Querschnitt des menschlichen Gehirns: Anatomie und Funktion

Das menschliche Gehirn, die Steuerzentrale unseres Körpers, ist ein komplexes Organ mit einer faszinierenden Anatomie. Es steuert lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Kreislauf und ermöglicht uns zu denken, zu fühlen und uns zu bewegen. Die moderne Forschung hat bedeutende Fortschritte bei der Kartierung und dem Verständnis der Gehirnstruktur und -funktion gemacht. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über die Anatomie des Gehirns, seine verschiedenen Abschnitte und deren Funktionen.

Aufbau des Gehirns

Das Gehirn (Encephalon) ist der Teil des zentralen Nervensystems, der sich innerhalb des knöchernen Schädels befindet und diesen ausfüllt. Es besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die über zuführende und wegführende Nervenbahnen mit dem gesamten Körper verbunden sind. Die Länge aller Nervenbahnen im Gehirn beträgt zusammen etwa 5,8 Millionen Kilometer. Eingebettet sind die Nervenzellen in ein stützendes Gewebe aus Gliazellen.

Das Gehirn ist von drei Hirnhäuten (Meningen) umgeben: Dura mater, Arachnoidea und Pia mater, die es schützen. Es besteht aus zwei verschiedenen Gewebeanteilen:

  • Graue Substanz: Enthält die Zellkörper der Nervenzellen. Im Groß- und Kleinhirn bildet die graue Substanz die äußere Rinde, befindet sich aber auch innerhalb der weißen Substanz.
  • Weiße Substanz: Besteht aus den Nervenfasern (Axonen) der Nervenzellen. Im Gehirn liegen die Nervenzellkörper vor allem in den äußeren Bereichen, während sich die Axone im Inneren befinden.

Das Gehirn lässt sich in fünf Hauptabschnitte gliedern:

  1. Großhirn (Telencephalon)
  2. Zwischenhirn (Diencephalon)
  3. Mittelhirn (Mesencephalon)
  4. Kleinhirn (Cerebellum)
  5. Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata)

Die Hauptabschnitte des Gehirns und ihre Funktionen

Großhirn (Telencephalon)

Das Großhirn ist der größte und schwerste Teil des Gehirns. Äußerlich ähnelt es einem Walnusskern mit vielen Falten und Furchen. Diese Faltung dient dazu, die Oberfläche des Großhirns zu vergrößern, wodurch mehr Platz für Nervenzellen entsteht. Die Furchen werden als Sulci und die Windungen als Gyri bezeichnet. Die Oberfläche des Großhirns wird als Großhirnrinde bezeichnet.

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Die Großhirnrinde ist in verschiedene Areale unterteilt, die jeweils für bestimmte Funktionen zuständig sind. Der deutsche Neuroanatom und Psychiater Korbinian Brodmann erstellte bereits 1909 eine Karte der Großhirnareale und kam auf insgesamt 52 Parzellen des menschlichen Gehirns.

Die Großhirnrinde lässt sich in vier Hauptlappen unterteilen:

  • Stirnlappen (Frontallappen): Verantwortlich für höhere kognitive Funktionen wie Planung, Entscheidungsfindung, Problemlösung, Sprache (Broca-Areal) und willkürliche Bewegungen. Hier befindet sich auch das Kurzzeitgedächtnis.
  • Scheitellappen (Parietallappen): Verarbeitung sensorischer Informationen wie Berührung, Temperatur, Schmerz und räumliche Wahrnehmung.
  • Schläfenlappen (Temporallappen): Verarbeitung von auditorischen Informationen, Gedächtnisbildung, Spracherkennung (Wernicke-Areal) und Emotionen.
  • Hinterhauptslappen (Okzipitallappen): Verarbeitung visueller Informationen.

Die linke Gehirnhälfte ist vor allem für Sprache und Logik zuständig, während die rechte Gehirnhälfte eher für Kreativität und räumliche Orientierung zuständig ist. Die beiden Hälften sind über den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden, eine Struktur im Schädelinneren, die den Informationsaustausch ermöglicht.

Zwischenhirn (Diencephalon)

Das Zwischenhirn befindet sich zwischen dem Großhirn und dem Mittelhirn und besteht aus mehreren wichtigen Strukturen:

  • Thalamus: Fungiert als "Tor zum Bewusstsein". Er empfängt sensorische Informationen und leitet sie an die entsprechenden Bereiche der Großhirnrinde weiter.
  • Hypothalamus: Kontrolliert den Hormonhaushalt und stellt die Verbindung zwischen Hormon- und Nervensystem dar. Er steuert wichtige Funktionen wie Schlaf-Wach-Rhythmus, Körpertemperatur, Hunger, Durst und Sexualverhalten. Der Hypothalamus ist mit der Hypophyse verbunden, einer Hormondrüse am Gehirn.
  • Epithalamus: Enthält die Zirbeldrüse (Epiphyse), die das Hormon Melatonin produziert, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert.
  • Subthalamus: Beteiligt an der Steuerung von Bewegungen.

