Off-Symptome bei Parkinson: Ursachen und Behandlung

Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch eine Vielzahl von motorischen und nicht-motorischen Symptomen gekennzeichnet ist. Ein häufiges Problem, das im Laufe der Erkrankung auftritt, ist das sogenannte "Wearing-off"-Phänomen, bei dem die Wirkung der Medikamente nachlässt und die Parkinson-Symptome wiederkehren. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Off-Symptomen, ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen und die verschiedenen Behandlungsansätze.

Was ist das "Wearing-off"-Phänomen?

Bei Parkinson-Patienten kommt es im Laufe der Erkrankung trotz Einnahme von Levodopa und einem Dopa-Decarboxylasehemmer zeitweise zu einem Dopaminmangel im Gehirn, der sich durch ein Wiederauftreten motorischer oder nichtmotorischer Parkinson-Symptome bemerkbar macht. Dieses Phänomen wird als „Wearing-off“ bezeichnet. Die Fluktuationen treten gewöhnlich nach einer Erkrankungsdauer von drei bis fünf Jahren auf, können sich aber auch schon wesentlich früher entwickeln.

Während einer Wearing-off-Phase treten nicht nur motorische Parkinson-Symptome wieder auf, sondern auch nichtmotorische Störungen wie Stimmungsschwankungen, Angstgefühle, Schmerzen und ein verlangsamtes Denken.

Ursachen von Off-Symptomen

Die Ursachen für das Auftreten von Off-Symptomen sind vielfältig. Eine wichtige Rolle spielen die schwankenden Levodopa-Plasmaspiegel im Blut. Die kurze Plasmahalbwertszeit von Levodopa und die mehrmals tägliche Applikation führen zu starken Schwankungen der Levodopa-Konzentration im Blut. Dies führt im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium bei wiederholter Einnahme kurzwirksamer Levodopa-Präparate zur pulsatilen Stimulation von Dopaminrezeptoren.

Weitere Faktoren, die zu Off-Symptomen beitragen können, sind:

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  • Fortschreiten der Erkrankung: Mit fortschreitender Erkrankung nimmt die Fähigkeit des Gehirns ab, Dopamin zu speichern und zu produzieren.
  • Veränderungen in der Medikamentenaufnahme: Im Laufe der Zeit kann sich die Aufnahme von Levodopa im Magen-Darm-Trakt verändern, was zu einer unregelmäßigen Wirkstoffversorgung führt.
  • Medikamenteninteraktionen: Einige Medikamente können die Wirkung von Levodopa beeinträchtigen.
  • Ernährung: Eine eiweißreiche Ernährung kann die Aufnahme von Levodopa im Darm behindern.

Symptome von Off-Phasen

Die Symptome von Off-Phasen können vielfältig sein und sowohl motorische als auch nicht-motorische Bereiche betreffen.

Motorische Symptome:

  • Wiederauftreten von Zittern (Tremor)
  • Muskelsteifigkeit (Rigor)
  • Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinese)
  • Bewegungslosigkeit (Akinese)
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Schmerzhafte Dystonien (Verkrampfungen)

Nicht-motorische Symptome:

  • Stimmungsschwankungen (Depression, Angst)
  • Erschöpfung (Fatigue)
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Schlafstörungen
  • Schmerzen
  • Verlangsamtes Denken
  • vegetative Symptome

Es ist wichtig zu beachten, dass die Symptome von Off-Phasen individuell unterschiedlich sein können und nicht immer alle Symptome gleichzeitig auftreten müssen. Manche Betroffene erleben in den Off-Phasen ein Gefühl großer Beklemmung, Nebel im Kopf, Muskelschmerzen und jähe Stimmungsumschwünge. Solche OFF-Phasen können über Stunden andauern und auch im Schlaf einsetzen. Klingen sie wieder ab, hören auch die Beschwerden auf. Manche Betroffene erleben diesen Zustand wie einen Alptraum.

Diagnose von Off-Symptomen

Um ein Wearing-off zu erkennen, hat sich der Wearing-off-Questionnaire, 9-Item-Version (WOQ-9), bewährt. In diesem Fragebogen, den der Patient im Wartezimmer ausfüllen kann, wird gezielt nach häufigen Symptomen eines Wearing-off gefragt.

Behandlung von Off-Symptomen

Die Behandlung von Off-Symptomen zielt darauf ab, die Wirkdauer der Medikamente zu verlängern, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden müssen.

