordination von Bewegungsabläufen und der funktionellen Ausdauer
- Verbesserung von Gelenkfunktionen, einschließlich Gelenkschutz
- Vermeidung der Entstehung von Kontrakturen
- Desensibilisierung
Ursprünge der motorisch-funktionellen Behandlung
Die ersten Berichte über motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren finden sich in den USA und England nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Soldaten kehrten mit klinischen Diagnosen z. B. Verbrennungen, Amputationen aus dem Krieg zurück.
Hirnleistungstraining
Das Hirnleistungstraining dient der gezielten Therapie von kognitiven und neuropsychologischen Störungen und den daraus resultierenden Fähigkeitsstörungen.
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Diagnostische Tests
- DemTect: Der DemTect hilft, geistige Beeinträchtigung bei Patienten zu erkennen und auch den Verlauf des Abbaus zu beschreiben.
- Mini-Mental Status Test: Der Mini-Mental Status Test ist inzwischen das meistverwendete Instrument bei der Diagnose und Behandlung von Demenz und Alzheimer. Der Mini-Mental Status Test, ist ein weit verbreitetes Instrument, das zur Beurteilung des Schweregrades von dementiellen Erkrankungen eingesetzt wird. In 11 Fragen bzw. Aufgaben werden Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Rechenfähigkeit, Erinnerungsfähigkeit bzw.
Basale Stimulation
Die basale Stimulation wird im Rahmen einer Einzeltherapie angewendet. Das Ziel dieses Konzeptes ist es, Zugangsmöglichkeiten zu den Menschen aufzuzeigen, die durch Alter, entwicklungs- oder krankheitsbedingte Störungen in der Sinneswahrnehmung und Orientierung erleiden. Der Therapeut bietet dem Menschen ganz gezielt fördernde und aktivierende Wahrnehmungsmöglichkeiten an. Wir können z. B. stabilisierend, aktivierend und vor allem beruhigend auf den Menschen einwirken. Dabei spielt die nonverbale Kommunikation eine große Rolle.
Weitere Therapieangebote in der neurologischen Rehabilitation
Neben den spezifischen Therapieformen wie PNF, Ergotherapie und Logopädie gibt es eine Reihe weiterer Angebote, die im Rahmen der neurologischen Rehabilitation eine wichtige Rolle spielen. Diese zielen darauf ab, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern, das Wohlbefinden zu steigern und die soziale Integration zu fördern.
Logopädie bei Schluck- und Sprechstörungen
Bei Schluck- und Sprechstörungen werden logopädische Therapien angewendet. Vor allem Schlaganfall- oder MS-Patienten profitieren von diesen Behandlungen. Die geschwächte Muskulatur, die am Sprechen beteiligt ist, stärken wir mit Atemübungen, motorischen Übungen für Zunge und Mund oder Übungen zur aktiven Kontrolle der Sprechlautstärke. Durchgeführt werden diese Behandlungen von speziell geschultem Personal. Wir stimmen die Behandlung speziell auf Ihr Krankheitsbild ab, um den Erfolg zu gewährleisten.
Multimodale Bewegungstherapie
Im Sinne einer ganzheitlichen Therapie bieten wir Ihnen außerdem eine multimodale Bewegungstherapie, die zum Beispiel Nordic Walking, ein Bewegungsbad, Bobath, Lokomotion oder gezielte Parkinson-Gymnastik enthält. Oftmals sind Verfahren wie zum Beispiel QiGong oder PMR weiterer Bestandteil Ihrer Behandlung.
Psychologische Angebote
Neben Einzelgesprächen bieten wir auch geschlossene Gesprächsgruppen an. Diese kombinieren wir mit Gruppenarbeit. Dieselben Gruppenteilnehmer treffen sich dafür zur Kunsttherapie, zum Spiel und Sport oder zur ergotherapeutischer Projektarbeit. Die Psychologen nehmen jeweils die leitende Position der Gruppe ein. Für bestimmte Krankheitsbilder organisieren wir ressortübergreifend indikationsspezifische Gruppengespräche, sodass ein Erfahrungsaustausch z. B. bei Adipositas, Schlaganfall oder Parkinson möglich wird.
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Kunsttherapie
In der Auseinandersetzung mit dem Material Ton werden im gestalterischen Prozess, unterstützt durch den erfahrenen Kunsttherapeuten, psychische Veränderungsprozesse möglich. Es werden zwei Qualitäten verbunden: Die ganz persönliche Behandlungsweise und das soziale Miteinander in der Gruppe. Die Grundlage der Kunsttherapie liegt darin begründet, dass geistig-seelische Aktivitäten den Selbstheilungsprozess anregen und fördern. Hierbei geht es nicht um das Ergebnis, als vielmehr um den Weg und die persönliche Erfahrung auf dem Weg zum Ziel. Mut zu fassen, etwas Unbekanntes zu wagen, Vertrauen zu schaffen, Gewohntes zu verlassen und wieder Freude am eigenen Tun zu gewinnen.
