Demenz stellt eine der größten medizinischen Herausforderungen unserer Zeit dar. Betroffene und Angehörige suchen nach Heilung, und Studien untersuchen fortlaufend neue Behandlungsansätze. Bisher sind die Erfolge jedoch begrenzt, da Demenzerkrankungen wie Alzheimer weiterhin unheilbar sind. Dennoch geben aktuelle Zahlen Anlass zur Hoffnung: Studien zeigen, dass der Anstieg der Neuerkrankungen bei Demenz deutlich geringer ausfällt als noch vor fünf Jahren prognostiziert. Experten sehen darin ein Zeichen dafür, dass Maßnahmen zur Demenzprävention greifen und funktionieren, insbesondere durch Änderungen des Lebensstils.
Lebensstiländerungen zur Demenzprävention
Körperliche Bewegung kann das Demenzrisiko verringern. Auch die Ernährung spielt eine wesentliche Rolle, wobei seit Jahren weltweit, insbesondere von renommierten Instituten, die Bedeutung von B-Vitaminen erforscht wird.
Die Rolle von B-Vitaminen
Ein Ansatzpunkt ist der Homocystein-Wert im Blut von Alzheimer-Patienten in einem frühen Stadium. Ein erhöhter Homocystein-Spiegel kann langfristig Gefäße schädigen und mit dem Absterben von Nervenzellen in Verbindung gebracht werden. B-Vitamine und Folsäure (Vitamin B9) erfüllen wichtige Stoffwechselfunktionen, indem sie die Energiegewinnung aus Fett, Eiweißen und Kohlenhydraten unterstützen und eine wichtige Rolle für die Gesundheit von Herz-Kreislauf- und Nervensystem spielen.
Die meisten B-Vitamine können vom Körper nicht gespeichert werden, mit Ausnahme von Vitamin B12, das vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Eiern vorkommt. Dies stellt ein potenzielles Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer dar, da Methylcobalamin, ein Coenzym von Vitamin B12, ein wesentlicher Bestandteil der Homocystein-Umwandlung im Körper ist. Besonders ältere Menschen, die weniger Appetit haben und ihre Ernährung möglicherweise nicht anpassen, laufen Gefahr, einen Nährstoffmangel zu entwickeln, der mit einem Abbau der Muskelmasse und einem erhöhten Sturzrisiko verbunden sein kann.
Studienergebnisse zu Vitamin B12 und Demenz
Studien aus den Jahren 2010 und 2011, unter anderem von der Oxford University und dem Karolinska-Institut, zeigten, dass ein Vitamin-B12-Mangel im Alter ein unterschätztes Problem und ein häufiger Auslöser für nachlassende kognitive Fähigkeiten sein kann. Zudem wurde festgestellt, dass Vitamin B12 tendenziell vor Alzheimer schützt bzw. den Verlauf verlangsamen kann, indem es vor Homocystein schützt. Eine Studie aus Stockholm (2010) ergab, dass die Gabe von B-Vitaminen (vor allem B12 und B6) und Folsäure bei Patienten mit leichten kognitiven Einschränkungen den Abbau von Nervenzellen um etwa ein Drittel verlangsamen konnte. Dieser Abbau von Hirnsubstanz wird auch als Hirnatrophie bezeichnet.
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Kritische Betrachtung der Vitamin-B-Supplementierung
Die Vorstellung, sich einfach durch die Einnahme von B-Vitaminen als Nahrungsergänzungsmittel vor Alzheimer zu schützen, ist jedoch zu einfach. Alzheimer hat neben der Homocystein-Verwertung viele weitere Ursachen und verstärkende Faktoren. Zudem ist seit über zehn Jahren umstritten, ob B-Vitamine und Folsäure in der Lage sind, kognitive Fähigkeiten im Frühstadium einer Demenz wieder zu verbessern. Eine viel zitierte Studie im "Journal of the American Medical Association" (2008) konnte dies nicht nachweisen. Die hochdosierte Kombination von Vitamin B12, B6 und Folsäure senkte zwar die Homocystein-Werte, verbesserte aber im Vergleich zur Placebogruppe die kognitive Leistung nicht und hatte keinen Einfluss auf das Fortschreiten der Symptome.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. kam nach Veröffentlichung dieser Studie zu dem Schluss, dass die Einnahme von hochdosierten Vitaminen gegenwärtig nicht zur Behandlung oder Vorbeugung der Alzheimer-Krankheit empfohlen werden kann.
