Muskelkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft. Sie äußern sich als unwillkürliche, schmerzhafte Kontraktionen der Skelettmuskulatur, oft begleitet von einer tastbaren Verhärtung des Muskels. Obwohl sie in den meisten Fällen harmlos sind, können sie sehr unangenehm sein und die Lebensqualität beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Handkrämpfen, gibt Tipps zur Behandlung akuter Krämpfe und zeigt Möglichkeiten zur Vorbeugung auf.
Was sind Muskelkrämpfe?
Ein Muskelkrampf ist eine plötzlich einsetzende, kurze, unbeabsichtigte und meist schmerzhafte Anspannung eines Muskels oder einer Muskelgruppe. Bei Krämpfen in den Armen, Händen und Fingern werden Muskeln unerwartet und unkontrolliert angespannt. Dabei verhärten sich die Muskeln für eine kurze Zeit. Öfters sind diese Verhärtungen dann mit stechenden Schmerzen verbunden und können Betroffene auch längerfristig belasten. Manchmal tauchen auch Zuckungen der Muskelfasern statt Verhärtungen auf. Diese sind zwar weniger schmerzhaft, jedoch trotzdem unangenehm.
Krämpfe können sich in verschiedenen Formen zeigen:
- Muskelverhärtung: Beim betroffenen Muskel verhärten sich die Muskelfasern. Der schmerzhafte Krampf kann wenige Minuten andauern.
- Faszikulation: Bei dieser Form kommt es zu unregelmäßigen und unkontrollierten Zuckungen des betroffenen Muskels. Diese sind meist schmerzfrei und verschwinden innerhalb weniger Sekunden wieder.
- Rigor: Ein Rigor ist eine Muskelstarre, bei der es zur gleichzeitigen Verkrampfung von entgegengesetzten Muskeln kommt. Diese verursachen starke Schmerzen und eine Steifheit der Muskeln.
Ursachen von Handkrämpfen
Muskelkrämpfe haben keine einheitliche Ursache. Meist handelt es sich um nervlich bedingte Muskelkrämpfe, durch eine nervale Übererregbarkeit von Nerven, welche die Skelettmuskulatur versorgen und innervieren. Es wird angenommen, dass eine Übererregbarkeit der Nerven von Dehnungsrezeptoren in Sehnen und Muskeln eine Rolle spielt. Des Weiteren wird angenommen, dass eine Überaktivität von Ionenkanälen, die für die Impulsübermittlung im Nerv notwendig sind, zu einer Übererregbarkeit von Nerven führt.
Muskelkrämpfe werden begünstigt oder ausgelöst durch:
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- Überlastung des Muskels: Eine Überbelastung des betroffenen Muskels kann sich in Krämpfen zeigen. Bei einer zu intensiven oder einseitigen Belastung des Muskels, beispielsweise beim Sport oder bei dauerhaften einseitigen Bewegungen, kann es zu Verkrampfungen kommen.
- Starkes Schwitzen und unzureichende Flüssigkeitsaufnahme: Dies kann zu Störungen des Mineralhaushaltes führen.
- Muskuläre Überlastung: Besonders bei ungewohnten Anstrengungen.
- Störungen des Mineralhaushaltes: Z.B. durch Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika), Durchfälle, schwere Nierenfunktionsstörung oder Hämodialyse (Blutwäsche). Ein Magnesiummangel begünstigt das Entstehen von Muskelkrämpfen, da es eine wichtige Rolle in der Entstehung und Beendigung der Muskelkontraktionen spielt.
- Hormonelle Störungen: Der Schilddrüse oder der Nebenniere sowie Unterzuckerungen sein. Bei einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse kann ein Calciummangel entstehen. Muskelkrämpfe sind dann typische Erscheinungen. Auch während einer Schwangerschaft können vermehrt Muskelkrämpfe auftreten.
- Schwangerschaft: Hier treten Muskelkrämpfe häufiger als Ursache von Mineralienmangel (Natrium, Kalzium, Magnesium) auf.
