Das Nervensystem (NS) der Schnecke, einem Weichtier (Mollusken), ist ein faszinierendes Beispiel für die Vielfalt an Nervensystemen im Tierreich. Weichtiere umfassen Schnecken, Muscheln und Tintenfische (Kopffüßer, Cephalopoda). Die Entwicklung der Nervensysteme in diesem Tierstamm reicht von sehr einfach (Polyplacophora) bis hoch entwickelt (Cephalopoda mit starker Cephalisation und hoch entwickelten Sinnesorganen). Viele Mollusken besitzen ein Zentralnervensystem aus paarigen Ganglien, welche in verschiedenen Körperteilen lokalisiert und durch Kommissuren oder Konnektive miteinander verbunden sind. Meist verlaufen vier Stränge durch den Organismus. Ursprünglich sind bei den Mollusken fünf Hauptganglienpaare vorhanden: Cerebralganglien, die v. a.
Einführung
Das Nervensystem der Schnecke ist ein wichtiger Bestandteil ihres Körpers, der es ihr ermöglicht, auf ihre Umwelt zu reagieren und sich in ihr zu bewegen. Es ist wichtig zu verstehen, wie das Nervensystem der Schnecke funktioniert, um die Biologie und das Verhalten dieser faszinierenden Tiere besser zu verstehen.
Allgemeine Grundlagen des Nervensystems
Das Nervensystem (NS) ist ein Netzwerk aus Nervenzellen (Neuronen), die miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig beeinflussen. Die Neuronen dienen der Erzeugung elektrischer Erregung unter Aufnahme chemischer, mechanischer oder elektrischer Reize und der Umwandlung dieser Reize. In Form schwacher elektrischer Ströme können sie diese Erregung über ihre langen Fortsätze an andere Zellen weiterleiten. Dabei kann eine Nervenzelle bis ca. 10 000 oft sehr verschiedenartige Verknüpfungen mit anderen Nervenzellen eingehen. Die vielen Verästelungen im NS ermöglichen eine schnelle Informationsleitung und eine direkte Übertragung der Informationen an die entfernteren Zielorte. Das NS ist ein koordinierendes Organsystem und erfüllt folgende Aufgaben:
- Die Wahrnehmung der unterschiedlichen Reizarten mithilfe von Sinneszellen (Rezeptoren).
- Die Informationsverarbeitung und -speicherung auf allen Ebenen des Nervensystems.
- Die Beantwortung der Informationen mit entsprechenden Verhaltensweisen bzw. die Steuerung der Funktionsweise innerer Organe.
Mit der Entwicklung des zweiseitig (bilateral) gleichartigen (symmetrischen) Körperbaus und der damit zusammenhängenden Kopfausbildung (Cephalisation) fand eine fortschreitende Zentralisation des NS statt. Auch die gerichtete Fortbewegung spielt bei dieser Entwicklung eine wesentliche Rolle. Ein dementsprechend bilateralsymmetrisches NS besteht aus einem peripheren NS (PNS) und einem zentralen NS (ZNS). Das ZNS setzt sich aus dem Gehirn im Kopfteil und einem oder zwei von ihm ausgehenden Marksträngen zusammen. Markstränge sind Bündel von Nervenfasern, die längs am Körper verlaufen. Sie sind die Hauptleitungen für die Übertragung der elektrischen Impulse zwischen Gehirn und PNS. Ein Markstrang enthält Zellkörper, die sensorische Informationen aufnehmen und in Signale für die Erfolgsorgane umwandeln können. Aus Verdickungen dieser Markstränge im Kopfbereich entwickelte sich im Laufe der Evolution das Gehirn. Das periphere NS enthält Nerven, die Informationen vom ZNS zu den Endorganen leiten oder umgekehrt von den Sinnesorganen zum ZNS.
