Trigeminusneuralgie: Symptome, Ursachen und Behandlungsansätze

Die Trigeminusneuralgie ist eine seltene neurologische Erkrankung, die durch intensive, blitzartig einschießende Schmerzen im Gesicht gekennzeichnet ist. Die Attacken zählen zu den stärksten Schmerzen, die es gibt, und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Obwohl die Ursachen nicht immer eindeutig sind, gibt es verschiedene Behandlungsansätze, um die Schmerzen zu lindern oder zu kontrollieren.

Was ist die Trigeminusneuralgie?

Die Trigeminusneuralgie betrifft den Nervus trigeminus, den fünften Hirnnerven, der auch als Drillingsnerv bekannt ist. Dieser Nerv ist für die Wahrnehmung und Weiterleitung von Berührungs- und Schmerzreizen im Gesichtsbereich zuständig. Er verzweigt sich in drei Hauptäste: den Augenast, den Oberkieferast und den Unterkieferast. Die Schmerzen sind meist auf das Versorgungsgebiet des zweiten oder dritten Astes oder auch auf beide gemeinsam begrenzt und auf eine Gesichtshälfte beschränkt.

Symptome

Die typischen Symptome einer Trigeminusneuralgie sind:

  • Plötzlich einschießende, heftigste Schmerzattacken im Gesicht, die als blitzartig, stechend, elektrisierend oder brennend beschrieben werden.
  • Die Schmerzen dauern Sekunden bis maximal zwei Minuten an.
  • Die Attacken treten spontan oder durch Reize getriggert auf, wie z. B. Sprechen, Kauen, Schlucken, Zähneputzen, Berührung im Gesicht, kalte Luft oder Bewegungen der Gesichtsmuskulatur.
  • Zwischen den Attacken besteht in der Regel Beschwerdefreiheit.
  • Die Attacken treten mehrmals pro Tag über Wochen oder Monate auf.
  • Zu Beginn sind auch wochen- bis monatelange schmerzfreie Intervalle möglich.
  • Der Verlauf ist in der Regel progredient.
  • Begleitend zu den Schmerzen können sich Teile der Gesichtsmuskulatur zusammenziehen (Tic douloureux), Hautrötung und Augentränen auftreten.

Viele Patienten erleben alltägliche Vorgänge, wie Sprechen, Kauen oder Schlucken, als belastende Herausforderungen, die sie lieber vermeiden würden. Die Schmerzen können so stark sein, dass Betroffene die Nahrungsaufnahme verweigern, was zu Gewichtsverlust und Flüssigkeitsmangel führen kann. Die starken Schmerzen sind auch eine enorme psychische Belastung und können mit depressiven Verstimmungen einhergehen.

Ursachen

Man unterscheidet zwischen der klassischen (idiopathischen) und der symptomatischen Trigeminusneuralgie.

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  • Klassische Trigeminusneuralgie: Als Ursache der klassischen Trigeminusneuralgie nimmt man nach heutigem Wissensstand eine Kompression eines Blutgefäßes im Bereich des Austritts des Nervus trigeminus am Hirnstamm an. Am häufigsten drückt dabei die Arteria cerebelli superior (SCA) auf den Nerven. Dieser Gefäß-Nerven-Kontakt führt wahrscheinlich zu einer Irritation der Nervenwurzel im Kleinhirnbrückenwinkel. Es kommt zu einer Nervenschädigung, bei der die Signale der Reize, die eigentlich nicht schmerzhaft sind, auf Schmerzfasern umgeleitet werden.
  • Symptomatische Trigeminusneuralgie: In seltenen Fällen kann die Trigeminusneuralgie auch Folge von Tumoren, Gefäßmissbildungen oder einer Multiplen Sklerose sein. Bei der Multiplen Sklerose führt die Schädigung der Myelinscheide im Bereich der Eintrittsstelle der Nervenwurzel zu den Schmerzattacken.

Diagnose

Aufgrund der charakteristischen Symptomatik ist eine Trigeminusneuralgie für einen Neurologen in der Regel leicht zu diagnostizieren. In einem ausführlichen Gespräch erkundigt sich der Arzt unter anderem über den Verlauf, die Dauer und Ausprägung sowie über die Auslöser der Gesichtsschmerzen. Es folgt eine neurologische Untersuchung.

