Stress ist ein allgegenwärtiges Phänomen des modernen Lebens. Während kurzzeitiger Stress als Reaktion auf Herausforderungen durchaus nützlich sein kann, birgt chronischer Stress zahlreiche Gesundheitsrisiken. Längst ist bekannt, dass Stress das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann, doch auch der Zusammenhang zwischen Stress und Schlaganfall wird zunehmend deutlicher. Dieser Artikel beleuchtet die Rolle von Stress als potenzieller Auslöser für Schlaganfälle und gibt Hinweise, wie man diesem Risiko entgegenwirken kann.
Stress als Risikofaktor: Was Studien zeigen
Eine Vielzahl von Studien hat den Zusammenhang zwischen Stress und Schlaganfall untersucht. So zeigt beispielsweise die INTERSTROKE-Studie, dass Wut und emotionale Aufregung kurz vor einem Schlaganfall bei einem signifikanten Teil der Betroffenen auftraten. Konkret gaben 9,2 % der Teilnehmer an, kurz vor dem Ereignis Wut oder emotionale Aufregung verspürt zu haben. Die Analyse ergab, dass negative Emotionen mit einem höheren Risiko für alle Schlaganfälle sowie für ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle assoziiert waren.
Auch körperliche Anstrengung wurde in der Studie untersucht. 5,3 % der Teilnehmer berichteten von starker körperlicher Anstrengung kurz vor dem Schlaganfall. Körperliche Anstrengung konnte zwar mit einem höheren Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle in Verbindung gebracht werden, nicht jedoch für alle bzw. nur ischämische Schlaganfälle.
Eine weitere Studie der Universität Galway (Irland) mit über 25.000 Personen aus 32 Ländern wies einen deutlichen Zusammenhang zwischen einem Hirninfarkt und einem erhöhten Stresslevel nach. Aus der Gruppe der Schlaganfall-Betroffenen berichteten rund 21 Prozent von einem erhöhten Maß an Stress, während es in der Kontrollgruppe nur 14 Prozent waren. Die Forscher belegten, dass das Schlaganfallrisiko aufgrund eines belastenden Lebensereignisses um 17 Prozent erhöht war, während das Auftreten von zwei oder mehr belastenden Lebensereignissen das Schlaganfallrisiko sogar um bis zu 31 Prozent erhöhen kann.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Stress als Risikofaktor für Schlaganfälle. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es sich bei den Studien um Beobachtungsstudien handelt, die keine eindeutige Kausalität beweisen können. Dennoch liefern sie wichtige Anhaltspunkte für den Zusammenhang zwischen Stress und Schlaganfall.
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Wie Stress das Schlaganfallrisiko beeinflusst
Es gibt verschiedene Mechanismen, über die Stress das Schlaganfallrisiko beeinflussen kann. Akuter Stress führt zu einer Aktivierung des Sympathikus und einer erhöhten Ausschüttung von Katecholaminen wie Adrenalin und Noradrenalin. Dies kann zu Gefäßverengungen, Arrhythmien und einem erhöhten Blutdruck führen, was wiederum das Risiko für einen Schlaganfall erhöht.
Chronischer Stress kann ebenfalls schädliche Auswirkungen auf die Gefäße haben. Er kann zu Bluthochdruck, Adipositas und möglicherweise auch zu Diabetes führen. Körperliche Stressreaktionen, wie die Ausschüttung von Cortisol und Adrenalin, können die Endothelzellen schädigen, die den Innenraum der Arterien auskleiden und eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutdrucks spielen.
Darüber hinaus fördert chronischer Stress gesundheitsschädliches Verhalten wie Rauchen, den Missbrauch von Alkohol und geringe sportliche Betätigung, die allesamt Risikofaktoren für Schlaganfälle sind.
Die Rolle von Herz und Gehirn: Das "Stroke-Heart-Syndrom"
Die enge Verbindung zwischen Herz und Gehirn wird zunehmend erkannt. Erkrankungen des einen Organs können sich auf die Gesundheit des anderen auswirken. So ist eine häufige Komplikation von Vorhofflimmern der Schlaganfall, da durch Vorhofflimmern entstandene Blutgerinnsel ins Gehirn geschwemmt werden und dort Gefäße verstopfen können.
Auch Schlaganfälle können das Herz beeinträchtigen. Studien haben gezeigt, dass bei Schlaganfallpatienten häufig eine Mitbeteiligung des Herzens zu beobachten ist. In den ersten Tagen nach einem Schlaganfall ist der Troponin-Wert im Blut bei einem Großteil der Betroffenen leicht erhöht, was auf eine Herzmuskelschädigung hindeutet.
