Die Diagnose von Demenz, gekennzeichnet durch Gedächtnisverlust, Sprachprobleme und Konzentrationsstörungen, ist oft mit großer Sorge verbunden. Doch nicht immer ist eine neurodegenerative Erkrankung die Ursache. In einigen Fällen liegt eine sogenannte Pseudodemenz vor, bei der ähnliche Symptome auftreten, aber andere Ursachen zugrunde liegen. Dieser Artikel beleuchtet die Definition, Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten der Pseudodemenz, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein besseres Verständnis dieser komplexen Thematik zu ermöglichen.
Was ist Pseudodemenz?
Der Begriff Pseudodemenz bezeichnet Hirnleistungsstörungen, die vorübergehend auftreten und durch eine Denk- und Antriebshemmung vorgetäuscht werden. Es handelt sich um eine Reihe von Symptomen, die einer Demenz ähneln, jedoch eine andere Ursache haben. Im Gegensatz zur Demenz, bei der neurologische Degeneration im Gehirn stattfindet, sind bei der Pseudodemenz andere Faktoren für die Beschwerden verantwortlich.
Mediziner bezeichnen als Pseudodemenz Hirnleistungsstörungen, die nur vorübergehend in Erscheinung treten und durch eine Hemmung des Antriebs und des Denkens vorgetäuscht werden.
Ursachen der Pseudodemenz
Die Ursachen für eine Pseudodemenz sind vielfältig. Anders als bei einer Demenz-Erkrankung tritt die Ursache für Beschwerden einer Pseudodemenz nicht aufgrund einer neurologischen Degeneration in Erscheinung. Stattdessen sind beispielsweise andere Faktoren wie psychische und stimmungsbedingte Erkrankungen für sie verantwortlich, wie Medical News Today berichtet. Häufige Auslöser sind:
- Depressionen: Die depressive Pseudodemenz ist die häufigste Form und kann bei schweren Depressionen auftreten. Rund 25 Prozent der Patientinnen und Patienten, bei denen Gedächtnisprobleme untersucht werden, leiden an einer psychischen Erkrankung, meistens an einer Depression.
- Angstzustände
- Schizophrenie
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Manie
- Konversionsstörung
Auch andere Faktoren können eine Rolle spielen, wie zum Beispiel soziale Isolation, mangelnde Anregung oder Unterforderung, insbesondere im höheren Alter.
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Symptome der Pseudodemenz
Die Symptome einer Pseudodemenz können denen einer Demenz sehr ähnlich sein, was die Diagnose erschwert. Betroffene leiden häufig unter den gleichen Symptomen wie Demenz-Patienten. Bei einer Pseudodemenz können Veränderungen und Schwierigkeiten bei folgenden Fähigkeiten auftreten:
- Rede und Sprache
- Erinnerung
- Aufmerksamkeit aufrechterhalten
- Emotionen regulieren
- Organisieren und planen
Weitere mögliche Symptome sind:
- Konzentrationsschwäche
- Gedächtnisstörungen
- Antriebslosigkeit
- Vergesslichkeit
- Orientierungslosigkeit
- Sprachstörungen
Ein wichtiger Unterschied zur Demenz besteht darin, dass sich Patienten mit Pseudodemenz ihrer kognitiven Einschränkungen oft sehr bewusst sind und darunter leiden. Sie klagen seltener über ihre Probleme und versuchen, diese durch Notizen auszugleichen. Bei der einer Depression treten Gedächtnisprobleme oft nur phasenweise auf und können durch Stress verstärkt werden. Menschen mit einer Depression nehmen ihre kognitiven Einschränkungen meist sehr bewusst wahr und sprechen diese auch an. Viele äußern Sätze wie „Ich kann mich auf nichts mehr konzentrieren.“ oder „Ich weiß gar nichts mehr.“
Diagnose der Pseudodemenz
Die Diagnose einer Pseudodemenz ist oft schwierig, da die Symptome denen einer Demenz ähneln und auch das gemeinsame Auftreten einer Demenzerkrankung und einer Depression möglich ist. Um die Ursache der Beschwerden abzuklären, ist eine sorgfältige Untersuchung durch einen Arzt erforderlich.
