Neuropathie und Nervenschmerzen: Ursachen und Behandlung

Neuropathie, oft begleitet von Nervenschmerzen, ist ein komplexes Krankheitsbild, das durch Schädigung oder Fehlfunktion des Nervensystems entsteht. Die Ursachen sind vielfältig und die Behandlung erfordert einen individuellen Ansatz. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Neuropathie und neuropathischen Schmerzen, von den Ursachen über die Symptome bis hin zu den vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Neuropathie?

Der Begriff Neuropathie fasst eine Reihe von Erkrankungen des peripheren Nervensystems zusammen. Unsere Nerven sind verantwortlich für die Bewegung und Muskelaktivität (motorische Nerven) und für eine Vielzahl von Wahrnehmungen (sensible Nerven). Schäden an diesen Nerven können den Informationsfluss zwischen Gehirn, Rückenmark und dem Rest des Körpers stören. Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, können unterschiedliche Beschwerden im Vordergrund stehen.

Die Neuropathie kann im Laufe des Lebens erworben (deutlich häufigiger) oder angeboren sein (seltener) - dann besteht sie schon von Geburt an.

Ursachen der Polyneuropathie

Ärzte kennen mehr als 200 verschiedene Ursachen für die Nervenkrankheit Polyneuropathie. Die Schädigungen an den peripheren Nerven können durch Entzündungsprozesse im Körper als Folge einer Autoimmunerkrankung oder einer Infektion mit bestimmten Viren bzw. Bakterien auftreten. Dafür bekannte Erkrankungen sind unter anderem Borreliose, Diphtherie oder Gürtelrose.

Die häufigsten Ursachen sind:

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  • Diabetes mellitus: Bis zu einem Drittel aller Menschen mit Diabetes Typ-1 und Diabetes Typ-2 entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Neuropathie. Menschen mit Diabetes erkranken in der Regel besonders früh und schwer an der Neuropathie, wenn sie Schwierigkeiten mit der Einstellung ihrer Blutzuckerwerte haben oder sich nicht ausreichend um ihren Blutzuckerspiegel kümmern. Je länger die Zuckerkrankheit besteht, desto höher steigt auch das Risiko, eine Polyneuropathie zu entwickeln. Nicht selten entstehen Nervenschäden bereits im Vorstadium des Diabetes (= Prädiabetes), also lange vor der eigentlichen Diagnose. Ein Vitamin-B1-Mangel kann solche Nervenschäden begünstigen.
  • Chronischer Alkoholkonsum: Alkohol gilt als „Nervengift“ und stört die Weiterleitung von Reizen und Signalen. Bei der Polyneuropathie aufgrund chronischen Alkoholmissbrauchs könnte auch eine Mangelernährung eine Rolle spielen - sie führt zu einem Vitaminmangel, unter anderem zu einer Unterversorgung mit Vitamin B1.
  • Vitamin-B12-Mangel: Etwa durch eine einseitige Ernährung - gefährdet sind zum Beispiel Menschen mit veganer Ernährungsweise, die komplett auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Eier und Milchprodukte verzichten. Auch nach einer Magenoperation, zum Beispiel wegen Magenkrebs, kann ein Mangel an Vitamin B12 eine Polyneuropathie hervorrufen.
  • Weitere Ursachen: Nierenkrankheiten, Lebererkrankungen, Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) oder Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Infektionen mit Viren und Bakterien, Autoimmunkrankheiten, Krebserkrankung (die Neuropathie kann ein erstes Warnsignal sein), Chemotherapie bei einer Krebserkrankung, Gifte.

Formen der Neuropathie bei Diabetes

Die Neuropathie bei Diabetes lässt sich in verschiedene Erscheinungsformen einteilen:

  • Symmetrische Polyneuropathie: Die Beschwerden beginnen in den Füßen, später erkranken auch die Hände und Beine. Die vom Körperzentrum am weitesten entfernten Nervenfasern erkranken zuerst. Mediziner sprechen auch von einem strumpf- und handschuhförmigen Muster. Meistens sind die Symptome beidseitig und auf symmetrisch verlaufende Areale begrenzt. Typisch für die Erkrankung sind gestörte sensorische Empfindungen wie Kribbeln, Taubheitsgefühle bis hin zu einer reduzierten Wahrnehmung von Schmerzen durch Verletzungen. Auch die Kommunikation zwischen Nerven und Muskulatur baut sich zunehmend ab. Etwa jeder dritte Diabetiker bekommt eine symmetrische Polyneuropathie. Das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt bei ca. 65 Jahren.
  • Autonome Neuropathie: Dabei nehmen jene Nerven Schaden, die mit Herzschlag, Blutdruck und Blutzucker in Verbindung stehen und die Tätigkeit der inneren Organe beeinflussen. Aber auch der Stoffwechsel, die Verdauung, Blasenfunktion oder Sexualität kann leiden. Die autonome Neuropathie tritt bei etwa der Hälfte aller Diabetiker nach einer Krankheitsdauer von ungefähr 20 Jahren auf.
  • Fokale Neuropathien: Hier sind nur wenige Nerven geschädigt. Typisch für diese Form ist, dass die Beschwerden sehr plötzlich auftreten und sich nicht wie sonst allmählich entwickeln. Am häufigsten kommt die diabetische Amyotrophie vor. Dabei ist die Durchblutung eines Beinnervengeflechtes gestört, was sich durch heftige Schmerzen am Oberschenkel, Bein oder an der Gesäßhälfte bemerkbar macht. Auch die Augenmuskeln können betroffen sein. Erkrankte sehen dann Doppelbilder oder verspüren Schmerzen hinter dem Auge.

Meist nimmt die Polyneuropathie ihren Anfang in den unteren Extremitäten. Es besteht das Risiko, dass sich ein diabetischer Fuß (diabetisches Fußsyndrom) entwickelt. In 85 bis 90 Prozent der Fälle ist eine Polyneuropathie an der Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms beteiligt.

Symptome der Neuropathie

Typische Symptome der Nervenkrankheit Polyneuropathie sind Kribbeln, Brennen und Taubheit, die anfangs an beiden Füßen und Beinen auftreten. Ihren Ursprung haben die Gefühlsstörungen in den langen Nerven, die Muskeln, Haut und Organe mit dem Gehirn verbinden.

Eine Polyneuropathie kann mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen, je nachdem, welche Nerven von der Erkrankung betroffen sind. Mediziner unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien. Manche Menschen sind auch von mehreren Formen der Polyneuropathie gleichzeitig betroffen. Eine Polyneuropathie kann akut, sich schnell verschlechternd oder chronisch verlaufen.

  • Sensible Polyneuropathie: Sensible Nerven senden Informationen von der Haut zum Gehirn. Beeinträchtigungen können zu Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln führen. Auch ein vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden ist möglich. Diese Form der Polyneuropathie merken Betroffene vor allem an Füßen oder Händen.
  • Motorische Polyneuropathie: Die motorischen Nerven leiten Signale vom Gehirn zu den Muskeln weiter. Eine Nervenschädigung kann Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe verursachen.
  • Vegetative Polyneuropathie: Das vegetative Nervensystem ist Bestandteil des peripheren Nervensystems - es koordiniert automatisierte Körperfunktionen wie das Verdauen, Atmen oder Schwitzen. Eine vegetative Polyneuropathie steht unter anderem mit Beschwerden wie Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktem Schwitzen in Verbindung - sie betrifft die Organfunktionen.

Betroffene berichten neben körperlichen Symptomen auch von weiteren Beschwerden - Erschöpfungszustände sind bei einer Polyneuropathie ebenfalls möglich. Oft leiden Betroffene unter brennenden, schneidenden oder stechenden Schmerzen.

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Neuropathische Schmerzen

Ein ganz anderes Schmerzempfinden als bei Rücken- oder Kopfschmerzen ist ein charakteristisches Anzeichen für neuropathische Schmerzen, auch Nervenschmerzen genannt. Selbst mit Tumorschmerzen sind die Nervenschmerzen nicht vergleichbar, genauso wenig wie mit allen anderen Arten des Schmerzes.

Neuropathische Schmerzen haben nämlich einen grundlegend anderen Ursprung. Sie entstehen als Folge einer Schädigung des Nervensystems, bei der im Verlauf die Schmerzbahn aktiviert wird, welche vom Bereich der Schädigung bis zum Gehirn reicht. Somit beschränken sich die Schmerzimpulse nicht nur auf den Bereich der Nervenendungen von Schmerzfasern in den Geweben des Körpers.