- Medikamente: Auch können verschiedene Medikamente Muskelkrämpfe verursachen.
- Neurologische Erkrankungen: Neurologische Erkrankungen wie Polyneuropathien, eine Spinalkanalstenose, Nervenwurzelschädigungen, z.B. durch Bandscheibenvorfälle Ursache für Muskelkrämpfe sein. Diese Fehlfunktionen im Nervensystem können eine Muskelschwäche verursachen, die auch zu Muskelkrämpfen führen kann, z. B. bei einer Polyneuropathie. Auslöser dieser Krankheit sind z. B. Diabetes, Alkoholmissbrauch sowie Autoimmun-, Infektions- und Krebserkrankungen.
- Diabetes mellitus: Begleiterscheinungen von Diabetes mellitus können Krämpfe in den Muskeln sein.
- Entzündliche Muskelerkrankungen: Mögliche Auslöser für entzündliche Muskelerkrankungen können Viren (Grippe), Bakterien (Tetanus), Parasiten und auch Autoimmunerkrankungen (wie Myasthenia gravis) sein.
- Nichtentzündliche Muskelerkrankungen: Für nichtentzündliche Muskelerkrankungen, die zu Muskelschmerzen führen können, sind u. a. Muskeldystrophien (Erbkrankheit, bei der sich das Muskelgewebe abbaut), Stoffwechselstörungen (z. B. Schilddrüsenunterfunktion) oder Erkrankungen des Nervensystems (wie Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Multiple Sklerose (MS) oder Polio) verantwortlich.
- Genetische Faktoren: Selten treten Muskelverkrampfungen bei neurologischen Autoimmunerkrankungen (körpereigenes Immunsystem bildet sogenannte Antikörper) oder familiär gehäuft auf und sind genetisch bedingt (z.B. familiäre Crampus-Faszikulations-Syndrome).
- Raynaud-Syndrom: Krämpfe in den Fingern können auf das sogenannte Raynaud-Syndrom hinweisen. Dies ist eine Autoimmunerkrankung, die durch Kälte oder Stress ausgelöst werden kann. Die Verkrampfungen in den Fingern sind auf Durchblutungsstörungen zurückzuführen.
Risikogruppen
Bestimmte Personengruppen sind anfälliger für Handkrämpfe:
- Sportler: Durch intensive Belastung und Schweißverlust.
- Schwangere: Aufgrund von hormonellen Veränderungen und Mineralstoffmangel.
- Ältere Menschen: Aufgrund von altersbedingten Veränderungen im Elektrolythaushalt und reduzierter Flüssigkeitsaufnahme.
- Personen mit bestimmten Erkrankungen: Wie Diabetes, Nierenerkrankungen oder neurologischen Störungen.
- Personen, die bestimmte Medikamente einnehmen: Wie Diuretika oder Statine.
- Personen mit einseitiger Belastung der Hände: Vor allem bei einem Bildschirmarbeitsplatz kann eine Belastung durch die Arbeit mit der Computermaus und der Tastatur entstehen. Auch körperlich fordernde Berufe sind belastend, wie in der Pflege oder im Handwerk. Wenn eine einseitige Belastung über einen längeren Zeitraum besteht und keine Entspannungspausen möglich sind, können Krämpfe der Muskulatur entstehen.
Was tun bei akuten Krämpfen?
Bei einem akuten schmerzhaften Muskelkrampf hilft sofortige Dehnung. Falls Sie regelmäßig Medikamente einnehmen, überprüfen Sie diese auf Muskelkrämpfe als mögliche Nebenwirkung und besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob diese pausiert werden können. Reduzieren Sie ggf. Ihren Alkohol- und Koffeinkonsum.
Hier sind einige Sofortmaßnahmen, die bei akuten Krämpfen in den Händen helfen können:
- Dehnung: Der betroffene verkrampfte Muskel kann z. B. durch leichtes Schütteln der Hand oder des Unterarms gelockert werden. Dehnen Sie die betroffene Muskulatur vorsichtig. Wenn sich beispielsweise der Zeigefinger verkrampft und zur Handinnenfläche krümmt, dehnen Sie ihn leicht nach oben - also von der Handinnenfläche weg. Achten Sie dabei darauf, dass Sie Ihre Schmerzgrenze nicht überschreiten.