Entspannungsverfahren
Wir bieten eine Vielzahl von Verfahren zur Entspannung an, die wir nach Ihren individuellen Vorkenntnissen und Prägungen in Ihren Behandlungsplan aufnehmen können. Dazu gehören Progressive Muskelrelaxation nach Jakobson (PMR), Autogenes Training nach Schultz (AT), Musikentspannung oder QiGong. Die Durchführung erfolgt durch Psychologen sowie Physiotherapeuten. Zusätzlich wird bei Tinnituspatienten mit der sog. „Klangdusche“ musikalische Entspannung gefördert. Besonders in der dunklen Jahreszeit ist die „Lichttherapie“ ein gutes und wissenschaftlich evaluiertes Mittel gegen Depressionen.
Bewegungstherapie
Die Bewegungstherapie schafft Abwechslung und ein Bewusstsein für Ihren Körper. Mit den Therapieformen Nordic-Walking oder Radfahren wird Ihr Körper ganzheitlich belastet, außerdem lernen Sie die wunderschöne Umgebung Feldbergs kennen. Weitere Formen der Bewegungstherapie sind Wassergymnastik oder auch MTT, die medizinische Trainingstherapie. Wassergymnastik erleichtert besonders bei eingeschränkter Beweglichkeit die Behandlung, da der Auftrieb des Wassers unterstützend wirkt. MTT wird von speziell geschulten Physiotherapeuten durchgeführt, wobei nach wissenschaftlichen Konzepten Belastungsreize für den ganzen Organismus gesetzt werden.
Physikalische Therapie
Mögliche Behandlungen der physikalischen Therapie, die sich in Ihrem Therapieplan wiederfinden können, sind beispielsweise das Kneipp’sche Wassertreten, Anwendungen mit Strömen, die ausgefallene Nerven stimulieren, medizinische Bäder oder auch Kälte- oder Wärmeanwendungen, die sich schmerzlindernd auswirken.
Schulungen und Beratungen
Damit Ihre Rehabilitation auch nachhaltig wirkt, sind Anleitungen zur Änderung des Lebensstils ebenfalls ein zentraler Teil unseres Therapiekonzeptes. Wir vermitteln Kenntnisse über eine förderliche Lebens- und Ernährungsweise, schulen Sie zum Beispiel im Gebrauch von Hilfsmitteln zur Vermeidung von lebensbedrohlichen Situationen oder in der Anwendung besonderer Atemtechniken. Im Sinne der ganzheitlichen Therapie verordnen wir ggf. psychologische Sitzungen, Entspannungsübungen oder sozialmedizinische Beratungen.
Spezielle Therapieangebote für kardiologische Patienten
Auch in der Kardiologie spielt die Physiotherapie eine wichtige Rolle. Hier liegt der Fokus darauf, die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern und den Patienten zu einem gesünderen Lebensstil zu motivieren.
Schulungen zur Lebensstiländerung
Hauptziel in der Kardiologie ist es, Ihrem Krankheitsbild mit einer Lebensstiländerung zu begegnen. Dafür organisieren wir Schulungen und Vorträge, bei denen Sie erfahren, wie Sie Ihren Körper nicht über seine Belastungsgrenzen hinaus strapazieren. Die Schulungen zur Lebensstiländerung vermitteln Ihnen die Relevanz und die Zusammenhänge von körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung und allgemeinem Wohlbefinden. Die in Ihrem Therapieplan enthaltenen Schulungen sollen über Ihre Rehabilitation hinaus wirken und einen nachhaltigen Behandlungserfolg sicherstellen.
Ernährungsberatung und Seminare zum gesunden Kochen
Die Ernährung ist ein Hauptansatzpunkt in der Behandlung kardiologischer Krankheitsbilder. Deshalb bieten wir Seminare zum Thema gesundes Kochen an. Im Supermarkt schauen Sie, gemeinsam mit unserer Ernährungsberaterin, kritisch in den Einkaufskorb. Nach dem gemeinsamen Einkaufen und Kochen kann auch gemeinsam gegessen werden. Wichtig ist es zu lernen, dass Hungern kontraproduktiv ist. Wir wollen Sie vielmehr in die Lage versetzen, langfristig und nachhaltig eine Gewichtsreduktion zu erreichen und zu halten.
