Einleitung:
Die Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich ist eine komplexe Erkrankung, die durch Kompression oder Reizung des Nervus ulnaris verursacht wird. Dieser Nerv spielt eine entscheidende Rolle für die Funktion von Arm und Hand, da er für die sensorische Wahrnehmung und motorische Steuerung zuständig ist. In diesem Artikel werden die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten der Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich detailliert erläutert.
Ursachen der Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich
Die Ursachen für eine Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich können vielfältig sein. Ein Schulter-Impingement entsteht häufig durch eingeklemmte Sehnen, Weichteile und/oder Nerven unter dem Schulterdach. Auch die Rotatorenmanschette kann hierbei in Mitleidenschaft gezogen werden. Meist liegt eine Einengung des Gelenkraumes (Subakromialraum) vor - des Raumes zwischen Oberarmkopf und Schulterdach (Akromion).
Outlet- und Non-Outlet-Syndrom
Beim sogenannten Outlet-Syndrom sind es bestimmte knöcherne Veränderungen oder Verwachsungen, zum Beispiel ein Sporn unterhalb des Schulterdachs. Beim Non-Outlet-Syndrom werden die Beschwerden von den umliegenden Weichteilen verursacht. In seltenen Fällen kann auch ein muskuläres Ungleichgewicht die Stabilität und Biomechanik der Schulter beeinträchtigen. Dadurch sitzt der Kopf des Oberarmknochens nicht mehr zentral in der Gelenkpfanne und kann Sehnen oder Nerven reizen.
Weitere Ursachen
- Direkte Kompression: Druck auf den Nerv durch wiederholtes Abstützen des Ellbogens oder anatomische Enge im Kubitaltunnel.
- Überbeanspruchung: Überbeanspruchung oder Verletzungen im Bereich des Ellbogens.
- Fehlhaltungen: Chronische Belastung und falsche Haltung.
- Halswirbelsäulenprobleme: Eine Fehlstellung oder ein Problem in der HWS kann die Nervenwurzeln beeinträchtigen und zu einer Reizung oder Kompression des Nervus ulnaris führen.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule (HWS) kann erhebliche Symptome verursachen und spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Sulcus-Ulnaris-Syndroms.
- Mechanische Ursachen: Mechanische Ursachen, wie Druck- oder Zugeinwirkung auf den Nerven, können zur Reizung führen. Dies kann beispielsweise infolge eines Bruches im Bereich des Ellenbogens entstehen, bei dem die Ulnarisrinne mitbetroffen ist und der Nerv dadurch eingeengt wird.
- Risikofaktoren: Risikofaktoren für das Sulcus-ulnaris-Syndrom umfassen Diabetes mellitus, Übergewicht, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und vorausgegangene Verletzungen. Des Weiteren kann eine degenerative Veränderung des Gelenkes für die Druckerhöhung verantwortlich sein.
- Traumata und Brüche: Traumata und Brüche (Frakturen) im Bereich des Ellenbogens können der Nervus ulnaris verletzen.
Symptome der Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich
Ein Schulter-Impingement äußert sich durch Schmerzen in der Schulter. Sie treten sowohl in der Nacht als auch am Tag auf. Das Liegen auf der betroffenen Seite ist sehr unangenehm, weil es meist die Schmerzen noch verstärkt. Typisch sind auch Schmerzen beim seitlichen Anheben des Oberarms leicht unterhalb und oberhalb der Schulterhöhe. Dabei werden Teile von Sehnen oder Schleimbeutel zwischen Schulterdach und Oberarmknochen eingeklemmt. Auch alltägliche Tätigkeiten, die über dem Kopf ausgeführt werden, oder das Anziehen von Kleidungsstücken mit nach hinten gestreckten Armen kann Schmerzen hervorrufen. Um schmerzhafte Bewegungen zu verhindern, nehmen die Betroffenen immer stärker eine Schonhaltung ein. Dieser Bewegungsmangel führt oft zu einem Muskelschwund, der die Schulter noch instabiler macht.
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Typische Symptome des Sulcus-Ulnaris-Syndroms
- Kribbeln im kleinen Finger und Ringfinger.
- Schmerzen entlang des betroffenen Nervs.
- Taubheit in den Fingern, besonders im kleinen Finger.
- Schwächung der Muskulatur der Hand.
