Umgang mit der Verweigerung von Arztbesuchen bei Demenz: Ein umfassender Leitfaden

Die Begleitung von Menschen mit Demenz stellt Angehörige und Betreuer vor vielfältige Herausforderungen. Eine davon ist die Verweigerung von Arztbesuchen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für diese Verweigerung, gibt praktische Ratschläge für den Umgang damit und erläutert die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Ursachen für die Verweigerung von Arztbesuchen

Veränderungen im Alltag können für Menschen mit Demenz sehr belastend sein und Stress verursachen. Arztbesuche und Klinikaufenthalte stellen hier keine Ausnahme dar. Die fremde Umgebung, unbekannte Menschen und ungewohnte Geräuschkulissen in Arztpraxen oder Kliniken können Demenzerkrankte stark beunruhigen. Hinzu kommen die oft vorhandenen gesundheitlichen Probleme, die den Arztbesuch notwendig machen, und die damit verbundene Angst oder das Unbehagen.

Demenzerkrankte sind mit der Situation oft überfordert, haben Angst vor dem Arztbesuch und der Ungewissheit, was die fremde Situation mit sich bringt. Dies kann zu aggressivem Verhalten und einer Verweigerungshaltung führen.

Strategien für den Umgang mit der Verweigerung

Wenn ein Demenzkranker den Arztbesuch verweigert, ist es wichtig, dass Angehörige oder Nahestehende angemessen reagieren.

  • Ruhe und Geduld: Angehörige sollten dem Demenzkranken mit Ruhe und Geduld begegnen und ihm erklären, warum der Arztbesuch wichtig ist. Es ist entscheidend, dieses Verhalten nicht persönlich zu nehmen.
  • Emotionale Ebene: Angehörige sollten versuchen, den Demenzkranken auf einer emotionalen Ebene zu erreichen.
  • Umkehrung der Situation: In manchen Fällen kann es hilfreich sein, den Demenzkranken zu fragen, ob er den Angehörigen zum Arzt begleiten würde, da dieser sich Sorgen um die Gesundheit des Angehörigen macht und es schwerfällt, alleine zurechtzukommen. Dies gibt dem Demenzkranken eine verantwortungsvolle Helferrolle.
  • Vorbereitung: Wenn ein Termin geplant ist, sollte er dem Demenzkranken nicht zu früh mitgeteilt werden. Zwei bis drei Tage vorher sind meist ausreichend, um den Demenzkranken auf den Termin vorzubereiten.
  • Vertraute Umgebung schaffen: Es kann hilfreich sein, vertraute Gegenstände wie ein Foto einer Bezugsperson oder einen kleinen Wecker mitzunehmen.
  • Demenzfreundliche Kliniken: Es gibt Kliniken mit speziellen Bereichen für Demenzerkrankte (Gerontopsychiatrie und Geriatrie). Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft und ihre Landesverbände können hierzu Auskunft geben. Bei der Auswahl sollte jedoch darauf geachtet werden, dass Bezeichnungen wie "demenzsensibel" nicht geschützt sind und die Konzepte tatsächlich demenzfreundlich sind. Eine Checkliste kann bei der Auswahl helfen.
  • Kurze Aufenthalte: Aufenthalte im Krankenhaus sollten so kurz wie möglich sein, da jeder Tag den Demenzkranken weiter von seinem gewohnten Umfeld entfernt.

Rechtliche Aspekte

Die Rechtslage bei Demenz ist komplex. Demenz bedeutet nicht automatisch Geschäftsunfähigkeit. Der Schwerpunkt liegt darauf, Menschen mit Demenz so viel Selbstständigkeit wie möglich zu erhalten.