Um andere Ursachen auszuschließen, können weitere Untersuchungen durchgeführt werden:

  • MRT (Magnetresonanztomographie): Um Tumoren, Gefäßmissbildungen oder Multiple Sklerose als Ursache auszuschließen.
  • Neurologische Untersuchung: Um Sensibilitätsstörungen oder motorische Ausfälle festzustellen.
  • Befunde vom Zahnarzt, Augenarzt und HNO-Arzt: Um andere Erkrankungen im Gesichtsbereich auszuschließen.

Differentialdiagnosen

Mögliche Differentialdiagnosen der Trigeminusneuralgie sind beispielsweise die postzosterische Neuralgie, der Cluster-Kopfschmerz, die kraniomandibuläre Dysfunktion oder die Trigeminusneuropathie (mit Dauerschmerz und Gefühlsstörungen, kein Triggereffekt, oft nach Gesichtsverletzungen).

Behandlung

Bei einer Trigeminusneuralgie muss individuell geklärt werden, welche Behandlungsverfahren zum Einsatz kommen. Wichtig zu wissen: Die Erfolgsraten der unterschiedlichen Behandlungsansätze sind in der Regel hoch, es gibt aber bisher keine Standardtherapie für die Trigeminusneuralgie, die bei jedem Betroffenen Wirkung zeigt. Zudem besteht immer die Möglichkeit, dass die Schmerzen nach einer erfolgreichen Behandlung zurückkehren.

Medikamentöse Therapie

An die Diagnose schließt sich meistens eine medikamentöse Therapie an. Eingesetzt werden Antiepileptika (zum Beispiel Carbamazepin, Oxacarbazepin oder Gabapentin). Die Wirkung von Carbamazepin beruht vermutlich auf der Hemmung der Reizweiterleitung. Es hat dämpfende und beruhigende sowie antidepressive und muskelentspannende Wirkungen und ist in der Regel äußerst wirksam. Allerdings besteht bei diesem Medikament ein erhöhtes Risiko, dass Nebenwirkungen wie Schwindel und Müdigkeit auftreten. Häufig kommt es auch zu allergischen Reaktionen, Veränderungen des Blutbildes und der Leberfunktion, Verringerung der Blutsalze und zu Magen-Darm-Problemen.

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In der Regel wird die Schmerztherapie mit einer niedrigen Dosierung begonnen und so lange erhöht, bis bei der betroffenen Person keine Schmerzen mehr auftreten. Die Nebenwirkungen können reduziert werden, indem das Medikament auf mehrere Dosen über den Tag verteilt eingenommen wird. Die unterschiedlichen Substanzen können eventuell auch kombiniert zum Einsatz kommen. Ist der Patient vier bis sechs Wochen schmerzfrei, wird die Dosis stufenweise reduziert.

Operative Verfahren

Wenn die Schmerzen mit der medikamentösen Therapie jedoch nicht abklingen oder die Nebenwirkungen es nicht erlauben, die Therapie weiterzuführen, stehen verschiedene weitere Behandlungsansätze zur Verfügung. Die betroffene Person wird dafür zu einem Neurochirurgen überwiesen.