Weitere Beschwerden
- Unsicherheit bei der Nutzung der Hand.
- Einschränkung der Greiffähigkeit.
- Sensibilitätsstörungen oder Taubheitsgefühle im Bereich des kleinen Fingers, der Seite des Ringfingers zum kleinen Finger hin und der Handseite neben dem kleinen Finger.
- Schwäche oder Lähmung der Handmuskulatur, insbesondere der Muskeln, die vom Ellenbogennerv versorgt werden.
- Beeinträchtigung der Feinmotorik, die sich durch eine hakenartige Verkrümmung der kleinen und Ringfinger äußern kann, auch bekannt als "Krallenhand".
- Muskelschwund in der Hand, was dazu führen kann, dass die Hand im Vergleich zur gesunden Hand etwas knochiger wirkt.
- Die Betroffenen berichten in der Frühphase der Erkrankung über gelegentliches „Einschlafen“ des Kleinfingers und der Außenseite des Ringfingers bei Beugung des Ellenbogens. Auch lokale Schmerzen bei Beugung des Ellenbogens mit Ausstrahlung in Richtung Kleinfinger sind typisch. Im fortgeschrittenen Stadium sind die sensiblen Ausfallerscheinungen dauerhaft vorhanden. Zusätzlich kommt es dann zu motorischen Einschränkungen z.B.
Diagnose der Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich
Unsere Spezialisten für Orthopädie und Unfallchirurgie in den Schön Kliniken erheben zunächst Ihre Krankengeschichte (Anamnese). Dabei stellen sie Ihnen verschiedene Fragen, auch um andere mögliche Ursachen eines Schulter-Impingements auszuschließen. Dazu gehört zum Beispiel die Entzündung der Bursa subacromialis, des wichtigsten Schleimbeutels der Schulter. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung. Dabei schauen sich unsere Spezialisten Ihre Schulter genau an und machen verschiedene Tests zur Beweglichkeit Ihres Schultergelenks. Zum Beispiel, wenn Sie Ihren gestreckten Arm aus einer seitlich hängenden Position über den Kopf anheben und dabei Schmerzen empfinden oder die Bewegung unmöglich wird. Um die Belastungsfähigkeit oder eine mögliche Schädigung der Schultergelenksmuskulatur zu prüfen, nutzen unsere Spezialisten verschiedene klinische Tests.
Klinische Tests
- Nackengriff: Beim Nackengriff versucht die Patientin oder der Patient, die Hände mit dem Daumen nach unten in den Nacken zu legen.
- Schürzengriff: Beim Schürzengriff wird versucht, mit den Händen eine imaginäre Schürze hinter dem Rücken zu binden.
- Jobe-Test: Beim Jobe-Test spreizt die Patientin oder der Patient die Arme auf Schulterhöhe mit gestrecktem Ellenbogengelenk ab und dreht die Hände ein. Anschließend soll sie oder er einem bestimmten Druck standhalten.
- Neer-Test: Beim Neer-Test dreht man den Arm der Patientin oder des Patienten in eine bestimmte Position und fixiert dabei das Schulterblatt.
Bildgebende Verfahren
- Röntgenuntersuchung: Mit einer Röntgenuntersuchung erhalten wir eine gute Gelenkübersicht und können knöcherne Veränderungen zuverlässig erkennen.
- Ultraschalluntersuchung (Sonografie): Bei einem Verdacht auf mögliche Flüssigkeitsansammlungen im Gelenkspalt machen unsere Spezialisten eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie). Damit lassen sich Veränderungen des Schleimbeutels oder von muskulären Strukturen der Schulter gut darstellen. Auch die Sehnen der Rotatorenmanschette können wir mit Ultraschall sehr gut beurteilen. Zudem gibt die Sonografie Hinweise für eventuelle Begleiterkrankungen.
- Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT): In manchen Fällen, zum Beispiel im Vorfeld einer Operation zur Rekonstruktion des Schultergelenks, ist auch der Einsatz einer Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) sinnvoll.
- Elektrophysiologische Untersuchung: Um die Diagnose zu sichern, führt ein Neurologe eine elektrophysiologische Untersuchung durch, bei der getestet wird, wie gut der Nerv die elektrischen Impulse noch leitet.
- Nervenultraschall: Der Nervenultraschall erlaubt das Screening des Nervs über seinen gesamten Verlauf und erkennt die krankhaften Veränderungen zuverlässig.