Das Nervensystem der Schnecke im Detail
Das Nervensystem der Schnecke ist, wie bei allen Weichtieren, von einem Strickleiternervensystem abgeleitet. Im Folgenden werden die wesentlichen Bestandteile und ihre Funktionen erläutert:
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1. Strickleiternervensystem
Das Strickleiternervensystem der Schnecke besteht aus paarigen Ganglien oder Nervenknoten, die durch längs und quer verlaufende Nervenstränge verbunden sind. Die Ganglien werden je nach Lage als Cerebralganglien (das "Gehirn" der Schnecke), Pedalganglien (zuständig für die Nerven im Fuß) und Pleuralganglien (oft mit den Cerebralganglien verbunden und zuständig für die Nervenverbindungen im Mantel und im Vorderkörper) bezeichnet.
2. Ganglien
Viele Mollusken besitzen ein Zentralnervensystem aus paarigen Ganglien, welche in verschiedenen Körperteilen lokalisiert und durch Kommissuren oder Konnektive miteinander verbunden sind. Meist verlaufen vier Stränge durch den Organismus. Ursprünglich sind bei den Mollusken fünf Hauptganglienpaare vorhanden: Cerebralganglien, die v. a. Die sensorischen Zentren sind im Cerebralganglion lokalisiert. Die übrigen Ganglienpaare haben sich zu einem Unterschlundganglion zusammengeschlossen und enthalten die motorischen Zentren.
3. Nervenstränge
Die Nervenstränge dienen der Informations- und Reizleitung im Körper der Schnecke. Sie verbinden die einzelnen Ganglien miteinander und ermöglichen so die Koordination der verschiedenen Körperfunktionen.
4. Ringförmiger Nervenstrang
Auch der ringförmige Nervenstrang ist Teil des Strickleiternervensystems und verbindet die Ganglien miteinander. Er umgibt die Speiseröhre (Ösophagus).
5. Sinnesorgane
Die Sinnesorgane der Schnecke sind mit dem Nervensystem verbunden und ermöglichen es ihr, ihre Umwelt wahrzunehmen. Zu den Sinnesorganen der Schnecke gehören:
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- Fühler: Wasserschnecken haben paarige Fühler. Mit den Fühlern tastet die Wasserschnecke, aber es liegen auch große Mengen an Geruchssinneszellen auf ihnen, sie dienen also auch als Geruchssinnesorgan. Auch im weichen Teil des Fußes und im Mantelgewebe der Wasserschnecke liegen Tastsinneszellen.
- Augen (Ocellen): Die Augen (Ocellen) der Wasserschnecken liegen im Gegensatz zu den Landschnecken an der Fühlerbasis, nicht an der Fühlerspitze. Die Augen der Wasserschnecken ermöglichen ihnen zumindest ein Hell-Dunkel-Sehen und die Orientierung zur Lichtquelle hin.
- Osphradien: Bei den Osphradien handelt es sich um Chemorezeptoren, die Teil des Geruchssinnesapparates der Wasserschnecken sind. Sie liegen nicht notwendigerweise hinten im Gehäuse, sondern können auch vorne am Kopf sitzen.
- Statocysten: Als Statocysten bezeichnet man die Gleichgewichtsorgane der Wasserschnecken. Sie bestehen aus einer mit Flüssigkeit gefüllten Blase, die einen oder mehrere Kalk- oder Sandkörner, die Statolithen, beinhaltet. Bei Bewegung reizt der Statolith die Sinneshärchen, die innen an der Hülle des Statocysten sitzt. Dieser Reiz dient der räumlichen Orientierung der Schnecke.
6. Gehirn
Das Gehirn der Schnecke besteht aus den Cerebralganglien und dient der Koordination der Sinnesorgane und der Steuerung des Verhaltens. Es befindet sich ebenfalls in der Kopfregion des Organismus.
Funktion des Nervensystems der Schnecke
Das Nervensystem der Schnecke erfüllt eine Vielzahl von Funktionen, die für das Überleben der Schnecke unerlässlich sind. Zu den wichtigsten Funktionen gehören:
- Wahrnehmung der Umwelt: Das Nervensystem ermöglicht es der Schnecke, ihre Umwelt wahrzunehmen und auf Reize wie Licht, Berührung, Geruch und Geschmack zu reagieren.