Neuere Studien und Forschungsergebnisse
Eine neuere Studie aus dem Jahr 2017 untersuchte die Wirkung eines Nährstoffgemisches aus essentiellen Fettsäuren, Vitamin B12, B6, C, E, Folsäure und Selen auf Patienten in einem frühen Alzheimerstadium mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen. Auch hier wurde keine Verbesserung in klassischen Erinnerungstests festgestellt. Allerdings wurde beobachtet, dass sich die klinische Einschätzung der Demenz bei 45 Prozent der Probanden weniger verschlechterte, da sie im Alltag besser zurechtkamen. MRT-Bilder zeigten zudem geringere Schrumpfungen von Hirnregionen wie dem Hippocampus um 26 Prozent im Vergleich zur Gruppe ohne den Nährstoffmix.
Viele Forscher sind überzeugt, dass die Heilung möglicherweise nicht in den B-Vitaminen allein liegt, aber dass sie dazu beitragen können, den Verlauf einiger Demenzerkrankungen zu verlangsamen und kognitive Fähigkeiten zu erhalten und zu schützen.
Vitamin B12-Mangel und Demenz
Neben den klassischen Symptomen eines Vitamin-B12-Mangels wie megaloblastärer Anämie oder funikulärer Myelose können auch Störungen von Kognition und Gedächtnis auftreten. Ein Vitamin-B12-Mangel kann also mit signifikant geringeren Gedächtnisleistungen verknüpft sein und zählt zu den häufigsten behandelbaren Ursachen einer sekundären Demenz. Bei einem Vitamin-B12-Mangel besteht ein erhöhtes Risiko, eine Demenz zu entwickeln.
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Eine multizentrische Studie zeigte, dass bereits milde kognitive Defizite mit erniedrigtem Vitamin-B12- und erhöhtem Homocysteinspiegel korrelieren. Nach dreimonatiger Vitamin-B12-Supplementierung normalisierten sich die Vitamin-B12-Serumspiegel bei allen Teilnehmenden, und 84 Prozent berichteten über eine Verbesserung ihrer kognitiven Symptome. Andere Studien bestätigten diese Zusammenhänge und deuteten auch auf Assoziationen zwischen niedrigen Vitamin-B12-Spiegeln und erhöhten Homocysteinwerten im Serum mit einem erhöhten Alzheimer-Demenz-Risiko hin.
Die psychisch-kognitiven Störungen einer Demenz, die bei einem Vitamin-B12-Defizit beobachtet werden, können den hämatologischen Anomalien der Mangel-bedingten megaloblastären Anämie Monate bis Jahre vorausgehen oder ganz ohne Anämiesymptome auftreten. Daher kann das Vorliegen eines Vitamin-B12-Mangels übersehen werden, wenn nur das Blutbild als Indikator herangezogen wird, zumal es zu Beginn eines Mangels zu eher unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrations- und Schlafstörungen, Leistungsschwäche, Stimmungstiefs oder Inappetenz kommen kann. Eine genaue Kenntnis der Vitamin-B12-Mangelsymptomatik und eine zielgerichtete Labordiagnostik sind daher insbesondere bei älteren Patienten mit Verdacht auf kognitive Störungen zu empfehlen.
Vitamin B1 und Demenz bei Diabetes Mellitus
Patienten mit Typ-2-Diabetes haben ein deutlich höheres Risiko, an Alzheimer-Demenz (AD) zu erkranken. Es gibt Hinweise darauf, dass Typ-2-Diabetes über einen gestörten zentralen Glukosestoffwechsel und eine verminderte Glucoseverwertung im Gehirn zur Alzheimer-Krankheit beitragen kann. Der Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und Demenz ist umso stärker, je früher diabetesbedingte Veränderungen auftreten. Eine Behandlung mit Antidiabetika über einen längeren Zeitraum kann die Demenzentwicklung abschwächen.
