Oftmals bleibt eine Taubheit bei Katzen lange unbemerkt, da sie sich auch ohne Gehör in ihrer Umgebung gut zurechtfinden können. Die Ursachen für Taubheit sind vielfältig und reichen von angeborenen Defekten bis hin zu erworbenen Erkrankungen im Laufe des Lebens. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Taubheit bei Katzen, von der Erkennung über die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten bis hin zum Umgang mit einer tauben Katze im Alltag.
Erkennung einer Taubheit bei Katzen
Eine Taubheit bei Katzen zu erkennen, ist nicht immer einfach, insbesondere wenn sie schleichend einsetzt. Katzenhalter bemerken es oft erst spät. Einige Anzeichen können jedoch auf eine Hörminderung hindeuten:
Reaktion auf Geräusche: Taube Katzen reagieren nicht auf plötzliche Geräusche, während hörende Katzen in der Regel mit hoher Wahrscheinlichkeit reagieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass auch eine hörende Katze erschrecken kann, wenn sie gerade abgelenkt ist.
Schreckhaftigkeit: Da taube Katzen Geräusche nicht wahrnehmen können, sind sie oft schreckhaft. Artgenossen, die auf sie zulaufen, oder Bälle, die von hinten herankommen, werden nicht gehört.
Annäherung von hinten: Nähern Sie sich Ihrer Katze vorsichtig von hinten und sagen Sie ihren Namen mit ruhiger Stimme. Reagiert sie nicht, könnte dies ein Hinweis auf Taubheit sein.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Taubheit im linken Bein
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Anzeichen nicht immer eindeutig sind und weitere Untersuchungen erforderlich sind, um eine Taubheit sicher festzustellen.
Ursachen von Taubheit bei Katzen
Taubheit bei Katzen kann verschiedene Ursachen haben, die in zwei Hauptkategorien unterteilt werden können: Schallleitungsstörungen und Schallempfindungsstörungen.
Schallleitungsstörungen
Bei einer Schallleitungsstörung wird das Schallsignal nicht bis zum Innenohr übertragen. Dies kann durch Probleme im Außen- oder Mittelohr verursacht werden:
Entzündungen: Infektionen mit Bakterien, Viren, Hefepilzen oder Milben sowie Autoimmunerkrankungen können zu entzündlichen Schwellungen der Gehörgänge führen. Flüssigkeit kann bis zum Trommelfell gelangen und die Schallübertragung blockieren.
Verletzungen des Trommelfells: Verletzungen des Trommelfells können durch Grannen, eine hochgradige Otitis oder Ohrpolypen entstehen und zu einem Hörverlust bis hin zur Taubheit führen.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Taubheit
Schwere Verletzungen am Kopf oder den Ohren: Bissverletzungen, Unfälle oder Stürze können einen Hörverlust verursachen.
Angeborene Fehlbildungen: Angeborene Fehlbildungen des Außen- oder Mittelohrs können den Schall blockieren oder abschwächen.
Schallempfindungsstörungen
Bei einer Schallempfindungsstörung liegt das Problem in den Haarzellen des Innenohrs oder im Hörnerv. Dieser wandelt die Schallwellen in elektrische Impulse um und leitet diese an das Gehirn weiter:
Angeborene, genetisch bedingte Taubheit: Diese Form der Taubheit kommt bei verschiedenen Tierarten vor und wird insbesondere mit der Fellfarbe Weiß vererbt. Besonders häufig betroffen sind weiße Tiere mit blauen Augen.
Erkrankungen: Erkrankungen wie Meningitis oder Tumoren können Hörschäden entstehen lassen.
Lesen Sie auch: Flugbedingte Taubheit: Symptome und Therapie
Medikamente: Einige Antibiotika und Chemotherapeutika können Hörverlust bis hin zur Taubheit verursachen. Auch antiseptische Produkte zur Reinigung des Ohrs oder bestimmte Bestandteile von Ohrentropfen können bei sehr anfälligen Tieren zu vorübergehender oder dauerhafter Taubheit führen.