- Fortbewegung: Das Nervensystem steuert die Muskeln, die für die Fortbewegung der Schnecke verantwortlich sind.
- Nahrungsaufnahme: Das Nervensystem steuert die Muskeln, die für die Nahrungsaufnahme der Schnecke verantwortlich sind.
- Fortpflanzung: Das Nervensystem steuert die Fortpflanzungsorgane der Schnecke.
- Lernen und Gedächtnis: Auch wenn das Nervensystem von Schnecken, im Vergleich zu Wirbeltieren, eher einfach aufgebaut ist, sind sie in der Lage zu lernen und ihr Verhalten aufgrund vorheriger Erfahrungen anzupassen. In Experimenten hat man beispielsweise herausgefunden, dass die wasserlebenden Spitzhornschnecken (Lymnaea stagnalis) erlernen können, einen unangenehmen Reiz durch eine Änderung ihres Verhaltens zu meiden. Auch den Geruch von Fressfeinden oder von Nahrung können Schnecken erlernen.
Besonderheiten des Nervensystems verschiedener Schneckenarten
Die Entwicklung der Nervensysteme in diesem Tierstamm reicht von sehr einfach (Polyplacophora) bis hoch entwickelt (Cephalopoda mit starker Cephalisation und hoch entwickelten Sinnesorganen).
Cephalopoden
Den höchsten Grad der Gehirnbildung in dieser Gruppe haben die Cephalopoden erreicht. Die sensorischen Zentren sind im Cerebralganglion lokalisiert. Die übrigen Ganglienpaare haben sich zu einem Unterschlundganglion zusammengeschlossen und enthalten die motorischen Zentren.
Die Verbindungen zwischen den Ganglienpaaren sind zugunsten der Verschmelzung stark reduziert. Diese Organisation entspricht einem hoch entwickelten Gehirn und zeichnet sich zusätzlich durch Riesen-Axone (Axon = Nervenzellbahn) aus. Am Kopf befinden sich leistungsfähige Augen mit Linsen, welche von innen durch Knorpelgewebe umschlossen und geschützt werden. Beispielsweise gehören Kraken zu den intelligentesten wirbellosen Tieren. Sie sind in der Lage, gezielt Gegenstände aus verschlossenen Gläsern mit Schraubverschluss herauszuholen. Damit gelten sie als intelligenter als z. B. Reptilien.
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Aufgrund ihrer Riesen-Nervenzellen und -bahnen sind Kopffüßer und auch Schnecken wichtige Untersuchungsmodelle für die neurobiologische Forschung. Zum Beispiel wurden grundlegende Erkenntnisse über den Mechanismus der Entstehung eines Aktionspotenzials (AP) an den Riesen-Axonen des Tintenfischs gewonnen. Besonders wichtig war die Aufklärung der Grundlagen der Nervenleitung an Riesen-Nervenfasern von Kalmaren.
Aplysia
So besitzt die marin lebende Schnecke Aplysia sehr große Neuronen, die sich experimentell leicht manipulieren lassen. Das gesamte NS dieser Schnecke besteht aus ca. 20 000 Neuronen.
Bedeutung für die Forschung
Aufgrund ihrer Riesen-Nervenzellen und -bahnen sind Kopffüßer und auch Schnecken wichtige Untersuchungsmodelle für die neurobiologische Forschung. Zum Beispiel wurden grundlegende Erkenntnisse über den Mechanismus der Entstehung eines Aktionspotenzials (AP) an den Riesen-Axonen des Tintenfischs gewonnen. Besonders wichtig war die Aufklärung der Grundlagen der Nervenleitung an Riesen-Nervenfasern von Kalmaren. Schnecken werden häufig für Untersuchungen zur Regeneration von Neuronen, der Funktion von Neurotransmittern sowie der Erforschung der Mechanismen des Lernens und Gedächtnisses eingesetzt.
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