Die Wirkung von Vitamin B1 bei Demenz
Ein Vitamin-B1-Mangel könnte ebenfalls eine Rolle bei der Alzheimer-Demenz spielen, da in Gehirnen von AD-Patienten erniedrigte Vitamin-B1-Konzentrationen nachgewiesen wurden. Untersuchungen aus früheren Jahren deuten darauf hin, dass der Ausgleich eines Vitamin-B1-Mangels ein vielversprechender Ansatz sein könnte. In tierexperimentellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass eine achtwöchige Behandlung mit der lipidlöslichen Vitamin-B1-Vorstufe Benfotiamin bei an Alzheimer erkrankten Mäusen nicht nur krankhafte Hirnveränderungen wie die Plaquebildung reduzieren, sondern auch Leistungsdefizite im Lernverhalten signifikant verbessern kann.
Benfotiamin wurde eingesetzt, weil frühere Untersuchungen mit wasserlöslichem Thiamin nur einen geringen positiven Effekt zeigten. Dies wurde auf die geringe Bioverfügbarkeit von oral eingenommenen wasserlöslichen Thiamin-Verbindungen zurückgeführt. Die fettlösliche Vorstufe Benfotiamin gelangt in wesentlich höheren Konzentrationen in den Körper und die Gewebe, was eine wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit in der Pathogenese der Alzheimer-Demenz zu sein scheint.
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Klinische Bestätigung des Effekts von Benfotiamin
Eine kleine, aber kontrollierte Humanstudie zum Nutzen von oralem Benfotiamin bei Alzheimer-Demenz zeigte ebenfalls vielversprechende Ergebnisse. Die Autoren wiesen darauf hin, dass Benfotiamin in präklinischen Untersuchungen bereits pathologische Faktoren verbesserte, die eine Alzheimer-Demenz definieren. In der Studie wurde Benfotiamin über 12 Monate im Vergleich zu Placebo bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung und leichter Alzheimer-Krankheit getestet. Der primäre klinische Endpunkt war die "Alzheimer's Disease Assessment Scale-Cognitive Subscale" (ADAS-Cog). Als weitere Endpunkte wurden der Clinical-Demenz-Rating-(CDR)-Score und die Messung von Blut-AGEs als bekannte Risikofaktoren für die AD-Entwicklung definiert.
Die Ergebnisse waren positiv:
- Der Anstieg des ADAS-Cog war in der Benfotiamin-Gruppe um 43 % geringer (fast statistisch signifikant (p = 0,125)) im Vergleich zu Placebo, was auf einen geringeren kognitiven Rückgang hindeutet.
- Die Verschlechterung der CDR ist in der Benfotiamin-Gruppe um 77% geringer ausgefallen im Vergleich zu Placebo.
- Benfotiamin reduzierte signifikant den Anstieg des AGEs.
Die Autoren fassten zusammen, dass orales Benfotiamin sicher und potenziell wirksam bei der Verbesserung der kognitiven Ergebnisse bei Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung und leichter Alzheimer-Demenz ist.
Orthomolekulare Medizin und Demenzprävention
Orthomolekulare Medizin zielt darauf ab, den Körper mit optimalen Konzentrationen natürlicher Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralien, Aminosäuren, Fettsäuren etc.) zu versorgen, um Gesundheit zu erhalten und Krankheiten vorzubeugen. Besonders in der Prävention und Behandlung chronischer Erkrankungen wie Demenz setzt sie auf hochwertige Vitalstoffe in teils hohen Dosierungen, stets unter individueller Anpassung an den Bedarf des Patienten.
Alzheimer entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel schädlicher Prozesse, die jedoch an vielen Stellen durch Nährstoffe positiv beeinflusst werden können. Orthomolekular bedeutet, alle Puzzleteile zu berücksichtigen: Oxidativen Stress reduzieren, Entzündungen dämpfen, Mitochondrien stärken, Gefäßgesundheit und Homocystein optimieren, Neurotransmitter unterstützen und schädliche Proteine abbauen.
