Stress: Wenn das Gehirn dem Körper Ursachen verbietet

Stress ist ein allgegenwärtiges Phänomen in der modernen Gesellschaft. Er entsteht nicht einfach so, sondern ist oft das Ergebnis einer komplexen Interaktion zwischen Gehirn und Körper. Das Gehirn spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem es Ursachen verbietet oder unterdrückt, was letztendlich zu Stress führt.

Was ist Stress?

Stress ist eine erhöhte körperliche oder seelische Anspannung bzw. Belastung, die bestimmte Reaktionen hervorruft und zu Schädigungen der Gesundheit führen kann. Bei diesen Reaktionen sind alle Bereiche des Körpers betroffen. In belastenden Situationen weiten sich die Bronchien, um mehr Sauerstoff aufzunehmen, wodurch die Atmung schnell und flach wird. Wer dauerhaftem Stress ausgesetzt ist und solche Reaktionen zeigt, wird über kurz oder lang krank.

Wie entsteht Stress?

Eigentlich müsste es heißen: „Ich stresse mich!“. Tägliche Anforderungen treffen auf verfügbare Ressourcen. Reichen diese jedoch nicht aus, sind wir überfordert und empfinden die Situation als stressig. Die Bewertung von Stressoren hängt von unseren Zielen und Erwartungen ab.

Arbeitsbezogene Anforderungen

Welche Aufgaben sind zu erledigen? Wie viele Aufgaben gibt es? Wie sind diese zu erledigen? Bis wann müssen diese erledigt sein?

Geistige Ressourcen

Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man nutzen und umsetzen kann und gelegentlich erweitern kann.

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Umgebungsanforderungen

Ist es zu warm/kalt/laut/stickig? Muss man mit vielen Kollegen auf engem Raum arbeiten? Arbeitet man im Homeoffice? Ist man sozial isoliert (coronabedingte Quarantäne)?

Körperliche Ressourcen

Fitness, Gesundheit, Ernährung

Traumatische Erlebnisse

Trennung vom Partner? Todesfall im Bekannten- oder Verwandtenkreis? Unfälle?

Soziale Ressourcen

Freunde, Familie, Kollegen, Bekannte im Umkreis, die man um Hilfe bitten kann.

Treffen wir nun also täglich auf Stressoren oder Anforderungen (die von Hause aus neutral sind!!!) liegt es an uns, wie wir diese Stressoren umgehen und wie wir diese bewerten. Dies liegt z. B. daran, welche Ziele wir uns vorab gesetzt und welche Erwartungen wir haben. Reichen diese jedoch nicht aus, sind wir überfordert und wir empfinden die Situation als stressig.

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Psychosoziale Faktoren und Rückenschmerzen

Eine Studie, die im Jahr 2012 veröffentlicht wurde, untersuchte die Ursachen für häufig auftretende Krankheiten und Verletzungen. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass in fast allen untersuchten Regionen die unspezifischen Schmerzen im unteren Rücken stark erhöht waren. Ein unspezifischer Rückenschmerz ist laut Definition ein anhaltender Schmerz, der länger als drei Monate anhält. Eine Meta-Analyse ergab, dass neben den körperlichen Faktoren auch die psychischen und sozialen Faktoren am Arbeitsplatz chronische Rückenleiden hervorrufen können. Es sind ca. 23% der gesamten Bevölkerung, die von einem chronischen Schmerz im unteren Rücken betroffen sind.

Psychosoziale Arbeitsmerkmale

Die Meta-Analyse konnte folgende psychosoziale Arbeitsmerkmale feststellen: Entscheidungsmöglichkeiten, soziale Unterstützung bei der Arbeit, Spielräume und Arbeitsintensität. Beschäftigte, die einen großen Handlungs- und Entscheidungsspielraum haben, sind weniger von chronischen Rückenschmerzen betroffen als Menschen, die eine hohe Arbeitsbelastung und wenig Handlungsspielraum haben. Außerdem konnten die Forscher feststellen, dass Rückenschmerzen weniger auftraten, wenn die betroffenen Beschäftigten soziale Unterstützung von Kollegen oder Vorgesetzten bekamen.

Präventionsprogramme

Diese Erkenntnisse können als Basis für Präventionsprogramme genutzt werden. Wer leistungsfähige und vor allem gesunde Mitarbeitende haben möchte, sollte ggf. die Arbeitsbedingungen anpassen. Durch ein Umdenken und Umgestalten des Arbeitsplatzes können schmerzbedingte Krankheitsausfälle reduziert werden.

Mögliche Maßnahmen

  • Flexible Pausengestaltung
  • Mehr Freiheit bei der Einteilung der eigenen Arbeit
  • Höhere Anerkennung der Arbeit
  • Soziale Unterstützung durch die Kollegen

All das sind Stellschrauben, die die Gesundheit fördern und so die Motivation und Leistungsfähigkeit steigern können.

