Nervenentzündungen, auch bekannt als Neuropathien, können eine Vielzahl von Ursachen haben und sich durch Schmerzen, Taubheit und Kribbeln äußern. Die Behandlung von Nervenentzündungen ist oft komplex und erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. In diesem Artikel werden wir die Rolle von Vitaminen bei Nervenentzündungen untersuchen, wobei wir uns sowohl auf den potenziellen Nutzen als auch auf die möglichen Risiken konzentrieren.
Ursachen und Symptome von Nervenentzündungen
In Deutschland leiden rund 2,6 Millionen Menschen an Schmerzen, die durch Verletzungen oder Erkrankungen von Nerven entstehen. Die häufigste Ursache ist Diabetes, von der etwa die Hälfte aller Patienten betroffen ist. Weitere Ursachen können sein:
- Vitaminmangel (insbesondere B1, B6, B12)
- Alkoholmissbrauch
- Infektionen (z.B. Gürtelrose)
- Autoimmunerkrankungen
- Verletzungen
- Medikamente (z.B. Metformin)
Die Symptome von Nervenentzündungen können vielfältig sein und hängen von den betroffenen Nerven ab. Häufige Symptome sind:
- Schmerzen (brennend, stechend, bohrend)
- Taubheit
- Kribbeln
- Muskelschwäche
- Koordinationsstörungen
- Verdauungsprobleme
- Blasenfunktionsstörungen
Die Rolle von B-Vitaminen bei Nervenentzündungen
B-Vitamine spielen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des Nervensystems. Ein Mangel an bestimmten B-Vitaminen kann zu Nervenschäden und neuropathischen Schmerzen führen. Zu den wichtigsten B-Vitaminen für die Nerven gehören:
- Vitamin B1 (Thiamin): Ist wichtig für den Energiestoffwechsel der Nervenzellen. Ein Mangel kann Nervenschädigungen verursachen oder verstärken, insbesondere bei Diabetikern.
- Vitamin B6 (Pyridoxin): Ist an der Bildung von Neurotransmittern beteiligt und unterstützt die Funktion des Nervensystems.
- Vitamin B12 (Cobalamin): Ist essentiell für die Bildung der Nervenhüllen (Myelinscheiden) und die Regeneration von Nervenfasern. Ein Mangel kann zu Nervenschäden und Symptomen wie Müdigkeit und Blutarmut führen. Gefährdet sind vor allem ältere Menschen und Veganer.
- Folsäure (Vitamin B9): Ist wichtig für die Zellteilung und die Bildung von Neurotransmittern.
Eine Substitution der defizienten Vitamine ist notwendig für eine sichere Rückbildung der neuropathischen Schmerzen. Eine Besserung der Schmerzen kann auch ohne einen im Serum nachgewiesenen Vitaminmangel erzielt werden, da die Verhältnisse im intrazellulären Kompartiment durch die Serumspiegel nur unvollkommen reflektiert werden.
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Vitamin B12-Mangel: Ursachen, Diagnose und Behandlung
Ein Mangel an Vitamin B12 ist weit verbreitet: In Deutschland hat jeder Zehnte zu wenig Vitamin B12 im Blut. Im Alter von über 65 Jahren ist sogar jeder Vierte betroffen. Der Körper benötigt Vitamin B12 für den Energiestoffwechsel, zur Bildung von Blutzellen und zum Aufbau der Nervenhüllen. In größeren Mengen steckt es in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milcherzeugnissen. Im Körper freigesetzt wird Vitamin B12 durch Magensäure und Verdauungsenzyme. Ein spezielles Protein ("Intrinsic Factor") transportiert das Vitamin zu den Dünndarmzellen. Der Körper hat in der Leber große Vitamin-B12-Depots. Ein Mangel fällt deshalb in der Regel erst Jahre nach Beginn der Unterversorgung auf.