Mittelhirn (Mesencephalon)

Das Mittelhirn ist der kleinste Abschnitt des Gehirns. Es ist an der Steuerung von Augenbewegungen, auditorischen und visuellen Reflexen sowie der Schmerzregulation beteiligt.

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Kleinhirn (Cerebellum)

Das Kleinhirn liegt unterhalb des Großhirns und hinter dem Hirnstamm. Es besteht aus zwei Hemisphären, die durch den Kleinhirnwurm (Vermis) miteinander verbunden sind. Das Kleinhirn ist vor allem für das Gleichgewicht und die Koordination von Bewegungen zuständig. Es speichert erlernte Bewegungsabläufe und trägt auch zu komplexeren geistigen Fähigkeiten wie Lernen und Sprechen bei.

Hirnstamm

Der Hirnstamm ist der älteste Teil des Gehirns und verbindet das Gehirn mit dem Rückenmark. Er besteht aus drei Abschnitten:

  • Mittelhirn (Mesencephalon): Siehe oben.
  • Brücke (Pons): Verbindet das Großhirn mit dem Kleinhirn und dem Rückenmark. Sie ist an der Steuerung von Atmung, Schlaf und anderen Funktionen beteiligt.
  • Nachhirn (Medulla oblongata): Steuert lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzfrequenz und Blutdruck. Hier kreuzen sich viele Nervenbahnen, sodass die linke Gehirnhälfte die rechte Körperhälfte steuert und umgekehrt.

Blutversorgung des Gehirns

Das Gehirn benötigt eine konstante Versorgung mit Sauerstoff und Glukose, um seine Funktionen ausführen zu können. Obwohl das Gehirn nur etwa 2 % des Körpergewichts ausmacht, verbraucht es etwa 20 % des gesamten Sauerstoffbedarfs. Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt über zwei große Arterienpaare:

  • Innere Halsschlagader (Arteria carotis interna): Verläuft seitlich am Hals entlang und versorgt den vorderen Teil des Gehirns.
  • Wirbelarterie (Arteria vertebralis): Verläuft durch die Wirbelkörper und versorgt den hinteren Teil des Gehirns.

Diese Arterien sind über den Willis-Kreis (Circulus arteriosus cerebri) miteinander verbunden, einem Gefäßring an der Hirnbasis. Dieser Ring stellt sicher, dass das Gehirn auch bei Schwankungen in der Blutzufuhr ausreichend versorgt wird.

Die Blut-Hirn-Schranke

Das Gehirn ist durch die Blut-Hirn-Schranke vor schädlichen Substanzen im Blut geschützt. Diese Schranke ist eine selektive Barriere, die verhindert, dass große Moleküle und bestimmte Substanzen aus dem Blut in das Gehirngewebe gelangen.

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Hirnforschung im 21. Jahrhundert

Die Hirnforschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Moderne bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichen es, die Struktur und Funktion des Gehirns detailliert zu untersuchen.

Forscher arbeiten daran, das Gehirn in 3D zu kartieren, um besser zu verstehen, wie die verschiedenen Hirnareale miteinander kommunizieren. Diese Forschung könnte neue Erkenntnisse über Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer liefern.

Einige wichtige Projekte in der Hirnforschung sind:

  • Human Connectome Project: Ein Projekt zur Kartierung der neuronalen Verbindungen im menschlichen Gehirn.
  • Brain Initiative: Ein US-amerikanisches Forschungsprojekt zur Entwicklung neuer Technologien für die Untersuchung des Gehirns.
  • Human Brain Project: Ein europäisches Forschungsprojekt zur Simulation des menschlichen Gehirns im Computer.

Im Jahr 2023 erstellten mehrere Forscherteams den bisher umfangreichsten Zellatlas des menschlichen Gehirns, in dem mehr als 3.000 Typen von Hirnzellen ermittelt wurden. Dieser Atlas ist für alle Wissenschaftler frei zugänglich und soll dazu beitragen, die Entwicklung, die Alterung und die Anfälligkeit des Gehirns für Krankheiten besser zu verstehen.

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