Schwindel durch Nervenursachen: Ursachen, Symptome und Behandlung

Das Gleichgewichtssystem ist essenziell für unsere Fähigkeit, uns im Raum zu orientieren und die Balance zu halten. Störungen dieses Systems können zu Schwindel führen, einem Symptom, das viele Ursachen haben kann, einschließlich psychischer Belastungen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Schwindel, insbesondere solche, die durch Nervenursachen bedingt sind, und bietet einen umfassenden Überblick über Symptome, Diagnose und Behandlungsansätze.

Das komplexe Zusammenspiel des Gleichgewichtssystems

Unser Gehirn empfängt und verarbeitet kontinuierlich Informationen über die Körperhaltung - ob wir sitzen, stehen, liegen oder uns bewegen - über die Augen, Ohren und das Tastempfinden der Haut. Diese Informationen ermöglichen es uns, das Gleichgewicht zu halten. Wenn jedoch widersprüchliche Informationen von den Sinnesorganen gesendet werden oder das Gehirn diese nicht richtig verarbeiten kann, entsteht ein Schwindelgefühl.

Mögliche Ursachen für Schwindel können Erkrankungen des Innenohrs, des Gehirns, Durchblutungsstörungen oder Nervenschädigungen sein. Es ist wichtig zu beachten, dass Schwindel nicht immer eine organische Ursache hat; psychische Erkrankungen können ebenfalls Schwindel auslösen.

Psychogener Schwindel: Wenn die Psyche das Gleichgewicht stört

Wenn Schwindelsymptome ohne erkennbare organische Ursachen auftreten, sprechen Fachleute von psychogenem, somatoformen oder funktionellem Schwindel. Eine der häufigsten Formen ist der phobische Schwankschwindel, der oft durch belastende Konflikte, Stresssituationen oder Ängste ausgelöst wird. Psychogener Schwindel tritt bei Frauen häufig zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr und bei Männern meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf.

Symptome des psychogenen Schwindels

Psychogener Schwindel äußert sich oft als diffuses Schwindelgefühl, das von vielen Betroffenen als Benommenheit empfunden wird. Stand- und Gangunsicherheiten können ebenfalls auftreten, begleitet von Symptomen wie Herzrasen, Schwitzen, Beklemmung, Zittern und Angst. Im Gegensatz zu anderen Schwindelformen treten Übelkeit oder Erbrechen fast nie auf.

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Ein charakteristisches Merkmal des psychogenen Schwindels ist die oft subjektive Wahrnehmung, bei der Auslöser, Dauer und Art des Schwindels in der Beschreibung der Betroffenen nicht immer zusammenpassen. Im Vergleich zum klassischen Drehschwindel ähnelt psychogener Schwindel eher einem Schwankschwindel, der von Verunsicherung geprägt ist.

Faktoren, die psychogenen Schwindel beeinflussen

Psychogener Schwindel kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst oder verstärkt werden. Neben seelischen Belastungen wie partnerschaftlichen Konflikten oder dem Tod eines geliebten Menschen können bestimmte individuelle Stresssituationen wie Fliegen, das Überqueren von Brücken, große Menschenmengen oder enge Räume den Schwindel verursachen.

Auch persönliche Herausforderungen wie Präsentationen oder Besprechungen im Beruf können Ängste schüren und stressbedingten Schwindel verstärken. In manchen Fällen entwickelt sich psychogener Schwindel aus einer organisch bedingten Schwindelerkrankung, wie zum Beispiel dem Lagerungsschwindel. Wenn Betroffene aufgrund wiederkehrender Schwindelanfälle Angst vor Schwindel entwickeln, kann daraus ein psychogener Schwindel entstehen, selbst wenn die körperliche Ursache bereits behandelt wurde.

Hormonelle Veränderungen, wie sie während der Wechseljahre auftreten, können ebenfalls Schwindel verursachen. Da die Wechseljahre oft ein schleichender Prozess sind, erkennen viele Betroffene den Zusammenhang zwischen den hormonellen Veränderungen und dem Schwindel nicht und nehmen ihn lange hin, ohne die Ursache zu kennen. Dies kann dazu führen, dass der Schwindel sehr belastend wird und sich ein psychogener Schwindel entwickelt.

Diagnose von Schwindel: Ein mehrstufiger Ansatz

Da Schwindel ein allgemeines Symptom vieler verschiedener Erkrankungen ist, wird der Arzt oder die Ärztin zunächst eine ausführliche Anamnese erheben, um das Krankheitsbild einzugrenzen. Dabei wird erfragen, in welchen Situationen der Schwindel auftritt, wie er sich äußert, wie lange er anhält und ob weitere Begleitsymptome auftreten.

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Eine körperliche Untersuchung, einschließlich der Ohren und Augen, kann durchgeführt werden, um Funktionsstörungen auszuschließen. Wenn keine organischen Ursachen gefunden werden, ziehen Ärzte und Ärztinnen psychogenen Schwindel in Betracht. Sie erkundigen sich nach spezifischen Symptomen und möglichen seelischen Belastungen.