Medikamentöse Therapie

  • Anpassung der Levodopa-Dosierung: Eine häufige Strategie ist die Anpassung der Levodopa-Dosierung, um eine gleichmäßigere Wirkstoffversorgung zu gewährleisten. Dies kann durch eine Erhöhung der Dosis, eine Verkürzung der Einnahmeintervalle oder die Verwendung von Retard-Präparaten erreicht werden. Nach Erfahrung von Prof. Heinz Reichmann, Dresden, hat es sich beispielsweise bewährt, morgens mit einer gegenüber den anderen Tagesdosen um 25 mg höheren Dosis Levodopa zu beginnen, damit der Patient nach der einnahmefreien Nacht seine Beweglichkeit wiedererlangt. Zur Nacht könnte der Patient dann erneut eine hohe Dosis, beispielsweise 200 mg Levodopa, erhalten, damit nachts keine schlafstörenden Symptome auftreten.
  • COMT-Inhibitoren: Eine wirksame Behandlungsoption bei Patienten mit Wearing-off unter Levodopa und einem Dopa-Decarboxylasehemmer ist die zusätzliche Gabe von Entacapon. Dieser Catechol-O-Methyltransferase(COMT)-Inhibitor hemmt den Abbau von Levodopa zu 3-O-Methyldopa, wodurch die Wirkungsdauer von Levodopa verlängert wird. Levodopa, Carbidopa und Entacapon stehen als fixe Kombination (Stalevo®) in sechs verschiedenen Stärken zur Verfügung. Das ermöglicht eine individuelle Dosierung.
    • Für einen frühen Einsatz von Entacapon spricht die retrospektive Analyse von drei klinischen Phase-III-Studien im Delayed-Start-Design. In diesen Studien erhielten insgesamt 488 Parkinson-Patienten mit Wearing-off unter Levodopa und einem Dopa-Decarboxylasehemmer während der doppelblinden Phase über sechs Monate randomisiert zusätzlich zu ihrer bestehenden Therapie entweder Entacapon (n=269, „früher Beginn“) oder Plazebo (n=219, „verzögerter Beginn“). Daran schloss sich eine offene Verlängerungsphase über bis zu fünf Jahre an, während der alle Patienten den Entacapon-Zusatz bekamen. Die Patienten, die früh mit Entacapon behandelt wurden, hatten nach einem Jahr gegenüber denen mit einem um sechs Monate verzögerten Behandlungsbeginn signifikant bessere motorische Funktionen (Differenz auf der Unified Parkinson’s disease rating scale III [UPDRS III]: -1,33; p=0,025). Dieser Vorteil blieb über die gesamte Studiendauer erhalten (Differenz über fünf Jahre -1,66; p=0,016). In der Gruppe mit frühem Beginn traten während der gesamten Beobachtungszeit nicht mehr Dyskinesien auf als in der Gruppe mit verzögertem Beginn.
    • Dass eine direkte Umstellung von Levodopa/Benserazid und von Levodopa/Carbidopa auf die Dreifachkombination unproblematisch ist, ergab die SENSE-Studie, an der 115 Parkinson-Patienten mit Wearing-off teilnahmen. Nach der Umstellung gaben 77% der Patienten im Patient-assessed clinical global Impression of Change eine Verbesserung an (p<0,0001). Die UPDRS-III-Werte (Motorik) und die UPDRS-II-Werte (Aktivitäten des täglichen Lebens) waren nach sechs Wochen gegenüber dem Ausgangswert signifikant verbessert (jeweils p<0,0001). Durch die Umstellung auf die Dreifachkombination mit Entacapon wurden auch die durch den WOQ-9 erfassten nichtmotorischen Symptome deutlich verbessert.
  • MAO-B-Inhibitoren: Diese Medikamente hemmen den Abbau von Dopamin im Gehirn und können so die Wirkdauer von Levodopa verlängern.
  • Dopaminagonisten: Diese Medikamente wirken ähnlich wie Dopamin und können die Symptome von Off-Phasen lindern. Von den zahlreichen entwickelten Agonisten, wie zum Beispiel Bromocriptin, Lisurid, Pergolid, Pramipexol und andere, wirkt Apomorphin (APO-go®) am schnellsten. Es müsse allerdings subkutan injiziert werden, sei jedoch oft die letzte Rettung bei On-Off-Dyskinesien, erläuterte Trenkwalder. Sie nannte zwei bevorzugte Indikationen für Apomorphin in der Spätphase der Parkinson-Krankheit: Kurierung von plötzlich auftretenden Off-Phasen (durch eine einmalige subkutane Applikation mit dem Pen-Injektor wird innerhalb weniger Minuten die Beweglichkeit meist vollständig wieder hergestellt) und kontinuierliche Behandlung bei Wirkungsschwankungen zum Erhalt der Beweglichkeit (Apomorphin wird mit einer elektronischen Pumpe subkutan appliziert, wodurch gleichmäßige Blutspiegel erreicht werden).
    • APO-go ist das derzeit einzige für die Parkinson-Behandlung zugelassene Apomorphin-Präparat. Es kann im Gegensatz zu anderen Antiparkinson-Medikamenten ohne Kühlkette gelagert werden und ist in bedarfsgerechter Applikationsform als einstellbarer Injektions-Pen mit 3 ml Lösung (10 mg/ml) und in Ampullen mit 5 ml Lösung (10 mg/ml) erhältlich.
  • NMDA-Antagonisten: Diese Medikamente können die Wirkung von Levodopa verbessern und Dyskinesien reduzieren.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Ernährungsumstellung: Eine eiweißarme Ernährung kann die Aufnahme von Levodopa im Darm verbessern. L-Dopa Präparate sollten deshalb nicht mit besonders eiweißreichen Mahlzeiten wie Fisch oder Fleisch eingenommen werden, sondern nur mindestens eine Stunde davor oder danach.
  • Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität kann die motorischen Funktionen verbessern und die Symptome von Off-Phasen lindern.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und Koordination zu verbessern und Stürzen vorzubeugen. Ergänzend zur Behandlung mit Medikamenten sind Krankengymnastik und Physiotherapie die wichtigsten Bestandteile der Parkinson-Behandlung. Dabei sollen Beschwerden gelindert werden, die Bewegungsverhalten und die Haltung der Betroffenen beeinträchtigen wie Steifheit (Rigor) Zittern (Tremor) Bewegungsarmut (Hypokinese).
  • Ergotherapie: Ergotherapie unterstützt Parkinson-Patientinnen dabei, Alltagsfunktionen zu erhalten und zu verbessern. Ergotherapeutinnen beraten Betroffene auch in Bezug auf ihr Wohn- und Arbeitsumfeld und überdenken zusammen mit den Patient*innen tägliche Abläufe neu. Dazu gehört es etwa, Stolperfallen wie Teppiche und Schwellen zu entfernen und Haltegriffe im Bad, bei der Toilette oder vor Türen anzubringen.
  • Logopädie: Bei Schluckstörungen sollte in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin logopädische Unterstützung gesucht werden. Mit demder Logopädin lernen Sie beispielsweise Übungen für mehr Kraft und Beweglichkeit der Zunge. Sie bekommen Tipps, um das Schlucken beispielsweise durch eine Haltungsänderung zu fördern. Zusätzlich kann eine individuell angepasste Kost das Schlucken erleichtern und es sicherer machen, etwa mit weichen Speisen und angedickten Flüssigkeiten.
  • Psychotherapie: Bei Depressionen und Angstzuständen kann eine Psychotherapie hilfreich sein.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS): In bestimmten Fällen kann eine tiefe Hirnstimulation in Betracht gezogen werden. Hierbei werden Elektroden in bestimmte Hirnregionen implantiert, um die neuronalen Schaltkreise zu modulieren und die Symptome von Parkinson zu lindern.

