Nervensystem Anatomie und Physiologie Überblick

Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das die Kommunikation und Koordination aller Körperfunktionen ermöglicht. Es besteht aus dem zentralen Nervensystem (ZNS), welches Gehirn und Rückenmark umfasst, und dem peripheren Nervensystem (PNS), das Nervenbahnen beinhaltet, die sich in alle Regionen des Körpers erstrecken. Zusätzlich wird kurz auf das vegetative (autonome) Nervensystem eingegangen, das Anteile sowohl im ZNS als auch im PNS aufweist.

Wichtig: Die hier vorgenommene Einteilung und Beschreibung von Strukturen des Zentralnervensystems berücksichtigt an verschiedenen Stellen auch die damit in Verbindung stehenden Anteile des peripheren Nervensystems.

Anmerkung: Die Informationen erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, und Einzelheiten sollten Sie immer persönlich mit Ihrem Behandlungsteam erörtern. Die Informationen dienen als Grundlage für ein besseres Verständnis der Probleme, die ein Tumor im Nervensystem verursachen kann, und somit auch dazu, die Behandlungsstrategien für die betroffenen Patienten besser nachvollziehen zu können.

Die Hauptbestandteile des Nervensystems

Das Nervensystem des Menschen wird in zwei Hauptbereiche unterteilt:

  • Zentralnervensystem (ZNS): Bestehend aus Gehirn und Rückenmark.
  • Peripheres Nervensystem (PNS): Umfasst alle neuronalen Komponenten, die sich aus dem ZNS fortsetzen und außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegen.

Das ZNS empfängt Informationen vom PNS, verarbeitet diese und sendet Befehle mit passenden Reaktionen zurück an das PNS. Die Nervenbahnen, die Informationen vom PNS zum ZNS leiten, werden als afferent bezeichnet.

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Funktionelle Unterteilung des peripheren Nervensystems

Das periphere Nervensystem lässt sich funktionell in zwei Bereiche untergliedern:

  • Vegetatives (autonomes) Nervensystem: Steuert unwillkürliche Prozesse wie Verdauung und Hormonausschüttung. Es besteht aus dem sympathischen, parasympathischen und enterischen Nervensystem.
  • Somatisches Nervensystem: Ermöglicht willentliche Steuerung des Körpers, z.B. bewusste Bewegungen. Es wird auch animalisches oder willkürliches Nervensystem genannt. Es umfasst alle bewussten und willentlichen Prozesse in deinem Körper, also jene, die du absichtlich steuern und beeinflussen kannst.

Das autonome Nervensystem (ANS) überwacht und steuert die Funktionen der inneren Organe.

Das Gehirn: Die Kommandozentrale

Das Gehirn ist das zentrale Organ des Nervensystems und besteht aus etwa 100 Milliarden Neuronen. Es wird orientierungsweise in fünf größere Abschnitte unterteilt:

  • Großhirn
  • Zwischenhirn
  • Mittelhirn
  • Kleinhirn
  • Nachhirn

Umgeben ist das Gehirn von drei Hautschichten. Die äußere Hülle (harte Hirnhaut) ist innen mit den Schädelknochen fest verbunden. Zwischen der inneren und der mittleren Haut befindet sich Flüssigkeit, die bei Erschütterungen wie eine Art Stoßdämpfer wirkt und somit zum Schutz des Gehirns beiträgt. Im Inneren des Gehirns befinden sich vier Hohlräume (Hirnkammern), die mit Gehirnflüssigkeit gefüllt sind.

Das Gehirn wiegt etwa 1.400 Gramm. Dabei ist das Gehirn von Männern im Durchschnitt etwas größer und schwerer als das von Frauen, wobei dieser Größenunterschied keine unmittelbaren Rückschlüsse auf geistige Merkmale wie die Intelligenz zulässt. Das Älterwerden geht nicht spurlos an unserem Gehirn vorüber.

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Die Großhirnrinde

Das Großhirn, dessen Entwicklung den Menschen mit all seinen einzigartigen und vielfältigen Fähigkeiten erst ermöglicht, nimmt 80% der Hirnmasse ein. Es besteht aus einer rechten und einer linken Großhirnhälfte, die durch einen breiten und dicken Nervenstrang (den „Balken“) miteinander verbunden sind. Die äußere Schicht des Großhirns bildet die Großhirnrinde. Sie ist 2 bis 3 Millimeter dick und wird auch, wegen ihres Aussehens, als graue Substanz bezeichnet. Ihre graue Farbe erhält die Großhirnrinde von den Zellkörpern der Neurone. Unterhalb der Großhirnrinde befindet sich die weiße Substanz.