Anamnese und klinische Untersuchung
Am Anfang der Diagnostik steht das ausführliche Gespräch mit Ärzt:innen, um die individuelle Krankheitsgeschichte sowie die aktuelle Situation inklusive körperlicher, psychischer und sozialer Aspekte zu erfassen. Dies ist wichtig, um Risiko- und andere Einflussfaktoren zu erkennen und ihre Auswirkungen auf die erkrankte Person und deren Angehörige einschätzen zu können. Neben der Befragung des Erkrankten (Eigenanamnese) ist gerade beim Verdacht auf das Vorliegen einer Demenzerkrankung das Gespräch mit einer Person aus dem Angehörigen- oder näheren Bekanntenkreis (Fremdanamnese) eine wichtige Ergänzung.
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Neuropsychologische Tests
Mithilfe von neuropsychologischen Tests können kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und exekutive Funktionen überprüft werden. Diese Tests helfen, das Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigungen zu bestimmen und von anderen Ursachen abzugrenzen.
Bildgebende Verfahren
In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns eingesetzt werden, um strukturelle Veränderungen im Gehirn auszuschließen oder zu identifizieren.
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, andere Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können. Dazu gehören:
- Delir: Eine vorübergehende und meist reversible akute Verwirrung, die die Aufmerksamkeit beeinträchtigt und Schwankungen im Bewusstsein verursacht. Eine Delir entwickelt sich innerhalb weniger Stunden und gilt als medizinische Notfallsituation. Im Gegensatz zum Delir muss eine Demenz laut Definition mindestens sechs Monate bestehen, um diese Diagnose stellen zu können.
- Leichte kognitive Störung (MCI): Gedächtnis- und Lernschwierigkeiten, Konzentrationsprobleme und geistige Ermüdung.
- Altersvergesslichkeit: Vergessen von Objekten, während Ereignisse und Personen meist im Gedächtnis bleiben. Die Fähigkeit zur sozialen Interaktion bleibt unbeeinträchtigt.
- Deprivationserscheinungen/Hospitalismus: Sozialer Rückzug und depressive Symptome in Altersheimen.
- Reversible Ursachen: Hypothyreose, Mangelzustände (Vitamin B12, Folsäure), intrazerebrale Pathologien (vaskuläre Schädigungen, Raumforderungen).
Behandlung der Pseudodemenz
Die Behandlung der Pseudodemenz richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Bei einer depressiven Pseudodemenz steht die Behandlung der Depression im Vordergrund.
Behandlung der Depression
- Medikamentöse Therapie: Antidepressiva können helfen, die Stimmung zu verbessern und die kognitiven Funktionen zuNormalerweise verschwindet die depressive Pseudodemenz, sobald die Depression fachgerecht behandelt wird (mit Medikamenten und nicht-medikamentösen Maßnahmen). Antidepressiva: Sammelbegriff für eine Gruppe von Medikamenten, die bei Depressionen, aber auch bei anderen Erkrankungen wie z.B.
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie kann helfen, die Ursachen der Depression zu bewältigen und neue Strategien zur Stressbewältigung zu erlernen.
- Weitere Maßnahmen: Strukturierende Tagesabläufe, Bewegung, Musik, Gespräche, kreative Angebote oder soziale Kontakte können sich positiv auf Stimmung, Schlaf und Antrieb auswirken.
Weitere Behandlungsansätze
- Soziale Aktivierung: Förderung sozialer Kontakte und Teilnahme an Aktivitäten, um Isolation und Unterforderung entgegenzuwirken.
- Kognitives Training: Übungen zur Verbesserung der Gedächtnisleistung und Konzentration.