Behandlung der Ulnarisnerv-Einklemmung im Schulterbereich
Es gibt verschiedene Therapieformen, die je nach Schweregrad und individuellen Umständen angewendet werden können.
Konservative Therapie
Eine konservative Therapie kann entzündungshemmende Behandlungen, die Anwendung einer Lagerungsschiene und Schonung umfassen. Diese Maßnahmen können zur Beschwerdelinderung beitragen.
- Konservative Behandlung und Ruhigstellung: Bei der konservativen Behandlung des Sulcus-Ulnaris-Syndroms wird versucht, die Symptome durch nicht-operative Maßnahmen zu lindern. Ein zentraler Bestandteil dieser Behandlung ist die Ruhigstellung des Ellenbogens, um den Druck auf den betroffenen Nerv zu reduzieren. Die Ruhigstellung kann dabei helfen, den Nerv zu entlasten und die Beschwerden wie Schmerzen oder Taubheit zu verringern.
- Maßnahmen der konservativen Behandlung: Ruhigstellung des Ellenbogens mithilfe einer Schiene oder Bandage. Vermeidung von belastenden Bewegungen und Druck auf den Ellenbogen. Physiotherapie zur Stärkung der Muskulatur und Mobilisierung des Bindegewebes. Entzündungshemmende Medikamente zur Linderung von Schmerzen und Entzündung.
Operative Behandlung
Im Falle einer fortgeschrittenen Erkrankung oder wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen, kann eine Operation notwendig sein. Mit der Operation wird die Einengung des Nervus ulnaris im Kubitaltunnel am Ellenbogengelenk beseitigt. Es gibt verschiedene Methoden der operativen Entlastung des Nervs, und in manchen Fällen muss der Nervus ulnaris verlagert und neu eingebettet werden.
- Das Ziel der Operation: Das Ziel der Operation ist es, den Nerv aus seinen Einengungen zu befreien (sog. Dekompression). Hierzu wird der Nerv oberhalb des Ellenbogens aufgesucht und die einengenden Strukturen werden durchtrennt.
- Nachsorge: Zweiwöchige Schonung und vorsichtiges Mobilisieren sind wichtig für eine gute Heilung. Arbeitsfähigkeit besteht nach 2-6 Wochen, je nach Schwere der Belastung des Arms. Die Rückkehr des Gefühls oder der motorischen Funktion hängt von der Dauer der präoperativen Beschwerden ab und kann sich über mehrere Monate erstrecken. Das klinische Ergebnis hängt maßgeblich vom Ausmaß der Vorschädigung ab. Bei bereits länger bestehenden Muskelatrophien der kleinen Handmuskeln bleiben häufig Residuen bestehen. Die vorhandenen Paresen können sich nach erfolgter Dekompression des N. ulnaris in einem Zeitraum bis 24 Monate postoperativ bessern. Weitere negative Einflussfaktoren hinsichtlich des klinischen Ergebnisses stellen Alter, Rauchen, und eine sonografisch nachgewiesene Verdickung des N. ulnaris dar.
Weitere Maßnahmen
Bei leichten Einschränkungen kann es ausreichen, den Nerv vom Druck zu entlasten. Dies kann beispielsweise durch die Vermeidung wiederkehrenden Drucks oder durch unterstützende Manschetten im Bereich des Ellenbogengelenks erfolgen.
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Nachsorge bei einem Sulcus-ulnaris-Syndrom
Bei einem Sulcus-ulnaris-Syndrom ist die Nachsorge entscheidend, um die Genesung zu unterstützen und weitere Komplikationen zu vermeiden. Die empfohlene Nachsorge kann je nach individuellem Krankheitsverlauf und den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen variieren.
- Regelmäßige ärztliche Kontrolle: Nach einer konservativen Therapie oder einer operativen Behandlung ist es wichtig, regelmäßige ärztliche Kontrollen zu haben, um den Heilungsverlauf zu überwachen und eventuelle Rückfälle frühzeitig zu erkennen.
- Physiotherapie: In vielen Fällen kann Physiotherapie ein wichtiger Bestandteil der Nachsorge sein. Durch gezielte Übungen und Maßnahmen kann die Beweglichkeit des Ellenbogengelenks und der Hand wiederhergestellt sowie die Muskulatur gestärkt werden.