Teamwork der Hirnhälften

Es gibt zwei Gehirnhälften, die gemeinsam arbeiten: Rechts steuert links und umgekehrt - die beiden Teile des Gehirns arbeiten gewissermaßen spiegelverkehrt. Die linke Hemisphäre ist für die rechte Körperhälfte zuständig, der rechte Hirnabschnitt für die linke Seite. Die beiden Hemisphären sind über eine Brücke (Corpus callosum) miteinander verbunden, über die Informationen ausgetauscht werden können. Dies ist absolut notwendig, denn keine Hirnhälfte kann vollkommen für sich allein agieren. Teamwork ist ein Muss!

Neuronen: Die Bausteine des Nervensystems

Neuronen, auch Nervenzellen genannt, sind die fundamentalen Bausteine des Nervensystems. Sie bilden zusammen mit den Gliazellen das Nervensystem. Sie sind spezialisiert auf die Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung von Informationen in Form von elektrischen und chemischen Signalen.

Aufbau eines Neurons

Eine Nervenzelle besteht aus:

  • Zellkörper (Soma): Enthält den Zellkern und die Organellen.
  • Dendriten: Kurze, verzweigte Fortsätze, die Signale von anderen Neuronen empfangen. Sie sind vergleichbar mit Empfangsantennen. Die Dendriten nehmen Signale aus dem Körper auf.
  • Axon: Ein langer Fortsatz, der Signale an andere Neuronen, Muskelzellen oder Drüsenzellen weiterleitet. Es fungiert gewissermaßen als Sendemast und kann über einen Meter lang sein. Das Axon leitet Signale zu einem anderen Axon, zu einer Drüsenzelle oder einer Muskelfaser weiter.
  • Myelinscheide: Eine isolierende Schicht um das Axon, die die Geschwindigkeit der Signalübertragung erhöht. Umgeben ist das Axon von Gliazellen.
  • Synapsen: Kontaktstellen zwischen Neuronen, an denen die Signalübertragung stattfindet. Sie übertragen die Informationsreize von einer Zelle auf die nächste. Sie geben das elektrische Signal des Axons an die nächste Nervenzelle weiter.

Die Länge der Axone und Dendriten reicht von wenigen tausendstel Millimeter bis zu über einem Meter. Neben den Neuronen enthält das Nervensystem Gliazellen und ein dichtes Netz von Blutgefäßen, das die ausreichende Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellt.

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Signalübertragung im Neuron

  1. Empfang: Dendriten empfangen Signale von anderen Neuronen.
  2. Weiterleitung: Das Signal wird durch den Zellkörper zum Axonhügel geleitet.
  3. Übertragung: Das Axon leitet das Signal entlang seiner Länge weiter.
  4. Synapse: An der Synapse wird das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt, um es an die nächste Zelle zu übertragen. Für die Weiterleitung eines Signals an der Synapse wird das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt. - an die nächste Zelle.

Myelinscheide und Reizweiterleitung

Damit die Informationen bei dieser Länge nicht zu langsam übermittelt werden, ist das Axon abschnittsweise von sogenannten Myelinscheiden umschlossen - speziellen Zellen, die sich mehrfach um das Axon herumwickeln und es elektrisch isolieren. Axon und Hülle zusammen bilden eine (markhaltige) Nervenfaser.

Die nicht isolierten schmalen Lücken zwischen den einzelnen Myelinscheiden eines Axons werden Ranviersche Schnürringe genannt. Bei der Reizweiterleitung entlang des Axons "springen" die elektrischen Impulse von Schnürring zu Schnürring (die Bereiche dazwischen sind, wie erwähnt, durch die Myelinscheiden elektrisch isoliert). Die Erregungsleitung wird dadurch deutlich beschleunigt, sie liegt bei etwa 100 Metern pro Sekunde - im Vergleich zu 10 Metern pro Sekunde bei Nervenzellen ohne Myelinschicht.

