Warum elektrische Synapsen nicht hemmend wirken können

Die Kommunikation zwischen Nervenzellen ist ein fundamentaler Prozess für die Funktion des Gehirns und des gesamten Nervensystems. Diese Kommunikation erfolgt über Synapsen, spezialisierte Verbindungsstellen, die es Nervenzellen ermöglichen, Signale auszutauschen. Es gibt zwei Haupttypen von Synapsen: chemische und elektrische. Während chemische Synapsen die Mehrheit im menschlichen Gehirn darstellen und eine Vielzahl von Funktionen ermöglichen, sind elektrische Synapsen weniger verbreitet und auf bestimmte Aufgaben spezialisiert. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Typen besteht darin, dass elektrische Synapsen keine hemmende Wirkung ausüben können, was auf ihrer spezifischen Struktur und Funktionsweise beruht.

Funktionsweise von Synapsen

Um zu verstehen, warum elektrische Synapsen nicht hemmend wirken können, ist es wichtig, die grundlegende Funktionsweise von Synapsen im Allgemeinen zu betrachten. Synapsen sind Verbindungsstellen zwischen zwei Zellen, die Informationen in Form von Reizen oder Erregungen weiterleiten. Innerhalb jeder Nervenzelle werden die Reize als elektrische Signale weitergeleitet. An der Synapse wird dieses elektrische Signal entweder direkt (bei elektrischen Synapsen) oder indirekt über chemische Botenstoffe (bei chemischen Synapsen) an die nächste Zelle übertragen.

Chemische Synapsen

Die Funktionsweise der meisten Synapsen beruht auf biochemischer Signalübertragung mittels Neurotransmittern. Bei chemischen Synapsen wird ein elektrisches Signal in ein chemisches Signal umgewandelt. Wenn ein Aktionspotential das Ende einer Nervenzelle (Präsynapse) erreicht, führt dies zur Freisetzung von Neurotransmittern in den synaptischen Spalt. Diese Neurotransmitter diffundieren über den Spalt und binden an Rezeptoren auf der Membran der nächsten Nervenzelle (Postsynapse).

Die Bindung der Neurotransmitter an die Rezeptoren löst in der Postsynapse eine Veränderung des Membranpotentials aus. Diese Veränderung kann entweder erregend (exzitatorisch) oder hemmend (inhibitorisch) sein, abhängig vom jeweiligen Neurotransmitter und dem spezifischen Rezeptortyp. Erregende Neurotransmitter wie Glutamat depolarisieren die postsynaptische Membran, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Zelle ein Aktionspotential auslöst. Hemmende Neurotransmitter wie GABA hyperpolarisieren die postsynaptische Membran, was die Wahrscheinlichkeit verringert, dass die Zelle ein Aktionspotential auslöst.

Elektrische Synapsen

Elektrische Synapsen funktionieren anders. Bei dieser Art der Kommunikation spielen sogenannte ‚gap junctions‘ eine Rolle - aus Proteinen bestehende Kanäle, die die Zellflüssigkeiten von zwei Neuronen verbinden. So können elektrische Signale Ionenströme durch diese Kanäle ohne Umwege direkt von Zelle zu Zelle weitergeben. „Mit gap junctions kann man viele Zellen über eine größere Entfernung miteinander synchronisieren“, sagt Nils Brose, Direktor der Abteilung für Molekulare Neurobiologie am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin. „Wenn eine Zelle ein Signal erhält, dann geht das gleich auf die anderen Zellen über, da sie wie Stecker und Steckdose miteinander verbunden sind.“ Das mobilisiert in kürzester Zeit größere Nervenzellgruppen.

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Im Gegensatz zu chemischen Synapsen, bei denen die Signalübertragung durch die Freisetzung und Bindung von Neurotransmittern vermittelt wird, ermöglichen elektrische Synapsen eine direkte, physikalische Verbindung zwischen den Zellen. Diese Verbindungen werden durch sogenannte Gap Junctions gebildet, spezielle Proteinkanäle, die die Zellmembranen beider Zellen durchspannen und eine kontinuierliche Verbindung zwischen dem Zytoplasma der beiden Zellen herstellen.

Struktur und Funktion von Gap Junctions

Gap Junctions bestehen aus zwei Hemichannels, die jeweils von einer der beteiligten Zellen bereitgestellt werden. Jeder Hemichannel, auch Connexon genannt, besteht aus sechs Proteinuntereinheiten, den Connexinen. Die Connexine bilden einen ringförmigen Kanal, der sich mit dem entsprechenden Kanal der benachbarten Zelle verbindet und so einen durchgängigen Pore zwischen den Zellen schafft.

Durch diese Poren können Ionen und kleine Moleküle direkt von einer Zelle zur anderen fließen. Da Ionen die Träger elektrischer Ladung sind, ermöglicht dies die direkte Übertragung elektrischer Signale zwischen den Zellen. Wenn eine Zelle depolarisiert wird, fließt ein Teil des Ionenstroms durch die Gap Junctions in die benachbarte Zelle und depolarisiert diese ebenfalls.