Wichtigste Mikronährstoffe zur Demenz-Prävention
- B-Vitamine (B₆, B₁₂, Folsäure): Schützen Nervenzellen, senken Homocystein und beugen Hirnatrophie vor.
- Omega-3-Fettsäuren (DHA/EPA): Entzündungshemmende „Brain Food“-Fette, essentiell für Hirnmembranen und Synapsen.
- Vitamin D: Wichtig für Immunfunktion und Schutzmechanismen im Gehirn.
- Antioxidantien (Vitamin C, E, Selen): Neutralisieren freie Radikale im energiehungrigen Gehirn.
- Magnesium: Wichtig für die Signalübertragung zwischen Gehirnzellen und Gedächtnisbildung.
- Zink & Selen: Essentiell für Wachstum und Reparatur von Nervenzellen.
- Coenzym Q10 & L-Carnitin: Unterstützen die Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle).
- Lithium (Spurenelement): Könnte das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen.
Nahrungsergänzungsmittel und ihre fragwürdige Wirksamkeit
Viele freiverkäufliche Präparate versprechen Abhilfe bei Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen. Diese Nahrungsergänzungsmittel enthalten oft eine Mixtur aus verschiedenen Inhaltsstoffen wie grünem Tee, Guarana-Koffein, Vitamin B, GABA und Zitronenmelisse. Da sie nicht als Medikamente, sondern als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden, muss der Hersteller keine Wirksamkeit belegen.
Einige Nahrungsergänzungsmittel enthalten Vitamin B12, Vitamin B5, Zink, Folsäure, DHA und Cholin. Studien, die belegen, dass Cholin die Entwicklung einer Demenz verhindern könnte, gibt es jedoch nicht.
Ginkgo-Präparate werden oft als natürliche "Gehirn-Power" mit Anti-Stress-Formel beworben. Eine Langzeit-Studie hat jedoch gezeigt, dass der Spezial-Extrakt unseren geistigen Verfall nicht aufhalten kann. Leicht bis mäßig erkrankte Alzheimerpatienten profitieren nicht von Ginkgo-Präparaten. Zudem ist bei Ginkgo-Präparaten der Reinheitsgehalt entscheidend, da billigere Produkte Ginkgolsäure enthalten können, die zu Magen-Darm-Beschwerden führen und Allergien auslösen kann.
Kritik an der Empfehlung von Nährstoffpräparaten durch Ärzte
Die Empfehlung eines bestimmten Nährstoffpräparats wie Eucell Mental zur Vorbeugung gegen Demenz durch einen Arzt ist fragwürdig, da dies den Verdacht auf ein gewerbliches Interesse des Arztes nahelegt. Eucell Mental enthält eine Kombination verschiedener Stoffe, die nach dem Gießkannenprinzip zusammengestellt scheinen, ohne dass der Anbieter belegt, dass sich genau die in diesem Produkt verwendete Kombination an Nährstoffen, Pflanzenextrakten und Dosierungen in Studien als wirksam erwiesen hat.
Weitere Risikofaktoren und Präventionsmaßnahmen
Neben genetischen Komponenten und Erkrankungen des Gehirns können auch Gefäßerkrankungen, Bluthochdruck, schlecht eingestellte Blutzuckerspiegel, erhöhte Cholesterin- und Homocystein-Werte, Rauchen, Depressionen, mangelnde Bewegung, Übergewicht, Schwerhörigkeit, übermäßiger Alkoholkonsum und soziale Isolation die Entwicklung einer Demenz begünstigen.
Es wird empfohlen, diese Risikofaktoren zu vermeiden und sich möglichst vollwertig und abwechslungsreich zu ernähren. Pflanzenbetonte bzw. mediterrane Ernährungsformen mit viel Gemüse, Obst (Beeren), Vollkornprodukten und einer Fischmahlzeit pro Woche könnten das Risiko für die Alzheimer-Erkrankung senken. Wissenschaftliche Belege dafür, dass der Verzehr einzelner Nährstoffe oder Pflanzenstoffe einer Demenzerkrankung vorbeugen kann, gibt es jedoch nicht.
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