Basale Stimulation bei Demenz: Definition, Anwendung und Vorteile

Die basale Stimulation ist ein therapeutisches Konzept, das darauf abzielt, die Wahrnehmung und Kommunikation von Menschen mit schweren körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen zu fördern. Ursprünglich in der Sonderpädagogik entwickelt, findet sie heute breite Anwendung in der Pflege von Menschen mit Demenz, Schlaganfallpatienten, Menschen im Koma und in der Palliativpflege.

Einführung in die Basale Stimulation

Die basale Stimulation ist ein körperorientiertes, individuelles Pflegekonzept, das in den 1970er Jahren von Andreas Fröhlich entwickelt wurde. Es handelt sich um eine nonverbale Form der Kommunikation, die bei Menschen angewendet werden kann, deren Eigenaktivität und Fähigkeit zur Wahrnehmung und Kommunikation beeinträchtigt ist. Ziel ist es, über gezielte Sinnesreize den Bezug zum eigenen Körper und zur Umwelt zu verbessern.

Ursprünge und Entwicklung

Der heilpädagogische Psychologe und Sonderpädagoge Andreas D. Fröhlich entwickelte das Konzept der basalen Stimulation in den 1970er Jahren. Zunächst für schwerstbehinderte Kinder gedacht, hat sich die Anwendung von basaler Stimulation auch bei Erwachsenen im Laufe der Jahre etabliert. In den 1980er Jahren wurde das Konzept von der Krankenschwester und Diplom-Pädagogin Christel Bienstein aufgegriffen und in Kooperation mit Fröhlich auf die Pflege Erwachsener übertragen.

Zielgruppen

Die basale Stimulation ist besonders geeignet für Menschen mit:

  • Mittelschwerer und schwerer Demenz
  • Schweren körperlichen oder geistigen Einschränkungen (z.B. Schlaganfallpatienten)
  • Koma
  • Palliativpflegebedarf

Definition und Grundlagen der Basalen Stimulation

Basale Stimulation ist ein pflegerisches Konzept, das darauf abzielt, die Wahrnehmung von Menschen mit schweren körperlichen oder geistigen Einschränkungen zu fördern. Je nach Bedarf können das unterschiedliche Wahrnehmungen sein, wie beispielsweise die Wahrnehmung von Berührung oder Gerüchen.

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Was bedeutet "basal"?

"Basal" bedeutet grundlegend oder elementar. Im Kontext der basalen Stimulation bezieht sich dies auf die einfachen, körperbezogenen Reize, die uns helfen, uns selbst und unsere Umgebung zu spüren.

Was bedeutet "Stimulation"?

"Stimulation" steht für die gezielten Anregungen, die genau diese Wahrnehmung unterstützen. Es geht darum, die Sinne anzuregen und so eine Verbindung zur Umwelt herzustellen.

Prinzipien der Basalen Stimulation

Die basale Stimulation basiert auf drei Hauptprinzipien:

  1. Selbstwahrnehmung stärken: Durch sanfte Berührungen, gezieltes Lagern oder leichte Bewegungsimpulse wird das Bewusstsein für den eigenen Körper wieder geweckt.
  2. Orientierung erleichtern: Gezielte Reize wie Licht, Klänge oder Düfte schärfen die Wahrnehmung und stärken das Sicherheitsgefühl.
  3. Kommunikation anregen: Auch ohne Worte kann eine Kommunikation stattfinden. Basale Stimulation hilft, nonverbale Signale zu verstehen und darauf einzugehen.

Ziele der Basalen Stimulation bei Demenz

  • Erreichen und in Kommunikation treten mit Demenzerkrankten durch unterschiedliche Aktivierungen, auch wenn ein verbaler Austausch nicht mehr so gut möglich ist.
  • Stärkung des Vertrauens und der Selbstwahrnehmung.
  • Abbau von Anspannungen und Ängsten.
  • Förderung der Fähigkeiten in den Bereichen Kommunikation, Wahrnehmung und Bewegung.

Methoden der Basalen Stimulation

Die basale Stimulation nutzt unterschiedliche Zugangswege, um die verschiedenen Sinne anzusprechen. Die Methoden sollten individuell auf die Bedürfnisse und Einschränkungen des Betroffenen angepasst werden.

Somatische Stimulation

Bei der somatischen Stimulation (somatisch = körperlich) soll die Haut und der Körper durch Berührungen, Waschungen oder Massagen stimuliert werden. Indem Betroffene die eigenen Körperflächen, Körpergrenzen oder auch die Körperschwere wahrnehmen, fördert diese Form der Stimulation ihre Körperwahrnehmung.