Wie äußern sich neuropathische Schmerzen?

Um zu überprüfen, ob es sich bei den auftretenden Schmerzen um Nervenschmerzen handelt, können das Verteilungsmuster, die Stärke und die Qualität als Bewertungskriterien herangezogen werden. Neuropathische Schmerzen zeichnen sich häufig durch Brennen, Bohren, Stechen oder ein einschießendes Gefühl aus. Auch Berührungsempfindlichkeit, die auch als Allodynie bezeichnet wird, kann ein Symptom darstellen, da hier selbst leichte Berührungen der Haut zu starken Schmerzen führen können.

Eine Schädigung des Nervensystems liegt oftmals auch vor, wenn Schmerzen mit einem Taubheitsgefühl einhergehen, das sich auf den Bereich eines sensorischen Nervs beschränkt oder das Verteilungsmuster des Schmerzes im Versorgungsgebiet einer geschädigten Nervenwurzel, eines Rückenmarkabschnittes oder Gehirnbereiches auftritt. Letzteres ist häufig in Verbindung mit einem Bandscheibenvorfall der Fall, bei der die fünfte Nervenwurzel betroffen ist.

Formen von neuropathischen Schmerzen

  • Neuropathische Schmerzen nach Schlaganfall, Rückenmarkschädigung, bei Multipler Sklerose
  • Komplex Regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
  • Postzosterische Neuralgie
  • Posttraumatische Neuralgie
  • Phantomschmerzen
  • HIV-Neuropathie
  • Trigeminusneuralgie
  • Polyneuropathie

Ursachen neuropathischer Schmerzen

Neben einem Bandscheibenvorfall, kann auch eine Polyneuropathie eine Ursache von neuropathischen Schmerzen darstellen. Diese Nervenerkrankung, die zeitgleich mehrere Nerven betrifft, kann beispielsweise im Zusammenhang Diabetes mellitus auftreten. Hierbei kommt es zu Brennschmerzen an den Füßen, Berührungsschmerzen an Händen und Füßen sowie Schädigungen der Nervenendigungen aufgrund des hohen Blutzuckerspiegels.

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Bei einer schmerzhaften Gürtelrose entstehen neuropathische Schmerzen in den kleinen Nerven der Haut. Dies kann zu einem Varizella-Zoster-Virus führen, welches sich nach einer Windpockeninfektion in den Nervenwurzeln von Rückenmark und Hirnnerven festsetzen kann. Ist das Immunsystem geschwächt, tritt es wieder auf und sorgt für Nervenschmerzen.

Auch Nervenquetschungen oder Nervendurchtrennungen nach Unfällen oder Operationen sowie das Krankheitsbild des Phantomschmerzes, bei dem Schmerzen in Gliedmaßen wahrgenommen werden, die zuvor bei einer eine Amputation entfernt wurden, können zu neuropathischen Schmerzen führen. Das Gleiche gilt für das Engpass-Syndrom, bei dem Nerven zusammengedrückt werden.

Diagnose der Neuropathie

Eine neurologische Facharztpraxis ist die richtige Anlaufstelle bei Polyneuropathie. Betroffene können sich aber auch an den Hausarzt wenden - diese erstellen eine Verdachtsdiagnose und überweisen zu einem Neurologen.

Um festzustellen, ob tatsächlich eine Polyneuropathie vorliegt, findet zuerst ein Gespräch statt. Dabei erkundigt sich der Mediziner nach der Krankengeschichte und nach den vorliegenden Beschwerden. Von Interesse ist etwa, ob den Betroffenen das Gehen Probleme bereitet oder ob sie feinmotorische Einschränkungen der Hände oder Finger haben. Relevant ist auch, ob die Betroffenen Schmerzen haben und wie stark die Schmerzen sind.

Auch eine körperliche Untersuchung ist wichtig. Dabei prüft der Mediziner, ob Muskeln gelähmt oder geschwächt sind. Einschränkungen beim Reizempfinden oder eine Beeinträchtigung der Reflexe können bei der körperlichen Untersuchung ebenfalls auffallen.