Es kann jedoch viel Zeit vergehen, bis der Verdacht auf psychogenen Schwindel erhärtet und eine Diagnose gestellt wird. Daher ist es wichtig, bei Schwindel schnell ärztlichen Rat zu suchen.

Behandlung von psychogenem Schwindel

Es gibt verschiedene Behandlungsansätze für psychogenen Schwindel. Die Psychotherapie ist oft die wichtigste Maßnahme. In schweren Fällen können Medikamente die Behandlung unterstützen. Auch Entspannungstechniken können bei der Wiederherstellung des körperlichen Gleichgewichts helfen. Oft wirkt sich schon die Diagnose und das Ernstnehmen der Symptome positiv auf die Betroffenen aus. Wenn die Ursache geklärt ist, lässt sich psychogener Schwindel gut behandeln.

Weitere Ursachen für Schwindel

Schwindel kann vielfältige Ursachen haben. Akute Schwindelanfälle können beispielsweise auf neurologische Erkrankungen hindeuten. Entsprechend den unterschiedlichen Ursachen und charakteristischen Merkmalen werden verschiedene Formen von Schwindel unterschieden. Als Auslöser für Schwindelbeschwerden kommen vor allem Entzündungen des Gleichgewichtsnervs (Nervus vestibularis) sowie Erkrankungen des Gleichgewichtsorgans im Innenohr (Vestibularapparat) infrage, wie beim sogenannten Morbus Menière. Weitere Erkrankungen, die mit Schwindel einhergehen können, sind Störungen des zentralen vestibulären Systems (z.B. Kleinhirnerkrankungen), Erkrankungen der Augen, des Kreislaufsystems (Herzrhythmusstörungen), des Muskelapparates und des peripheren Nervensystems (Polyneuropathie).

Schwindel kann auch seelisch bedingt sein. In diesem Fall spricht man von primärem oder sekundärem somatoformen Schwindel. Psychogener Schwindel ist sehr häufig eine Folge von Ängsten bzw. die Reaktion auf aktuelle Konflikte und psychosoziale Stressfaktoren, wie z.B. Panikattacken. Externe Auslöser können Brücken, Treppen, leere Räume, weite Plätze sowie Menschenmengen sein. Viele ursprünglich organisch bedingten Schwindelerkrankungen können im späteren Verlauf in einen psychogenen Schwindel übergehen, der dann häufig im Vordergrund steht. Bei dieser Form des Schwindels besteht die Gefahr, dass die Beschwerden chronisch werden.

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Auch bestimmte Medikamente und Alkohol können Schwindelgefühle erzeugen. Alkohol bewirkt eine Hemmung der Funktionen des Kleinhirns, das die Feinabstimmung der Körper- und Augenbewegungen kontrolliert. Dies erklärt Alkoholfolgen wie Standunsicherheit, schwankenden Gang und unkontrollierte Zungenbewegungen.

Weitere Krankheitsbilder mit Schwindel als Symptom

Verschiedene Krankheitsbilder können Schwindel in der ein oder anderen Form als Symptom haben:

  • Bestimmte Augenerkrankungen mit visuellen Wahrnehmungsstörungen
  • Störungen des Tast- und Fühlsinns, z.B. bei Mangel an Vitamin B12 oder bei Erkrankungen der peripheren Nerven, etwa im Rahmen eines Diabetes mellitus (Polyneuropathie)
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: zu niedriger/zu hoher Blutdruck, Herz-Rhythmus-Störungen
  • Schlaganfall
  • Multiple Sklerose
  • Alzheimer-Demenz und andere Demenz-Formen
  • Migräne
  • Epilepsie
  • Kleinhirnatrophien (Atrophie = Schwund/Abnahme)
  • Psychische Erkrankungen wie Angststörungen

Neuritis Vestibularis: Entzündung des Gleichgewichtsnervs

Die Neuritis vestibularis ist eine Entzündung des Nervs, der vom Gleichgewichtsorgan im Innenohr zum Gehirn verläuft. Die Entzündung stört die Impulsweiterleitung, was zu einem Drehschwindel, Gangunsicherheit und Übelkeit, oft begleitet von Erbrechen, führt. Unfreiwillige Augenbewegungen (Nystagmus) können sichtbar sein. Die akute Symptomatik dauert selten länger als ein paar Tage, manchmal bis zu ein paar Wochen.

Die genaue Ursache ist nicht bekannt, es wird jedoch vermutet, dass die Erkrankung durch die Aktivierung eines Virus (Herpes-simplex-Virus) ausgelöst wird, was zu einer Entzündung des Gleichgewichtsnervs (N. vestibularis) führt.

Die Diagnose erfolgt anhand der typischen Symptome, einer körperlichen Untersuchung inklusive neurologischer Befunderhebung und einer Untersuchung der Gehörgänge und des Trommelfells. Das Hörvermögen ist bei einer Neuritis vestibularis normal. Andere Ursachen für einen Schwindel müssen ausgeschlossen werden, insbesondere ein Schlaganfall.

