Die Auseinandersetzung mit Demenz nimmt in unserer Gesellschaft stetig zu. Dies führt oft zu einer hohen Belastungsgrenze, insbesondere wenn die sprachliche Verständigung schwierig oder unmöglich wird. Hier bietet das Konzept der Basalen Stimulation® Möglichkeiten, neue Kommunikationswege zu erschließen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Was ist Basale Stimulation?
Basale Stimulation ist ein ganzheitliches, körperbezogenes Konzept, das Menschen mit Wahrnehmungs- und Aktivitätseinschränkungen individuell fördert. Es richtet sich an Menschen aller Altersgruppen, die in ihrer Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt sind, beispielsweise durch Demenz, Immobilität, Schlaganfall oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen.
Das Konzept beinhaltet Angebote für Menschen mit Wahrnehmungs- und Aktivitätseinschränkungen (z.B. pflegebedürftige, immobile, desorientierte und/oder somnolente Menschen).
Grundlagen der Basalen Stimulation
Die Basale Stimulation basiert auf der Idee, dass Menschen ihre Umwelt nicht nur über gesprochene Worte wahrnehmen. Sie können weitaus mehr über andere Sinne wahrnehmen, als von Pflegenden manchmal angenommen wird. Es ist daher von Vorteil, die Sinne auf unterschiedliche Weise zu stimulieren, da Menschen ihre Umgebung nur dann auf Dauer wahrnehmen, wenn ihre Sinne angesprochen werden. Für viele an Demenz Erkrankte kommt hinzu, dass ihre Fähigkeiten zur Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation eingeschränkt sind. Sie können fühlen, aber sie zeigen oft keine sichtbaren Reaktionen.
Ziel der Basalen Stimulation ist es, Menschen, die eine veränderte Wahrnehmung ihres Körpers haben, zu unterstützen, um ihnen so die Möglichkeit zu geben, Kontakt zu sich selbst und ihrem Umfeld aufzunehmen. Das Ziel ist die Begleitung, Anregung und Förderung dieser Menschen aller Altersgruppen, in Ihrer Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit, in einer voraussetzungslosen Form.
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Ziele der Basalen Stimulation
- Förderung der Eigenaktivität: Basale Stimulation soll die Eigenaktivität der Betroffenen fördern und ihnen helfen, ihre Fähigkeiten zur Wahrnehmung und sozialen Interaktion zu erhalten oder wiederzuerlangen.
- Verbesserung der Wahrnehmung: Durch gezielte Angebote werden die verschiedenen Sinne (somatisch, vibratorisch, vestibulär, taktil-haptisch, visuell, akustisch, oral und olfaktorisch) angeregt, um die Wahrnehmung des eigenen Körpers und der Umwelt zu verbessern.
- Ermöglichung von Kommunikation: Basale Stimulation bietet nonverbale Kommunikationsmöglichkeiten, die es ermöglichen, mit Menschen in Kontakt zu treten, auch wenn verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist.
- Steigerung der Lebensqualität: Durch die Stabilisierung der psychoemotionalen Befindlichkeit, die Förderung von Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation sowie die Schaffung von Wohlbefinden soll die Lebensqualität der Betroffenen gesteigert werden.
Die Bedeutung der Sinne in der Basalen Stimulation
Die Basale Stimulation setzt auf die Aktivierung verschiedener Sinne, um Menschen mit Demenz zu erreichen und ihnen positive Erfahrungen zu ermöglichen. Hier sind einige Beispiele:
- Somatische Wahrnehmung: Hierbei geht es um die Wahrnehmung des eigenen Körpers, z.B. durch Berührungen, Massagen oder Bewegungsübungen.
- Vibratorische Wahrnehmung: Vibrationen können eingesetzt werden, um die Körperwahrnehmung anzuregen und Entspannung zu fördern.
- Vestibuläre Wahrnehmung: Diese bezieht sich auf den Gleichgewichtssinn, der durch sanfte Bewegungen oder Lagerungen stimuliert werden kann.
- Taktil-haptische Wahrnehmung: Das Ertasten von verschiedenen Materialien und Oberflächen kann die Wahrnehmung anregen und die Hand-Auge-Koordination fördern.
- Visuelle Wahrnehmung: Durch das Anbieten von Farben, Formen und Lichteffekten kann die visuelle Wahrnehmung stimuliert werden.