Um den Ursachen auf den Grund zu gehen und um herauszufinden, welche Nerven wie stark geschädigt sind, gibt es zahlreiche Untersuchungsmethoden.

  • Elektroneurographie: Bei der Elektroneurographie wird ein Elektrodenset im Gebiet des Nervenverlaufs auf die Haut geklebt - so lassen sich die elektrischen Impulse der Nerven messen. Die Untersuchung hilft dabei, herauszufinden, wie die Nervensignale transportiert und im Körper verteilt werden - Nervenschädigungen führen zu einem auffälligen Ergebnis und geben Hinweise zur Abgrenzung der Nervenausfälle. Zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit wird Strom durch die Nervenbahnen geschickt.
  • Elektromyographie: Macht deutlich, ob und wie stark die Muskeln auf die Nervensignale ansprechen. Bei dieser Untersuchung werden dünne Nadelelektroden durch die Haut in den entsprechenden Muskel eingeführt.
  • Quantitative Sensorische Testung (QST): Bei der standardisierten Quantitativen Sensorischen Testung werden durch sieben verschiedene Gefühlstests an der Haut 13 Werte ermittelt. Sie helfen zu erkennen, welche Nervenfasern genau geschädigt sind und wie stark die Schädigung fortgeschritten ist. Um das Temperaturempfinden exakt zu messen, kommen bei der sogenannten Thermode computergesteuerte Temperaturreize zum Einsatz. Mit einer Stimmgabel prüft der Neurologe das Vibrationsempfinden.
  • Untersuchungen von Urin, Gehirnwasser, Blut oder Gewebeproben sowie genetische Tests und bildgebende Verfahren: Diese Methoden sind sinnvoll, wenn etwa Diabetes und Alkoholkrankheit als Ursache unwahrscheinlich sind und das Beschwerdebild sowie elektrophysiologische Untersuchungsbefunde weiteren Abklärungsbedarf ergeben. Auch wenn die Symptome sehr plötzlich auftreten, kann eine zusätzliche Diagnostik sinnvoll sein. Die Untersuchung einer Gewebeprobe kann helfen, die Ursache einer Polyneuropathie zu finden. Dazu wird eine sogenannte Nerv-Muskel-Biopsie aus dem Schienbein entnommen und feingeweblich untersucht. Hierbei wird festgestellt, ob der Schaden an der Hüllsubstanz des Nerven (Myelin) oder am Nerven selbst entstanden ist. Bei bestimmten Ursachen finden sich zum Beispiel Entzündungszellen oder Amyloid-Ablagerungen. Bei einer Untergruppe der Neuropathien sind insbesondere die dünnen, kleinen Nervenfasern der Haut betroffen. Sie werden unter dem Namen Small-Fiber-Neuropathien zusammengefasst. Die Nervenleitgeschwindigkeit, die die Funktion von dickeren Nerven misst, ist dann oft unauffällig. Für die richtige Diagnose ist die Quantitative Sensorische Testung mit Messung des Temperaturempfindens entscheidend. Darüber hinaus kann eine Gewebeprobe aus der Haut (Hautbiopsie) unter dem Mikroskop untersucht werden.
  • Bildgebende Diagnostik: Die bildgebenden Verfahren bei neuropathischen Schmerzsyndromen umfassen die Neurosonografie und MR-Neurografie als ergänzende Diagnostik zur klinischen Untersuchung und die Elektrophysiologie, insbesondere wenn diese inkonklusiv sind. Die Neurosonografie zeichnet sich durch eine hohe Ortsauflösung sowie breite Verfügbarkeit aus, ist jedoch untersucherabhängig und nur bei oberflächlich gelegenen Nerven einsetzbar. Die MR-Neurografie ist eine speziell entwickelte MR-Technik mit dedizierten Oberflächenspulen und Sequenztechniken zur hochauflösenden Darstellung peripherer Nerven. Sie ermöglicht die Darstellung von oberflächlichen wie auch tief gelegenen Nervenstrukturen.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung von Neuropathie und neuropathischen Schmerzen ist oft komplex und erfordert einen individuellen Ansatz. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die je nach Ursache, Symptomen und Schweregrad der Erkrankung eingesetzt werden.

