Neurologe Bandscheibenvorfall LWS: Diagnose und Behandlung

Ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule (LWS) ist eine weit verbreitete Ursache für Rückenschmerzen, die Menschen jeden Alters betreffen kann. Die gute Nachricht ist, dass die überwiegende Mehrheit der Bandscheibenvorfälle - etwa 90 % - erfolgreich konservativ behandelt werden kann, ohne dass ein chirurgischer Eingriff notwendig ist.

Was ist ein Bandscheibenvorfall?

Ein Bandscheibenvorfall, auch als Diskushernie bekannt, tritt auf, wenn das weiche Material innerhalb einer Bandscheibe (Nucleus pulposus) durch Risse in der äußeren Schicht der Bandscheibe (Anulus fibrosus) austritt. Dies kann Druck auf die umliegenden Nerven oder das Rückenmark ausüben und Schmerzen, Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Schwäche in den Beinen verursachen.

Insgesamt dienen 23 Bandscheiben in der Wirbelsäule als Puffer und federn die Bewegungen der Wirbelkörper ab. Erst die Bandscheiben ermöglichen die enorme Beweglichkeit der Wirbelsäule und verteilen den Druck, der auf der Wirbelsäule lastet, gleichmäßig. Bereits ab etwa dem 20. Lebensjahr werden unsere Bandscheiben zusehends schlechter mit Nährstoffen versorgt und der äußere Faserring (Anulus fibrosus) bildet immer mehr kleine Risse. Damit wird die Hülle anfälliger für Verletzungen. Der Gallertkern der Bandscheibe (Nucleus pulposus) dringt bei Belastung in die feinen Risse des Faserrings ein. Hierdurch kann es zu einer Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) bis hin zu einem kompletten Riss (Ruptur) des Faserrings kommen.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für einen Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule - auch Prolaps oder Diskusprolaps genannt - sind vielfältig und können z.B. auch genetisch bedingt sein (Veranlagung). In vielen Fällen sind abrupte Dreh- oder Beugebewegungen der Auslöser für einen Einriss des Faserrings. Faktoren wie Haltungsfehler bei der Arbeit, aber auch Übergewicht, eine schwache Rückenmuskulatur oder dauerhafte Tätigkeiten im Sitzen erhöhen das Risiko. Gelegentlich tritt ein Bandscheibenvorfall auch während der Schwangerschaft auf. Auch können Verletzungen am Rücken oder Brüche zu degenerativen Veränderungen an den Wirbelkörpern und in Folge dessen zu Beschwerden an der Lendenwirbelsäule führen. Ungewohnte Kälte- bzw.

Die in der Evolution erfolgte Anpassung der menschlichen Wirbelsäule an den aufrechten Gang liegt in der menschlichen Entwicklung relativ kurz zurück. Normale Alterungsprozesse, Bewegungsmangel und sitzende berufliche Tätigkeiten wirken sich negativ auf die Gesundheit der Bandscheibe aus. Ihre Versorgung mit Nährstoffen und Wasser ist herabgesetzt und sie verliert an Höhe und Elastizität. Haltungsfehler und Fehlstellungen der Wirbelsäule: z. B.

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Meist geht dem Riss des Faserknorpels ein längerer, degenerativer Prozess voraus. Die Bandscheibendegeneration ist ein Rückgang der normalen Bandscheibenfunktion, meist aufgrund einer Störung im Stoffwechsel. Eine Degeneration der Bandscheibe betrifft bereits 30 Prozent der 30- bis 35-Jährigen, dabei sind die meisten in diesem Alter noch beschwerdefrei. Die Bandscheibendegeneration verläuft in mehreren Stadien. Bei der intakten Bandscheibe ist der flüssige Bandscheibenkern (Nucleus pulposus) von dem zähen Anulus fibrosus umgeben. Gibt diese zähe Bandscheibenhülle unter dem Druck des Gallertkernes nach, liegt eine Bandscheibenprotrusion vor: Die Bandscheibe wölbt sich vor. Erst wenn das gallertartige Innere der Bandscheibe nach außen tritt, spricht man von einem Bandscheibenvorfall. Im letzten Stadium bildet sich ein Sequester. Der Nucleus pulposus hat sich dann vollständig aus dem Inneren der Bandscheibe gelöst.

