Vitamin D, Darm und Nerven: Eine komplexe Verbindung für die Gesundheit

Vitamin D wird meist mit der Knochengesundheit in Verbindung gebracht, aber neue Forschungsergebnisse deuten auf eine viel breitere Rolle hin, die auch den Darm und das Nervensystem betrifft. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Verbindungen zwischen Vitamin D, dem Darm und dem Nervensystem und erklärt, wie diese Interaktionen die allgemeine Gesundheit beeinflussen können.

Vitamin D: Mehr als nur Knochengesundheit

Vitamin D ist wichtig für den Kalziumgleichgewicht des Körpers und fördert die Knochenhärte. Entgegen der landläufigen Meinung kann der Körper Vitamin D selbst produzieren, wenn er ausreichend UVB-Strahlung ausgesetzt ist, was Vitamin D im engeren Sinne nicht zu einem echten Vitamin macht. Die körpereigene Synthese ist jedoch individuell verschieden und von verschiedenen Faktoren abhängig. Im Allgemeinen wird empfohlen, sich je nach Jahreszeit und Hauttyp zwischen März und Oktober etwa 5 bis 25 Minuten in der Sonne aufzuhalten, um ausreichend Vitamin D zu bilden.

Vitamin D und der Darm: Eine vielschichtige Beziehung

Vitamin D und der Darm sind nicht nur durch die Kalziumaufnahme aus der Nahrung miteinander verbunden. Vitamin D reguliert über verschiedene Mechanismen das Kalziumgleichgewicht im Körper, indem es die Kalziumaufnahme aus dem Dünndarm, den Einbau von Kalzium in die Knochen und die Wiederaufnahme von Kalzium in den Nieren steuert. Ein Mangel an Vitamin D kann zu einem Kalziummangel infolge einer gestörten Resorption im Darm führen, was sich bei Kindern in Wachstumsstörungen und Knochenverformungen (Rachitis) äußern kann.

Darüber hinaus steuert Vitamin D über vermittelte Signalkaskaden im darmassoziierten Immunsystem Entzündungsreaktionen, die Abgabe von antimikrobiellen Peptiden und die Rekrutierung von Immunzellen. Das darmassoziierte Immunsystem (GALT) ist das größte Immunorgan des Körpers und verhindert überschießende Immunreaktionen gegen harmlose Substanzen. Ein Ungleichgewicht in diesen Vitamin-D-vermittelten Immun-Signalkaskaden steht im Verdacht, an entzündlichen Darmerkrankungen oder chronischer Verstopfung beteiligt zu sein.

Vitamin D und das Nervensystem: Die Darm-Hirn-Achse

Die Forschung zeigt, dass Darmbakterien die Gesundheit des Gehirns beeinflussen und Wechselwirkungen zwischen der Darmflora und neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS), Parkinson-Krankheit oder Schlaganfall bestehen. Die Darmflora, bestehend aus etwa 100 Billionen Bakterien, ist wichtig für die Verdauung, die Abwehr von Keimen und Giften sowie die Stärkung des Immunsystems.

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Die Darm-Hirn-Achse ist die Verbindung zwischen Darm und Gehirn, die über den Vagusnerv wichtige Botschaften austauscht. Der Darm enthält etwa 100 Millionen Nervenzellen, das sogenannte enterische Nervensystem, auch als "zweites Gehirn" bezeichnet. Diese Nervenzellen ermöglichen die Kommunikation zwischen dem zentralen Nervensystem und dem Magen-Darm-Trakt.

Darmbakterien können die Kommunikation bereichern, indem sie Botenstoffe herstellen. Serotonin, ein Glückshormon, wird in großen Mengen von Darmzellen produziert und beeinflusst die Signalverarbeitung. Zytokine, Proteine, die die Kommunikation zwischen Zellen ermöglichen, können durch das Mikrobiom zur Produktion durch Immunzellen angeregt werden und die Neurophysiologie beeinflussen.

Vitamin D-Mangel und Verdauungsprobleme

Ein Vitamin-D-Mangel kann zu Verdauungsproblemen wie Verstopfung führen. In Deutschland leiden etwa 3 % der Bevölkerung unter chronischer Obstipation, wobei Frauen häufiger betroffen sind. Mediziner unterscheiden verschiedene Formen von Verstopfung, darunter die primäre, funktionelle Verstopfung, bei der der Nahrungsbrei zu langsam oder in normalem Tempo durch den Darm gelangt. Auch Enddarmprobleme wie Verkrampfungen der Schließmuskel, Beckenbodenschwäche oder Entzündungen können ursächlich sein.

Gerät das Gefüge der Mikrobiota im Darm aus dem Gleichgewicht, kann dies weitreichende Folgen haben und die Kommunikation zwischen Schleimhaut-, Immun- und Nervenzellen sowie Darmbakterien beeinträchtigen. Eine aktuelle klinische Studie hat einen starken Zusammenhang zwischen chronischer Verstopfung und Vitamin-D-Mangel festgestellt.

Vitamin D und das enterische Nervensystem

Das enterische Nervensystem (ENS) ist ein eigenständiges Nervensystem des Darms, das lokale Vorgänge wie Motorik, Sekretion und Durchblutung steuert. Es ist auch an der Abwehr von Krankheitserregern und an Entzündungsprozessen beteiligt. Erkrankungen des enterischen Nervensystems können angeborene Defekte, erworbene Schädigungen, Infektionskrankheiten oder Systemerkrankungen wie Diabetes mellitus umfassen.