Behandlung der Ursache

  • Diabetes: Hat ein Diabetes schleichend über viele Jahre die Nerven angegriffen, muss der Patient seine Blutzuckerwerte in den Griff bekommen, um die Nervenschädigung zu stoppen. Allerdings führt eine zu rasche Senkung der Blutzuckerwerte zu weiteren Nervenschäden. Als optimal gilt eine sanfte Senkung des HbA1c-Wertes um weniger als zwei Prozentpunkte über einen Zeitraum von drei Monaten. Bei Altersdiabetes empfehlen Ärzte eine Umstellung des Lebensstils mit Gewichtsreduktion und viel Bewegung. Ziel ist, dass sich die Nerven wieder erholen.
  • Alkohol und Medikamente: Sind Alkohol oder Medikamente die Ursache, hilft Abstinenz beziehungsweise ein Wechsel der Präparate.
  • Vitaminmangel: Bei einem Vitaminmangel können Betroffene durch Ernährungsumstellungen einen Ausgleich schaffen.
  • Infektionen oder Entzündungen: Führen Infektionen oder Entzündungen zu den Nervenschäden, können Antibiotika oder Kortison sinnvoll sein.

Medikamentöse Therapie

Die Therapie neuropathischer Schmerzen gründet sich vor allem auf eine für jeden einzelnen Menschen individuell abgestimmte Behandlung mit Medikamenten. Sie soll die Beschwerden lindern, bis sich die geschädigten Nerven zumindest weitgehend erholt und neu aufgebaut haben. Es werden unterschiedliche Wirkprinzipien angewendet, darunter häufig die Kombinationsbehandlung mit verschiedenen Medikamenten, die den Nervenschmerz über unterschiedliche Wirkmechanismen lindern.

  • Antidepressiva: Zur Schmerzbekämpfung haben sich Antidepressiva bewährt. Durch die Einnahme von Antidepressiva produziert der Körper vermehrt Botenstoffe - diese dämpfen die Weiterleitung von Schmerzsignalen.
  • Antikonvulsiva: Medikamente gegen Krampfanfälle (Epilepsie), sogenannte Antikonvulsiva, sind meist die erste Wahl, sie bremsen die Erregbarkeit der Nerven, was schmerzlindernd wirkt.
  • Opioide: Bei ausgeprägten Schmerzen sind womöglich Opioide angezeigt. Da diese zu einer Abhängigkeit führen können, verschreiben Mediziner sie nur für kurze Zeit.
  • Topische Therapie: Cremes oder Pflaster mit Wirkstoffen wie Lidocain oder Capsaicin können direkt auf die betroffene Hautstelle aufgetragen werden, um Schmerzen lokal zu lindern. Capsaicin ist für die Schärfe der Chilischoten verantwortlich und hat sich in Form von Capsaicin-Pflastern auf der Haut in Studien als erfolgversprechendes Mittel gegen Polyneuropathie erwiesen. Es betäubt nicht nur den schmerzenden Bereich und steigert die Durchblutung, sondern scheint sogar die Neubildung kleiner Nervenfasern anzuregen.

Nicht-medikamentöse Maßnahmen

Nicht-medikamentöse Verfahren können ergänzend oder in der Akuttherapie zur Überbrückung der Zeit bis zum Anschlagen der sonstigen Medikamente eingesetzt werden. Darüber hinaus können im Einzelfall, je nach Ausprägung der Beschwerden, physikalische Maßnahmen, Ergotherapie und Psychotherapie sinnvoll sein.