Besonders eine Fehlhaltung sowie das kontinuierliche Arbeiten in einer unveränderten Position, welche unabhängig von der Schwere der Belastung ist, können das Auftreten eines Bandscheibenvorfalles begünstigen. Auch eine geringe körperliche Fitness sowie eine schwach ausgebildete Rumpfmuskulatur sind begünstigend.

Bei Bandscheibenvorfällen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind Männer häufiger als Frauen betroffen. Typischerweise treten Beschwerden in der 3. und 4. Lebensdekade auf.

Symptome eines Bandscheibenvorfalls LWS

Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) kann verschiedene Symptome verursachen, die je nach Schweregrad und betroffenem Nerv variieren.

  • Rückenschmerzen: Die Schmerzen im Rücken werden häufig als andauernd und stechend beschrieben. Bereits bei kleinster Bewegung verstärken sich die Schmerzen. Sie verstärken sich ebenfalls, wenn die Betroffenen etwas heben oder sich nach vorne beugen.
  • Ausstrahlende Schmerzen: Die Schmerzen sind oftmals nicht genau lokalisierbar und werden von den betroffenen Patientinnen und Patienten meist in den Bereichen über dem 4. und 5. Lendenwirbel angegeben. Meistens wird über Schmerzen geklagt, die als „Hexenschuss“ in das Gesäß, das Bein oder sogar bis in die Füße ziehen. Die Betroffenen können oftmals nicht mehr auf den Fersen oder den Fußspitzen stehen oder gehen.
  • Muskelschwäche: Vor allem in den Beinen oder Füßen, z.B.
  • Sensibilitätsstörungen: Ein Kribbeln in den Fingern oder Zehen. Lähmungserscheinungen oder Sensibilitätsstörungen im Arm oder Bein.

Welche Beschwerden auftreten, hängt davon ab, in welcher Höhe der Bandscheibenvorfall vorliegt und welche Richtung er nimmt. Nicht jeder Bandscheibenvorfall, der in unserem MRT oder während des Röntgens erkannt wird, ist auf auftretende Beschwerden bei den Patientinnen und Patienten zurückzuführen. Die Ausprägung und Schmerzintensität der Patient:innen kann sehr unterschiedlich ausfallen. Sollten Sie sich unsicher sein und leichte Schmerzen verspüren oder Symptome bemerken, sollten Sie unbedingt einen Facharzt bzw. eine Fachärztin aufsuchen.

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Die Schmerzen sind oftmals nicht genau lokalisierbar und werden von den betroffenen Patientinnen und Patienten meist in den Bereichen über dem 4. und 5. Lendenwirbel angegeben. Meistens wird über Schmerzen geklagt, die als „Hexenschuss“ in das Gesäß, das Bein oder sogar bis in die Füße ziehen. Die Betroffenen können oftmals nicht mehr auf den Fersen oder den Fußspitzen stehen oder gehen.

Diagnose eines Bandscheibenvorfalls LWS

Die Diagnose beginnt mit einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung. Der Arzt befragt die Patienten zu ihren Symptomen, ihrer medizinischen Vorgeschichte und führt eine gründliche Untersuchung durch, um die betroffenen Nervenbahnen und die Schmerzintensität zu identifizieren.

Diagnostik und Therapie der Bandscheibenvorfälle fallen in das Fachgebiet des Neurologen. Am Anfang stehen eine genaue Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese) und eine fachärztliche, klinisch-neurologische Untersuchung. Danach erfolgt die Untersuchung der peripheren Nerven mit elektrophysiologischen Methoden. Hierbei werden überwiegend die Nervenleitgeschwindigkeit und die Reizantwortstärke der betroffenen Nerven vermessen. Begleitet wird dies durch ein EMG (Elektromyographie - elektrische Untersuchung der betroffenen Muskeln mit einer Nadel).