- Ergotherapie: Üben von alltagspraktischen Fertigkeiten mit spielerischen, handwerklichen und gestalterischen Techniken, Anpassung der Umgebung, Hilfsmittelberatung im Bereich Mobilität und Alltag.
- Anpassung der Lebensumstände: Schaffung einer sicheren und angenehmen Umgebung, Vermeidung von Stress und Überforderung.
Nicht-medikamentöse Therapieansätze bei Demenz
Nicht-medikamentöse Therapieansätze bei Demenz zielen darauf ab, die Befindlichkeit der erkrankten Person und die Anpassungsfähigkeit an das nachlassende Leistungsvermögen zu verbessern. Die Art der eingesetzten Verfahren richtet sich vorwiegend nach der Art der Demenz, dem Stadium der Erkrankung, den Bedürfnissen der Erkrankten und der Betreuenden. Kognitive Verfahren, z.B. Ergotherapie, z.B. Üben von alltagspraktischen Fertigkeiten mit spielerischen, handwerklichen und gestalterischen Techniken, Anpassung der Umgebung, Hilfsmittelberatung im Bereich Mobilität und Alltag. Ergotherapeutische Verfahren sollten individuell angepasst werden und möglichst im häuslichen Umfeld stattfinden. Körperliche Aktivierung, z.B. Künstlerische Therapien, z.B. Sensorische Verfahren, z.B. Aromatherapie oder Snoezelen (Raum mit angenehmer Atmosphäre, in dem verschiedene Sinne angesprochen werden, z.B.
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Es sollte zunächst versucht werden, auf nicht-medikamentöse Art einzugreifen, in dem zunächst die Auslöser identifiziert werden. Dann können z.B. Hilfsmittel eingesetzt werden, die das tägliche Leben erleichtern, oder Maßnahmen, die die soziale Einbindung fördern und erhalten.
Medikamente bei Demenz
Bei allen der Demenz zugrundeliegenden Erkrankungen können neben der Beeinträchtigung des Denkens und des Gedächtnisses auch Störungen im Erleben und Verhalten auftreten, z.B. Depression, Aggression oder Angst. Es gibt verschiedene Ursachen für diese Symptome: Einerseits ist die Gehirnstruktur und -funktion bei Demenzerkrankungen verändert, dadurch ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, unter bestimmten Umgebungsbedingungen anders zu reagieren. Auslösende Umgebungsbedingungen können z.B. ungünstige Kommunikation, Umgebungsänderungen oder neue körperliche Symptome (z.B.
Neuroleptika: Sammelbegriff für eine Gruppe von „Nervendämpfungsmitteln“, die beruhigend wirken und häufig bei wahnhaftem Erleben oder Halluzinationen eingesetzt werden. Antikonvulsiva: Mittel zur Behandlung von epileptischen Anfällen. Es kann vorkommen, dass die nicht-kognitiven Symptome die kognitiven Symptome verstärken, z.B. kann eine Depression die Gedächtnisleistung negativ beeinflussen.
Pseudodemenz und Demenz: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Sowohl Pseudodemenz als auch Demenz können ähnliche Symptome verursachen, aber es gibt wichtige Unterschiede:
| Merkmal | Pseudodemenz | Demenz |
|---|---|---|
| Ursache | Psychische Erkrankungen (Depression, Angst etc.), soziale Isolation, Unterforderung | Neurodegenerative Erkrankungen (Alzheimer, vaskuläre Demenz etc.), Hirnentzündungen, traumatische Hirnschädigungen, andere Hirnabbaukrankheiten |
| Verlauf | Vorübergehend, reversibel bei erfolgreicher Behandlung der Grunderkrankung | Fortschreitend, irreversibel (neurodegenerative Erkrankungen) |
| Bewusstsein der Defizite | Patienten sind sich ihrer kognitiven Einschränkungen oft bewusst und leiden darunter. | Patienten erkennen ihre Ausfälle oft nicht oder spielen sie herunter. |
| Behandlung | Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Antidepressiva, Psychotherapie), soziale Aktivierung, kognitives Training | Medikamentöse Therapie zur Symptomkontrolle, nicht-medikamentöse Therapien zur Verbesserung der Lebensqualität |
Bis zu einem gewissen Grad könnten beide Erkrankungen ähnlich behandelt werden, da bei einer Demenz nur die Symptome behandelt werden könnten. Bei einer Pseudodemenz hingegen führt jedoch eine Behandlung der ursächlichen psychischen Erkrankung zu einer deutlichen Verbesserung und Heilung der Krankheit. Eine Demenz kann bislang hingegen nicht geheilt werden, auch wenn Forschenden ein hoffnungsvoller Fortschritt in der Alzheimer-Forschung gelungen ist. In einigen Fällen kann eine Pseudodemenz jedoch eine Vorhersage für eine Demenz sein - zudem sei der Risikofaktor für eine Demenzerkrankung nach einer Pseudodemenz erhöht.