Mit zunehmendem Alter sinkt außerdem die Leistungsfähigkeit des Magen-Darm-Trakts. Die richtige Ernährung kann einen Mangel an Vitamin B12 verhindern. Vor allem bei älteren Menschen sollten Fleisch, Milch und Eier auf dem Speiseplan stehen. Die Diagnose stellt der Arzt mit einer Blutuntersuchung. Häufig wird dafür zunächst der gesamte B12-Serumspiegel gemessen. Dies ist jedoch ein unspezifischer Wert, denn nur das Vitamin B12, das an das Transportprotein Transcobalamin gebunden ist, kann von unseren Zellen aufgenommen werden. Deshalb ist die Messung dieser Verbindung, des Holotranscobalamin (Holo-TC), aussagekräftiger. Holo-TC gilt als Frühmarker und zeigt den Status des tatsächlich aktiven Vitamins an. Man kann diesen Wert direkt bestimmen lassen oder im Stufenverfahren, wenn der gesamte B12-Wert unter 400 ng/l liegt.
Vitamin B1 und Benfotiamin bei diabetischer Neuropathie
Bei Neuropathien kommt Vitamin B1 auch bei Vorliegen einer diabetischen Neuropathie eine besondere Bedeutung zu, denn ein Vitamin-B1-Mangel kann Nervenschädigungen verursachen oder verstärken. Gerade Diabetiker sind häufig von einem Vitamin-B1-Mangel betroffen. „In der pathogenetisch begründeten Therapie haben B-Vitamine, insbesondere die Vorstufe von Vitamin B1, das Benfotiamin, einen hohen Stellenwert. Es kann einen nervenschädigenden Thiaminmangel ausgleichen und über die Aktivierung des Enzyms Transketolase verschiedene pathogene Stoffwechselwege, zum Beispiel die Bildung von AGEs (Advances Glycation Endproducts) hemmen“, erklärte Prof. Hilmar Stracke, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen aus Gießen.
Das Provitamin wirkt so zelltoxischen Stoffwechselveränderungen entgegen. Benfotiamin verfügt über eine fünffach höhere Bioverfügbarkeit als wasserlösliche Thiaminsalze und ist daher besonders effektiv. Die Wirksamkeit von Benfotiamin bei der diabetischen Neuropathie wurde in verschiedenen randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudien nachgewiesen, fasste Stracke die Studienlage zusammen. Dabei zeigte sich eine Besserung der Nervenleitgeschwindigkeit, der Symptome und des Neuropathy Symptom Scores (NSS).
Vitamin B12-Status bei Metformintherapie
Diabetiker haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an Vitamin B1, sondern auch für Vitamin B12. Denn aktuellen Erkenntnissen zufolge kann eine Behandlung mit Metformin einen Vitamin-B12-Mangel hervorrufen. Dieser kann wiederum eine Neuropathie verursachen oder verschlimmern. Der Mangel kann sich noch verstärken, wenn Patienten gleichzeitig einen Säureblocker einnehmen. „Patienten mit Metformintherapie müssen regelmäßig auf ihren Vitamin-B12-Status hin untersucht werden“, forderte daher Stracke.
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Die VENUS-Studie: Vitamin E bei diabetischer Neuropathie
Die DGN verweist auf eine Studie einer asiatischen Arbeitsgruppe. Darin haben Forscher um Kah-Hay Yuen (Penang, Malaysia) gehofft, mit einem Gemisch aus verschiedenen Formen von Vitamin E Schmerzen zu lindern. Im Rahmen der VENUS-Studie wurden 300 Diabetespatienten mit neuropathischen Schmerzen ausgewählt, die nach dem Losverfahren über 12 Monate hinweg entweder 2-mal täglich 200 mg eines Gemisches von Vitamin E erhielten oder ein Scheinmedikament. Geprüft wurde das von den Patienten selbst berichtete Ausmaß neuropathischer Schmerzen nach 12 Monaten sowie die Beeinträchtigung der Lebensqualität und die Nervenleitungsgeschwindigkeit.
Auf allen 3 Bewertungsskalen gab es keine Unterschiede zwischen der Verum- und der Placebogruppe. Lediglich bei 2 Untergruppen von Patienten deuteten nachträgliche Auswertungen auf einen geringfügigen Nutzen hin: Solche mit vergleichsweise hohen Blutzuckerwerten (> 183 mg/dL) und diejenigen mit normalen Konzentrationen von Homozystein im Blut (< 15 µmol/L) hatten weniger stechende Schmerzen. Festgestellt wurde aber auch, dass bei ansonsten identischen Nebenwirkungen in den beiden Gruppen Infektionen bei 6,7 % der Patienten unter Vitamin E auftraten - das war fast 10-mal so häufig wie mit Placebo.