Zur genaueren Diagnose nutzen wir bildgebende Verfahren. Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist dabei der Goldstandard, da sie detaillierte Bilder der Bandscheiben, Nerven und des umliegenden Gewebes liefert. Durch diese umfassenden diagnostischen Methoden können wir nicht nur einen Bandscheibenvorfall bestätigen, sondern auch andere mögliche Ursachen für die Rückenschmerzen ausschließen.

Eine Kernspintomographie der Hals - oder Lendenwirbelsäule ist erforderlich, um das Ausmaß des Bandscheibenvorfalles festzustellen.

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Eine Röntgenaufnahme der Wirbelsäule von vorne und von der Seite gibt dem Arzt indirekt Auskunft über die Bandscheiben. Denn obwohl sich die Bandscheiben im Röntgenbild nicht darstellen lassen, kann der Mediziner die so genannten Zwischenwirbelräume beurteilen, in denen sie sich befinden. Sind die Räume zwischen den einzelnen Wirbelkörpern stark verengt, ist dies bei bestehenden Beschwerden ein Hinweis auf eine Bandscheibenschädigung. Diese Untersuchung ist aber bei typischer Symptomatik überflüssig.

Konservative Behandlungsmethoden

Die überwiegende Mehrheit der Bandscheibenvorfälle - etwa 90 % - lässt sich erfolgreich konservativ behandeln, ohne dass ein chirurgischer Eingriff notwendig ist.

In der Akutphase ist ggf. bei starken Schmerzen eine vorübergehende und teilweise Ruhigstellung notwendig. Zur Lockerung der Muskulatur können Wärmeanwendungen sowie muskelentspannende Medikamente eingesetzt werden. Nach Abklingen der schweren akuten Schmerzen sollten dann mit spezifischer Physiotherapie eine Mobilisation und ein Muskelaufbau erfolgen.

  • Infiltrationstherapien: In unserer Praxis setzen wir gezielt auf Infiltrationstherapien, um Schmerzen zu lindern und die Heilung zu fördern. Infiltrationen sind besonders wirksam, da sie eine hohe Konzentration der Medikation unmittelbar an den Ort des Geschehens bringen. Dies führt zu einer schnellen Schmerzlinderung und einer Reduzierung der Entzündung, was den natürlichen Heilungsprozess des Körpers unterstützt.
  • Osteopathie und Physiotherapie: In unserer Praxis setzen wir auf eine integrative Behandlungsstrategie, die Osteopathie und Physiotherapie kombiniert, um Bandscheibenbeschwerden effektiv und ganzheitlich zu behandeln. Die Osteopathie verwendet sanfte, manuelle Techniken, um Spannungen zu lösen, die Mobilität zu verbessern und die natürliche Balance des Körpers wiederherzustellen. Parallel dazu setzt die Physiotherapie gezielte Übungen und Behandlungstechniken ein, um die Muskulatur zu stärken, die Haltung zu korrigieren und die Beweglichkeit zu erhöhen.
  • CT-gesteuerte Mikrotherapie (periradikuläre Therapie): Durch die CT- gesteuerte Mikrotherapie (periradikuläre Therapie) können wir schonend, wenig belastend und effektiv die Schmerzen durch einen Bandscheibenvorfall lindern. Diese erfolgt ambulant und im Regelfall in einem Abstand von sieben Tagen. In besonderen Fällen ist auch die stationäre Aufnahme der Patienten möglich. Hier werden sie einer kurzen Schmerztherapie unterzogen.
  • Mikrotherapie: Bei der Behandlung eines Bandscheibenvorfalls LWS mit der Mikrotherapie wird unter CT-Navigation eine feine Nadel in den knöchernen Wurzelkanal geführt. Dort werden abschwellende und schmerzstillende Medikamente um die Wurzel herum platziert. Die Mikrotherapie beim Bandscheibenvorfall muss im Wochenabstand zwei bis drei Mal wiederholt werden. In schweren Fällen können die Medikamente auch epidural eingebracht werden.