Aufgrund verschiedener Erkrankungen kann die Isolierung der Axone defekt sein: So greift bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) das fehlgeleitete Immunsystem die Myelinscheiden an und zerstört sie stellenweise. In der Folge klappt die Informationsweiterleitung entlang des betroffenen Axons nicht mehr reibungslos - es kommt zu Symptomen wie Lähmungen, Gefühls- und Sehstörungen.

Synapsen und neuronale Netzwerke

Als Neugeborener hat der Mensch etwa ebenso viele Nervenzellen wie im Erwachsenenalter. Während des Heranwachsens werden die Neuronen aber immer stärker miteinander verschaltet - aus gutem Grund: Je engmaschiger das Nervenzell-Netzwerk, desto leistungsfähiger ist das Gehirn. Die Kontaktstellen zwischen den einzelnen Neuronen nennt man Synapsen.

Synapsen gibt es übrigens auch zwischen Nervenzellen und Muskelzellen. So können Nervenimpulse beispielsweise dem Bizeps im Oberarm "befehlen", sich zu kontrahieren - damit die Hand den Kaffeebecher zum Mund führen kann.

Reize registrieren, verarbeiten, weiterleiten

Alle Reize, die von außen kommen (z.B. Kälte) oder im Körper selbst entstehen (z.B. Zahnschmerzen), werden von Nerven registriert und in Form von elektrischen Impulsen ans Gehirn weitergeleitet. In der Zentrale im Kopf können die Informationen ausgewertet und bei Bedarf miteinander verknüpft werden. Ein Beispiel: Aus einem Hitzeempfinden in der Hand, die - wie die Augen melden - eine Tasse hält, kombiniert das Gehirn, dass der Kaffee im Becher noch sehr heiß ist.

Das Gehirn sendet schließlich auch seinerseits elektrische Signale aus, etwa um Körperbewegungen auszulösen (z.B. Augenzwinkern, Handheben) oder die Funktion der inneren Organe zu regulieren (wie die Ausschüttung von Magensaft). Und nicht zu vergessen: Denken, lachen, lesen, lernen - all das und noch viel mehr hält das Gehirn ebenfalls permanent auf Trab und bringt die Neuronen dazu, in jeder Millisekunde unzählige Impulse durchs Netzwerk zu schießen - ein endloses Feuerwerk.

Neurologische Erkrankungen

Neurologische Erkrankungen sind Erkrankungen des Nervensystems. Sie sind entweder durch einen Gendefekt angeboren oder entstehen im Laufe des Lebens. Hierfür können zum Beispiel eine Infektion, ein Trauma oder eine Rückbildung (Degeneration) verantwortlich sein.

Beispiele für neurologische Erkrankungen:

  • Multiple Sklerose (MS): Eine Autoimmunerkrankung, bei der die Myelinscheiden der Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark angegriffen werden.
  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine neurodegenerative Erkrankung, die die Motoneurone betrifft und zu Muskelschwäche und Lähmungen führt. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine sporadisch auftretende oder vererbte neurodegenerative Erkrankung der ersten und zweiten Motoneurone.
  • Läsion des ersten Motoneurons: Mehrzahl an Defiziten, die nach einer Schädigung eines ersten Motoneurons (z. B. Schlaganfall) auftreten können. Neurologische Untersuchung, Spastik und Klonus.
  • Läsion des zweiten Motoneurons: Mehrzahl an Defiziten, die nach einer Schädigung eines zweiten Motoneurons (z. B. Trauma oder Impingement) auftreten können. Anzeichen und Symptome können Lähmung oder Parese, Muskelatrophie, Areflexie und Fibrillationen umfassen.

Prozesse ohne bewusste Steuerung

In deinem Körper gibt es auch Prozesse, die zwar mit Bewegungen deines Körpers zusammenhängen und somit eine Reaktion auf deine Umwelt sind, die aber nicht bewusst gesteuert werden.

Zusammenfassung

Das Nervensystem ist ein komplexes und lebenswichtiges System, das die Grundlage für unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Handeln bildet. Es besteht aus dem zentralen und peripheren Nervensystem, die durch Neuronen und Synapsen miteinander verbunden sind. Das Verständnis der Anatomie und Physiologie des Nervensystems ist entscheidend für das Verständnis neurologischer Erkrankungen und die Entwicklung von Behandlungsstrategien.

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