Saunabesuche sind in Finnland seit Jahrhunderten Tradition. Nahezu jedes Haus in dem Land der tausend Seen hat eine Sauna. Regelmäßiges Saunieren kann das Immunsystem stärken und vor Erkältungen schützen. Häufige Saunabesuche können auch das Risiko von Herzerkrankungen senken. Eine finnische Studie hat nun einen weiteren potenziellen gesundheitlichen Vorteil entdeckt: die Reduzierung des Demenzrisikos.
Die Kuopio Ischemic Heart Disease Risk Factor Study (KIHD)
Die Kuopio Ischemic Heart Disease Risk Factor Study (KIHD) untersuchte die Auswirkungen von Saunabesuchen auf das Risiko für Alzheimer und andere Demenzformen. Für die Auswertung im Rahmen der prospektiven Studie standen den Wissenschaftlern die Daten von 2315 gesunden, finnischen Männern im Alter zwischen 42 und 60 Jahren zur Verfügung, die über einen mittleren Zeitraum von 20,7 Jahren beobachtet wurden. Zu Studienbeginn, in den Jahren 1984 bis 1989, wurden die Männer nach ihren Saunagewohnheiten und ihrem Lebensstil befragt sowie verschiedene andere Parameter erhoben. Danach folgten jährliche Untersuchungen, bei denen der kardiometabolische Zustand sowie das Auftreten einer Demenz überprüft wurden. Anhand der Daten zur Häufigkeit des Saunierens bildeten die Wissenschaftler drei Gruppen:
- Gruppe 1: Ein Saunabesuch pro Woche (601 Männer)
- Gruppe 2: Zwei- bis dreimal pro Woche (1512 Männer)
- Gruppe 3: Vier- bis siebenmal pro Woche (200 Teilnehmer)
Während der medianen Beobachtungszeit von rund 21 Jahren wurden bei 204 Studienteilnehmern eine Demenz und bei 123 Männern eine Alzheimer-Erkrankung festgestellt.
Ergebnisse: Häufige Saunabesuche senken das Demenzrisiko
Die Ergebnisse der Studie zeigten einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Saunabesuche und dem Demenzrisiko. Je öfter die Männer bei 80 - 100 °C trockener Hitze schwitzten, desto mehr blieb in den Köpfen hängen. Während nämlich in der ersten Gruppe 10 Prozent der Studienteilnehmer eine Demenz entwickelten, waren es in der zweiten Gruppe 9 Prozent und in der dritten nur 4 Prozent. Ähnlich verhielt sich die Verteilung bei der Alzheimer-Erkrankung (6 vs. 6 vs. Unter Berücksichtigung des Alters errechneten Laukkanen und Kollegen für die Teilnehmer, die zwei- bis dreimal wöchentlich die Sauna besuchten, gegenüber denen, die lediglich einmal wöchentlich schwitzten, eine Reduktion des Demenzrisikos von 23 Prozent (Hazard Ratio 0,77) bzw. von 62 Prozent für die aktivsten Saunagänger (Gruppe 3). Bei der Alzheimer-Erkrankung ergaben sich entsprechende Vorteile von 20 bzw. 59 Prozent.
Berücksichtigten die Studienautoren in der multivariaten Analyse zudem weitere Faktoren wie Alkoholkonsum, BMI, Blutdruck, Raucherstatus, Diabetes, Herzgesundheit und Cholesterinstatus, zeigte sich bei den Männern der Gruppe 3 gegenüber jenen der Gruppe 1 ein um 66 bzw. 65 Prozent niedrigeres Demenz- bzw. Alzheimer-Risiko. Die Studie ergab, dass Männer, die in der Lebensmitte vier bis sieben Mal pro Woche die Sauna besuchen, im Alter um zwei Drittel weniger Demenz-gefährdet sind, als Landsleute, die sich nur einmal dazu entschlossen.
