Die Neurologie ist ein vielseitiges und anspruchsvolles Fachgebiet, das sich mit der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems befasst. Das Leistungsspektrum neurologischer Kliniken ist breit gefächert und umfasst die Behandlung von akuten Notfällen wie Schlaganfällen bis hin zur langfristigen Betreuung von Patienten mit chronischen neurologischen Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet das Leistungsspektrum der Neurologie, wobei Beispiele aus der Uniklinik Wien, dem Klinikum Passau und anderen deutschen Universitätskliniken herangezogen werden.
Einblick in den neurologischen Alltag
Um Medizinstudenten für die Neurologie zu begeistern, bieten Kliniken wie das Klinikum Passau regelmäßig Aktionen wie den bundesweiten Aktionstag „Dein Tag in der Neurologie“ an. Solche Veranstaltungen ermöglichen es angehenden Medizinern, einen Einblick in den Arbeitsalltag von Neurologen zu bekommen, der von Vorträgen über Visiten auf der Normalstation bis hin zu Besuchen der "Stroke Unit" reicht. Auch die Teilnahme an elektrophysiologischen Untersuchungen der peripheren Nerven gehört dazu.
Schwerpunkte in Forschung und Klinik
Ein wichtiger Aspekt der neurologischen Arbeit ist die Forschung. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) beispielsweise, gibt es eine neuroimmunologische Arbeitsgruppe, die sich mit der Erforschung von Erkrankungen des Nervensystems befasst.
Ein Beispiel für einen Forschungsschwerpunkt ist die objektive Beschreibung und Quantifizierung von Sprechstörungen (Dysarthrie) bei Patienten mit Morbus Parkinson und verwandten extrapyramidalen Bewegungsstörungen. Ziel ist die Etablierung eines „Biomarkers“ für die Früh- und Differenzialdiagnose von Parkinson-Syndromen sowie die Verlaufskontrolle unter Therapie und tiefer Hirnstimulation.
Die Forschungsgruppe von Prof. Skodda hat zahlreiche Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht, die sich mit verschiedenen Aspekten der Sprechstörungen bei Parkinson-Patienten befassen, darunter die automatische Erkennung von Parkinson anhand von Sprachmerkmalen, die Auswirkungen der Tiefenhirnstimulation auf die Sprache und die Progression von Sprachstörungen im Krankheitsverlauf.
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Ein weiteres Projekt befasst sich mit der objektiven Erfassung einer phobischen Komponente der Gangstörung bei Morbus Parkinson mittels Posturographie.
Posturographie: Analyse der Haltungs- und Gleichgewichtsregulation
Die Posturographie ist eine elektrophysiologische Messmethode zur Messung der Körperschwankungen, die bei der Haltungs- und Gleichgewichtsregulation auftreten. Sie wird eingesetzt, um Gleichgewichtsstörungen zu analysieren, die ein zentraler klinischer Risikofaktor für Stürze sind, insbesondere im höheren Lebensalter.
Das Interaktive Balancesystem (IBS), das in Zusammenarbeit mit der Firma neurodata GmbH (Wien) entwickelt wurde, ermöglicht es, die Ursachen für Gleichgewichtsstörungen zu identifizieren. Durch die Umwandlung des Kraft-Zeit-Signals in ein Spektogramm können die im Schwankungssignal enthaltenen Frequenzanteile herausgefiltert werden, welche sich wiederum posturalen Subsystemen (visuell, vestibulär, cerebellär, nigrostriatal, somatosensorisch) zuordnen lassen.
Die Messwertaufnahme erfolgt im aufrechten Stand auf zwei Kraftmessplatten, wobei die Testperson in unterschiedlichen Konstellationen (Augen auf/geschlossen, auf Schaumstoffpolster stehend, Kopfdrehung etc.) möglichst ruhig stehen soll.
Das IBS findet Anwendung in verschiedenen Bereichen, darunter Orthopädie, Neurologie, HNO, Geriatrie und Rehabilitation. Es dient der Diagnostik und Rehabilitation von Erkrankungen wie Parkinson, Multipler Sklerose und Schwindel. Durch die Mobilität des Messsystems, die Praktikabilität der Messung und die geringe Belastung der Testperson können Personen jeden Alters und jeder Leistungsfähigkeit getestet werden.
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Psychosomatische Aspekte in der Neurologie
Neben den organischen Ursachen neurologischer Erkrankungen spielen auch psychosomatische Faktoren eine wichtige Rolle. Funktionelle neurologische Störungen (FNS) sind ein Beispiel dafür, wie psychische Belastungen sich in körperlichen Symptomen äußern können. Die Behandlung von FNS erfordert einen integrativen Ansatz, der sowohl neurologische als auch psychotherapeutische Methoden berücksichtigt.
Die Arbeitsgemeinschaft Funktionelle Neurologische Störungen (AG FNS) setzt sich für die Erforschung und Behandlung dieser Störungen ein. Es gibt eine S3-Leitlinie „Funktionelle Körperbeschwerden“ (AWMF-Reg-Nr 051-001 2018), die Empfehlungen für die Diagnostik und Therapie von FNS gibt.
Stereotaktische Neurochirurgie
Ein weiteres Spezialgebiet innerhalb der Neurologie ist die stereotaktische Neurochirurgie. Diese Methode ermöglicht es, gezielt in tiefliegende Hirnareale einzugreifen, um beispielsweise Biopsien zu entnehmen oder Elektroden für die tiefe Hirnstimulation zu implantieren.
Das neurochirurgische Team des UKS Homburg/Saar verfügt über eine langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet. Die stereotaktische Biopsie dient der Diagnose von pathologischen Prozessen, bei denen eine offene Operation ein zu hohes Risiko darstellen würde. Die tiefe Hirnstimulation wird zur Behandlung von Patienten mit medikamentös nicht einstellbarem Morbus Parkinson oder anderen Formen von Zittern eingesetzt.
Die Zielpunktberechnung erfolgt an einem speziellen Planungsrechner, der die Planung des Zielpunktes im Vorfeld aus Kernspinbildern ermöglicht. Am Operationstag werden die Bilder dieser MRT-basierten Planung mit aktuellen CT-Bildern überlagert und der Zielort im Gehirn auf 1 mm genau berechnet.
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Innovationen in der neurologischen Versorgung
Die Uniklinik RWTH Aachen geht innovative Wege in der neurologischen Versorgung. Im Podcast "Faszination Medizin" werden regelmäßig neue Entwicklungen und Forschungsergebnisse vorgestellt.
Ein Beispiel ist das Medizinische Zentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung und/oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB), das sich auf die besonderen neurologischen und medizinischen Herausforderungen dieser Patientengruppe spezialisiert hat.
Auch die Nutzung von Big Data, KI und Datenanalyse spielt eine immer größere Rolle in der Neurologie. Sie ermöglichen es, gastroenterologische und metabolische Krankheiten vorherzusagen, bevor sie sich überhaupt bemerkbar machen.
Die simulationsbasierte Lehre in der medizinischen Aus- und Weiterbildung verbessert die Ausbildungsqualität und trägt zur Patientensicherheit bei.
Die Forschungsgruppe von Dr. Maike Dohrn beschäftigt sich mit hereditären Neuropathien und deren Früherkennung.
Die Telemedizin und Entscheidungsunterstützungssysteme sollen die menschliche Interaktion nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Die AG Digitale Medizin in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters befasst sich mit dem richtigen Umgang mit Medien und insbesondere dem Smartphone.
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