- Ergonomische Anpassungen: Es kann hilfreich sein, ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz oder im Alltag vorzunehmen, um wiederkehrende Belastungen des Ellenbogengelenks zu vermeiden und die Heilung zu unterstützen.
- Vermeidung von Druck auf den Nerv: Um weitere Schädigungen des Nervs zu vermeiden, ist es wichtig, Druck auf den Nerv zu vermeiden. Dies kann durch die Verwendung von speziellen Polstern oder Schienen erfolgen, um den Nerv zu entlasten.
- Frühzeitige Reaktion bei Symptomen: Es ist wichtig, auf mögliche Symptome wie Taubheitsgefühle, Schmerzen oder Kraftverlust in der Hand zu achten und bei deren Auftreten frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Übungen zur Entlastung des Nervus ulnaris
Bei einem eingeklemmten Nerv in der Schulter oder am Schulterblatt können gezielte Übungen helfen, die Muskulatur zu entspannen, die Beweglichkeit zu verbessern und den Druck auf den Nerv zu verringern. Es ist wichtig, die Übungen langsam und kontrolliert durchzuführen und auf den eigenen Körper zu hören, um Überlastungen zu vermeiden.
- Dehnübungen: Leichte, schonend durchgeführte und zunächst durch einen Physiotherapeuten angeleitete Dehnübungen der Schulter- und Nackenregion können dabei helfen, die Schmerzen durch einen eingeklemmten Nerven der Schulter zu lindern und erneuten Einklemmungen vorzubeugen. Zudem sollte im Vorfeld von sportlichen Aktivitäten mit Belastung der Schulterregion immer eine entsprechende Dehnung der beanspruchten Muskeln erfolgen, um Verletzungen vorzubeugen.
- Übungen zur Kräftigung und Dehnung: Ein gezieltes Training mit einem Sportwissenschaftler kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen und die betroffenen Bereiche zu mobilisieren. Dabei sind Übungen zur Kräftigung und Dehnung der Schulter- und Rückenmuskulatur besonders wichtig. Diese Maßnahmen tragen zur Verbesserung der Haltung und Entlastung des Nervs bei.
- Manuelle Therapie: Spezielle Techniken, wie die Myofasziale Entspannung, Mobilisationen und Traktionen, können helfen, Blockaden und Verspannungen zu lösen.
Was kann ich selbst tun?
- Dauerhaftes, langes Sitzen in derselben Position sollte möglichst vermieden werden.
- Häufige Positionswechsel (zum Beispiel bei der Arbeit am Schreibtisch) und ausreichende dynamische Bewegung helfen, einer Nerveneinklemmung vorzubeugen.
- Bei anhaltenden Schmerzen sollte eine ärztliche Abklärung beim Orthopäden erfolgen.
- Zudem können Wärmeanwendungen und Schmerzmittel beziehungsweise Schmerzsalben akut Linderung verschaffen.
- In einigen Fällen kann auch Kälte in Form eines Kühlpacks eine Linderung der Beschwerden verschaffen. Hierbei gilt: gut ist, was gut tut. Hierbei sollte der Betroffene jedoch darauf achten, das Kühlpack oder die heiße Wärmflasche nicht direkt auf die Haut zu legen und beispielsweiße ein Küchentuch dazwischen zu verwenden, um Verbrühungen bzw.
Medikamentöse Behandlung
Allgemein sollte eine ausreichende Schmerztherapie mittels NSAR wie Ibuprofen oder Paracetamol erfolgen, um langfristig Schon- und Fehlhaltungen vorzubeugen. Auch Schmerzsalben wie Voltaren können bei lokaler Anwendung zur Schmerzlinderung und Muskelentspannung beitragen. Dennoch sollte bei Schmerzpersistenz eine ärztliche Abklärung der Beschwerden erfolgen. Ist die Diagnose durch den behandelnden Arzt gesichert, kann der geschulte Arzt ein lokal wirksames Schmerzmittel mit einer Spritze mit feiner Kanüle vorsichtig direkt in die betroffene Region einbringen. Hierdurch kann der betroffene Nerv mittels Nervenblockade gezielt betäubt und somit die massiven, stechenden Schmerzen wirksam gelindert werden. Die Schmerzen bei einem eingeklemmten Nerven sollten frühzeitig behandelt werden, um eine Chronifizierung der Schmerzen zu vermeiden.
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