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Das Zusammenspiel zwischen dem Immun- und dem Nervensystem ist komplex und wird durch Neuro-Immun-Zelleinheiten (NICUs) organisiert, in denen Immun- und Nervenzellen miteinander interagieren. In der Praxis kommen häufiger gastroenterologische Erkrankungen vor, darunter Divertikulose, Refluxerkrankung, Reizmagen, Reizdarmsyndrom, chronische Verstopfung und Stuhlinkontinenz.

Vitamin D-Supplementierung: Was ist zu beachten?

Um die Vitamin-D-Produktion anzukurbeln und die Speicher für die dunkleren Monate aufzufüllen, ist regelmäßige Sonnenexposition wichtig. Der Körper speichert Vitamin D im Fett- und Muskelgewebe, daher sind bei sehr hoher täglicher Zufuhr Überdosierungen möglich, die zu einem erhöhten Kalziumspiegel, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen führen können. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, zwischen März und Oktober je nach Hauttyp 5-25 Minuten mit unbedecktem Gesicht, Händen und Teilen von Unterarmen und Beinen in die Mittagssonne zu gehen.

Da die Lebensumstände oft eine ausreichende Vitamin-D-Synthese über die Haut verhindern, kann eine Supplementierung sinnvoll sein. Die Endokrine Society (US) empfiehlt bei Erwachsenen die Einnahme von 1.500 - 2.000 I.E./Tag, bei einem Mangel bis 4.000 I.E./Tag. Unter ärztlicher Kontrolle sind auch höhere Dosierungen bis 10.000 I.E./Tag möglich. Dabei sollten die Spiegel kontrolliert werden, um die individuelle Dosis zu finden und eine Intoxikation zu vermeiden.

Cofaktoren für den Vitamin-D-Stoffwechsel

Für den Vitamin-D-Stoffwechsel benötigt der Körper bestimmte Cofaktoren. Bei der Einnahme von Vitamin D sollte man auf eine ausreichende Calciumzufuhr achten. Die empfohlenen 1.000 mg/Tag können meist durch Nahrungsmittel wie Milchprodukte, Brokkoli und calciumreiches Wasser gedeckt werden. Ebenfalls sollte auf eine suffiziente Versorgung mit Magnesium geachtet werden. Insbesondere bei hohen Vitamin-D-Dosen, fehlender Wirkung oder dem Auftreten von Unverträglichkeiten sollte an einen sekundären Magnesiummangel gedacht werden.

Auch Vitamin K2 wird zunehmend als notwendiger Zusatz bei einer Vitamin-D-Substitution beschrieben, da es zur Aktivierung von Osteocalcin und dem Matrix-GLA-Protein von Osteoblasten beiträgt, sodass das Calcium gebunden und in den Knochen eingebaut werden kann. Besondere Vorsicht gilt nur bei der Einnahme von Blutgerinnungshemmern der sogenannten Vitamin-K-Antagonisten, da diese in ihrer Wirkung durch eine gleichzeitige Vitamin-K-Einnahme abgeschwächt werden können.

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Vitamin D und chronische Erkrankungen

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur autokrinen Wirkung des Vitamin D konnten Zusammenhänge bei der Entstehung vieler chronischer Erkrankungen erklären. Vitamin D besitzt eine Ähnlichkeit zu den Steroidhormonen des Körpers und Zellen besitzen Bindungsstellen (Rezeptoren) für Vitamin D (Vitamin D-Rezeptor = VDR), der die Steuerung der DNA vermittelt und die Aktivität der Gene reguliert.

Vitamin D wirkt sich vorteilhaft auf das Herz-Kreislauf-System aus, reduziert den Blutdruck und schützt vor Herzinfarkt und Schlaganfall. Bei einem Vitamin-D-Mangel kann zu wenig Kalzium aus dem Darm aufgenommen und in den Knochen eingelagert werden, was bei Kindern zu Rachitis und bei Erwachsenen zu Osteoporose führen kann. Auch Muskelzellen müssen gut mit Vitamin D versorgt sein, denn nur mit Hilfe dieses Nährstoffes können sie zuverlässig reagieren und sich kräftig ausbilden.

Vitamin D und das Mikrobiom

Vitamin D beeinflusst das Darmmikrobiom und die Nährstoffaufnahme. Eine Studie des International Institute of Anticancer Research aus dem Jahr 2020 beweist die immens positiven Effekte von Vitamin D auf unser Darmmikrobiom. Ein Anheben des Vitamin-D-Spiegels führt laut Studie zu einer Zunahme der guten Darmbakterien und einer gleichzeitigen Abnahme krankmachender Bakterien. Vitamin D erhöht zudem die Anzahl an gesundheitsförderlichen Bifidobakterien.

Fazit

Die Verbindung zwischen Vitamin D, Darm und Nerven ist komplex und vielschichtig. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei der Kalziumaufnahme, der Immunfunktion und der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn. Ein Mangel an Vitamin D kann zu Verdauungsproblemen, neurologischen Erkrankungen und chronischen Entzündungen beitragen. Eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung durch Sonnenexposition, Ernährung oder Supplementierung ist daher wichtig für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Gesundheit.

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