Bewegungstherapie für kardiologische Patienten
Die Bewegungstherapie schafft Abwechslung und ein Bewusstsein für Ihren Körper. Wir bieten verschiedenste Therapieformen wie Nordic-Walking oder Terrainbehandlung an, bei denen Ihr Körper durch ganzheitliche Belastungen trainiert wird. Patienten der Kardiologie nehmen an der Herzsportgruppe teil oder absolvieren ein Ergometertraining mit Monitoring. Hauptziel der Bewegungstherapie ist es, Ihre körperliche Ausdauer zu fördern und zu verbessern.
Ansätze der neurologischen Physiotherapie im Detail
Die Physiotherapie ist konkret auf Ihre individuellen Bedürfnisse und die zu bewältigenden Herausforderungen Ihres Alltags zugeschnitten. Zu Beginn der Therapie wird gemeinsam mit Ihnen ein Plan erstellt, der die, in Ihrem Fall, wirksamsten Ansätze beinhaltet. Grundsätzlich gibt es folgende Ansätze in der neurologischen Physiotherapie:
Wahrnehmungsschulung, Tonusregulation, Funktionsanbahnung / Fazilitation nach dem Bobath-Konzept
Im Vordergrund der Therapie steht die Wiedererlangung der verloren gegangenen Funktionen (Paresen, Sensibilitätsstörungen, Neglect etc.) durch Wahrnehmungsschulung, Tonusregulation, Funktionsanbahnung / Fazilitation nach dem Bobath-Konzept.
Frühmöglichste Mobilisation
Wir unterstützen die frühestmögliche Mobilisation aus dem Bett entsprechend der vorhandenen Funktionen, um damit eine frühzeitige Annäherung an die Normalität zu erreichen. Das bedeutet z.B. frühzeitige Mobilisation im Bett in den Sitz zum aktiv-assistiven Waschen, in den Sessel zum Frühstücken oder unter die Dusche / auf die Toilette. Wir arbeiten von Anfang an im Sinne der Rehabilitation mit dem Endziel, die größtmögliche Selbstständigkeit und Lebensqualität wieder zu erlangen und eine Pflegebedürftigkeit so weit wie möglich zu mindern.
Bewegungsübungen und Mobilisation
Bei den Bewegungsübungen und Mobilisation werden gezielte Übungen und Techniken eingesetzt, um Ihre Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit zu verbessern. Dies kann den Einsatz von physikalischen Hilfsmitteln wie Therapiebällen, Balancegeräten oder Gehhilfen beinhalten.
Ganganalyse und Gangschulung
Insbesondere bei neurologischen Erkrankungen, welche die Bewegungskontrolle und das Gleichgewicht beeinflussen, wird besonderes Augenmerk auf das Gehen gelegt. Durch Gangschulungen und gezielte Übungen werden Gangmuster verbessert und eine möglichst normale und sichere Gangfunktion angestrebt. Hierbei kann das Gangtraining, auch Lokomotion genannt, zum Einsatz kommen. Hierbei können Sie Übungen auf dem Laufband durchführen, selbst wenn Sie stark bewegungseingeschränkt sind. Dazu entlasten wir Ihren Körper, sodass Sie auch komplizierte Gangmuster wieder erlernen können und selbstständiger werden.
Neuromuskuläre Stimulation
Im Rahmen der neuromuskulären Stimulation werden elektrische Impulse genutzt, um gezielt Muskeln zu stimulieren und deren Funktion zu verbessern. Dieser Ansatz der neurologischen Physiotherapie kann beispielsweise bei Lähmungserscheinungen oder Muskelverkürzungen eingesetzt werden.
Sensibilitätstraining
Bei neurologischen Erkrankungen können auch Ihre Sensibilität und Wahrnehmung beeinträchtigt sein.
Spezialisierte Einrichtungen für neurologische Physiotherapie
Um den speziellen Bedürfnissen unserer neurologischen Patienten gerecht zu werden, haben wir im März 2018 einen neuen Standort mit einem besonderen Therapieangebot geschaffen. Seit über zwei Jahren fordern und fördern wir unsere Patienten ganzheitlich und begleiten Sie auf dem Weg in ein selbstständiges und aktives Leben. im Haus, so dass unseren Patienten eine ganzheitliche Behandlung aus einer Hand ermöglicht wird. Mit unserer modernen Praxisausstattung, inklusive der Geräte und Hilfsmittel, unterstützen wir Sie bestmöglich auf dem Weg der Genesung. Wir behandeln alle neurologischen Erkrankungen. Insbesondere Schlaganfallpatienten, Menschen mit einer Parkinson Erkrankung oder Multipler Sklerose.
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