Depressionen als Risikofaktor für Demenz
Wissenschaftliche Studien zeigen: Menschen, die im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken, haben ein erhöhtes Risiko, im Alter eine Demenz zu entwickeln. Besonders auffällig ist dieser Zusammenhang bei Depressionen, die im mittleren Lebensalter auftreten.
Warum Depressionen das Risiko für eine Demenz steigern, ist noch nicht vollständig geklärt. Fachleute vermuten mehrere Ursachen:
- Menschen mit Depressionen ziehen sich oft sozial zurück, bewegen sich weniger und vernachlässigen ihre Gesundheit.
- Zusätzlich steht ein dauerhaft erhöhter Spiegel des Stresshormons Cortisol im Verdacht, Entzündungsprozesse im Gehirn zu fördern und Nervenzellen zu schädigen.
Die gute Nachricht: Wer seine Depression frühzeitig behandeln lässt - ob mit Medikamenten, Psychotherapie oder einer Kombination - kann das Risiko senken.
Was tun als Angehörige?
Wenn Menschen mit Demenz zusätzlich an einer Depression erkranken, ist das für Angehörige oft besonders belastend. Rückzug, Traurigkeit, körperliche Beschwerden oder Hoffnungslosigkeit lassen sich schwer einordnen, vor allem, wenn die betroffene Person sich nicht mehr klar äußern kann.
Angehörige übernehmen in dieser Situation eine wichtige Rolle: Sie können aufmerksam beobachten, verständnisvoll begleiten und dabei helfen, dass professionelle Unterstützung in Anspruch genommen wird.
- Ermutigen Sie zu ärztlicher Hilfe. Erklären Sie, dass eine Depression keine Schwäche ist, sondern eine behandelbare Erkrankung.
- Achten Sie auf mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten. Einige Wirkstoffe können depressive Symptome verstärken - sprechen Sie dies offen im Arztgespräch an, gerade auch, wenn mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden.
- Fördern Sie soziale Kontakte. Einsamkeit verstärkt Depressionen. Gespräche, Gruppentreffen oder Selbsthilfeangebote können insbesondere zu Beginn der Erkrankung entlasten.
- Achten Sie auf Bewegung. Körperliche Aktivität hilft nachweislich bei depressiven Symptomen. Selbst kleine Bewegungseinheiten können die Stimmung und die mentale Gesundheit verbessern.
- Vermeiden Sie große Veränderungen. Ein Umzug, der Verlust einer vertrauten Bezugsperson oder andere tiefgreifende Veränderungen können Ängste und depressive Phasen verschärfen.
- Schaffen Sie Sicherheit. Vermeiden Sie stressige Themen wie Geld, die Demenzerkrankung oder die damit verbundenen Einschränkungen. Auch Lärm oder Orte mit vielen Menschen können überfordern.
- Bieten Sie einfache, sinnvolle Beschäftigung an. Kochen, musizieren oder gärtnern - das, was früher Freude gemacht hat, kann helfen. Wichtig ist: nicht überfordern.
- Gestalten Sie den Alltag so ruhig und angenehm wie möglich.
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