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Anwendung:

  • Waschungen mit anregenden oder beruhigenden Ingredienzien
  • Streichen mit dem Waschlappen sanft oder mit stärkerem Druck über den Körper
  • Massagen mit verschiedenen Materialien wie Ölen, Gegenständen, aber auch Pflanzen

Vestibuläre Stimulation

Die vestibuläre Stimulation zielt auf den Gleichgewichtssinn ab. Mit verschiedenen Maßnahmen kann das Lage- und Gleichgewichtssystem des Pflegekunden auf verschiedene Weise stimuliert werden.

Anwendung:

  • Sanftes Drehen
  • Schaukeln
  • Andere Körperbewegungen
  • Schaukelstühle
  • Bällebad
  • Rollstuhl (verschiedene Körperpositionen)
  • Körperumgrenzende Positionierung

Vibratorische Stimulation

Schwingungen, die durch Vibrationen oder durch sanftes Klopfen erzeugt werden, stimulieren tiefer liegende Körperebenen, wie das Skelett.

Anwendung:

  • Vibrierende Matten oder Geräte
  • Klangschalen
  • Elektrische Zahnbürste (in die Hand geben)

Orale und Gustatorische Stimulation

Diese Stimulation konzentriert sich auf den Mundraum und den Geschmackssinn.

Anwendung:

  • Lebensmittel mit unterschiedlichen Texturen anbieten (weich, knusprig)
  • Vertraute Speisen aus der Kindheit oder Lieblingsgetränke anbieten
  • Wahrnehmungsübungen (mit der Zunge über die Zähne streichen)
  • Auch bei Schluckstörungen oder Magensonde möglich (in Rücksprache mit dem Arzt)

Olfaktorische Stimulation

In der olfaktorischen Stimulation wird der Geruchssinn aktiviert, um Erinnerungen und emotionale Reaktionen zu wecken.

Anwendung:

  • Ätherische Öle in einer Duftlampe
  • Lieblingsblumen
  • Vertraute Gerüche aus der Biografie des Betroffenen

Auditive Stimulation

Auditive Stimulation nutzt Geräusche und Musik, um den Hörsinn anzuregen und Erinnerungen sowie Emotionen zu wecken.

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Anwendung:

  • Musik abspielen
  • Singen oder summen
  • Verschiedene Rhythmus-Instrumente spielen (auf oder über dem Körper)
  • Vertraute Geräusche vorspielen (Meeresrauschen, Vogelgezwitscher, Alltagsgeräusche)

Visuelle Stimulation

Ein weiterer Sinn, der mit der basalen Stimulation angesprochen werden kann, ist der Sehsinn.

Anwendung:

  • Familienfotos oder Bilder aus früheren Zeiten zeigen
  • Farbige Lampen verwenden
  • Mobiles aufhängen
  • Sich bewegende Lichter (Lava-Lampe)
  • Lichterketten
  • (Eingescannte) Familienbilder mit Beamern an Wand und Decke projizieren
  • Dia-Projektor mit alten Dias aus dem Umfeld des Bewohners

Wichtige Hinweise zur visuellen Stimulation:

  • Richtige Platzierung: Den individuellen Blickwinkel des Bewohners beachten.
  • Zeitliche Begrenzung: Das Reizangebot zeitlich begrenzen.
  • Langsame Bewegung: Mobiles und Windlichter sollten sich nicht zu schnell bewegen.
  • Geeignete Themen / Inhalte: Biografische und jahreszeitliche Themen aufgreifen.
  • Beobachtung: Während der Sinnesanregung die Mimik und Körperspannung des Bewohners beobachten.

Taktile/Haptische Stimulation

Die Taktile/Haptische Stimulation spricht den Tastsinn an.

Anwendung:

  • Gegenstände mit verschiedenen Texturen nutzen (Massagebälle, weiche Decken und Kissen)
  • Unterstützung bei der bewussten Wahrnehmung des eigenen Gesichts oder der Arme
  • Igelball zur sanften Massage der Hände und Arme
  • Fell, Naturmaterialien, Wasser, Lufthauch spüren lassen

Anwendung der Basalen Stimulation im Alltag

Die basale Stimulation kann in verschiedenen Alltagssituationen integriert werden, um die Wahrnehmung und das Wohlbefinden des Betroffenen zu fördern.