- Massage: Eine Lockerungsmassage kann auf die Schnelle Wunder bewirken.
- Wärme: Wärme, z. B. in Form von warmen Bädern oder einer Wärmflasche, kann helfen, die Muskeln zu entspannen. Schon eine warme Tasse Tee, die sie in den Händen halten, kann helfen, die Durchblutung der Hände zu steigern und diese zu entkrampfen.
- Entlastung: Bei einem Krampf im Unterarm oder in der Hand sollte zuerst die Muskulatur entlastet werden. Machen Sie eine kurze Pause und geben Sie der Muskulatur die Möglichkeit, zu entspannen und die Durchblutung zu verbessern.
- Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und eine gesunde, mineralstoffreiche Ernährung sind wichtig.
Vorbeugung von Handkrämpfen
Zur nicht medikamentösen Vorbeugung kann bei Muskelkrämpfen die regelmäßige Dehnung der betroffenen Muskeln, z.B. abends vor dem Zubettgehen hilfreich sein und die Neigung zu Muskelkrämpfen reduzieren. Untersuchungen konnten zeigen, dass eine spezielle Elektrostimulation der zu Muskelkrämpfen neigenden Muskeln zu einer Verminderung von Muskelkrämpfen führen kann.
Um vor allem Krämpfen in den Händen und Fingern vorzubeugen, können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
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- Regelmäßige Pausen: Regelmäßige Pausen können genutzt werden, um die Muskulatur zu entspannen und die Durchblutung der Hände und Finger zu fördern.
- Dehnübungen: Dehnübungen sind nützlich, um die Armmuskulatur, insbesondere die Muskeln der Handgelenke und Finger, zu lockern, Verspannungen zu lösen und Krämpfen vorzubeugen.
- Ergonomische Arbeitsumgebung: Eine ergonomische Arbeitsumgebung wie ein höhenverstellbarer Computertisch kann helfen, einseitige Belastungen zu vermeiden. Hilfsmittel, wie ein Mauspad mit integrierter Abstützung des Handgelenks, eine ergonomische Tastatur oder Handgelenkstützen können die Belastung der Hände und Finger reduzieren.
- Hand- und Fingertraining: Ein spezielles Hand- und Fingertraining kann helfen, Muskeln aufzubauen und diese leistungsfähiger zu machen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung ist wichtig. Magnesium (beispielweise enthalten in Bananen oder Nüssen) und zusätzliche Präparate gegen Vitamin-D-Mangel können helfen.
- Ausreichend Trinken: Trinken Sie genug - mindestens 1,5 Liter Wasser pro Tag; nach Anstrengungen und an warmen Tagen mehr!
- Vermeidung von Risikofaktoren: Vermeidung lange andauernder einseitiger Belastungen, Verzicht auf Alkohol- und Tabakkonsum!
Medikamentöse Behandlung
Die Einnahme von Magnesium kann hilfreich sein, häufig sind allerdings höhere Dosen erforderlich, die dann häufig zu Nebenwirkungen des Magen-Darm-Traktes (Durchfall) führen. Allerdings konnten Studien zeigen, dass Magnesium außerhalb der Schwangerschaft keine sichere Wirkung gegenüber Placebo aufweist, so dass hier im Einzelfall entschieden werden muss, ob Magnesium zur Vorbeugung von Muskelkrämpfen überhaupt geeignet und wirksam ist. Aus unserer Sicht stehen wir deshalb der Therapie mit Magnesium kritisch gegenüber.
Ebenso sehen wir die Anwendung von Chinin Sulfat kritisch, weil die Wirksamkeit in Studien zwar belegt ist, aber in der Praxis jedoch nicht relevant ist und es zu wesentlichen Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, Blutbildveränderungen sowie Nieren- und Leberschäden kommen kann.