  • Physiotherapie/ Krankengymnastik: In der Physiotherapie und Krankengymnastik lernen Sie einzeln oder in der Gruppe verschiedene Techniken und Übungen kennen, mit denen Sie Ihre Gefühlsstörung, Gleichgewichts- oder Bewegungsfunktionen wieder verbessern können. Gegen die fortschreitende Gangunsicherheit wirkt Gleichgewichtstraining in der Physiotherapie.
  • Ergotherapie: In der Ergotherapie wenden wir gestalterische und handwerkliche Techniken an, um die Feinmotorik und das Tastvermögen wieder zu stärken. Spezielle Schienen, sogenannte Orthesen, helfen Betroffenen mit Muskellähmungen dabei, Hände und Füße beweglich zuhalten.
  • Psychologische Therapie: Wir bieten psychologische Unterstützung in Einzel- oder Gruppentherapie. Psychotherapeutische Behandlungsansätze können in der Therapie neuropathischer Schmerzen jeglicher Ursache eingesetzt werden, weil das Erlernen von Eigenverantwortung und Schmerzbewältigung zu verbesserter Akzeptanz, höherer Adhärenz und Lebensqualität der Betroffenen beitragen und deshalb von entscheidender Bedeutung für den Gesamterfolg einer schmerzmedizinischen Behandlung sein kann.
  • Elektrotherapie: Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Gerät so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren. Von außen lässt sich dieses durch ein TENS-Gerät erreichen.
  • Alternative Therapien: Wie die gezielten Reize der Akupunktur die Nerven beleben, ist noch ungeklärt.

Operative Behandlungen

Die Dekompression neuronaler Strukturen bei Engpasssyndromen peripherer Nerven, spinalen Kompressionssyndromen, Tumoren oder Gefäß-Nerven-Konflikte der Hirnnerven stellt eine kausale und somit kurative Therapie neuropathischer Schmerzen dar. Auch im onkologischen Sinn kann die Dekompression durch Tumorentfernung eine therapeutische Rolle spielen. Diese Verfahren können in der Regel für alle peripheren neuropathischen Schmerzen im Falle des Nachweises von Kompressionen beziehungsweise Versagen der konservativen Therapien eingesetzt werden. Bei anhaltenden Schmerzen beziehungsweise bei beginnender Funktionsstörung der Sensomotorik oder unzumutbaren Nebenwirkungen der Medikation ist eine zeitnahe operative Versorgung zu überlegen. Dabei sollen individuelle Nutzen und die Risiken einer Dekompression berücksichtigt und mit den Patientinnen und Patienten besprochen werden. Eine kausale Therapie kann so eine schwer therapierbare Chronifizierung der Schmerzen und der funktionellen Störungen verhindern beziehungsweise die Funktion wiederherstellen.

Ablative Chirurgie dient als symptomatische Schmerztherapie durch Destruktion neuraler Strukturen. Diese Verfahren können trotz des möglichen Eigenpotenzials der Entstehung von Neuropathien, neuropathische Schmerzen effektiv behandeln. Ihr Einsatz wird in der Tumorschmerzbehandlung, Neuromentfernung, bei peripheren sensorischen Nerven beziehungsweise ganglionär, beispielsweise bei trigeminalen Schmerzsyndromen, empfohlen. Hierbei können Operationen zur Resektion/Durchtrennung, mechanische und thermische beziehungsweise physikalische Methoden wie die Radiofrequenz, Laser oder Radiochirurgie verwendet werden.

Neuromodulatorische Verfahren zur elektrischen Stimulation des Rückenmarks, der peripheren Nerven und des vegetativen Nervensystems können minimal invasiv, schonend und reversibel chronische therapierefraktäre Schmerzen behandeln. Damit ist die Modulation der Schmerzweiterleitung und -verarbeitung und dadurch bedingte subjektive Schmerzreduktion zu erreichen. Für die invasiven Formen der Therapie werden Implantate benötigt. Hier wird eine vorhergehende Testphase vor der dauerhaften Implantation empfohlen.

Tipps für die Vorsorge und mehr Lebensqualität

  • Blutzucker kontrollieren: Menschen mit Diabetes kontrollieren am besten regelmäßig ihren Blutzucker und nehmen ärztlich verordnete Medikamente ein. Schließlich kann eine suboptimale Blutzuckereinstellung das Risiko für die Entstehung und einen raschen Fortschritt der Erkrankung erhöhen.
  • Füße kontrollieren: Eine Polyneuropathie an Beinen oder Füßen erhöht das Risiko für Fußgeschwüre - eine regelmäßige Kontrolle auf Wunden ist also wichtig.
  • Bewegen: Menschen mit Polyneuropathie können bei Schmerzen und Missempfindungen von verschiedenen Angeboten wie Aquagymnastik oder Gehtraining profitieren.

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