Morgenroutine

  • Belebende Waschung mit warmem Wasser und einem weichen Schwamm
  • Kreisende Bewegungen zur Förderung der Hautwahrnehmung
  • Einige Tropfen ätherisches Öl (Lavendel zur Entspannung oder Zitrone zur Aktivierung)

Körperpflege

  • Langsame, bewusste Berührungen zur Stärkung der Orientierung und des Körpergefühls

Während des Tages

  • Leise Musik im Hintergrund oder bewusst als Musik-Bad
  • Alte Fotos anschauen, Geschichten erzählen oder vertraute Gegenstände in die Hand nehmen
  • Barfuß über verschiedene Untergründe laufen lassen (Teppich, Kieselsteine, Gras)

Abendroutine

  • Wärmende Hand- oder Fußmassagen mit warmem Öl und sanften Bewegungen
  • Vertrauter Duft wie Lavendel oder Vanille, kombiniert mit ruhiger Musik
  • Gedimmtes, warmes Licht

Vorteile der Basalen Stimulation

Die basale Stimulation bietet zahlreiche Vorteile für Menschen mit Demenz und andere Personengruppen mit Wahrnehmungseinschränkungen.

  • Förderung der Kommunikation und Interaktion
  • Verbesserung der Körperwahrnehmung und Orientierung
  • Abbau von Ängsten und Unruhe
  • Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität
  • Wecken von Erinnerungen
  • Unterstützung in der Palliativpflege

Wichtige Hinweise zur Anwendung

  • Individualität: Jeder Mensch empfindet Reize anders. Die basale Stimulation sollte immer individuell an die Bedürfnisse und Vorlieben des Betroffenen angepasst werden.
  • Beobachtung: Achten Sie auf die Reaktionen des Betroffenen auf die verschiedenen Reize. Was gefällt ihm, was nicht?
  • Einverständnis: Holen Sie vor der Anwendung das Einverständnis des Betroffenen ein.
  • Schulung: Im besten Fall lassen Sie sich schulen, um die Methoden richtig anzuwenden.
  • Integration in den Tagesablauf: Die Stimulation sollte sinnvoll in den Tagesablauf integriert werden.
  • Keine Überforderung: Die therapeutischen Maßnahmen dürfen nie gegen den Willen des Bewohners oder Pflegekunden eingeleitet werden.
  • Empathie: Vermitteln Sie dem an Demenz erkrankten Menschen ein Gefühl von Geborgenheit. Achten Sie auf Blickkontakt, auf die Körpersprache, auf eine freundliche Mimik und auf einen freundlichen, warmen Klang in der Stimme.
  • Biografie berücksichtigen: Stimmen Sie die Stimulationsform auf die jeweilige Biografie des beinträchtigten Menschen ab.

Validation, Personzentrierte Pflege und Basale Stimulation

Validation, personzentrierte Pflege und basale Stimulation sind Methoden und Konzepte für die Kommunikation mit Demenzerkrankten, die auf den Prinzipien der Akzeptanz und Wertschätzung basieren.

Validation

Die Gefühle von Demenzerkrankten anerkennen und akzeptieren steht im Fokus des Konzepts der Validation. Anstatt zu korrigieren und auf die Fehler hinzuweisen, erkennt man mit der Methode der Validation die Gefühle der Situation an und bestätigt, dass diese gerechtfertigt sind und man zugehört hat. Dadurch vermitteln Sie Ihrem Gegenüber Wertschätzung und das Gefühl, verstanden worden zu sein.

Personzentrierte Pflege

Das zentrale Element der personzentrierten Pflege ist, den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Krankheit. Erhalt und Förderung des Personseins ist der Kern bei dieser Art der Kommunikation. Die Bedürfnisse, die jeder Mensch braucht, um sich wahrgenommen, wertgeschätzt und als Person zu fühlen, werden in den Mittelpunkt gestellt.

Basale Stimulation im Vergleich

Im Gegensatz zur Validation und der personzentrierten Pflege setzt die basale Stimulation hauptsächlich auf die nonverbale Kommunikation. Über die Stimulation von visuellen, akustischen, gustatorischen und taktilen Reizen kann die Aufmerksamkeit angeregt und eine Verbindung aufgebaut werden.

Fortbildung und Kurse

Es gibt für Basale Stimulation Kurse, in denen neben Grundlagen auch Ideen vermittelt werden, wie Sie basale Stimulation in der Praxis anwenden können. Unter Umständen können Sie auch im Rahmen eines Pflegekurses nach § 45 SGB XI in basaler Stimulation geschult werden.

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