Wie schon eingangs dargestellt, ist oftmals eine nervale Übererregbarkeit Ursache der Muskelkrämpfe weshalb wir Medikamente gegen Nervenschmerzen bevorzugen. Diese Medikamente stammen aus der Gruppe der sogenannten Antiepileptika (Medikamente gegen Krampfanfallsleiden, Epilepsie) und sind deswegen auch sinnvoll, weil sie die Ursache und nicht das Symptom behandeln.
Wann zum Arzt?
In den allermeisten Fällen sind Muskelkrämpfe harmlos und bedürfen keiner weiteren Diagnostik. Eine Untersuchung der Leber- und Nierenwerte, der Elektrolyte (Natrium, Kalzium, Magnesium) sowie der Schilddrüsenwerte kann durch Ihren Hausarzt erfolgen.
Treten bei Ihnen Krämpfe immer wieder auf und sind diese auch mit Hausmitteln und Bewegung nicht in den Griff zu bekommen, sollten Sie eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
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Sollte es jedoch zu einer deutlichen Zunahme der Häufigkeit von Muskelkrämpfen führen oder Muskelkrämpfe in ungewöhnlichen Körperregionen außerhalb der Waden und Füße, z.B. auch am Rumpf oder den oberen Extremitäten auftreten oder Muskelkrämpfe durch körperliche Aktion selbst ausgelöst werden und nicht nur in Ruhe auftreten, ist eine weitere Diagnostik durch den Neurologen erforderlich. Dies gilt insbesondere, wenn Muskelkrämpfe zusammen mit Faszikulationen (unwillkürliches Muskelzittern) oder Muskelschwäche auftreten um zugrundeliegende neuromuskuläre Erkrankungen abzugrenzen und zu differenzieren. Auch kann Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr behandelnder Arzt Sie zur weiterführenden Diagnostik an Fachärztinnen oder Fachärzte überweisen (z. B. der Fachgebiete Orthopädie, Angiologie, Neurologie).
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, Krämpfe wie den Schreibkrampf von anderen muskuloskelettalen Beschwerden oder Nervenschädigungen abzugrenzen, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen können. Hierbei treten meist auch sensible Symptome wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle auf.
Andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen können, sind:
- Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur): Hierbei lassen sich Ihre Finger krankheitsbedingt nicht mehr strecken, denn gutartige Wucherungen im Bindegewebe blockieren sie. Es kommt zu Knoten in der Hohlhand und zu narbenähnlichen Strängen an den Fingern.
- Karpaltunnelsyndrom: Hierbei ist der Mittelhandnerv im Handgelenkstunnel eingeklemmt. Das typische Anzeichen für ein Karpaltunnelsyndrom: Die Hände schlafen ein, vor allem nachts und in den Morgenstunden.
- Rheuma (rheumatoide Arthritis): Diese Autoimmunerkrankung greift körpereigene Strukturen in den Gelenken an und zeichnet sich durch entzündete, geschwollene und schmerzende Gelenke aus, die sich vor allem morgens schwer bewegen lassen.
- Finger- und Handgelenksarthrose: Als Arthrose bezeichnet man den Abbau von Knorpelschichten, die an den Kontaktflächen zwischen den Gelenken dafür sorgen, dass diese sich gut bewegen lassen.
- Ganglionzyste (Überbein): Bei einer Ganglionzyste handelt es sich um eine flüssigkeitsgefüllte, kugelförmige Aussackung einer Gelenk- oder Sehnenumhüllung.
- Sehnenscheidenentzündung: Sehnenscheiden sind Schutzhüllen, die das Gleiten der Sehnen über die Knochen erleichtern. Bei ungewohnten oder häufigen Bewegungen werden sie durch die mechanischen Belastungen und Fehlhaltungen stark beansprucht, können anschwellen und sich entzünden.
- Allergisches Kontaktekzem: Eine Überempfindlichkeitreaktion des Körpers. Sie tritt auf, wenn bestimmte, nicht giftige Substanzen von außen auf die Haut einwirken.
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