Behandlung von nicht-motorischen Symptomen

Neben der Behandlung der motorischen Symptome ist es wichtig, auch die nicht-motorischen Symptome von Off-Phasen zu behandeln. Hierzu gehören:

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  • Depressionen: Antidepressiva, Psychotherapie
  • Angstzustände: Anxiolytika, Psychotherapie
  • Schlafstörungen: Schlafhygiene, Medikamente
  • Schmerzen: Schmerzmittel, Physiotherapie

Apomorphin-Therapie

Apomorphin ist ein schnell wirksamer Dopaminagonist, der subkutan injiziert wird. Es kann zur Behandlung von plötzlichen Off-Phasen eingesetzt werden, um die Beweglichkeit innerhalb weniger Minuten wiederherzustellen.

Indikationen für Apomorphin:

  • Kurierung von plötzlich auftretenden Off-Phasen
  • Kontinuierliche Behandlung bei Wirkungsschwankungen zum Erhalt der Beweglichkeit

Kontraindikationen für Apomorphin:

  • Demenz
  • Schwere Psychose
  • Gerinnungsstörungen
  • Antikoagulanzien-Therapie

Nebenwirkungen von Apomorphin:

  • Hautreizungen an der Einstichstelle
  • Übelkeit (kann mit Domperidon behandelt werden)
  • Halluzinationen (dosisabhängig)

Weitere Aspekte der Behandlung

  • Regelmäßige Arztbesuche: Regelmäßige Arztbesuche sind wichtig, um den Krankheitsverlauf zu überwachen und die Therapie anzupassen.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann hilfreich sein, um mit der Erkrankung umzugehen und Unterstützung zu finden.
  • Unterstützung durch Angehörige: Die Unterstützung durch Angehörige ist für Parkinson-Patienten sehr wichtig.

Bedeutung der Unterscheidung zwischen ON- und OFF-Symptomen

Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen Symptomen, die auch in den "On"-Phasen (Phasen mit guter Medikamentenwirkung) vorhanden sind, und solchen, die nur in den "Off"-Phasen auftreten. Denn gegen Depressionen im OFF können Anti-Depressiva meist nicht helfen. Depressive Verstimmungen, die nur im OFF auftreten, sind dagegen am besten mit wirksamen Parkinson-Medikamenten zu behandeln. Angst und Depressionen sind keine Nebenwirkungen der Parkinson-Therapie, wie oft vermutet wird. Suchtverhalten oder Halluzinationen dagegen zählen zu den unerwünschten Begleiterscheinungen einer Behandlung. Sie sind aber keine typischen OFF-Symptome.

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