Schwermetalle: Schwermetalle wie Quecksilber oder Arsen, die beispielsweise über belastetes Trinkwasser aufgenommen werden, schädigen das Innenohr.
Altersbedingte Schwerhörigkeit: Diese manifestiert sich meist im letzten Lebensdrittel und schreitet allmählich voran. Anfänglich verliert das Tier die Fähigkeit, hohe Töne zu hören.
Weitere Ursachen
Ohrmilben: Ein Befall mit Ohrmilben (Otodectes cynotis) ist eine häufige Ursache für eine Otitis externa bei Katzen, insbesondere bei jungen Katzen.
Allergien: Allergische Dermatitis, insbesondere atopische Dermatitis, kann ebenfalls zu einer Otitis externa führen.
Idiopathische Otitis externa ceruminosa: Diese entsteht durch eine Ansammlung von ceruminösem Detritus und kann sekundäre Infektionen begünstigen.
Proliferative und nekrotisierende Otitis externa (PNOE): Eine seltene Erkrankung, die die Ohrmuscheln und den Gehörgang betrifft und zur Bildung von Plaques, Erosionen und Ulzera führt.
Pemphigus foliaceus (PF): Die häufigste autoimmune Hauterkrankung bei Katzen, die auch die Ohren betreffen kann.
Ohrpolypen: Gutartige Zubildungen, die vom Epithel des Mittelohrs, des Nasopharynx oder der Eustachischen Röhre ausgehen und den Gehörgang blockieren können.
Neoplasien: Tumore im Gehörgang oder Mittelohr können eine Otitis externa begünstigen und zu Taubheit führen.
Diagnose von Taubheit bei Katzen
Wenn der Verdacht auf Taubheit besteht, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Dieser wird verschiedene Untersuchungen durchführen, um die Ursache der Hörminderung zu ermitteln:
Allgemeine Untersuchung: Der Tierarzt führt eine allgemeine Untersuchung durch, um andere mögliche Erkrankungen auszuschließen.
Ohruntersuchung: Die Gehörgänge beider Ohren werden mit einem Ohrenspiegel (Otoskop, Videootoskop) genau untersucht. Dabei können Tupferproben entnommen werden, um Krankheitserreger nachzuweisen und das Trommelfell auf Beschädigungen zu kontrollieren.
Audiometrie (BAER-Test): Mit dem BAER-Test (Brainstem Auditory Evoked Response), einem speziellen Hörtest, kann untersucht werden, ob der Schall bis zum Innenohr übertragen wird. Dazu werden unter Sedierung Elektroden am Kopf des Tieres befestigt und über kleine Stöpsel in den Ohren Geräusche unterschiedlicher Lautstärke und Frequenz abgespielt. Die Elektroden messen, ob die Geräusche vom Gehirn wahrgenommen werden und zeichnen die Messungen über einen Computer auf.
Elektroneurografie (ENG): Mit einer Elektroneurografie (ENG) kann die Nervenleitgeschwindigkeit des Hörnervs gemessen werden. Dafür werden ebenfalls unter Sedierung Elektroden an der Kopfhaut über dem Hörnerv angebracht und über Ohrstöpsel Geräusche abgespielt. Die Elektroden messen die elektrische Aktivität des Hörnervs.
Bildgebende Verfahren: Bei Verdacht auf eine Otitis media oder Neoplasien können bildgebende Verfahren wie eine Computertomografie (CT) eingesetzt werden, um das Mittelohr und den Gehörgang genauer darzustellen.
Behandlung von Taubheit bei Katzen
Die Behandlung von Taubheit bei Katzen hängt von der Ursache ab. Einige Formen der Taubheit sind behandelbar, während andere dauerhaft bestehen bleiben:
- Schallleitungsstörungen:
- Entzündungen: Ohrinfektionen, Autoimmun- sowie andere zugrundeliegende Erkrankungen werden mit entsprechenden Medikamenten behandelt (Antibiotika, entzündungshemmende Mittel).