Warum elektrische Synapsen nicht hemmend wirken können

Die Unfähigkeit elektrischer Synapsen, hemmende Signale zu übertragen, ergibt sich aus ihrer Struktur und Funktionsweise. Da Gap Junctions eine direkte, physikalische Verbindung zwischen den Zellen herstellen, können sie nur Signale übertragen, die in beiden Zellen vorhanden sind. Eine Hyperpolarisation, die für eine hemmende Wirkung erforderlich wäre, kann nicht direkt über eine Gap Junction übertragen werden.

Fehlende Spezifität

Elektrische Synapsen übertragen einfach den Ionenstrom, der in der präsynaptischen Zelle vorhanden ist, in die postsynaptische Zelle. Es gibt keinen Mechanismus, um die Polarität des Signals umzukehren oder ein hemmendes Signal zu erzeugen. Im Gegensatz dazu ermöglichen chemische Synapsen die Freisetzung von spezifischen Neurotransmittern, die an spezifische Rezeptoren binden und so entweder eine Depolarisation (Erregung) oder eine Hyperpolarisation (Hemmung) der postsynaptischen Zelle bewirken können.

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Direkte Ionenübertragung

Die direkte Ionenübertragung über Gap Junctions ermöglicht zwar eine sehr schnelle Signalübertragung, aber sie schränkt auch die Art der Signale ein, die übertragen werden können. Da die Ionen frei zwischen den Zellen fließen können, gleichen sich die Membranpotentiale der beiden Zellen tendenziell an. Dies bedeutet, dass eine Zelle mit einem negativen Membranpotential (hyperpolarisiert) die benachbarte Zelle depolarisieren würde, anstatt sie weiter zu hyperpolarisieren.

Keine Neurotransmitter

Im Gegensatz zu chemischen Synapsen nutzen elektrische Synapsen keine Neurotransmitter. Neurotransmitter ermöglichen es chemischen Synapsen, eine Vielzahl von Signalen zu übertragen, einschließlich hemmender Signale. Da elektrische Synapsen keine Neurotransmitter verwenden, fehlt ihnen dieser Mechanismus zur Signalmodulation.

Bedeutung der Hemmung im Nervensystem

Die Hemmung spielt eine entscheidende Rolle im Nervensystem. Sie ermöglicht es dem Gehirn, Erregung zu kontrollieren, unerwünschte Signale zu unterdrücken und die Aktivität von neuronalen Schaltkreisen zu modulieren. Ohne Hemmung würde das Gehirn in einem Zustand der Übererregung verharren, was zu Krampfanfällen und anderen neurologischen Störungen führen könnte.

Balance zwischen Erregung und Hemmung

Ein gesundes Nervensystem benötigt ein sorgfältiges Gleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung. Dieses Gleichgewicht wird durch das Zusammenspiel von erregenden und hemmenden Synapsen aufrechterhalten. Erregende Synapsen erhöhen die Aktivität von Neuronen, während hemmende Synapsen die Aktivität verringern.

Funktionen der Hemmung

Hemmung spielt eine wichtige Rolle bei einer Vielzahl von Funktionen, darunter:

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  • Kontrolle der Bewegung: Hemmende Neuronen helfen, die Muskelkontraktion zu koordinieren und unwillkürliche Bewegungen zu unterdrücken.
  • Sensorische Verarbeitung: Hemmung hilft, irrelevante sensorische Informationen herauszufiltern und die Aufmerksamkeit auf wichtige Reize zu lenken.
  • Kognitive Funktionen: Hemmung ist wichtig für Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Entscheidungsfindung.

Vorkommen und Funktionen elektrischer Synapsen

Obwohl elektrische Synapsen im menschlichen Gehirn weniger verbreitet sind als chemische Synapsen, spielen sie dennoch eine wichtige Rolle bei bestimmten Funktionen. Sie finden sich vor allem dort, wo eine schnelle und synchronisierte Aktivität von Neuronen erforderlich ist.

Schnelle Signalübertragung

Elektrische Synapsen ermöglichen eine sehr schnelle Signalübertragung, da die Ionen direkt von einer Zelle zur anderen fließen können. Dies ist besonders wichtig in Situationen, in denen eine schnelle Reaktion erforderlich ist, z. B. bei Fluchtreflexen.

Synchronisation von Neuronen

Elektrische Synapsen ermöglichen die Synchronisation der Aktivität von Gruppen von Neuronen. Dies ist wichtig für Funktionen wie die rhythmische Kontraktion des Herzmuskels und die Erzeugung von neuronalen Oszillationen im Gehirn.

Beispiele für elektrische Synapsen

Einige Beispiele für elektrische Synapsen im menschlichen Körper sind:

  • Herzmuskel: Gap Junctions ermöglichen die schnelle und synchronisierte Kontraktion der Herzmuskelzellen.
  • Glatte Muskulatur: Elektrische Synapsen ermöglichen die koordinierte Kontraktion der glatten Muskulatur in den Wänden von Blutgefäßen und inneren Organen.
  • Bestimmte Bereiche des Gehirns: Elektrische Synapsen finden sich in bestimmten Bereichen des Gehirns, z. B. im Hirnstamm und im Thalamus, wo sie eine Rolle bei der Synchronisation neuronaler Aktivität spielen.

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