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In diesem Zusammenhang sprechen Mediziner vom "Stroke-Heart-Syndrom". Dabei kann ein Schlaganfall eine spezielle Form des akuten Herzversagens auslösen, das Takotsubo-Syndrom (Broken-Heart-Syndrom). Dabei zieht sich die Muskulatur der linken Herzkammer vorübergehend nur noch eingeschränkt zusammen. Die Beschwerden ähneln denen eines Herzinfarkts, sind aber nicht durch verstopfte Herzkranzgefäße bedingt.
Man vermutet, dass das Takotsubo-Syndrom durch eine Entzündungsreaktion ausgelöst wird, die den Blutfluss in den kleinsten Blutgefäßen im Herzen stören kann. Zudem kommt es zu einer gesteigerten Aktivierung der Stressachse, wodurch vermehrt Adrenalin und Noradrenalin auf das Herz einprasseln.
Stressoren im Alltag: Was uns besonders belastet
Stress kann viele Ursachen haben. Im Privatleben können Krisen in der Partnerschaft und der Familie oder der Tod eines nahe stehenden Menschen belastend sein. Aber auch soziale Isolation, insbesondere in Zeiten wie der Corona-Pandemie, kann zu sozialem Stress führen, der sich körperlich bemerkbar macht.
Im Berufsleben ist die Sache weniger eindeutig. Ein Job, in dem man ständig viel zu tun und den ganzen Tag auf Achse ist, kann durchaus erfüllend sein. Problematisch wird es erst dann, wenn man seine Arbeit nicht frei gestalten kann, sondern fremdgesteuert wird, wenn sich das Gefühl einstellt, mit der Situation nicht klarzukommen, wenn man Hilflosigkeit oder Angst erlebt.
Eine Studie unterschied zwischen dem Effekt von qualitativen und quantitativen Aspekten sozialer Beziehungen. Das Maß der qualitativen Beziehungen richtet sich nach dem persönlichen Empfinden der Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen. Der quantitative Aspekt umfasst die Anzahl und Häufigkeit sozialer Kontakte.
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Stressbewältigung: Was Sie selbst tun können
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Stress abzubauen und das Schlaganfallrisiko zu senken. Wer die Risikofaktoren im Griff hat - also nicht raucht, nicht übergewichtig ist und gesund lebt - muss sich zunächst einmal keine Sorgen machen. Wer allerdings häufig negativen Stress empfindet, sollte versuchen, diesen gezielt abzubauen.
- Entspannungstechniken: Autogenes Training, Meditation, Yoga oder Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) können helfen, Stress abzubauen und die Entspannungsfähigkeit zu verbessern.
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität kann helfen, innere Anspannung zu lösen und Stresshormone abzubauen.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und suchen Sie Unterstützung bei Freunden und Familie.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann das Nervensystem unterstützen und Stress reduzieren. Vermeiden Sie übermäßigen Konsum von Koffein, Alkohol und Zucker.
- Schlafhygiene: Achten Sie auf ausreichend Schlaf und eine regelmäßige Schlafroutine.
- Arbeitsplatzgestaltung: Versuchen Sie, Ihren Arbeitsplatz so zu gestalten, dass Sie mehr Kontrolle über Ihre Aufgaben und Arbeitsbedingungen haben.
- Professionelle Hilfe: Wenn Sie unter starkem Stress leiden und Schwierigkeiten haben, ihn selbst zu bewältigen, suchen Sie professionelle Hilfe bei einem Therapeuten oder Coach.
Stressprävention am Arbeitsplatz
Auch Arbeitgeber sind gefragt, Stressprävention zu betreiben. Sie sollten ihre Mitarbeiter nicht überfordern und für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen, in dem Stressoren minimiert werden. Maßnahmen zur Stressprävention am Arbeitsplatz können sein:
- Flexible Arbeitszeiten: Ermöglichen Sie flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, um den Mitarbeitern mehr Kontrolle über ihre Arbeitszeit zu geben.
- Klare Aufgabenverteilung: Sorgen Sie für eine klare Aufgabenverteilung und vermeiden Sie Überlastung.
- Feedback und Wertschätzung: Geben Sie regelmäßiges Feedback und zeigen Sie Wertschätzung für die Leistungen der Mitarbeiter.
- Fortbildung: Bieten Sie Fortbildungen zum Thema Stressmanagement an.
- Gesundheitsförderung: Fördern Sie die Gesundheit der Mitarbeiter durch Angebote wie Sportkurse, Ernährungsberatung und Entspannungskurse.
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