  • Mikrovaskuläre Dekompression (MVD): Wenn eine medikamentöse Therapie keinen Erfolg bringt, kann eine Operation am Gehirn erforderlich sein, um den Kontakt zwischen Gefäß und Trigeminusnerv zu unterbrechen. Dazu wird der Schädel geöffnet und ein Kunststoffstück, zum Beispiel Teflonflies, als Puffer eingelegt. Acht von zehn Patienten sind nach dem Verfahren schmerzfrei, weitere zwei haben danach geringere Beschwerden als vorher. Nach zehn Jahren ist die Erfolgsquote nicht mehr ganz so hoch: Sieben von zehn Behandelten sind jedoch weiterhin schmerzfrei. Bis zu 30 Prozent leiden nach dem Eingriff unter verminderter Empfindlichkeit im Gesichtsbereich des Versorgungsgebietes des Trigeminusnervs. Diese Methode eignet sich für Menschen, die kein erhöhtes Operationsrisiko haben, denn die Operation erfolgt unter Vollnarkose. Der Vorteil des Verfahrens: Der Trigeminusnerv wird dabei geschont und seine Funktionsfähigkeit bleibt erhalten. Bei Misserfolg ist ein Zweiteingriff möglich.
  • Perkutane Operationsverfahren: Beim sogenannten perkutanen Operationsverfahren wird der Nervus Trigeminus im Bereich des Ganglion Gasseri entweder thermisch, chemisch oder mechanisch geschädigt. Der Zugangsweg erfolgt durch die Haut seitlich des Mundwinkels durch eine Schädelöffnung unter Durchleuchtung. Bei den thermischen und chemischen Varianten wird in 90 Prozent der Fälle Schmerzfreiheit erzielt. Auch nach zehn Jahren sind acht von zehn Patienten schmerzfrei, bei der mechanischen Variante sind es sechs bis sieben von zehn Patienten. Nebenwirkungen können eine verminderte Empfindlichkeit im Gesicht und unangenehme bis schmerzhafte Missempfindungen sein. Diese Methode eignet sich auch für ältere Menschen oder solche, die bei einer Operation erhöhte Risiken durch eine Vorerkrankung haben. Die betroffene Person wird nur örtlich betäubt oder in eine Kurznarkose gelegt, eine Vollnarkose ist nicht notwendig.
  • Radiochirurgische Behandlung (Gamma-Knife-Behandlung): Bei diesem Verfahren wird der Trigeminusnerv am Abgang mit einer hohen Strahlendosis einmalig bestrahlt. Das soll zu einer Teilschädigung des Nervs führen. Anders als bei der Dekompression kommt es erst nach Tagen bis Wochen zu einer Besserung der Symptomatik. Ist anfangs die Neuralgie bei 70 bis 90 Prozent der Patienten gebessert, so ist das nach fünf Jahren nur noch etwa bei der Hälfte der Patienten der Fall. Eine weitere Bestrahlung mit einer niedrigeren Strahlendosis ist ebenfalls möglich, auch wenn dies nur bei der Hälfte der Patienten erfolgreich ist. Auch ist mit einer Zunahme der sensiblen Ausfälle als Nebenwirkung zu rechnen.

Cyberknife-Therapie

Die ambulante radiochirurgische Behandlung mit modernen Robotersystemen, wie z. B. dem CyberKnife und dem ZAP-X, wird bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Trigeminusneuralgie immer häufiger eingesetzt. Neue Erkenntnisse verschiedener Studien belegen für die radiochirurgische Behandlung weniger Komplikationen und eine bessere langfristige Linderung. Je nach individueller Patientengeschichte und Ursache, kann die Trigeminusneuralgie mithilfe der Hochpräzisions-Technologie des CyberKnife-Systems in nur einer einzigen Sitzung ambulant behandelt werden. Danach kommt es innerhalb von wenigen Wochen zu einer Narbenbildung im Trigeminusnerv und damit einhergehend zur Schmerzlinderung bzw. völligen Schmerzfreiheit.

Weitere Behandlungsansätze

  • Psychotherapie: Hilfreich ist eine Psychotherapie. Sie ist oft Teil einer multimodalen Schmerztherapie. Denn dauerhafte Schmerzen belasten auch psychisch stark.
  • Schmerztagebuch: Mithilfe eines Schmerztagebuchs können Betroffene genau dokumentieren, in welchen Situationen die Attacken aufgetreten sind, wie intensiv der Schmerz war und wie gut die Medikamente gewirkt haben. Dies kann eine wichtige Säule für die weitere Behandlung bilden. Zudem hilft ein solches Tagebuch, in Zukunft bestimmte Triggerfaktoren zu umgehen, um eine Attacke zu vermeiden.

Leben mit Trigeminusneuralgie

Die Trigeminusneuralgie ist eine chronische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen kann. Es ist wichtig, sich der Erkrankung bewusst zu sein und Strategien zu entwickeln, um mit den Schmerzen umzugehen.

  • Vermeidung von Triggerfaktoren: Identifizieren Sie die Auslöser Ihrer Schmerzattacken und versuchen Sie, diese zu vermeiden.
  • Regelmäßige Arztbesuche: Bleiben Sie in Kontakt mit Ihrem Arzt, um die Behandlung optimal anzupassen.
  • Unterstützung suchen: Sprechen Sie mit Familie, Freunden oder einer Selbsthilfegruppe über Ihre Erkrankung.
  • Psychologische Unterstützung: Bei Bedarf kann eine psychologische Beratung helfen, mit den emotionalen Belastungen der Erkrankung umzugehen.

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