Psychische Gefährdungsbeurteilung

Die psychische Gefährdungsbeurteilung gehört zum Teilgebiet des Arbeitsschutzes. Sie befasst sich mit den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und allen erfassbaren Einflüssen am eigenen Arbeitsplatz, die von außen auf den Menschen einwirken. Es müssen alle Gefährdungen für Beschäftigte ermittelt werden, die sich aus der psychischen Belastung bei der Arbeit ergeben.

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Faktoren, die zu Erschöpfung führen können

  • Ständiger Leistungsdruck
  • Soziale Stresssituationen am Arbeitsplatz

Maßnahmen zur Beseitigung oder Reduzierung von Belastungen

  • Einzelinterviews
  • Meetings mit einem Stellvertreter eines jeden Bereichs oder mit gleichen Anforderungen an den Arbeitsplatz
  • Raum für Vorschläge der Mitarbeiter zur Verbesserung

Jammern: Eine negative Gewohnheit

Das Gehirn mag es simpel. Es will effizient arbeiten und sich unnötigen Aufwand sparen. Also legt es gerne Muster an, die später bei ähnlichen Situationen einfach wieder abgerufen werden. So entstehen Gewohnheiten. Laut Psychologe Jeffrey Lohr bleibt es aber nicht bei einer Wetter-Aversion. Oft fällt uns das aber viel eher bei anderen auf als bei uns selbst.

Die Auswirkungen des Jammerns

Eine Studie der Stanford University belegt, dass Jammern einen Teil des Gehirns schrumpfen lässt: den Hippocampus. Der gehört zum limbischen System und ist für das Gedächtnis zuständig. Ewiges Jammern fördert also die Vergesslichkeit. Wenn das Gehirn negative Emotionen wie Wut oder Ärger verarbeitet, gibt es Alarmsignale an den Körper weiter. Das Stresshormon Cortisol wird ausgeschüttet. Allein durch Dankbarkeit sinkt der Cortisolpegel nachgewiesenermaßen um 23%, wie die University of California in Davis bei ihren Nachforschungen herausgefunden hat.

Toxische Beziehungen

Toxische Beziehungen sind ein weit verbreitetes, jedoch oft unterschätztes Problem, das die psychische und emotionale Gesundheit der Betroffenen stark beeinträchtigen kann. Eine toxische Beziehung ist durch Verhaltensweisen gekennzeichnet, die emotionalen Schaden verursachen und die psychische Gesundheit der beteiligten Personen beeinträchtigen. Solche Beziehungen sind oft von einem Ungleichgewicht der Macht geprägt, bei dem eine Person versucht, die anderen zu dominieren oder zu kontrollieren. In einer toxischen Beziehung fehlt es an gegenseitigem Respekt, Unterstützung und gesunder Kommunikation.

Merkmale toxischer Beziehungen

  • Manipulation: In toxischen Beziehungen versuchen oft eine oder beide Parteien, den anderen zu manipulieren.
  • Kontrolle: Eine Person überwacht und diktiert die Handlungen der anderen, was zu einem erheblichen Verlust der Autonomie führt.
  • Gaslighting: Dabei manipuliert eine Person die Realität der anderen, um sie an ihrem Verstand zweifeln zu lassen.
  • Emotionale Erpressung: Eine Person nutzt Emotionen, um die anderen zu kontrollieren oder zu manipulieren.

Auswirkungen auf die psychische Gesundheit

Toxische Beziehungen haben bedeutende Auswirkungen auf die psychische und emotionale Gesundheit der Betroffenen. Menschen in ungesunden Beziehungen erleben häufig ernsthafte psychische und emotionale Belastungen. Die ständige Kritik und Abwertung, die Manipulation und Kontrolle durch einen toxischen Partner sowie die emotionalen Erpressungen führen zu einem anhaltenden Gefühl der Unsicherheit und der Bedrohung.

Symptome

  • Angst: Betroffene verspüren oft ständige Unsicherheit und Furcht vor den Reaktionen ihres Partners.
  • Depression: Anhaltende Traurigkeit, Energiemangel und Interessenverlust sind typische Symptome von Depressionen, die durch toxische Beziehungen ausgelöst werden können.
  • Geringes Selbstwertgefühl: Ständige Kritik und Abwertung durch den Partner führen dazu, dass Betroffene ihr Selbstvertrauen verlieren und an sich selbst zweifeln.
  • Stress: Chronische Anspannung und Nervosität sind typische Folgen der unvorhersehbaren Dynamik in toxischen Beziehungen.