Vitamin D und Magnesium für stabile Knochen und weniger Schmerzen
Schmerzen im Rücken können ebenso bei der Osteoporose auftreten, selbst wenn sie sich zunächst schleichend und symptomlos entwickelt. Schon lange bekannt und gut dokumentiert ist die Wirkung von Vitamin D auf den Knochen. Neuere Studien zeigen, dass besonders die Kombination von Vitamin D und Magnesium für die Knochenfestigkeit von Bedeutung ist“, berichtete Prof. Dr. med. Kisters, Chefarzt an der Medizinischen Klinik I am St. Anna-Hospital in Herne. Die Osteoblastenaktivität wird durch Gabe der beiden Biofaktoren signifikant gesteigert, die Osteoklastenaktivität hingegen gebremst. Dabei kommt es zu Wechselwirkungen zwischen den beiden Biofaktoren: Zum einen fördert Vitamin D die Resorption von Magnesium im Dünndarm. Auf der anderen Seite ist der Mineralstoff für die Aktivierung von Vitamin D erforderlich. „Die Kombination von Magnesium und Vitamin D ist daher eine sinnvolle Therapieoption bei Osteoporose“, resümierte Kisters.
Wie Kisters weiter ausführte, belegen neuere Untersuchungen, dass es durch einen Mangel der beiden Biofaktoren nicht nur zu negativen Effekten auf den Knochenstoffwechseln kommt, sondern bei Patienten mit Hypertonie und Diabetes auch zu einem Anstieg der Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen wie Interleukin-1. Dies führe zu Entzündungsprozessen der Gefäße und zur Arteriosklerosebildung Der Ausgleich dieses Defizits trage daher auch zum Gefäßschutz bei. Neben der Wirkung von Vitamin D auf den Knochen hat sich längst auch die Relevanz dieses Biofaktors für das Nervensystem gezeigt. Wie Uwe Gröber, Apotheker und Leiter der Akademie für Mikronährstoffmedizin in Essen, erklärte, ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D (40-60 ng/ml bzw. 75-150 nmol/l) für die Entwicklung und Funktionsfähigkeit des Nervensystems in allen Lebensphasen bedeutend. In seiner hormonaktiven Form, dem 1,25(OH)2D, wirkt das Vitamin im Nervensystem über die Wechselwirkungen mit Vitamin-D-Rezeptoren als Neurosteroid und beeinflusst unter anderem die Bildung von neurotrophen Faktoren wie dem Nervenwachstumsfaktor BDNF (Brain Derived Neurotophic Factor). Neurotrophe Faktoren kontrollieren Nervenzellen und sind an der Signalübertragung beteiligt. Auch das Schmerzempfinden wird vom Nervensystem und zudem vom Immunsystem mitreguliert. „Vitamin D wirkt Entzündungsprozessen entgegen und verringert die Schmerzempfindlichkeit“, betonte Gröber. Daher sollte auch in der Behandlung von chronischen Schmerzen wie der diabetischen Polyneuropathie an Vitamin D gedacht und auf eine ausreichende Versorgung geachtet werden.
Weitere Behandlungsansätze bei Nervenentzündungen
Neben der Einnahme von Vitaminen gibt es weitere Behandlungsansätze, die bei Nervenentzündungen helfen können:
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- Medikamente: Antidepressiva, Pregabalin und ausgewählte Schmerzmittel können neuropathische Schmerzen lindern.
- Elektroakupunktur: Kann bei neuropathischen Schmerzen der Füße helfen.
- TENS (Transkutane elektrische Nervenstimulation): Hierbei werden Elektroden auf die Haut geklebt, die elektrische Impulse abgeben, um die Nerven zu stimulieren.
- Alpha-Liponsäure: Kann als Antioxidans den oxidativen Stress der Nervenzellen reduzieren und die Blutversorgung der Nerven verbessern.
- Regelmäßige Bewegung: Sportarten, die Spaß machen, und körperliche Aktivität im Alltag können helfen, die Durchblutung zu verbessern und die Nervenfunktion zu unterstützen.
- Fußpflege: Regelmäßige Fußbäder und das Eincremen der Füße können Verhornungen vorbeugen. Diabetiker sollten ihre Füße täglich auf Verletzungen kontrollieren und eine medizinische Fußpflege in Anspruch nehmen.
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