Die Behandlung zielt auf die Linderung der Symptome, die Verkürzung des Krankheitsverlaufs und die Verhinderung von bleibenden Folgen ab. In den ersten Tagen kann die Gabe von Antiemetika und Antiverginosa in Kombination mit Kortison sinnvoll sein. Anschließend ist es wichtig, frühzeitig ein Rehabilitationsprogramm zu beginnen, um die Gleichgewichtsfunktion zu schulen.

Zentraler Schwindel: Ursachen und neurologische Untersuchung

Im Gegensatz zu Schwindel, der durch Probleme unseres Gleichgewichtsorgans verursacht wird, hat zentraler Schwindel seinen Ursprung im zentralen Nervensystem - insbesondere im Gehirn und im Rückenmark. Zentraler Schwindel tritt meist sehr plötzlich auf und kann wenige Sekunden bis hin zu mehreren Stunden und Tagen andauern. Typischerweise werden die Schwindelanfälle von weiteren neurologischen Beschwerden begleitet: Schluck-, Seh- und Sprachstörungen, Missempfindungen des Tastsinns, unkontrollierbare und rhythmische Bewegung der Augen sowie Lähmungserscheinungen im Gesicht oder an den Armen. Auch Gangunsicherheit und allgemeine Koordinationsstörungen können beim zentralen Schwindel auftreten.

Mögliche Ursachen für zentralen Schwindel sind:

  • Hirnstamminfarkt (Schlaganfall)
  • Blutungen im Hirnstamm
  • Tumore im Gehirn
  • Multiple Sklerose
  • Infektionen
  • Vergiftungen
  • Schädel-Hirn-Traumen
  • Morbus Parkinson
  • Alzheimer-Demenz

Besteht der Verdacht auf zentrale Ursachen von Schwindel, wird eine Reihe neurologischer Untersuchungen notwendig, um die Ursache eindeutig einzugrenzen - und effektiv behandeln zu können. Zu den möglichen neurologischen Untersuchungen bei zentralem Schwindel zählen unter anderem: Funktionsprüfung der Hirnnerven, Aufzeichnung der Hirnströme, Überprüfung der Reflexe, Kontrolle der koordinativen Fähigkeiten sowie eine Untersuchung des motorischen Systems, ob z.B. Lähmungen feststellbar sind oder die Feinmotorik gestört ist.

Die Behandlung von zentralem Schwindel ist oftmals langwierig und komplexer als bei anderen Schwindelformen, da die Ursachen in der Regel auf ernstere Erkrankungen des Gehirns und des zentralen Nervensystems zurückzuführen sind.

Was tun bei Schwindel?

Wenn der Schwindel häufig auftritt, lange anhält oder die Lebensqualität einschränkt, sollte man ärztlichen Rat suchen. Bei akutem Schwindel sollte man sich fragen, ob er von Symptomen wie Lähmungen, Unfähigkeit zu stehen, Sprach- oder Sehstörungen, starken Kopfschmerzen, Brustschmerzen oder Bewusstseinsverlust begleitet ist.

Die Behandlung von Schwindel richtet sich immer nach der Ursache. Es gibt verschiedene Medikamente, die eine Schwindelsymptomatik lindern können. Auch gegen mögliche Begleiterscheinungen vom Schwindel, wie Übelkeit und Erbrechen, gibt es Medikamente. Spezielle Lagerungsmanöver können Patienten oder Patientinnen mit gutartigem Lagerungsschwindel helfen. In bestimmten Fällen ist auch die Physiotherapie ein wichtiges Element bei der Behandlung von Schwindelanfällen.

Schwankschwindel: Wenn der Boden unter den Füßen wankt

Schwankschwindelattacken sind mit Unsicherheitsgefühlen beim Gehen oder Stehen verbunden. Der Boden wankt unter den Füßen und die Betroffenen können oft nicht unterscheiden, ob die Umgebung wankt oder sie selbst. Der phobische Schwankschwindel hingegen zählt zur somatoformen Schwindelgruppe und tritt typischerweise in psychischen Belastungssituationen auf.

Für den Schwankschwindel kommen in seltenen Fällen auch Schädigungen zentraler Strukturen im Gehirn (z. B. Epilepsie, Vergiftungen) und Erkrankungen anderer Organe (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) infrage.

Hilfreich ist es, wenn Schwindelpatienten ihre Anfälle, sollten sie häufiger auftreten, schriftlich festhalten - dies kann z. B. in Form eines Schwindelkalenders stattfinden.

Die richtige Behandlung dieser Schwindelform, sollte sie auf muskulären Verspannungen basieren, setzt zunächst die Lokalisierung der betroffenen Körperregion voraus. Bei psychogenem Schwindel hingegen greifen entspannende, autogene Therapiemaßnahmen langfristig am besten.

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