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Mögliche Erklärungen für den positiven Effekt
Über den ursächlichen Zusammenhang kann bisher nur spekuliert werden. Die Autoren vermuten, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen könnten. Geht man davon aus, dass unter anderem eine beeinträchtigte kardiovaskuläre Funktion, Inflammation sowie oxidativer Stress zur Pathogenese der Demenz beitragen, seien die Studienergebnisse plausibel, meinen die Autoren, da regelmäßige Saunabesuche die Gefäßendothelfunktion verbesserten. Zudem bringe das regelmäßige Schwitzen unter anderem den Blutfluss in Gang und helfe dabei, einen hohen systolischen Blutdruck sowie Pulsdruck zu drosseln, Faktoren, die ebenfalls als Risikofaktoren für eine Demenz gelten, wenn sie aus dem Ruder laufen.
- Kardiovaskuläre Gesundheit: Regelmäßige Saunagänge gehen einher mit einem geringereren Risiko für einen plötzlichen Herztod, kardiovaskuläre Erkrankungen und auch einer reduzierten Sterblichkeit insgesamt. „Wir wissen, dass eine kardiovaskuläre Gesundheit sich auf das Gehirn auswirkt“, sagt Laukkanen. Saunabesuche scheinen somit das Herz und das Gedächtnis in ähnlichem Maße zu schützen.
- Entspannung: Zudem könnte das gute und entspannte Gefühl, das viele Menschen in der Sauna empfinden, eine Rolle spielen.
- Physiologische Veränderungen: Durch das Schwitzen der Haut verliert der Körper Flüssigkeit. Die Atem- und die Herzfrequenz erhöhen sich, die Blutgefäße erweitern sich, um mehr Blut durch die Gefäße zu pumpen. Während diese leichten körperlichen Belastungen bei gesunden Menschen dazu führen, dass sich die Muskeln entspannen, warnen manche Experten vor den Risiken für Menschen mit Herzerkrankungen. Wissenschaftler der Universität Ostfinnland haben den Beweis erbracht, dass Saunabaden eine Vielzahl von gesundheitlichen Vorteilen mit sich bringt. In einem experimentellen Rahmen untersuchte die Forschungsgruppe die physiologischen Mechanismen der Wärmeeinwirkung beim Saunabaden und ihre möglichen gesundheitlichen Wirkungen auf den Menschen. Ihre Studie mit 100 Probanden zeigt, dass bereits ein 30-minütiges Saunagang den Blutdruck senkt und die vaskuläre Compliance verbessert bei gleichzeitiger Erhöhung der Herzfrequenz ähnlich wie bei mittelschwerer körperlicher Aktivität.
Unmittelbar nach dem 30-minütigen Saunagang sank der mittlere systolische Blutdruck der Probanden von 137 mmHg auf 130 mmHg und der diastolische Blutdruck von 82 mmHg auf 75 mmHg. Außerdem blieb ihr systolischer Blutdruck auch nach dem 30-minütigen Saunagang niedrig. Die mittlere Carotis-Femoral-Pulswellengeschwindigkeit der Probanden, die ein Indikator für vaskuläre Compliance ist, betrug vor dem Saunagang 9,8 m/s und ging unmittelbar danach auf 8,6 m/s zurück. Während des Saunaganges stieg die Herzfrequenz der Probanden ähnlich wie bei mittelschwerer körperlicher Aktivität an, und ihre Körpertemperatur stieg um ca.
Einschränkungen der Studie
Die Autoren selbst weisen allerdings auf einige Schwächen der Studie hin:
- Saunagewohnheiten: So wurden die Saunagewohnheiten nur einmal zu Beginn der Studie erhoben und könnten sich im Lauf der Studienzeit verändert haben.
- Studienpopulation: Auch die Studienpopulation sei sehr spezifisch und nicht ohne Weiteres auf andere Nationalitäten oder auf Frauen zu übertragen. Kritiker bemängeln, dass die Lebensgewohnheiten der Finnen kaum von Angehörigen anderer Kulturkreise nachzuahmen sind.
- Saunatyp: Zudem wurde nur die finnische Sauna untersucht, andere Schwitzbäder seien nicht verglichen worden.
Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, können andere Einflussfaktoren nie ganz ausgeschlossen werden, räumt die Erstautorin ein. Fehlerquellen, die sich ebenfalls auf die Gesundheit und das vaskuläre Risiko auswirken könnten, wurden daher einbezogen. Dazu zählten unter anderem das Alter, Alkoholkomsum, Body-Mass-Index, Blutdruck, Rauchen, Diabetes Typ 2 oder frühere Herzinfarkte. Eine gesunde Ernährung oder sportliche Aktivitäten haben die Forscher nicht erhoben.
Saunabesuch mit Einschränkung für Herzpatienten
Gerd Haßenfuss von der Klinik für Kardiologie und Pneumologie in Münster: „Bei Herzpatienten besteht kein grundsätzliches Verbot, in die Sauna zu gehen.“ Ein Saunabesuch enspreche einer mittleren Belastungsstufe. Patienten mit koronarer Herzerkrankung, die auf mittlerer Belastungsstufe beschwerdefrei seien, könnten demnach ohne Bedenken die Sauna besuchen. Zu hohe Temperaturen sollten sie allerdings vermeiden, und der Aufenthalt in der Sauna sollte nicht über 15 Minuten andauern. Nach dem Saunabesuch rät der Experte der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin davon ab, zu kalt zu duschen. Auch Kalttauchbecken sollten Patienten mit Herzschwäche nicht ausuchen.
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Ein striktes Verbot gilt jedoch für Patienten, die innerhalb der vergangenen vier Wochen einen Herzinfarkt durchgemacht haben. Menschen mit einer chronischen Erkrankung wie z.B. Herz-, Kreislauf- und Gefäßstörungen, Schilddrüsenüberfunktion und Asthma sollten sich vorab bei einem Arzt informieren, ob regelmäßiges Saunieren gesundheitliche Gefahren für sie darstellen könnten.
Weitere Maßnahmen zur Demenzprävention
Rund 1,6 Millionen Deutsche leiden an Demenz. Wie sich der Krankheit vorbeugen lässt, untersuchen Forscher seit Jahrzehnten. Eines vorweg: Demenz ist nicht gleich Demenz. Je nach Form lässt sich besser oder schlechter vorbeugen. Gegenüber manchen Arten sind wir nach aktuellem Stand der Wissenschaft schlichtweg machtlos. Trotzdem gilt: Was Ihrem Körper schadet, kann auch das Gehirn beeinträchtigen.
Neben regelmäßigen Saunabesuchen gibt es weitere Maßnahmen, die zur Demenzprävention beitragen können:
- Körperliche Aktivität: empfehlen zweieinhalb Stunden Sport pro Woche, um Gedächtnisverlust deutlich zu bremsen.
- Mediterrane Ernährung: Ideal für Herz und Hirn ist nach aktuellen Erkenntnissen die sogenannte mediterrane Ernährung, auch Mittelmeer-Diät genannt. Auf dem Speiseplan stehen vor allem Obst, Gemüse, Vollkorn- und Milchprodukte, Olivenöl, frische Kräuter, wenig rotes Fleisch, stattdessen Fisch und Hühnchen. Verfechter der mediterranen Ernährung empfehlen hin und wieder ein Glas Rotwein. Mehr sollte es allerdings nicht sein. Denn starker Alkoholkonsum kann das Gehirn schädigen.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Bestimmte Risikofaktoren, die einen Schlaganfall begünstigen, erhöhen somit auch das Risiko für eine Demenz: starker Alkoholkonsum, Rauchen, mangelnde Bewegung und Übergewicht, andauernder Stress, Diabetes und Bluthochdruck. Raucher haben ein doppelt so hohes Demenz-Risiko wie Nichtraucher.
- Geistige Stimulation: Wird das Gehirn nur wenig stimuliert, werden mehr Plasmaproteine ausgeschüttet als bei hoher Stimulation. Diese schaden dem Gehirn, weil sie verhindern, dass sich zwischen den Gehirnzellen neue Verbindungen bilden.
- Soziale Interaktion:
- Regelmäßige Blutdruckkontrolle bei Hypertonikern
- Behandlung von Diabetes mellitus, Dyslipidämie, Depression und Hörverlust gemäß Therapieleitlinien
- Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF)
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