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  • Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung: Diese Dokumente ermöglichen es, im Voraus festzulegen, wer Entscheidungen treffen soll, wenn die betroffene Person dazu nicht mehr in der Lage ist.
  • Gesetzliche Betreuung: Fehlen Vorsorgedokumente, ordnet das Betreuungsgericht eine gesetzliche Betreuung an, die sich an den Bedürfnissen der betroffenen Person orientiert.
  • Geschäftsfähigkeit: Solange Demenzerkrankte voll geschäftsfähig sind, können sie frei über ihr Geld verfügen und Bankgeschäfte selbstständig erledigen. Sobald die Geschäftsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, wird ein rechtlicher Betreuer bestellt.
  • Einwilligungsvorbehalt: Ein Richter kann bestimmen, dass bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des Betreuers rechtswirksam sind.
  • Selbstbestimmung: Das Recht auf Selbstbestimmung ist ein grundlegendes Menschenrecht. Menschen mit Demenz haben das Recht, eigene Entscheidungen zu treffen, solange sie sich damit nicht selbst schaden.
  • Wahlrecht: Das Wahlrecht bleibt auch bei einer Demenzerkrankung bestehen und kann nicht auf andere Personen übertragen werden. Eine Begleitung in die Wahlkabine ist zur technischen Unterstützung zulässig.
  • Autofahren: Bei fortgeschrittener Demenz kann der Führerschein entzogen werden. Ärzte sind in diesem Fall von ihrer Schweigepflicht entbunden und dürfen die Behörde informieren.
  • Haftung: Personen, die durch eine Vorsorgevollmacht oder als rechtliche Betreuer eingesetzt wurden, können im Falle eines Schadens haftbar gemacht werden.

Wenn der Patient Maßnahmen ablehnt

Patienten haben das Recht, medizinische Maßnahmen abzulehnen. Dieses Selbstbestimmungsrecht geht über alles. Ärztliche Zwangsmaßnahmen sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Ablehnungen müssen dokumentiert werden, und der behandelnde Arzt muss informiert werden. Es wird versucht, den Patienten zu überzeugen, seine Ablehnung zu überdenken. Zwangsmaßnahmen sind nur unter den engen Voraussetzungen des § 1906a BGB erlaubt.

Demenzfreundliche Arztpraxis

Um Arztbesuche für Menschen mit Demenz angenehmer zu gestalten, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Gespräch mit dem Arzt im Vorfeld: Angehörige sollten im Vorfeld mit dem Arzt sprechen, um auf die besondere Situation hinzuweisen und die Behandlungsdauer kurz zu halten.
  • Basiswissen zur Demenz: Alle Mitarbeiter in der Praxis sollten über ein Basiswissen zur Demenz verfügen.
  • Reizarmer Raum: Für die Wartezeit sollte, wenn möglich, ein reizarmer Raum zur Verfügung stehen.
  • Kurze Warte- und Behandlungszeiten: Warte- und Behandlungszeiten sollten so kurz wie möglich gehalten werden.
  • Notwendige Behandlungen: Es sollten nur notwendige Behandlungen durchgeführt werden, etwa zur Beseitigung von Schmerzen.
  • Hausbesuche: Kleine Untersuchungen und Routine-Checks können auch zu Hause durchgeführt werden.

Schmerzerkennung bei Demenz

Da Menschen mit Demenz sich weniger artikulieren können, ist es wichtig, deren Schmerz zu erkennen. Angehörige und professionell Pflegende müssen die nonverbalen Signale wahrnehmen und richtig deuten.

Die Rolle des Verständnisses und Vertrauens

Die Begleitung auf dem Weg zur Diagnosestellung gelingt am besten über Verständnis und Vertrauen. Es ist wichtig zu wissen, dass die Betroffenen selbst bereits Veränderungen der Gedächtnisleistung feststellen, bevor das Umfeld diese bemerkt. Dieses Verständnis kann die individuelle Antwort auf die Frage "Wie kriege ich meine Mutter zum Arzt?" ermöglichen.

Zwangsbehandlung

Eine Zwangsbehandlung ist eine Behandlung gegen den Willen des Patienten. Sie ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Die Betreuerin oder der Betreuer muss vorab die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.

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Patientenverfügung und Demenz

Die Bundesärztekammer hat Hinweise zum Umgang mit Patientenverfügungen und vorsorglichen Willensbekundungen von Demenzpatienten veröffentlicht. Diese Hinweise helfen, den Weg durch den Dschungel der Entscheidungsfindung mit und für Demenzpatienten zu erleichtern.

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