- Akustische Wahrnehmung: Musik, Klänge und Geräusche können eingesetzt werden, um Emotionen zu wecken, Erinnerungen hervorzurufen und Entspannung zu fördern.
- Olfaktorische Wahrnehmung: Düfte können Erinnerungen wecken und die Stimmung beeinflussen. Ätherische Öle können in der Pflegehandlung integriert werden, um das Wohlbefinden zu steigern. Düfte können Erinnerungen wecken und rufen Gefühle in uns hervor, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Der Duft von Lavendel erinnert vielleicht an Großmutters Parfum, an eine Wanderung durch die Provence oder an die mediterrane Küche und, kann Traurigkeit, Entspannung oder Appetit hervorrufen. Aber auch die gesundheitsfördernde und heilende Wirkung von ätherischen Ölen ist seit Jahrtausenden bekannt und findet vielfach als bewährtes Hausmittel bei Erkältungskrankheiten oder auch in der Hautpflege Anwendung.
- Orale Wahrnehmung: Geschmackserlebnisse können durch das Anbieten von verschiedenen Speisen und Getränken ermöglicht werden.
Fortbildung in Basaler Stimulation
Um die Basale Stimulation professionell anwenden zu können, ist eine entsprechende Fortbildung empfehlenswert. Es gibt verschiedene Kursangebote, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten.
Zielgruppen der Fortbildung
- Fachkräfte aus Pädagogik, Therapie und Pflege: Diese Kurse richten sich an Fachkräfte, die mit schwerbeeinträchtigten, wahrnehmungsveränderten, immobilen, desorientierten, komatösen, schwer pflegebedürftigen, dementen Menschen leben und arbeiten.
- Angehörige: Auch Angehörige können von einer Fortbildung in Basaler Stimulation profitieren, um den Umgang mit ihren dementen Familienmitgliedern besser zu verstehen und die Lebensqualität zu verbessern.
- Betreuungskräfte: Die Basale Stimulation gewinnt in der Betreuung und Pflege älterer Menschen immer größere Bedeutung. Durch Basale Stimulation können sanft Zugänge zu schwerstpflegebedürftigen Menschen geschaffen werden. Wo verbale Kommunikation an Grenzen stößt, bietet Basale Stimulation die Möglichkeit, Menschen zu erreichen, die in ihrer Wahrnehmung massiv eingeschränkt sind.
Inhalte der Fortbildung
Die Fortbildung in Basaler Stimulation umfasst in der Regel sowohl theoretische Grundlagen als auch praktische Übungen. Zu den Inhalten gehören:
- Theoretische Grundlagen der Basalen Stimulation: Einführung in das Konzept, die Entwicklung, den Aufbau und die Theorie der Basalen Stimulation nach Prof. Dr. Fröhlich.
- Bedeutung der Wahrnehmung: Auseinandersetzung mit den verschiedenen Wahrnehmungsbereichen (somatisch, vibratorisch, vestibulär, taktil-haptisch, visuell, akustisch, oral und olfaktorisch) und deren Bedeutung für Menschen mit Demenz.
- Basal-stimulierende Pflegeangebote: Kennenlernen und Erproben von verschiedenen Angeboten zur Anregung der Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation.
- Berührung und Berührungsqualität: Sensibilisierung für die Bedeutung von Berührung im Kontakt mit Menschen mit Demenz und Erlernen professioneller Berührungsqualitäten.
- Umsetzungsmöglichkeiten im Alltag: Entwicklung von Ideen, wie die Basale Stimulation in den individuellen Pflege- und Förderalltag integriert werden kann.
- Reflexion der eigenen Haltung: Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung gegenüber Menschen mit Demenz und Entwicklung einer wertschätzenden und vorbehaltlosen Grundhaltung.
- Basale Stimulation & Waldbaden: Im Zusammenspiel eröffnen beide Ansätze neue Wege, um Körpererfahrungen zu vertiefen, Wahrnehmungsfähigkeit zu fördern und Wohlbefinden zu steigern. Einführung in die Grundlagen der Basalen Stimulation® und deren Bedeutung für die Begleitung von Menschen mit Behinderungen. Kennenlernen der Prinzipien und gesundheitlichen Wirkungen des Waldbadens.
Kursarten
- Basiskurs: Der Basiskurs vermittelt die Grundlagen der Basalen Stimulation und befähigt die Teilnehmer, erste Angebote in der Praxis umzusetzen.