- Verletzungen des Trommelfells: Je nach Schweregrad der Verletzung kann eine konservative Behandlung oder eine Operation erforderlich sein.
- Ohrpolypen: Ohrpolypen werden operativ oder videootoskopisch entfernt. Nach der Entfernung kann verbleibendes Gewebe zusätzlich mittels Laser abgetragen werden, um das Rezidivrisiko zu vermindern.
- Schallempfindungsstörungen:
- Angeborene Taubheit: Eine angeborene Taubheit ist in der Regel nicht heilbar.
- Medikamenteninduzierte Taubheit: In einigen Fällen kann sich das Hörvermögen nach Absetzen des Medikaments wieder regenerieren.
- Altersbedingte Schwerhörigkeit: Eine altersbedingte Schwerhörigkeit ist nicht heilbar.
- Tumore: Durch eine Operation oder Chemotherapie kann der Tumor unter Umständen beseitigt werden.
In manchen Fällen kann eine taube Katze geheilt werden. Allerdings ist es für Katzen nicht schlimm, wenn sie taub sind: Sie verfügen über viele andere Sinne, die sie nutzen können.
Leben mit einer tauben Katze
Auch wenn eine Taubheit eine Einschränkung darstellt, können taube Katzen ein erfülltes und glückliches Leben führen. Wichtig ist, dass Halter einige Anpassungen vornehmen und besondere Vorkehrungen treffen:
Sichere Umgebung: Taube Katzen nehmen Gefahren wie Autos nicht wahr. Daher sollten sie in der Wohnung gehalten oder nur in einem abgesicherten Bereich im Freien bewegt werden. Bei Spaziergängen mit dem Hund sollte immer eine Leine verwendet werden.
Kommunikation: Da die akustische Kommunikation eingeschränkt ist, sollten Mimik und Gestik wie Handzeichen eingesetzt werden, um mit der Katze zu kommunizieren. Blinzeln Sie ihr beispielsweise langsam zu, um ihr Zuneigung zu zeigen.
Vibrationen: Taube Katzen reagieren sensibler auf Vibrationen. Klopfen Sie leicht auf den Boden, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
Erschrecken vermeiden: Vermeiden Sie es, die Katze mit plötzlichem Annähern oder Hochheben von hinten zu erschrecken.
Vertraute Routinen: Insbesondere wenn die Katze erst im Laufe des Lebens taub wird, ist es wichtig, vertraute Routinen beizubehalten.
Mehr Schlaf: Lassen Sie Ihre Katze mehr schlafen. Die Schlafposition von Katzen ist ein Spiegel ihres Wohlbefindens.
Zusammenleben mit anderen Katzen: Eine taube Katze kann mit hörenden Katzen zusammenleben. Allerdings müssen Halter darauf achten, dass die taube Katze keine Drohsignale hört, was hörende Katzen irritieren kann.
Taubheit und Demenz bei Katzen
Es ist wichtig zu beachten, dass ältere Katzen neben Taubheit auch an Demenz (kognitive Dysfunktion) leiden können. Symptome von Demenz bei Katzen sind:
- Nächtliches Miauen
- Schlafstörungen
- Orientierungslosigkeit
- Verändertes Sozialverhalten
- Veränderte Aktivität
- Verlust der "Erziehung"
Wenn eine Katze Anzeichen von Demenz zeigt, sollte sie von einem Tierarzt untersucht werden. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können, um das Leben einer dementen Katze zu erleichtern, wie z.B.:
- Sichere Umgebung schaffen
- Größere Veränderungen im Haushalt vermeiden
- Futter mit Vitamin E und Antioxidantien geben
- Katzentoilette leicht zugänglich machen
tags: #Taubheit #bei #Katzen #Ursachen #Behandlung