Operative Behandlungsmethoden

Während die Mehrheit der Bandscheibenvorfälle an der Lenden- (LWS) und Halswirbelsäule (HWS) erfolgreich mit konservativen Methoden behandelt werden kann, gibt es Situationen, in denen eine operative Intervention die beste Lösung ist.

Sollte auch nach Überprüfung der Therapie und Ausschöpfung konservativer Therapieverfahren bei einem Bandscheibenvorfall LWS keine erhebliche Besserung eintreten, ist eine Operation der Bandscheiben der nächste Schritt. Die klassische Lehrmeinung, den Bandscheibenvorfall nur bei akuten neurologischen Ausfällen oder drohender Querschnittslähmung zu operieren, ist überholt.

Sollten bei Ihnen bereits Lähmungen, beispielsweise im Bein, oder eine Rückenmarksschädigung bestehen, ist eine zeitnahe Operation der Bandscheibe angezeigt, um so die bestmöglichen Voraussetzungen einer Erholung dieser Einschränkungen zu schaffen, weitere negative Folgen zu vermeiden und Sie von Ihren Rückenschmerzen zu befreien.

Zu den operativen Verfahren gehören:

  • Mikrochirurgische Sequesterektomie: Wenn eine Operation erforderlich ist, führt Herr Dr. Christopoulos als goldenen Standard die mikrochirurgische Sequesterektomie durch. Dabei entfernt der Facharzt über einen kleinen 3-4 cm langen Hautschnitt und unter mikroskopischer Sicht den Bandscheibensequester.
  • Endoskopische Bandscheiben OP: Bei der endoskopischen Bandscheiben OP bleiben die für die Stabilität der Wirbelsäule wichtigen Muskeln und Bänder vollständig unangetastet. So sind wir in Schleswig-Holstein derzeit das einzige Krankenhaus, das in der Lage ist, beispielsweise einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einem endoskopischen Verfahren zu operieren. Bei dieser Methode operieren wir über einen noch kleineren Zugang als bei mikrochirurgischen Schnitten. Der Vorteil für Sie als Patientin beziehungsweise Patient: Die Wundheilung erfolgt spürbar schneller, das Risiko von Komplikationen ist äußerst gering.
  • Endoskopische Abrasion: In manchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, eine endoskopische Abrasion vorzunehmen. Hierbei wird neben der Entfernung des Bandscheibenvorfalls der Knochen des angrenzenden Wirbelkörpers mit kleinen Fräsen und Löffeln bearbeitet, sodass die Durchblutung angeregt wird. Zusätzlich dazu werden kleine Löcher in den Knochen gebohrt.

Prognose

Bei konservativer Behandlung liegt die Erfolgsquote über 90%. Abhängig vom Ausmaß des Bandscheibenvorfalles kommt es nach 1 Jahr bei ca. 75% der Patienten zu einer teilweisen oder kompletten Rückbildung des Vorfalles oder der Vorwölbung im Computertomogramm oder Kernspintomogramm der Lendenwirbelsäule. Bei operativer Behandlung werden in bis zu 90% der Fälle, die operationsbedürftig sind, befriedigende Resultate erzielt. Bei 5% allerdings kommt es zumeist durch Verwachsungen bedingt zu chronischen Schmerzen (Failed-back Syndrom).

Innerhalb von 4 Wochen kommt es bei 75% der Patienten unter konservativer Therapie zu einer guten Besserung der Beschwerden. Die konservative Therapie besteht aus Physiotherapie, physikalischer Therapie und Schmerztherapie. Insgesamt führt die konservative Therapie bei über 90% der Patienten im Endeffekt zur Beschwerdefreiheit. Nur ca. 10% der Patienten benötigen eine Operation. Zu bedenken ist weiterhin, dass 5-10 % der Patienten nach einer Operation weiterhin erhebliche Schmerzen oder Nervenausfälle haben, die z.T. gravierend und z.T. verschlechtert gegenüber der Ausgangssituation sind, das sogenannte "Failed-back Syndrom“. Dennoch wird in Deutschland zuviel Wirbelsäulen-Chirurgie durchgeführt. Vor einer Operation ist es zumeist ratsam eine 2. Meinung einzuholen.

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