- Aufbaukurs: Der Aufbaukurs vertieft die Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Basiskurs und vermittelt weitere Angebote der Basalen Stimulation.
- Themenkurse: Themenkurse widmen sich speziellen Themen, wie z.B. Basale Stimulation bei Menschen mit Spastik und Hypertonus oder Basale Stimulation & Klangpädagogik.
- Workshop: Workshop Basale Stimulation in der Praxis Basale Stimulation in Pädagogik und Therapie - Bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf. In diesem Workshop wird eine Einführung in die Arbeit mit diesen Klangkörpern vermittelt und der Bezug zu den Grundlagen der Basalen Stimulation hergestellt. Dabei stehen Menschen mit hohem Assistenzbedarf mit ihren individuellen Bedürfnissen im Vordergrund aller Überlegungen. Ziel des Seminars ist die Erarbeitung von Einsatzmöglichkeiten für eine basale Klangarbeit.
Zertifizierung
Die Fortbildung ist vom Internationalen Förderverein Basale Stimulation anerkannt und nach deren Zertifizierungsrichtlinien zertifiziert.
Basale Stimulation in der Praxis
Die Basale Stimulation kann in verschiedenen Bereichen der Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz eingesetzt werden. Hier sind einige Beispiele:
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- Pflege: Basale Stimulation kann in die tägliche Pflege integriert werden, z.B. durch achtsame Berührungen beim Waschen, Anziehen oder Lagern.
- Betreuung: In der Betreuung können gezielte Angebote zur Anregung der Sinne eingesetzt werden, z.B. das Anhören von Musik, das Betrachten von Bildern oder das Riechen von Düften.
- Therapie: In der Therapie kann die Basale Stimulation eingesetzt werden, um die Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation zu fördern.
- Alltagsgestaltung: Basale Stimulation kann in die Alltagsgestaltung integriert werden, z.B. durch das gemeinsame Kochen, Backen oder Gärtnern.
Beispiele für basal-stimulierende Angebote
- Somatische Stimulation:
- Ganzkörperwaschung mit warmem Wasser und sanften Berührungen
- Einreibung mit duftenden Ölen
- Vibrationsmassage mit einem Massagegerät
- Vestibuläre Stimulation:
- Sanftes Schaukeln im Schaukelstuhl
- Langsames Drehen im Sitzen
- Wiegen im Arm
- Taktil-haptische Stimulation:
- Fühlen von verschiedenen Materialien (z.B. Wolle, Seide, Holz)
- Kneten von Teig oder Ton
- Malen mit Fingerfarben
- Visuelle Stimulation:
- Betrachten von bunten Bildern oder Fotos
- Beobachten von Lichteffekten
- Spielen mit einem Mobile
- Akustische Stimulation:
- Anhören von Lieblingsmusik
- Spielen von Naturgeräuschen
- Singen von Liedern
- Olfaktorische Stimulation:
- Riechen an ätherischen Ölen
- Duftende Kräuter oder Blumen
- Duft von frisch gebackenem Kuchen
- Orale Stimulation:
- Anbieten von Lieblingsspeisen und -getränken
- Schmecken von verschiedenen Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig, bitter)
- Zahnpflege mit einer duftenden Zahnpasta
Beruhigende und aktivierende Betreuungsangebote
Was tun bei großer Unruhe oder Teilnahmslosigkeit? Eine Pille zur Beruhigung oder eine zur Stimmungsaufhellung? Sie sind auf der Suche nach anderen oder ergänzenden Möglichkeiten, um Menschen mit großer (innerer) Unruhe oder Teilnahmslosigkeit/Apathie in ihrem Sein zu unterstützen? Sie suchen nach Betreuungsangeboten, die neugierig machen, Interesse wecken aber auch Sicherheit und Ruhe schenken? Wir thematisieren Ursachen für Unruhe und Apathie und deren Auswirkungen. Lernen Sie entspannende, beruhigende, aktivierende und belebende Angebote aus den Bereichen der Naturheilkunde und der Wahrnehmungsförderung kennen. Erleben Sie selbst, wie diese Maßnahmen sich anfühlen, riechen, schmecken und mehr.
Basale Stimulation bei Menschen mit Spastik und Hypertonus
Das Konzept Basale Stimulation bietet konkrete Inputs in der Begleitung von Menschen mit spastischen Mustern und erhöhtem Muskeltonus. Durch gezieltes Training von Skills erweitern Sie ihre Kompetenzen.
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