Ursachen für das Verharren in toxischen Beziehungen

  • Angst vor dem Alleinsein
  • Emotionale Abhängigkeit
  • Frühere Traumata
  • Geringes Selbstbewusstsein
  • Abhängigkeitsmuster

Das Lösen aus einer toxischen Beziehung

Das Lösen aus einer toxischen Beziehung ist ein schwieriger und oft schmerzhafter Prozess. Dennoch ist es möglich und notwendig für das emotionale und psychische Wohlbefinden.

  • Setzen von Grenzen: Grenzen sind persönliche Leitlinien, die definieren, was für Sie akzeptabel ist und was nicht.
  • Professionelle Hilfe: Ein Therapeut kann dabei helfen, die Muster und Ursachen der Beziehung zu erkennen und Werkzeuge an die Hand geben, um die emotionale Stärke und Resilienz zu fördern.
  • Selbstfürsorge: Finden Sie Zeit für Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten und Ihnen helfen, sich zu entspannen.

Prävention toxischer Beziehungen

  • Frühzeitiges Erkennen von Anzeichen einer toxischen Beziehung
  • Gesunde Beziehungen basieren auf gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Unterstützung.
  • Achtsamkeit im Umgang mit anderen

Sprachlosigkeit als Traumafolge

Sprachlosigkeit kann sowohl Ursache als auch Folge von Trauma sein. Im Rahmen von traumatischem Stress können sich sogenannte psychogene Stimmstörungen (der Frosch im Hals oder das Wegbleiben der Stimme) bis zum völligen Verstummen (Mutismus) zeigen. Manchmal sind sie zeitweilig da, manchmal dauerhaft. Selektiver Mutismus, also das Verstummen ausschließlich in bestimmten Situationen, zeigt sich häufig bei Kindern. Sie sprechen etwa zu Hause, doch in der Schule bringen sie kein Wort heraus. Oder andersherum. Die Ursache hierfür ist ein hoher Stresslevel durch Angst.

Ursachen für Sprachlosigkeit

  • Tabus in verschiedenen Zusammenhängen
  • Flucht und Migration
  • Redeverbote in Familien
  • Krisenzeiten auf gesellschaftlicher Ebene
  • Scham- und Schuldgefühle

Auswirkungen der Sprachlosigkeit

  • Ohnmacht und Hilflosigkeit
  • Tiefe Resignation
  • Zweifel am eigenen Wert
  • Entfremdung von sich selbst
  • Verlust der Identität
  • Isolation und Unverbundenheit
  • Weitergabe von Trauma von einer Generation an die nächste

Verstummen und das Nervensystem

Viele Studien zur Neurobiologie zeigen, dass Trauma einen unmittelbaren Einfluss auf die Sprachzentren im Gehirn hat. Unter Hochstress können auch Erinnerungen nicht mehr im Großhirn gespeichert werden und werden als Erinnerungsfetzen im Körpergedächtnis abgelegt. Das bedeutet, wir können keine zusammenhängende Geschichte unserer Erlebnisse berichten. Die Erinnerung wird fragmentiert.

Sprache als Werkzeug der Heilung

Sprache kann auch ein mächtiges Werkzeug auf dem Heilungsweg sein. Wenn wir wertschätzend miteinander sprechen, wird es leichter, aus dem Überlebensmodus in ein Empfinden von Sicherheit zu kommen. So fühlen wir uns verbundener und kommen auch besser mit unserer Kraft in Kontakt. Wichtig für die Integration des Traumas ist nicht unbedingt, über das Erlebte zu sprechen. Doch es ist hilfreich für den Heilungs- und Integrationsprozess, wenn wir jemandem berichten oder zeigen können, wie wir uns heute damit fühlen. Wenn uns dazu die Worte fehlen, können wir unmittelbar mit der Stimme arbeiten, uns in Bildern, Musik oder Bewegung ausdrücken.

Wie kann ich Stress ändern?

  • Fähigkeiten und Fertigkeiten erweitern durch Weiterbildung in jegliche Richtung (für die Arbeit, fürs Hobby, für den Alltag)
  • Work-Life-Balance im Auge behalten
  • Sport (um fit zu sein oder bleiben)
  • Sport mit therapeutischem Ansatz (um den Rücken zu kräftigen oder die Gelenk zu entlasten, um ausdauernder arbeiten zu können)
  • Gesund und regelmäßig essen (falsche oder Mangelernährung schaden nicht nur dem Körper sondern auch dem Geist)
  • Kontakte knüpfen und Netzwerk stärken
  • Motivation und die eigenen Willensstärke verbessern
  • Unrealistische Ziele abbauen und Anforderungen anpassen
  • Prioritäten neu ordnen
  • Lernt „nein“ zu sagen und scheut Euch nicht, ggf. Mit etwas Rücksicht auf die verfügbaren Ressourcen und den anstehenden Anforderungen können Stresssituationen als Chance angesehen werden.

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